Hallo Anja
Ich habe in der 5. Klasse Volksschule (1951) mein Interesse an Elektrizität entdeckt und wollte von da an nicht mehr Lokomotivführer, sondern Elektriker werden. Das stieß bei meiner Mutter auf taube Ohren.
"Elektrizität ist ja so gefährlich!"
Und da ihr Lieblingsbruder Schlosser bei der Eisenbahn war und sie immerhin der (vernünftigen) Ansicht war, dass ich einen technischen Beruf lernen sollte, hat sie mich als Betriebsschlosser zu den Hoffmanns Stärkefabriken geschickt. Als 14-jähriger hat man da kein Mitspracherecht!
Ich hatte immer das Gefühl, im falschen Beruf zu sein. Ich wäre so gerne ein Elektroniker gewesen.
18 Jahre später h beschloss die damalige große Koalition ein Berufsausbildungsförderungsgesetz, das mir zwar keine Ausbildung als Elektroniker ermöglichte (dazu hätte ich erst noch mal eine Lehre als Feinmechaniker machen müssen), aber eine Ausbildung zum „Staatlich geprüften Techniker für allgemeine Elektrotechnik“ war möglich. Dazu hätte als Eingangsvoraussetzung auch eine abgeschlossene Lehre als Bäcker gereicht. Also bin ich für drei Semester auf eine Technikerschule gegangen. Und habe die Abschlussprüfung - wer hätte das gedacht - als einziger meines Jahrgangs mit Auszeichnung absolviert.
Nach meiner Erfahrung hat jeder Beruf seine Gefahren. Der einzige tödliche Arbeitsunfall, den ich in meiner Zeit als Betriebsschlosser miterlebt habe, traf keinen Betriebselektriker, sondern einen meiner Schlosserkollegen.
Mach Dich nicht verrückt!
Es war noch nie so, dass Arbeiter in z.B. Hochspannungsanlagen wie die Fliegen gestorben wären. Da gibt es nämlich die verschiedenen Vereinigungen wie z.B. den VDE, die IEC und die Berufsgenossenschaften, welche nach möglichen Sicherheitsmängeln bei der Konstruktion elektrischer Anlagen (VDE und IEC) und bei den Arbeitsverfahren (Berufsgenossenschaften) forschen und diese abstellen.
Nein, Spannung wird in Volt gemessen und die maximal vorkommende Spannung ist ziemlich unabhängig von der Art des Produktes. Aber man sollte bedenken, dass eine der wichtigsten Vorschriften für das Arbeiten an elektrischen Anlagen ist, dass diese vor jedem Eingriff spannungsfrei zu schalten sind.
OK, Das ist nicht immer möglich, Funktionstests müssen auch oft untr Spannung durchgeführt werden, aber dann sind da immer noch die Bauvorschriften für elektrische Anlagen, welche besagen, dass alle elektrischen Bauteile so isoliert sein müssen, dass man keine spannungsführenden Teile berühren kann. Und wenn einer es wirklich darauf anlegt, diese Absicherungen zu umgehen, der gehört dann wahrscheinlich auch zu den Menschen, welche mit überhöhter Geschwindigkeit und dem Handy am Ohr über die Autobahn rasen. Und deren Chance, sich samt Auto an einen Brückenpfeiler geklatscht wiederzufinden ist beträchtlich größer als die Chance, am Strom zu sterben. Die Unfallstatistiken belegen das.
Dabei fällt mir ein, hast Du auch vor, Deinem Sohn das Autofahren zu verbieten?
Was, dass Hin- und Hergerissen sein? Wenn´s ihn zerreißt, ja!
Er sollte die absurden Sicherheitsbedenken mal außer Acht lassen. Schließlich ist das Leben an sich schon gefährlich und endet mit absoluter Sicherheit mit dem Tode.
Ich würde ihm raten, eine Ausbildung in einem Industriebetrieb zu machen, denn da ist die Chance auf eine qualifizierte Ausbildung größer als im Handwerk. Und er sollte das machen, was ihn wirklich interessiert - ohne darüber nachzudenken, wo eingebildete Gefahren lauern könnten (die bei Weitem gefährlichste Tätigkeit ist sowieso die Teilnahme am Straßenverkehr).
Was Spannung und was Strom ist, sollte Dir Dein Sohn eigentlich erklären können und die Berufsperspektive? Die beste Perspektive hat er - wie gesagt - in einem Beruf, der ihn interessiert. Und da sich alle Technik laufend weiterentwickelt, kann man heute noch nicht vorhersagen, wie seine Tätigkeit in 10 Jahren aussehen wird.
Konnte ich in meinem Fall auch nicht, aber mein Beruf (nicht Job) war immer faszinierend.
Ich hoffe, ich konnte helfen
merimies