Im Inland investieren um Exportüberschuss zu minimieren?

Hallo,

Trump ist ja nicht der einzige Regierungschef, der sich darüber aufregt, dass Deutschland einen hohen Exportüberschuss hat. Aber: Sind wirklich wir schuld daran, wenn man in Europa und im nichteuropäischen Ausland unsere Produkte für besser hält als die anderer Länder? Erwartet man von uns, dass wir geplant Murks produzieren, damit die Produkte anderer Länder aufgewertet werden?

Wenn unsere Produkte bei vergleichbarer Qualität aber preisgünstiger als die anderer Länder sein sollten, könnte das daran liegen, dass bei uns die Löhne zu niedrig sind. Das ist ein Vorwurf, der auch zuweilen gemacht wird und den ich verstehe; und ich wäre durchaus dafür, wenn man in der Hinsicht etwas tun würde. Wenn alle mehr verdienen würden, anstatt dass Schäuble von Jahr zu Jahr mehr Milliarden auf einem Konto ansammelt, auf dem es heutzutage nicht einmal Zinsen mehr bringt, wäre das doch gut.

Was ich aber nicht verstehe, ist, wenn es nicht selten heißt, Deutschland müsste mehr im Inland investieren um den Eportüberschuss zu minimieren. Dass es in unserem Land viel Investitionsbearf gibt, ist ja bekannt. Immer wieder liest man von maroden Straßen oder Brücken, in vielen Bereichen merkt man es selbst. Und wenn ein einziges Mal eine Autobahnbrücke abkrachen sollte und Dutzende Autos mit hinabgerissen würden, wäre der Teufel los. Aber wenn Schäuble, anstatt Milliarden aufzuhäufen, dieses Geld im Inland investitieren würde: Deshalb kaufen die Ausländer doch nicht weniger Waren bei uns und wird man auch die Produktion bei uns nicht einschränken, um weniger verkaufen zu können.

Oder erwartet man etwa, dass wir ausländische Firmen, also z. B. amerikanische oder französische, damit beauftragen, unsere Straßen und Brücken instand zu setzen? Das würde den Exportüberschuss zweifelsfrei minimieren, aber dass man das erwartet, kann ich mir nicht vorstellen.

Grübelt
Carsten

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Naja, der Gedanke ist: Der Staat gibt mehr Geld aus für Investitionen. Dafür müssen dann die Steuern erhöht werden. Zudem werden Arbeitsplätze knapp, das heißt Löhne steigen. Das heißt, die Wettbewerbssituation verschlechtert sich. Außerdem muss für die Investitionen natürlich importiert werden, zudem verdienen die Arbeitskräfte dann einen guten Lohn. Nach dem Gießkannenprinzip kommt dabei was bei den anderen Ländern an.

In Wirklichkeit geht es darum, Deutschland strukturell zu schwächen (höhere Steuern, Lohnsteigerungen usw.). Warum? Weil der Exportüberschuss eben aus struktureller Stärke resultiert. Doch diese strukturelle Stärke ist Deutschland ja nicht zugeflogen. Man hat einfach die Weichen für eine starke Wirtschaft gestellt. Lohnkosten interessieren niemanden, oder war dein VW, den du gekauft hast, besonders billig, weil die Arbeiter in Wolfsburg am Hungertuch nagen? Wohl kaum.

Wer Forderungen nach Abbau des Exportüberschusses aufstellt, zeigt allein durch die Forderung, dass er null Ahnung vom Wirtschaftsgeschehen hat. Denn der Exportüberschuss ist das Saldo aus Millionen von einzelnen Kaufentscheidungen. So, wie du französischen Wein kaufst und dafür deine Gründe hast, kauft irgendjemand in der Welt das Produkt eines deutschen Maschinenbauers. Da kann man nicht einfach entscheiden, den Exportüberschuss zu reduzieren. Wer so etwas fordert, will nur von den politischen Versäumnissen ablenken.

Ebenso sind übrigens die Löhne nicht von oben herab entschieden. Sie sind das Ergebnis der Mechanismen am Arbeitsmarkt. Wie ich hier schon seit Jahr und Tag erkläre: Was ist ein Markt? Der Ort, wo Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen. Am Arbeitsmarkt treffen Nachfrager und Anbieter von Arbeitsleistung aufeinander. Der Preis (Lohn) richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Wenn jemand zu hohe/niedrige Löhne beklagt, hat niemand entschieden, dass der Lohn so und so sein soll, das ist Ergebnis eines Ungleichgewichts am Arbeitsmarkt. Dumm ist, wenn man diese Mechanismen durchbricht und etwa einen Mindestlohn festlegt. Und sich dann (etwa in Frankreich oder Spanien) wundern, dass die (Jugend-)Arbeitslosigkeit hoch ist. Na sowas…

Nein, die Steuern müssen nicht steigen, weil doch seit mehreren Jahren Steuerüberschüsse erwirtschaftet wurden, die nur abgebaut werden müssen.

Und auch Lohnerhöhungen, falls sie sich in vertretbarem Rahmen halten, sind ebenfalls aus diesen Reserven finanzirbar.

Moin,

auf welchem ominösem Konto soll Schäuble diese Mrd. denn Jahr für Jahr ansammeln? Kann es sein, dass Du noch nicht mitbekommen hast, dass D in den früheren Jahrzehnten einen riesigen Schuldenberg angehäuft hat? Immerhin stehen wir auf Platz 37 von 182 Staaten (Albanien bspw. ist auf Platz 40), sind also bzgl. der Schuldenquote dritte Welt. Da wäre es doch angebracht, wenn man diesen Berg abträgt, solange die Wirtschaft noch rundläuft anstatt das Geld gleich wieder zu verprassen und damit die Schulden den folgenden Generationen aufzubürden.

Man erwartet, dass die Aufträge EU-weit ausgeschrieben werden und es keine Bevorzugung von dt. Firmen gibt.

Gruß
vdmaster

Das mag für die Krankenschwester zutreffen. Deren Leistungen werden allerdings nur selten exportiert. In den Branchen, wo die Exportüberschüsse produziert werden, sind die Löhne im internationalen Vergleich eher nicht zu niedrig.

Zumindest in der EU erwartet man vor allem, dass wir die Schulden und Sozialleistungen der anderen übernehmen. Auf die Idee, sich einfach am stärksten zu orientieren und es ihm nachzumachen kommt wohl niemand. Würde zum einen bedeuten, Fehler und Versäumnisse einzuräumen und zum anderen müssten dann eben Reformen durchgesetzt werden. Und da ist es kaum anders als in Deutschland, Veränderungen will niemand, ist ja Teufelszeug.

Der sammelt nix an, sondern kann damit bestenfalls den vorhandenen Schuldenberg abbauen. Die eingesparten Steuern könnte man dem Volk zurückgeben bzw. sie ihm gar nicht erst aus der Tasche ziehen. Das würde dieses Geld ja auch nur irgendwie ausgeben. Dafür bräucte man sich nicht mal Millionen Kostgänger importieren, dass würde das schon länger hier lebende Volk auch alleine schaffen.

Dann würde das in der Tat weder den Export beschränken, noch den Import nennenswert erhöhen. Problem 1 dabei ist, dass schon jetzt nicht soviel verbaut werden kann, wie Geld bereit steht. Der Effekt würde also schlicht nicht eintreten, sondern es würden bestenfalls Verlagerungen eintreten. Problem 2 ist, dass eine Nachfrageerhöhung sich nicht nur in Deutschland auf die Preise auswirken würde. Davon wären dann gerade unsere unmittelbaren Nachbarn ebenfalls und am stärksten betroffen. Problem 3 ist noch viel schlimmer. Wenn wir jetzt wirklich die Infrastruktur massiv ausbauen bzw. die vorhandene aufwerten, dann schadet das der Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie kein bißchen, ganz im Gegentum… Stell Dir vor, die ganzen Kosten für Staus, Umwege usw. würden wegfallen.

Denkbar, dass das irgendein Milchmädchenrechner so erwartet. Ist aber ja auch nicht so, dass etwa die Amis oder Franzosen auf diesem Gebiet nicht selbst das eine oder andere Nachholbedürfnis hätten. Hinzu kommt das o.g. Problem 2 für diese Länder.

Es geht also letztlich darum einen Sündenbock für die eigenen/hausgemachten Problem zu präsentieren.

Es geht nicht nur darum, dass unsere Produkte „zu gut“ sind, sondern vor allem, dass unsere Produkte zu preiswert sind. Trotz wirtschaftlicher Gesamtstärke der Gesellschaft arbeitet in Deutschland jeder 6 im Niedriglohnsektor. (Link zur Böckler-Stiftung Deutsche Wirtschafts Nachrichten Deutschland beutet seine Arbeiter aus) Unter den klassischen europäischen Industrienationen haben wir den geringsten Mindestlohn. (Link zu Statista)

Die Wirtschafttheoretiker gehen davon aus, dass, wenn in Deutschland das Lohnniveau deutlich steigt, unsere Exporte zum Teil uninteressant werden und in den Ländern wieder mehr selbst produziert wird. Zudem könnte es sein, dass die teureren ausländischen Produkte bei uns nachgefragt werden würden. Was den Import steigern würde.

Dabei geht es nicht nur um deutsche Maschinen. Auch im Export von Lebensmitteln sind wir großartig. So großartig, dass zum Teil unsere Nachbarn nicht zum selben Preis produzieren können. Ich erinnere daran, dass die französischen Fleisch-Bauern sich über die geringen Preise deutscher Produzenten beschweren. Link zur Zeit Französische Bauern blockieren die Grenze

Du siehst also, es geht gar nicht mal so sehr um Investitionen des Staates, sondern darum, die Kaufkraft jedes einzelnen Menschen in Deutschland zu stärken.

In diesem Zusammenhang erklärt sich auch das Sterben der Lebensmittelmärkte. Die Deutschen Bürger sparen an (fast) allen Ecken und Kanten und nehmen dafür statt großer Vielfalt sogar ein Angebot geringer Auswahl in Kauf.

Grüße

Wobei vor uns in der Schuldenhierarchie noch die bekannten Dritte-Welt-Länder Japan (1), Italien (5), Portugal (7), Irland (9), Belgien (12), USA (13), Singapur (17), Spanien (19), Großbritannien (22), Frankreich (29), Kanada (24) und Österreich (26) liegen.

Angesichts dieses Umstandes könnte man darauf kommen, daß man zur Beurteilung der wirtschaftlichen Situation eines Landes nicht unbedingt bzw. nicht nur die Verschuldung heranziehen sollte.

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Der Stempel „3. Welt“ war eine plakative Wortwahl und sollte verdeutlichen, dass wir das Geld eben keinesfalls als Plus haben, wenn man grössere Zeiträume als nur ein Haushaltsjahr berücksichtigt.

Bevor hier noch jemand den Jubelchor vom überreichen Deutschland anstimmt.

Du willst damit also sagen, daß ich ein Problem habe, wenn ich ein Einkommen von 100.000 Euro pro Jahr, aber 25 Mio. Euro Schulden habe? Ganz egal, ob ich über ein unbelastetes Vermögen von 100 Mio. verfüge?

In den Verschuldungslisten wird weder das Vermögen berücksichtigt noch wofür die Schulden aufgenommen wurden noch woher die Schulden stammen (Ausland oder Inland) noch sonst irgendetwas, was für die Interpretation der nackten Zahl durchaus von Bedeutung wäre.

Die Einordnung Deutschlands in die Dritte Welt der Verschuldung war also nicht nur plakativ, sondern auch inhaltlich ziemlich daneben. Ich dachte, dies sei schon anhand der von mir genannten anderen „Dritte Welt-Länder“ offensichtlich geworden.

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Ganz simpel: Schuldentilgung.

Es bringt auch wenig, einfach mal ein paar Mrd. auf den Tisch zu hauen und zu sagen, dass jetzt mehr saniert werden soll. Denn viel Geld ist bereits in den Töpfen. Es wird nur nicht abgerufen. http://www.tagesspiegel.de/berlin/investitionsstau-in-der-hauptstadt-im-geldausgeben-ist-berlin-ganz-schlecht/13942972.html

Und wenn sich dann noch (tls. „esoterische“) Bürgerinitiativen querstellen, läuft es noch langsamer.

Diese Zahlen verzerren die Realität weitaus mehr als es meine „3.Welt-Einordnung“ tat.

Absolut nicht. Du brauchst Dir nur Platz zwei anzusehen, um dafür ein Beispiel zu finden.

Und in welchen Branchen arbeiten die Leute im Niedriglohnsektor? In den boomenden Exportbranchen Gebäudereinigung, Friseurwesen und Blumenhandel? Oder in den für ihr niedriges Lohnniveau bekannten Branchen Automobilindustrie, Chemieindustrie und Maschinenbau?

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Hi,

woran liegt das?
Und gilt das auch für die Sanierung von Schulen, Straßen und Autobahnbrücken?

FG myrtillus

Kann es sein, dass Du noch nicht mitbekommen hast, dass D in den früheren Jahrzehnten einen riesigen Schuldenberg angehäuft hat?

Doch, stell Dir vor, das habe ich mitbekommen! Aber davon, dass Schulden abgetragen wurden, habe ich noch nie gehört oder gelesen.

Das ist lustig, was Du da schreibst.

Du solltest mit diesem Rezept „Einfach nichts tilgen, dann sind die Schulden automatisch weg“ unbedingt bei der Diakonie als Schuldnerberater anheuern! Die Speisung der Fünftausend machst Du dann mal eben noch mit, zwischen Feierabend und Heimgehen.

Schöne Grüße

MM

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Das ist Deine Idee, nicht meine!

Versteck Dich nicht!

Du hast behauptet, Schäuble sammle von Jahr zu Jahr mehr Milliarden auf einem Konto an und bilde damit „Reserven“, mit denen man unter anderem Lohnerhöhungen finanzieren könnte. Auf die Frage, wie sich Schulden von knapp 2,3 Bilionen € mit gleichzeitig auf geheimnisvolle Weise „angesammelten Milliarden“ und „Reserven“ vertragen, erklärtest Du, Du hättest noch nie gehört oder gelesen, dass Schulden (vermutlich meinst Du solche der öffentlichen Hand) abgetragen wurden.

Du bist also offensichtlich der Ansicht, dass es Schulden, die man nicht tilgt, schlicht nicht gibt.

Wenn es irgeneinen anderen Zusammenhang geben sollte, kannst Du ihn ja vielleicht erklären.

Schöne Grüße

MM

  1. Wir der Niedriglohnsektor über das Durschnittseinkommen bestimmt und zweitens sind es vorwiegend teilzeitkräfte im Servicebereich die im Niedriglohnsektor arbeiten. In der Industrie arbeitet niemand im Niedriglohnsektor. Im gegenteil, der Lohnkosten pro h sind die fast höchsten der Welt.

  2. Dieser Mindestlohnvergleich ist totaler Blödsinn. Dort tauchen die meisten Staaten gar nicht auf, weil diese wie CH, Össiland, Dännemark, Finnland, Schweden,…überhaupt gar keinen Mindestlohn haben. Geht es den Leuten dort jetzt so schlecht? Sind UK und Spanien auf einmal gar keine Industriestaaten mehr?

Du meinst also ernsthaft in der exportierenden Industrie verdient man schlecht…? Was verdient ein Durschnittlciher Arbeitnehmer bei Siemens oder Roche? 85.0000€ im Jahr?

Der Anteil der Landwirtschaft am BIP Deutschlands liegt bei 0,8%, davon geht aber das allerwenigste in den Export.

Und das obwohl sie noch deutlich höher subventioniert werden als deutsche Bauern und der Bio-Anteil nur halb so hoch ist.

Beliben wir doch beim Beispiel Landwirtschaft. Dort arbeiten zwei Gruppen von Beschäftigten.

  1. Selbständige Landwirte, die keinen Lohn erhalten
  2. Osteuropäische Saisonarbeiter die in Deutschland nicht konsumieren sondern alles mit nach Hause nehmen
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Im Gegenteil, die meisten Schwellenländer und dritte Welt Staaten haben eher geringe Schulden, weil sie sich nicht zu attraktiven Konditionen verschulden können. Siehe das total abgefuckte Russland.