In der Berliner Erklärung

der Innenminister wird das Gebot des Gesichtzeigens (keine Vollverschleierung) auf öffentliche Einrichtungen (Schulen, KiTa, Gerichtssäle, (Hoch-)Schulen etc.) sowie Straßenverkehr und Demonstrationen beschränkt. Unabhängig davon, ob und in welcher Form eine Umsetzung je erfolgen wird, stellt sich die Frage, weshalb private oder nichtsstaatliche Einrichtungen wie Schulen oder Einkaufszentren/Ladengeschäft nicht ebenso durch das öffentliche Gebot mit einbezogen werden:

„Gesichtzeigen ist für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft konstitutiv“ [de Maziere] betrifft doch ebenso diese gesellschaftlichen Mischbereiche. Es wäre einfacher, diese Einrichtungen dürften gegenüber dem allgemein gültigen Gebot Ausnahmegenehmigungen erteilen als dass sie alle einer möglichen Klagewelle ausgesetzt werden.

Wie seht ihr das?

Franz

Ich sehe das auch so. Je breiter solche Entscheidungen von einer öffentlichen Basis getragen würden, desto besser. Der religiösen Abgrenzung und geschlechterdiskriminierenden Unterdrückung sollte die Parole „Gesicht zeigen!“ im warsten Sinne des Wortes entgegengehalten werden. Allein auf Freiwilligkeit der Privaten zu setzen ist natürlich nicht so aussichtsreich, wie ein staatliches Reglement.

Ein Politiker von den Grünen äußert folgendes, was auch irgendwie zumindest nicht völlig aus der Luft gegriffen erscheint:
Der Grünen-Politiker Omid Nouripour argumentierte, ein Verbot würde die Integration erschweren. Viele Frauen trügen den Nikab nicht freiwillig, sondern würden von ihren Männern gezwungen. Sollte es zu einem Verbot kommen, „dann lassen diese Macho-Arschlöcher ihre Frauen doch gar nicht mehr aus dem Haus“


Zumindest die Frauenunterdrückung wird also auch von Grünen nicht bestritten, sondern wohl nur aus Opportunitätsgründen bagatellisiert.

Weniger Probleme hat die Schweiz mit dem Anpacken des Problems. Wie man sieht, akzeptieren sogar Touristen aus islamischen Ländern das Verbot:
http://www.tagesspiegel.de/politik/burka-verbot-in-der-schweiz-tessin-bestraft-vollverschleierung-mit-bis-zu-10-000-franken/1443414
Gruß
rakete

Hallo Franz,

das kann man so sehen.

Aber es gibt (für Ladengeschäfte, Einkaufszentren, private Kliniken, Luxushotels usw.) massive finanzielle Gründe, nicht auf dem Verbot einer Vollverschleierung zu bestehen.

In Garmisch belegen die Scheichs ganze Flügel in den Luxushotels. Ich habe dort mal in einem Sternerestaurant gegessen und konnte dabei beobachten, wie liebevoll die Bayern mit ihren Scheichs umgehen.

In den Einkaufspassagen Münchens geben verschleierte Frauen jedes Jahr Hunderttausende aus. Das ist auch der Grund, warum bayrische Politiker in dieser Frage merkwürdig vage argumentieren.

Es gibt in westlichen Ländern auch eine Bewegung, die die Verstümmelung der weiblichen Genitalien in Zukunft verhindern will. Das hält britische Privatkliniken nicht davon ab, eben diese Verstümmelungen für horrende Summen unter Vollnarkose durchzuführen.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Da ist man in der Schweiz schon einen Schritt weiter: http://www.tagesspiegel.de/politik/burka-verbot-in-der-schweiz-tessin-bestraft-vollverschleierung-mit-bis-zu-10-000-franken/14434140.html

Und statt wütender Proteste über Diskriminierung und Einschränkung der Religionsfreiheit vermeldet man dort:

„Wenn man den arabischen Touristen gut erklärt, dass die Autorität des Kantons - das Parlament - dies beschlossen hat, wird das Verhüllungsverbot gut befolgt“, sagt der Polizeichef. Auch aus der Tourismusbranche ist Aufatmen zu vernehmen: „Die arabischen Gäste sind gut informiert und zeigen große Bereitschaft, die Regeln zu respektieren“, berichtete der Präsident des Hotellerieverbandes, Lorenzo Pianezzi, in der Zeitung „Blick“.

Geht doch, wenn man will. Aber Deutschland (-> Teile der Regierung) will eben nicht. Ich bin überzeugt dass wir so ein Ergebnis wie im Tessin (65,4% für ein Verhüllungsverbot) in einer Volksabstimmung auch locker hinbekommen würden.

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Sorry @raketenbasis , den Link hattest du schon gepostet. Übersehen.

Hallo,

da haben wir doch schon einmal eine Teillösung für Deine Frage. Mehr evtl. später … es ruft der Futtertrog :yum:.

Gruß
vdmaster

Erneut: Es ist nicht die Schweiz, sondern ein Kanton der Schweiz.

Hallo,

es gibt auch Betriebe, die für Geld töten. Die Genitalverstümmelung ist in GB strafbar. Oder meinst Du kosm. Operationen („Schönheitsoperation“) auf Wunsch der mündigen Patientin?

Gruß
vdmaster

Hier mal die „Berliner Erklärung“ http://www.regierung-mv.de/serviceassistent/_php/download.php?datei_id=1577972

Sie umfasst ein ganzes Paket. Aber die Mimimi-Medien stürzen sich mal wieder kollektiv auf ein Islam-Thema. Hm, erinnert mich schwer an die AfD und ihr „der Islam gehört nicht zu Deutschland“.

Hurra, Säbel blank und auf zur Attacke im Schweinsgalopp! Es ist wieder Zeit für die Besserkolumn- und feuilletonisten. Hoch von der Kanzel wird dem tumben Volk klargemacht, dass die CDU-Innenminister irren, gar lachhaft und vom rechten Glauben abgefallen sind, so sie wider den göttlichen Willen der Liberalität handeln, der auf marmornen Tafeln als Grundgesetz geschrieben steht. Ach, hätte es doch das Schicksal besser mit den Kolumnisten gemeint, auf das sie in Amt und Würden berufen und mit einem Mandat gesegnet wären. Aber ist nicht ihr Mandat der Aufsicht ein noch viel würdevolleres und segensreicheres? Die armen, verkannten Helden der Republik :cry:.

Dabei gibt es bedeutend wichtigere Punkte in dieser BE.

Zur Vollverschleierung: (Seite 8)

Jedenfalls in bestimmten Bereichen ist es für das Funktionieren unserer Rechtsordnung unverzichtbar, dieses [Anmerkung vdmaster: Gesicht zeigen] auch rechtlich einzufordern:

Das Verbot der Vollverschleierung im gesamten öfftl. Raum incl. privater Geschäfte ist politisch derzeit gar nicht durchsetzbar und wäre möglicherweise ein Verstoß gegen das Grundgesetz. Diese Frage ist aber nicht abschliessend geklärt, da das EGMR (entgegen der Einschätzung einiger dt. Rechtsgelehrten) bereits mehrfach ein Verbot (in jeweils konkreten Fällen) als mit der https://de.wikipedia.org/wiki/Europäische_Menschenrechtskonvention für vereinbar. Und https://dejure.org/gesetze/MRK/9.html unterscheidet sich nicht wirklich von https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_4.html.

Diese Urteile des EGMR haben keine Präjudiz für D. Aber sie weisen schon mal heftig in eine bestimmte Richtung. Auf jeden Fall müsste das BVerfG schon tief in die Erläuterungskiste greifen, um ein abweichendes Urteil zu begründen. Sie mögen keine Risse in der Rechtslehre (und würden IMHO lieber folgen als einen Bruch zu erzeugen).

Man sollte nicht immer die armen Privaten bemitleiden. Die haben ihre Freiheiten und eine Sparkasse hat ja auch den Zugang zu ihrem Institut bereits verweigert, was zu einer Klage führte. Man erinnert sich daran wie die „böse Richterin“ in D von der Verzweifelten forderte, dass sie ihr Gesicht zu zeigen habe. #mimimiunrechtsstaat

Gruß
vdmaster

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Du hast ja recht.
So gut kann es den Schweizern gehen. Selbst bei solchen Persönlichkeitsrechtseingriffen dürfen sogar die Landesregierungen selbst über Alleingänge entscheiden.
Gruß
rakete

Hallo,

was ich indes nicht so toll finde. Du musst Dich einfach mal von dem Gedanken befreien, dass die Qualität einer institutionellen Regelung davon abhängt, ob sie die Gesellschaft aus Deiner persönlichen Warte verbessert. Denn zu welchen Zäsuren führt das innerhalb einer Gesamtgesellschaft, wenn jeder Landesteil, der gerade einmal so groß wie ein durchschnittlicher dt. Landkreis ist, seine Sonderregelungen treffen kann?

Tessin hat ca. 350.000 Einwohner. Hm, wie wäre es mit Sonderregelungen in Kreuzberg-Lichtenhagen? Bspw., dass alle Männer sich einen ungestutzten Bart wachsen lassen müssen? Nicht so prickelnd, oder?

Btw ist die Sache mittlerweile vor Gericht anhängig. Eine einstweilige Verfügung gegen das Kantons-Gesetz hat das Bundesgericht abgelehnt. http://www.handelszeitung.ch/politik/das-tessin-darf-burka-definitiv-verbieten-1115534

Die am Bundesgericht hängigen Beschwerden richten sich gegen das Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum und das revidierte Gesetz über die öffentliche Ordnung. In der Sache selbst muss das Bundesgericht noch entscheiden. Mit der Ablehnung der aufschiebenden Wirkung kann das Gesetz, wie von der Regierung ursprünglich festgelegt, am 1. Juli in Kraft treten.

Das System „Bundesrecht bricht Landesrecht“ finde ich ganz gut. Es gibt ja weitgehende Ausnahmen davon. Aber das Thema gehört IMHO/IANAL nicht dazu.

Ach, die Besser-Kommentatoren haben sich schon in Stellung gebracht. :joy:

Oho, „Mode-Faschisten“. Man ahnt worauf der Autor hinauswill. Vor allem dann, da er Amnesty International in dieser Frage als Instanz zu sehen scheint und die Haltung des EGMR recht kreativ interpretiert. Fehlt nur noch der (Kamof)Aufruf: Wer gegen den Faschismus ist, muss für die Burka sein. :unamused:

Gruß
vdmaster

Du meinst Kreuzberg-Friedrichhain. Lichtenhagen ist (glaub ich) in Rostock.
Ansonsten: Ja. So betrachtet, hast du recht. Eine Gesamtregelung für die Schweiz wäre natürlich wünschenswerter gewesen. Aber vielleicht kommt das noch. Allemal eher als bei uns.
Ich sehe hier durchaus alle paar Tage mal auf dem Arbeitsweg (ich muss quer durch die Stadt) Niquabträgerinnen und sogar einzelne Typen, die in diesen Nachthemden (Burnus?) durch Wedding marschieren, die eindeutig nicht aus Kuwait oder so stammen.
Gruß
rakete

Richtig. Mea maxima culpa :pensive:.

Wird zumindest von der SVP seit 2010 gefordert. http://www.nzz.ch/schwyz-verschleierung-verbot-regierung-postulat-svp-1.7338077

Du kannst Dir denken, wie die unterschiedlich die politisch eingeordnet wird. Das geht von prägnant konservativ bis " :scream:, die bösen Nazis" (falls Du bei extremen Linken Erkundigungen einziehst. Auf deren Initiative geht das Verbot des Baus von Minaretten zurück.

Gruß
vdmaster

Was schert das den LIDL, ALDI, NETTO und weitere?

Leider ist das so in unserer Gesellschaft eingerissen, dass nichts ernst genommen wird, wenn es nicht schwarz auf weiss geregelt und mit Sanktionen belegt ist. Wenn vor einem Jahr die Kanzlerin an die Einflutenden appelliert hätte: „Leute, nehmt bitte lieber das Kopftuch ab. Das kommt hier heutzutage schlecht an, auch wenn es nicht als Unterdrückungssymbol eingesetzt wird“. Ich wette, die Mehrheit der Syrer etc. hätte das respektiert. Das hätte dann auch ein gutes Vorbild für die hier schon länger ansässigen und deshalb „abgebrühteren“ Naturen, den türkischen Mitbürgern, abgegeben.
Gruß
rakete

Mit der Option, das Gebot umgehen zu dürfen, könnten die Luxusmeilen ihrer Kundschaft entgegen kommen.

Allerdings entbehrt es nicht einer gewissen Komik, wenn nach aktuellem Innenministerbeschluss bzw. im Falle der Option die „Kunden“ künftig beim Betreten eines Ladengeschäft erst einmal die Gesichtsverschleierung in Betrieb nehmen.

Franz

Und? Ist doch deren Problem.

Franz

Nun, das Thema Grundgesetz ist wohl das letzte Argument. Angesichts Beschneidung oder Asylrechtsmissbrauch. Gebeugt/gebückt wird wo möglich.

Was aber die Klage anbelangt, wird der Beschluss genau davon eine Welle in Gang treten. Abgesehen von der Tatsache, dass sich Gesichtsoffene wieder einmal einer religiösen (Noch-)Minderheit beugen/bücken müssten.

Franz

Hallo,

nein ich meine Eltern mit weiblichen Jugendlichen, die diese Operationen an denen durchführen lassen.

Bei uns ist übrigens Genitalverstümmelung auch verboten und wird trotzdem praktiziert.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Hallo,

es gäbe für Westdeutsche übrigens eine utilitaristische Begründung für die Beibehaltung von Nikab und Burka. Nämlich dann, wenn diese Entscheidung jene völlig verängstigten Sachsen aus unseren Städten fernhalten würde, die beim Anblick von ein paar Kopftüchern in der Fußgängerzone eine Kehrtwendung vollziehen und enteilen.

Das lächerlichste Verhalten, das ich je im öffentlichen Raum beobachten konnte.

Leute, bleibt in euren wunderschönen östlichen Gefilden. Hier ist es saugefährlich! 24 Prozent Ausländer!

Gruß, Hans-Jürgen Schneider