Hallo
Der Wertmaßstab, um Genitalverstümmelungen zu verurteilen,
beruht ausschließlich auf jenen gesellschaftlichen Regeln, aus
denen der Bewerter schöpft. Nach unserer „westlichen“ Sicht
ist die Beschneidung der Frauen zutiefst verachtenswert. Ist
es das aber auch aus der Sicht von Gesellschaften, wo ein
solches Vorgehen seit Generationen „üblich“ ist?
Es ist mir klar, dass alles was in „Gut“ und „Schlecht“ und „Richtig“ und „Falsch“ eingeordnet wird, kulturabhaengig ist.
Genitalverstuemmelung wird aber auch nicht von allen Angehoerigen des jeweiligen Kulturkreises akzeptiert. Immer wieder gibt es Frauen, die davor fliehen und z.B. Asylantraege stellen, weil sie sonst in ihrer Heimat von ihrer Familie gezwungen wuerden eine Beschneidung ueber sich ergehen zu lassen.
Waris Dirie, die auch in eine Kultur geboren wurde, in der Genitalverstuemmelung ueblich ist, ist die beste Zeugin dieses Verbrechens.
Es ist unbestreitbar, dass der einzige Zweck der Genitalverstuemmelung der Unterdrueckung der Frauen dient. Es ist kein „grossartiges“ Kulturerbe. Das erlaube ich mir einfach zu sagen, obwohl ich ein Westler bin.
Andere Völker haben ebenfalls aus unserer Sicht barbarische
Verhaltensweisen. Das fängt an bei Kindesaussetzung, wenn das
Baby nicht dem gewünschten Geschlecht entspricht (etwa in
Indien)
ja, das ist Kindstoetung. Gibt es aber auch in unseren Breitengraden und gehoert sicherlich nicht zur „Kultur“ der Inder.
Ein Menschenleben nach seinem Geschlecht zu werten IST verachtenswert (sofern es nicht unter extremen Bedingungen dem Erhalt und Ueberleben des Stammes dient).
setzt sich fort über Ganzkörpertätowierungen, die
nachweislich die Lebenserwartung deutlich senken (in der
Südsee)
darueber weiss ich nichts
und endet beim Zurücklassen alter und gebrechlicher
Leute zum Sterben (etwa bei diversen Nomadenstämmen).
Das dient wohl dem Ueberleben des Stammes und ist keine Diskriminierung.
Von
Verhaltensregeln wie etwa dem Kannibalismus ganz zu schweigen.
Kannibalismus hat unterschiedliche Ursachen.
Es kann eine Notlage sein, das Verspeisen eigener Verwandter nach deren natuerlichem Ableben als eine letzte Ehre, oder das Essen Kriegsgefangener etc
Stülpen wir anderen Kulturkreisen damit nicht ganz brutal
unsere Wertmaßstäbe über?
Darueber kann man spekulieren. Aber wenn sich sogar Angehoerige der jeweiligen kultur gegen gewissen Massnahmen wie z.B. die Genitalverstuemmelung aussprechen, steht das nicht mehr zur Diskussion. Meine Meinung.
Wir sind gewohnt, unsere Gesellschaft als die beste aller
existierenden Möglichkeiten anzusehen. Oder in Schlagworte
gefaßt: Coca-Cola und MTV für die ganze Welt.
Um Gottes Willen. Bloss nicht!!
Im Endeffekt läuft es doch gar nicht darauf hinaus, den
betroffenen Frauen die Beschneidung zu ersparen, sondern ihnen
unsere Wertmaßstäbe in die Köpfe zu pflanzen. Das ist simpler
Kultur-Kolonialismus.
Sehe ich in diesem konkreten Fall eben anders. Die Devise: bloss nicht einmischen! halte ich fuer eben so falsch wie die eigene Kultur der eines anderen Volkes hoeher zu bewerten.
gruss jima