Ich verstehe das Urteil nicht!

Wenn eine Partei verfassungs[rechtliche]feindliche** Ziele verfolgt, dann muss sie verboten werden. Wenn sie jedoch „unbedeutend“ ist, dann wird sie nicht verboten.
So das BVerfG.

Demnach kennen GG und BVerfG wohl doch „Obergrenzen“. Quantitative! Qualitativ ist die Entscheidung ja anders ausgefallen.

Leider finde ich nichts zur Begründung, worin die quantitative Entscheidungsgrundlage festgelegt sei.

Habt ihr da was?

Franz

Ebenso gut kann man dann Amri und die wenigen Gefährder mangels Masse auch unter den Tisch fallen lassen? Erst ab 17.323 Gefährdern kümmern wir uns?

MOD Selina: **„rechtliche“ in „feindliche“ korrigiert.

Eine Partei, die verfassungsrechtlich agiert, braucht doch gar nicht verboten werden, die gehen doch mit der Verfassung konform!

Dieses Urteil ist auch unverständlich, weil es eigentlich zutiefst undemokratisch ist. M.E. hat sich das BVerfG da ein Ei ins Nest gelegt.

Die Urteilsbegründung lautet ja im Prinzip: Die Partei erfüllt eigentlich alle Kriterien, um verboten zu werden, einzig ihre fehlende Größe bzw. Bedeutung schützt sie davor. Sollte die Partei an Bedeutung gewinnen, dann sähe die Sache anders aus.

Jetzt haben wir zwei Wähler, Müller und Maier. Müller findet die NPD kacke und findet noch käsiger, dass die NPD nicht verboten ist. Also geht er hin und wirbt dafür, dass die NPD bei den nächsten Wahlen gewählt wird, damit sie verboten werden kann. Maier findet die NPD supi. Jetzt muss Maier aber Angst haben, bei der nächsten Wahl NPD zu wählen, weil wenn das viele machen, dann wird die Partei verboten.

Das hat doch mit freier Wahl nichts mehr zu tun.

Rechtschreibprüfung, Android-Google basierend, ist schuld. Das Teil nervt ohne Ende, ist widerspenstig ohne Ende, und irgendwann rutscht einem halt was durch.

Selbstverständlich ersetzen wir jetzt verfassungsrechtlich durch verfassungsfeindlich.

Letzteres musste ich tatsächlich wieder nachkorrigieren, so korrekt arbeitet dieses Programm im Hintergrund.

Franz

Hat jemand Tipps, wie ich das Android-Google-Rechtschreibkorrekturprogramm mit sinnlosen Vorschlägen ausschalten kann?

Interessanter Ansatz. Bundesverfassungsgerichtlich angeregte Wählerwanderung. Man wählt NPD, damit sie verboten werden kann.

Franz

Och, dass er sie geschlagen hat, kann man so nicht sagen, sie haben ja noch nicht mal blaue Flecken davongetragen, das kann nun mal keine heftige Berührung gewesen sein, ihr Kontrahent wird nicht belangt. Auf See und vor Gericht ist man in Gottes Hand.

Als Einzelperson kann auch jeder NPD-Funktionär belangt werden, sobald er etwas strafbares tut. Hier ging es um eine Partei. Und diese muss eben in Gestalt ihrer Organisation dafür sorgen, dass es zu einem Umsturz kommen könnte. Erst wenn real zumindest eine gewisse Gefahr besteht, dass sie das schafft, kann sie verboten werden. Bei den bisherigen zwei Parteiverboten war das dritte Reich gerade mal ein paar Jahre her, sodass die Notwendigkeit einer konkreten Umsturzgefahr nicht so sehr hinterfragt wurde. Juristisch halte ich das für korrekt.

Was mich aufregt, war soeben Malu Dreyer in der ARD. Sie hat eine Grundgesetzänderung angekündigt, damit die NPD aus der Parteienfinanzierung rausgehalten wird. Das halte ich für unsinnig, denn entweder die Partei wird verboten, dann kriegt sie nichts mehr, oder sie wird nicht verboten, dann genießt sie eben auch die typischen Rechte aller Parteien.

Vor allem interessant, dass jetzt plötzlich eine Grundgesetzänderung im Hinblick auf die NPD diskutiert wird. Was ist mit anderen Grundgesetzänderungen? Was ist mit weniger Abgeordneten im Bundestag? Was ist mit der dringend erforderlichen Reform des Asylrechts (Deutschland kann politisch Verfolgten Asyl gewähren)? Dazu ringen sich die etablierten Parteien nicht durch, aber wenn es gegen eine einzelne ungeliebte Partei geht, dann werden sie offenbar sehr schnell aktiv.

1956 wurde die KPD verboten. Im Urteil wurde folgendes festgestellt:
Eine Partei kann nach dem Gesagten auch dann verfassungswidrig im Sinne des Art. 21 Abs. 2 GG sein, wenn nach menschlichem Ermessen keine Aussicht darauf besteht, daß sie ihre verfassungswidrige Absicht in absehbarer Zukunft werde verwirklichen können.

Das NPD Urteil ist ein Witz und imho nur für Verfassungsrechtler im Elfenbeinturm nachvollziehbar. Schön zu sehen, dass wir in Ö nicht die einzigen mit diesem Problem sind…

Der Hinweis auf die Möglichkeit kam vom BVG.

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Hallo,

die Demokratie dt. Ausprägung basiert auf dem freien Wettbewerb pol. Ansichten, die ihren Ausdruck in der Bildung von (Meinungs)parteien finden. Das ist zentrales Element unseres Staates.

Genau aus diesem Grund werden dem Verbot einer Partei (im Gegensatz zu nur einem Verein) höchstmögliche Beschränkungen auferlegt. Viel zu einfach wäre es sonst einer grossen Mehrheit von Parteien, sich unliebsame Konkurrenz vom Hals zu schaffen. Und was würde dann eine ausreichende Mehrheit möglicherweise tun, sobald sie die Macht dazu hätte? Wahrscheinlich die nächste Partei verbieten und dann noch eine und am Ende den grossen Konkurrenten selbst. Der klassische Weg in die Parteiendiktatur, ggf. mit einem unbestrittenen Führer/Chef.

Beispiele gibt es in der Geschichte genügend.

Allein der Umstand, dass eine Partei „verfassungsfeindliche“ Ziele verfolgt, ist kein ausreichender Grund. Gegen welche Teile der Verfassung richten sich die Ziele? Mit dem Kampfbegriff „Verfassungsfeindlichkeit“ wird viel zu gerne um sich geworfen. Nenne mir eine dt. Partei und es wird eine sein, der bereits vom Gegner Verfassungsfeindlichkeit vorgeworfen wurde. Denn jede Änderung richtet sich gegen die derzeitige Ausformung der Verfassung und kann als verfassungsfeindlich bezeichnet werden.

Tierschutz verankern? Verfassungsfeindlich. Änderungen am Grundrecht auf Asyl? Verfassungsfeindlich. Burka vor Gericht verbieten? Verfassungsfeindlich. Integration als Staatsziel verankern? Verfassungsfeindlich. Das GG durch ein GG 2.0 nach freier Abstimmung durch das dt. Volk ersetzen? Verfassungsfeindlich. Besonders witzig, weil ja genau das als Möglichkeit im GG erwähnt wird.

So einfach läuft das Spiel. Daher ist das Etikett „verfassungsfeindl.“ allein völlig unbrauchbar.

Nur dann, wenn eine Partei über ausreichend Möglichkeiten verfügt das GG in zentralen Punkten auch wirksam anzugreifen, gar abzuschaffen, kann sie verboten werden. Das BVerfG hat in diesem Zusammenhang ja erklärt, dass es insoweit von der früheren Rechtsauffassung Abstand nimmt, allein schon verfassungswidrige Ziele wären für ein Verbot ausreichend.

Bei der SRP und KPD bestand ebenfalls keine wirklich überzeugende Möglichkeit. Allerdings war die Republik noch jung und die SRP brachte es in einem Bundesland auf 11%. Bei der KPD kam IMHO noch dazu, dass D noch nicht vereingt war und die DDR eine ernste Bedrohung für den Bestand der BRD darstellte. Die KPD war ganz klar aus Ost-BErlin (bzw. Moskau) gesteuert und die Zwangsvereinigung KPD+SPD zur SED noch frisch. Ausserdem saß die KPD bereits im Bundestag, stellte Landesminister.

Das ist absolut nicht nachvollziehbar. Auch 51% der Wähler entscheiden nicht demokratisch darüber, ob die Würde eines Menschen unverletzlich ist oder nicht, obwohl diese Entscheidung demokratisch wäre.

Demokratie ist ohne Grundrechtskatalog für Individuen und Institutionen auch nur die (u.U. sogar totalitäre) Diktatur der Mehrheit.

Gruß
vdmaster

Sie ist derzeit turnusmäßige Präsidentin des Bundesrates, der Antragsteller war. Daher schwurbelt sie im diesigen Nebel herum. Ebenso wie TdM, der entsprechende Änderungsmöglichkeiten prüfen lässt.

Die Folge einer Änderung wäre umgehend, dass die NPD das BVerfG anruft. Und dann können die sich damit in aller Ruhe beschäftigen.

Diese „Ankündigung“ von Dreyer kann man erst einmal in Ruhe in die Tonne treten. Dient allein zur populistischen Besänftigung der eigenen Klientel. Also zumindest dem kenntnislosen Teil der Klientel, der ein Verbot für sicher erachtete. Das ist der Beruhigungslolli für die Aufgebrachten.

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Jetzt schlägt es aber dreizehn! Seit wann mischen sich denn da die Berliner Verkehrsbetriebe ein? :smirk:

Nein, es passt Dir nur überhaupt nicht. Zwischen 1956 und 2016 liegen 60 Jahre der gesellschaftlichen Entwicklung. Keine UdSSR, keine DDR und eine mehrfach umgekrempelte Ost-KPD/SPD-Ex-SED-Ex-PDS/SED-Ex-PDS …

Das BVerfG hat deutlich darauf hingewiesen, dass es dieser früheren Auffassung nicht mehr folgt.

http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/01/bs20170117_2bvb000113.html;jsessionid=343160DA6285217902566D319C7552E9.2_cid383

c) Dass dadurch eine konkrete Gefahr für die durch Art. 21 Abs. 2 GG geschützten Rechtsgüter begründet wird, ist nicht erforderlich. Allerdings bedarf es konkreter Anhaltspunkte von Gewicht, die einen Erfolg des gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gerichteten Handelns zumindest möglich erscheinen lassen.

Du wirst doch wohl nicht „Europa“ zerstören wollen. :stuck_out_tongue_closed_eyes:

http://www.zeit.de/news/2017-01/17/urteile-parteiverbot-zwischen-karlsruhe-und-strassburg-17080005

Für das Verbot einer Partei muss es danach einen zwingenden Grund sowie ein dringendes Bedürfnis geben. Die Straßburger Richter fordern Hinweise dafür, dass durch die Partei ein unmittelbar bevorstehender Angriff auf die Demokratie droht. Eine abstrakte Gefahr unabhängig vom tatsächlichen Einfluss der Partei reicht nicht aus.

Daher hat das BVerfG auch dies erwähnt

Die dargelegten Anforderungen an die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei sind mit den Vorgaben, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Rechtsprechung zu Parteiverboten aus der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) abgeleitet hat, vereinbar.

Du wirst doch jetzt nicht wieder „die 50er Jahre“ aufleben lassen wollen. :smirk:

Welche angeblich bösen Sachen hat denn das österreichische Gericht so gemacht? Doch nicht etwa eine aus Deiner Sicht „überflüssige“ Stichwahlwiederholung.

Dann erklär mir mal, was diese gesellschaftliche Entwicklung mit dem zitierten Satz zu tun haben soll.

Na was soll er auch sonst sagen??

Im Urteil stehen ja einige tolle Formulierungen:

  • „Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus“
  • „antisemitische Grundhaltung“
  • „Bekenntnis zu Führungspersönlichkeiten der NSDAP“
  • „Missachtung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“

Besonders klasse finde ich dann diese Passage:
Die Antragsgegnerin strebt nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an. Sie zielt auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären „Nationalstaat“. Dieses politische Konzept missachtet die Menschenwürde aller, die der ethnischen Volksgemeinschaft nicht angehören, und ist mit dem grundgesetzlichen Demokratieprinzip unvereinbar.

Und:
Die Antragsgegnerin arbeitet planvoll und qualifiziert auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin.

Aber:
Es fehlt jedoch an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt.

Bravo. Die NPD ist also (noch) unfähig, ihre verfassungsfeindlichen Ziele umzusetzen, also lassen wir sie einfach mal machen…

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Dieses Argument leuchtet mir nicht ein.
Eine ernst zu nehmende Konkurrenz wäre sie doch nur, wenn sie bedeutend wäre und dann könnte sie ja auch verboten werden.

Bevor man sich in der Sache auslässt, sollte man vielleicht sinnvollerweise erst einmal den Begriff verfassungsfeindlich richtig bestimmen. Das ist keine Bestimmung, die einfach am Stammtisch passiert, jedenfalls nicht sinnvollerweise.

Es ist schon bezeichnend, hier „Verfassungsfeindlichkeit“ als Kampfbegriff zu diffamieren! Verfassungsfeindlicheit bezeichnet nämlich mitnichten jede Bestrebung, am Grundgesetz etwas zu ändern. Wer nun die Verwendung des Begriffs als „Kampfbegriff“ schmäht, erweckt den Eindruck, tatsächliche Verfassungsfeindlichkeit relativieren zu wollen. Mit dem Relativieren scheinst du es ja zu haben.

"„die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition“. Eine Partei, die diese Prinzipien ablehnt oder dagegen agitiert, gilt wegen ihrer Wesensverwandtschaft mit der NSDAP als verfassungsfeindlich.“

Es geht hier um eine ganze Menge. Daher ist das kein Thema, das sich eignet, sein Kindergartensüppchen (PC, Gutmensch und Co. lassen grüßen) zu kochen.

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Es ist für dich nicht nachvollziehbar, weil du dir entweder nicht die Mühe gemacht hast, richtig zu lesen und / oder weil du ideologisch so festhängst, dass du nicht richtig erfassen kannst. Das, was ich angesprochen habe, hat nichts mit irgendwelchen Mehrheiten zu tun!

Fang doch einfach erst einmal an, vor deiner eigenen Tür zu kehren! Wer meint, vorher schon zu wissen, wie das BVerfG entscheidet, lässt erst einmal tiefe Respektlosigkeit vor eben diesem Gericht erkennen! Wer dann aber nicht einmal den Begriff Verfassungfeindlichkeit auch nur ansatzweise richtig verwendet, sollte vielleicht lieber selbst mal am Lolli lutschen, bevor er das anderen vorhält.

Ich hatte ja auch nur versucht darzulegen, wie sich eine Parteiendemokratie entwickeln könnte, wenn der Schutz der Parteien vor einem Verbot nicht ausgesprochen stark wäre. Hier dadurch, dass selbst die Feinde noch geschont werden, wenn sie keine konkrete Gefahr für das System darstellen.

Nicht zuletzt die Rechtssprechung des EGMR, das über die europ. Menschrechtskonvention wacht, hat das BVerfG sich wohl zueigen gemacht als es entgegen der Maßstäbe von 1952 und 1956 diesen Punkt noch mehr herausarbeitete und konkretisierte.

Es wäre megapeinlich (sie wären vor Scham im Boden versunken) gewesen, wenn das BVerfG die NPD verboten hätte und anschliessend D vor dem EGMR mit Karacho gegen die Wand gefahren wäre. Dabei darf es übrigens keine Rolle spielen, dass die Mehrheit der Deutschen oder die Mehrheit der Konkurrenzparteien oder die Mehrheit der schreibenden Zunft oder die Mehrheit hier im Forum die NPD gerne verboten sähe. Exakt dieses Prinzip macht uns erst zu einer Demokratie mit Grundrechten, die selbst Arschl… in Anspruch nehmen können. Eben auch als Parteien.

Gruß
vdmaster