ist das klug von Irakern in Zivil, auf Soldaten zu schiessen?
Hallo Rudolf,
nehmen wir an, die Pressemeldung entspricht der Wahrheit. Nehmen wir weiter an, für diesen Krieg gibt es eine Begründung abseits niederer Instinkte. Dann stellt sich für mich die Frage, was Menschen veranlaßt, sich tausende Kilometer entfernt in ein fremdes Land fliegen zu lassen, Befehlen zu gehorchen und bereit zu sein, ihre heilen Knochen und womöglich ihr Leben zu opfern. Sie müssen auf andere Menschen schießen, die ihnen persönlich nie etwas getan haben.
Wie bringt man Menschen - Soldaten - zu solchem Tun? Mit kühler Ratio? Gewiß nicht! Hört man sich die Reden der politischen Führer aller Beteiligten an, trieft es vor Pathos. Es wird an alles Erdenkliche appelliert - aber nicht an den klaren Verstand. Mit dem klaren Verstand kann man sämtliche Kriegsherren nur zum Teufel jagen und Leute, die Krieg propagieren, wegsperren. Deshalb ist bei Führern von Kriegsparteien Göttliches so beliebt. Auf keinen Fall Denken. Ein selbständig denkender Mensch läßt sich schließlich nicht freiwillig Knochen und Eingeweide zerschießen, läßt sich nicht zum physischen oder psychischen Krüppel machen. Kriegsherren müssen die absonderlichsten Argumente hervorkramen, um bei den Menschen die Sperre vor dem Töten zu lösen. Vernunft und das elementare Menschenrecht auf Leben muß man den Betroffenen so weit ausreden, daß sie bereit sind, ihrer Leitfigur blind zu folgen. Diese Gefolgschaft geht sogar noch viel weiter, als in den Kriegen früherer Jahrhunderte. Früher kämpfte der Führer als Vorbild tatsächlich selbst mit. Man kann es mit dem Unterschied des Reitens zum Kutsche fahren vergleichen. Beim Reiten hat man den unmittelbaren Körperkontakt zum Tier, das unbedingt gehorchen soll. Der Kutschfahrer übt nur die indirekte Einflußnahme aus. Das ist tatsächlich schwieriger. So auch bei den Menschen, die sich von ihren Führerfiguren aus der Ferne aufpeitschen lassen. Dabei zählen nachvollziehbare Argumente und beweisbare Fakten nicht viel. Charisma und Pathos sind die Steuerinstrumente.
Manche klassische Methode früherer Führerpersönlichkeiten funktioniert heute nicht mehr. So hielt man es früher für legitim, den eigenen Soldaten mehr Angst vor den eigenen Vorgesetzten als vor dem Feind zu machen. Nur so waren die Soldaten, die viel lieber zu Hause bei ihrer Familie als Handwerker oder Bauer leben würden, dazu zu bewegen, auf andere Menschen einzudreschen, von denen man ihnen erzählte, das seien die Feinde. Mit dem Wissen, ganz sicher erschossen zu werden, wenn man nicht marschiert und einer kleinen Überlebenschance, wenn man gehorcht, taten sie das, was sie freiwillig niemals getan hätten.
Heute gehts etwas subtiler zu. Da verbreitet die US-Regierung im eigenen Land Panik und permanente Angst. Die gesamte Anthrrax-Hysterie, die wiederholten unsinnigen, weil diffusen Terrorwarnungen gehören in dieses Kapitel. Da wird der Bogen von Bin Laden zu S. Hussein gespannt, wird unentwegt von chemischen Kampfstoffen geredet, die die USA bedrohen würden… die Unsinnigkeit ist dabei völlig nebensächlich. Bush und Rumsfeld hätten auch erzählen können, Hussein würde täglich die Jungfrau Maria vergewaltigen. Die Inhalte spielen keine Rolle. Es reicht, wenn bei zig Millionen Menschen der Glaube gefestigt wird, gegen das Böse kämpfen zu müssen. Hört man sich die Reden z. B. des G. W. Bush an, strotzen sie nur so vor platten Dummheiten und Verdrehungen, zuweilen sind sie völlig inhaltsfrei. Ihre Wirkung verfehlen sie dennoch nicht.
Das ist die Lage. Und Du fragst, ob es klug ist, wenn Zivilisten… Es gibt nichts Kluges am Krieg. Im Krieg werden Klugheit, Vernunft, Menschlichkeit und Menschenrechte systematisch verdrängt und unter Verschluß gehalten, damit niedere Instinkte ihren Lauf nehmen können.
Gruß
Wolfgang