Gift, Galle und die Lajt
Guggugs,
Hast Du es NÖTIG, auf solche bräsigen Eingaben zurück zu greifen?
Das mach ich sehr gerne - ich pinkle gerne den Leuten ein wenig in den Stiefel, die die Bretter mit widerwärtigem Zeug und abscheulichem Unrat füllen, die ich früher gerne und mit Interesse gelesen habe.
Und wenn wir grad am vertälen sind:
Was ich Dir noch nahebringen wollte: Paris ist mit 70 % römisch-katholisch getaufter Einwohner nicht besonders stark vom Islam dominiert; insofern sind die von Dir lustig ausgedachten „Versuche“ dort genauso blödsinnig wie in deutschen Städten. Die Gegenden von Paris, wo Du Dich mit oder ohne Kippa auf der Gasse nicht sehr wohl fühlen würdest, kann ich Dir zeigen. Vielleicht magst Du dort ja ein Werbefilmchen für die FN drehen, mit dem Motto „So lässt uns unsere Gendarmerie im Stich!“ oder sonst was Obergescheitem - man muss bloß die passenden Viertel aufsuchen, dann kriegt man auch die passenden Szenen.
Und dann noch ein Schwank aus meinem Leben: Ich war um 1990 rum (weiß nicht mehr genau, in welchem Jahr) drei Wochen in Tunesien unterwegs, zwischen Bizerte und Tozeur den ganzen besiedelten Teil des Landes rauf und runter. Aus irgendeinem kühlen Grund mochte ich gegen die Sonne keinen Hut und keine Mütze tragen und habe jemanden, der mit der Nähmaschine gut umgehen konnte, gebeten, mir eine weißleinene Kappe zu nähen, die wie eine etwas zu groß geratene Kippa aussah - damals ohne eine Ahnung davon, was eine Kippa ist und wie sowas aussieht - als Bub hatte ich ab und zu Siegbert Einstein in Buchau gesehen, dem man nie ohne Kippa begegnete, aber da war ich vielleicht fünf oder sechs Jahre alt und hab mir nicht viel dabei gedacht. - Ich wurde in Tunesien ziemlich oft gefragt, ob ich Jude sei, es ist mir aber erst in den letzten Tagen dort eingefallen, zurückzufragen, wie die Fragesteller darauf kämen, und da hab ich dann verstanden, was los war.
Verspottet wurde ich in der gesamten Zeit ein einziges Mal, von einigen Gassenbuben in El Djem, und ziemlich harsch angegangen wurde ich einmal in religiösem Zusammenhang nicht als vermeintlicher Jude, sondern als Mitteleuropäer, der den Ramadan nicht respektiert, als ich an einer Bushaltestelle ein wenig Wasser getrunken und eine Zigarette geraucht habe. Eine einzige üble persönliche Begegnung hatte ich, als mir ein älterer Mann erzählte, wie sehr er die Deutschen schätze, weil sie so viele Juden umgebracht hätten - noja, solche Figuren gibt es offenbar auch in Tunesien, wie in Deutschland auch. Ich hab es etwa so genommen wie die Begegnung mit einem Veteranen der Blauen Division 1978 in Madrid, der mich an der Theke als Deutschen erkannte und darauf mit emporgestreckter Rechter und hackenknallend begrüßte, mit den drei Worten Deutsch, an die er sich erinnerte: „Sieg Chail - Brratkarrtoffel!“
Im übrigen war diese Tunesienreise genauso reich an Begegnungen mit verschiedensten Menschen wie jede Reise, die ich solo unternommen habe und viele, die ich später mit meiner jetzigen Gattin unternommen habe.
Soweit ein paar Schwänke; wenn Du magst, reihe sie unter „Selbstversuche“ ein - jetzt lass ich Dich wieder in Deiner Giftküche weiterwerkeln, hoffentlich erstickst Du nicht an diesen Schwaden: Die sehen ziemlich hässlich aus - ich glaube, dass man besser nicht damit spielen sollte.
Schöne Grüße
MM