Hallo Marion,
Der Fehler der ganzen Veranstaltung liegt doch darin, daß man
in der Vergangenheit nach Gründen dafür sucht, warum der eine
da ist und wo der andere sein sollte oder jeweils nicht.
Der Fehler der ganzen Veranstaltung liegt meiner Meinung nach
darin, dass man diese nunmal vorhandenen Ursachen für die
jetzige Situation einfach unterschlägt. Wenn man einen
Konflikt langfristig lösen will, dann muss man die Ursachen
für den Konflikt beseitigen. Und die Ursachen für diesen
Konflikt liegen nunmal darin, dass zwei Parteien Anspruch auf
das gleiche Land erheben und bereit sind, diesen vermeintlich
gerechtfertigten Anspruch auch jeweils mit Waffengewalt
durchzusetzen.
richtig. Das Problem ist nur, daß man sich ja schon über die Ursachen nicht einigen kann bzw. jede Partei ihre Sicht der Historie für die einzig richtige hält und daraus ihre Ansprüche ableitet. Daß zusätzlich noch religiöse Elemente mit in die Argumentation einbezogen werden, macht die Sache natürlich auch nicht einfach.
Man
kann sich die Welt nicht zurechtwünschen, sondern muß
akzeptieren, daß sie so ist wie sie ist.
Auf den Nahen Osten bezogen hieße das also: Sollen die sich
doch solange die Köppe einschlagen, bis keiner mehr übrig ist?
Was heißt denn sollen? Wenn ich mir eine verbindliche Lösung ausdenken könnte, sähe die mit Sicherheit anders aus. Das kann ich aber nicht und auch niemand anderer kann das. Alle bisherigen Verhandlungsversuche und –ergebnisse gingen von der irrigen Annahme aus, daß es einen dauerhaften Kompromiß geben kann, der sowohl Israel als auch den Palästinensern eine Existenz in nennenswertem Umfang in der fraglichen Region ermöglicht.
Das hat bisher nicht funktioniert und wird auch zukünftig nicht funktionieren. Die Zugeständnisse der Israelis in der Vergangenheit waren doch einigermaßen weitgehend, wenn man als Ausgangsbasis mal den Anfang der 90er nimmt. Genützt hat es nichts, weil Frieden inkl. Existenz von Israel den radikalen Gruppen nichts nützt.
Aber was ist mit den anderen
Palästinensern? Wollen die wieder an ihre alten Wohnorte?
Wollen die vielleicht Frieden und die Chance auf einen
Neuanfang?
Ich habe kürzlich einen Bericht über Jugendarbeit mit
Palästinensern im Westjordanland gelesen. Unter anderem wurden
die Jugendlichen (10-14-jährige) auch gefragt, was sie mal
beruflich machen wollen. Sie konnten darauf keine Antwort
geben. In Gaza und im Westjordanland wächst eine Generation
heran, die nur Gewalt, Tod, Bomben und Terror kennengelernt
hat und hochgradig traumatisiert ist.
Keine Frage.
Die wissen gar nicht was
das ist „in Frieden leben“ oder für die Zukunft planen.
Diese Interpretation des Berichts geht mir ein bißchen weit. Die Phantasie eines jeden Menschen dürfte ausreichen, um Bomben wegzudenken, und nur weil es bisher keine Zukunft gab, heißt das nicht, daß es – sofern die Voraussetzungen erfüllt sind – keine geben kann.
Nun gabs mal die Idee, palästinensische Autonomiegebiete zu
schaffen. Israel zog Soldaten und Siedler ab (was unter
letzteren bekanntermaßen Begeisterungsstürme hervorrief) und
gewährte eine weitgehende Selbstverwaltung.
Die genau solange währte, bis man erfuhr, dass die Hamas die
Wahl gewonnen hatte. Anschließend wurde der Gaza-Streifen
abgeriegelt und war danach nichts anderes als ein Ghetto, ein
Gefängnis für 1,5 Millionen Menschen.
Ich glaube, zwischen Wahl und Abriegelung passierten noch ein paar Kleinigkeiten:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22986/1.html
Und so begann sich das Rad erneut zu drehen. Im Zweifel
erzähle ich Dir damit nichts neues, aber ich will darauf
hinaus, daß es unrealistisch ist, einen Vorschlag zur Lösung
des Problems mit den Worten „es ziehe sich Israel in die
Grenzen von 1967 zurück“ oder „Israel befindet sich auf dem
Land, das früher den Palästinensern gehörte“ zu beginnen.
Das „Problem“ lässt sich nur durch Verständigung und
Versöhnung lösen. Dazu gehört auch und
insbesondere Reue über die vergangenen
Gräuel, Vertreibungen, Enteignungen, Terrorattentate,
Tötungen, Verstümmelungen und all das andere schreckliche was
sich hier Menschen gegenseitig angetan haben. Solange man
nicht bereit ist, das Leid des anderen anzusehen und
anzuerkennen, wird es keine Verständigung und keine Lösung des
Problems geben.
Ich denke, schon dafür liegt die Wahrscheinlichkeit nahe null. Und selbst wenn man sich zu offiziellen Bekenntnissen dieser Art hinreißen ließe, blieben immer noch die radikalen Palästinenser und (sicherlich auch nicht zu vernachlässigen) die radikalen Juden.
Die Israelis tanzen zum Gedudel ihrer vermeintlichen
militärischen Überlegenheit auf einem Pulverfass. Die Zeiten,
wo es in Israel ein modernes Militär gab und drumherum nur
Ziegenhirten sind längst vorbei. Sollen sich die Nachbarländer
Israels mal gemeinsam entschließen, Israel von der Landkarte
zu putzen, dann hätten die Israelis kaum eine Chance. Ob die
Israelis vielleicht doch irgendwann mal bereit gewesen wären,
sich auf die Grenzen von 67 zurückzuziehen, interessiert
dann niemanden mehr.
Das wäre dann also eine der beiden gewaltsamen Lösungen des Konflikts.
Da aber die radikalen Palästinenser genau solche Vorschläge
für die einzig akzeptablen halten, wird das ganze keine Ende
nehmen, solange die Palästinenser die radikalen Brüder nicht
vor die Tür setzen. Da auch das im Zweifel nicht passieren
wird, gibt es m.E. keine nicht-militärische Lösung des
Problems.
Ja, das sehe ich gegenwärtig auch so. Irgendwann wird es dort
zum großen militärischen Showdown kommen. Dann heißen die
Gegner aber nicht mehr Israel gegen ein paar Konservendosen
feuernde Palästinenser und das wäre dann auch das Ende von
Israel.
Durchaus möglich, aber aus meiner Sicht eher unwahrscheinlich, weil die USA im Zweifel eingreifen dürften, wenn Israel in einem solchen Krieg ernsthaft in Bedrängnis käme.
Israel wiederum schreckt derzeit vor der anderen denkbaren Variante (zum Glück) noch zurück. Die Frage ist, wie lange noch.
Grüße
Christian