Ist es sinnvoller eine neue Fremdsprache anstatt von Latein in der Schule zu lernen?

Mein Sohn kommt nächstes Jahr aufs Gymnasium und muss sich entscheiden bzw ich muss entscheiden aber Latein oder Französisch lernen wird? Was meint ihr ist besser?

Servus,

Latein hat unverändert einen Nutzen als „Universalfremdsprache“, deren Grammatik und Syntax man als Grundlage für andere Fremdsprachen nehmen kann. Wenn insgesamt nicht mehr als zwei oder drei Fremdsprachen gelernt werden sollen, und diese vor allem für den Hausgebrauch, oder Fremdsprachen mit einer vollkommen anderen Grammatik (z.B. Chinesisch), hat Latein keinen unmittelbaren Nutzen.

Als Grundlage für verschiedene Legionärsdialekte wie Französisch, Spanisch, Englisch, Italienisch und Nachbarsprachen wie skandinavische, slawische und finnisch-ukrische Sprachen, ist Latein wohl unverändert gut brauchbar.

Schöne Grüße

MM

Ganz klar: Latein.

Von Latein stammen alle heutigen romanischen Sprachen - auch Französisch - ab, und mit bereits vorhandenen Lateinkenntnissen lassen sich diese später relativ einfach erlernen.

Außerdem ist Latein wunderbar klar strukturiert, so dass man mit Hilfe von Latein lernt, wie eine Sprache grundsätzlich funktioniert. Ganz en passant erlernt man dabei auch noch allerlei grammatikalische und rhetorische Fachbegriffe, die auch im Umgang mit der eigenen Muttersprache nützlich sind.

Und nicht zuletzt basieren zahlreiche Lehn- und Fremdwörter im Deutschen auf lateinischen Begriffen sowie unsere Kultur auf der der ollen Römer - mit Latein kann man also die eigene Welt ein bisschen besser verstehen.

:paw_prints:

Es kommt sicherlich auch darauf an, was man später mal beruflichen machen möchte, Fremdsprachen sind meiner Meinung nach immer besser

a) Latein ist ebenfalls eine Fremdsprache.

b) Kein normaler Viertklässler weiß auch nur ansatzweise, was er später einmal beruflich machen möchte.

:paw_prints:

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… abgesehen davon, dass es keine weitere mir bekannte moderne Sprache gibt, die mit der Satzgliedstellung derart fahrlässig umgehen kann wie Latein: Senatus populusque romanus. Wörtlich Senat Volkund römisches. Was hab ich immer Satzteile hin- und hergeschoben, als ich das Latinum nachgemacht habe… und da sprach ich schon zwei Fremdsprachen fließend, und musste meine Grammatikkenntnisse nicht verstecken.

die Franzi

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Sehe ich exakt so wie du, nur ein Hinweis an die UP: Eltern, die bei Latein (HA, Lernen) gar nicht helfen können, sollten sich von vorn heraus auf Nachhilfe einstellen (wenns dann nicht nötig sein sollte umso besser) oder es eben nicht (jetzt) wählen.
Ich erlebe es bei meiner Tochter (5. Klasse) gerade, wie einige dieser Eltern jetzt, nach vielen Fünfen und Sechsen, noch schnell mit Nachhilfe die Kurve kriegen wollen. Das ist sehr ungut.
Nicht, dass Latein sonderlich schwer wäre, aber in Latein kann man halt m.E. eher „nicht (mehr) hineinfinden“ als in anderen Fächern oder auch Fremdsprachen, bei denen die Sprachstruktur nicht so sehr im Vordergrund steht.

Gruß
F-

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Es heisst ja immer, wer Latein lernt versteht auch etwas von dem meisten anderen romanischen Sprachen. Mit Latein selber kann man aber nicht viel anfangen.
Wenn man allerdings eine andere Fremdsprache (Italienisch, Französisch, Spanisch) lernt, kann man sich in dieser wenigstens unterhalten und versteht auch etwas von den anderen Sprachen einschliesslich Latein.

Hallo Franzi,

diese Verwirrung dürfte auf die unglückliche Reihenfolge Englisch - Latein zurückgehen (dabei überleg ich grade, woher Du Englisch als zweite Fremdsprache bezogen haben könntest: Gab es da in Sachsen für potenzielles zukünftiges Personal der Leipziger Messe Ausnahmen im Namen des „Weltmaßstabs“? Ich glaubte, Du seiest noch an der POS gewesen?): Das Englische muss sich wegen seiner stark zurückgebildeten Grammatik mit einer ganz strikten Syntax (und gefühlt einigen Millionen idiomatischer Ausdrücke) helfen - aus dieser Richtung ins Latein gestoßen zu werden, wo man das Spiel „suche den Hauptsatz“ anhand der grammatischen Formen angehen muss, ist natürlich schon gemein.

Schöne Grüße

MM

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Servus,

nicht nur zu den romanischen Sprachen ist das einer von verschiedenen möglichen Zugängen. Wenn man mit sechs Kasus zurechtkommt, lässt man sich auch von den fünfzehn finnischen nicht mehr schocken, und wenn man die ausführlichen lateinischen Konjugationstafeln kennt und glaubt, die deckten alles ab, ist es keine besondere Überraschung, wenn man hört, dass das Russische mit Aspekten arbeitet.

Andererseits sind grade beim Alltagsbedarf, dem Feldwaldwiesenvokabular, in den anderen romanischen Sprachen Worte aus anderen Sprachen als dem Latein und auch weit von diesem wegentwickelte enthalten.

Ich erinnere mich an meinen ersten „ernsthaften“ Kontakt mit dem Spanischen, als ich im Hochmut meiner sechzehn Jahre glaubte, mit Latein und Französisch ginge das schon, und das Taschenlexikon irgendwo tief unten im Rucksack ließ. Hatte mit Erfolg einen café con leche bekommen und stand dann in Irun vor den Tafeln, die mit „Salidas“ und „Llegadas“ betitelt waren, und meinte, „Llegadas“ könnte ja vielleicht etwas mit „legatum“ zu tun haben, das seien sicher die Abfahrten. Mit der Folge, dass ich kurze Zeit später die Schlusslichter des einzigen durchgehenden D-Zugs nach Madrid bewundern konnte.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

ich hatte von der 5. bis 13. Klasse Englisch,
von der 7. bis zur 12. Latein,
in der 9. und 10. Französisch.

Und das war gut so. Ich habe für Französisch praktisch keine Vokabeln lernen müssen. Italienische Texte kann ich halbwegs verstehen, obwohl ich diese Sprache nie gelernt habe (natürlich nur Texte der Alltagssprache).

Und ich fragte mich anfangs, warum die Franzosen café olé trinken :wink:

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Hi,

ich habe an einer ganz regulären POS auf normalem Weg ab der 7. Englisch gelernt, nachdem in der 5. Klasse Russisch anfing. An allen Schulen wurde eine zweite Fremdsprache (Englisch) angeboten, manche Schulen boten die Auswahl zwischen Englisch und Französisch an. Es gab auch Sprachspezialschulen, da gab es ab der 3. Klasse Russisch, ab der 5. Englisch und ab der 7. Französisch, die führte direkt zum Abitur und hatte andere Sprachprüfungen als die „normalen“ Klassen.

Als ich in der 5. Klasse Russisch anfing, konnte ich bereits unfallfrei und korrekt die lateinischen Grammatikbegriffe verwenden und deutsche Sätze grammatisch bestimmen. Das war sehr nützlich für ddas Erleernen des Russischen, einer vollflektierenden Sprache mit 6 Kasus, zwei Aspekten (aus deren Flexion sich der Ausdruck von Tempus ergibt), ujnd in der Verben, Substantive, Adjektive, Eigennamen, Zahlwörter, alle Pronomina flektiert werden und sich der Kasus des Substantivs ändert, wenn davor eine Zahl steht, und sich das wieder ändert, wenn ein Adjektiv davor steht. Aber komplett frei ist die Satzstellung nicht, wenn auch freier als im Deutschen und viel freier als im Englischen.
Das ist für mich auch die natürlichere Reihenfolge: die abstrakten grammatischen Begriffe zuerst an der eigenen Sprache, die man kennt, erlernen, damit sie verinnerlicht werden. nicht andersrum, fremde Begriffe an Hand einer fremden Sprache, die man dann noch darüber hinaus nirgendwo als Kommunikationsmittel verwenden kann, jedenfalls nicht als Schüler oder überhaupt Mensch, der sich die Altphilologie nicht zum Hobby macht. Das widerspricht didaktischen Grundprinzipien.
Im wesentlichen bleibt Grammatik so Teufelswerkzeug, erfunden von Lehrern, um Schüler zu quälen. Deutsch hat nämlich keine Grammatik - das ist einfach richtig oder falsch, und wie es richtig ist, weiß man doch. Oder?

Aber ich weiß schon, Latein ist eine heilige Kuh :frowning:
die Franzi

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Nachtrag:

Verwirrung würde ich das nicht nennen. Ich war im Lateinkurs die einzige, die von Anfang an auf die Ide kam, auswendig zu lernen und ENdungen anzuschauen. Mich nervte nur dieses ewige Suchen, weil jeder Satzteil praktisch überall sein konnte, außer vielleicht Konjuntkionen, die nach dem Komma waren, wenn es denn ein Komma gab. Ansonsten war da die blonde Geschichtsstudentin, die mich wenige Tage vor der Prüfung fragtge: „Du, sog amoi, wos isn kwihbuss?“

die Franzi

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Jetzt vermischt ihr aber zwei Ebenen.
Das deutsche SCHULlatein bringt freilich nicht viel für das Verstehen der romanischen Sprachen, weil der Unterricht auf etwas völlig anderes ausgelegt ist.

Das liegt aber nur teilweise an der Sache selbst. Zum Beispiel könnte man sich von der Aussprache her eher am „italienisierten“ Kirchenlatein orientieren statt an der rekonstruierten historischen Aussprache des klassischen Lateins (das wäre ja nicht „falsch“, sondern nur ein anderer Zugang) oder den Wortschatz könnte man bewusst ausrichten auf diese Teile, die in den romanischen Sprachen weitergeführt worden sind oderoder.

Gruß
F.

Moin, moin!
Vor der Entscheidung standen wir, oder meine Tochter, auch mal.
Wir haben Infoveranstaltungen und und und besucht…
Einen Merksatz habe ich behalten:
„Es gibt keine Argumente gegen eine Fremdsprache, nur dafür!“
Aha!
Meine Tochter wusste plötzlich genau, was sie wollte.
Sie hatte auch gute Argumente.
Nach 1 Jahr haben wir das Argument kennengelernt:
Ein Junge aus der Parallelklasse im selben Kurs!
Heute nach erfolgreichem Studium kann ich darüber lachen.
Mit freundlichen Grüßen
Dino

Hallo,

ich glaube nicht, dass sich das allgemeingültig beantworten lässt - und vielleicht ist es letztlich auch wurscht. Ich denke, Latein ist eher etwas, wenn Dein Sohn gerne ein bisschen tüftelt. Wenn er darauf brennt, sich in einer Fremdsprache zu verständigen, dann Französisch.

Es ist sowieso kaum möglich, in dem Alter ernsthaft etwas über Begabungen und spätere Interessen zu sagen. Das wichtigste Kriterium wäre für mich, wozu Dein Sohn Lust hat. Denn Motivation macht das Lernen leichter.

Ich habe Französisch ab der 5. Klasse und Englisch ab der 7. Klasse gehabt. Gar kein Latein. Ich bin froh über die sehr gute Grundlage in Französisch. Trotz sehr, sehr eingerostetem Zustand kann ich immer noch gut mit Französisch umgehen, und das bedeutet mir viel. Latein brauchte ich fürs Studium, das habe ich an der Uni gelernt. Und fand das ganz gut so, weil ich den Eindruck hatte, dass mir der Zugang zu einer Sprache, die man rein passiv lernt, als Erwachsener leichter fiel als das als Jugendliche gewesen wäre.

Es kommt dazu, dass ich höchstwahrscheinlich nie richtig Französisch gelernt hätte, wenn ich es nicht in der Schule gehabt hätte. Vokabelähnlichkeiten und Grammatik aus dem Lateinischen sind schön und gut, aber Sprachpraxis ist auch was Feines.

Von mir also eher ein Plädoyer fürs Französische - aber mit der Einschränkung von ganz oben.

Viele Grüße,

Jule

Servus,

gar nicht so sehr.

Bei den zaghaften Gehversuchen, die wir dank Vatters Querköpfigkeit („Es muss doch noch einen anderen Weg ums Gehirn rum geben!“) in Assimil-Russisch gemacht haben, obwohl das damals trotz der beiden Willy/is ganz furchtbar schlimm war, hab ich dieses sofort als „eine Art Latein“ geliebt. Die Aufgabe, ohne Hilfsverben auszukommen, fand ich ziemlich sportlich. Jedenfalls kam es mir wegen der übersichtlcihenm systenatischen und reichen Grammatik und wegen der außer dem berühmten „r“ geringen Anforderungen an solche Nebensächlichkeiten wie Aussprache wie eine Art Latein vor.

Von heute aus gesehen meine ich allerdings, als eine Art Basis für den Zugang zu den slawischen Sprachen wäre wegen des Formenreichtums einschließlich Hilfsverben Tschechisch besser geeignet als Russisch. Das hatte „damals“ allerdings einen unschönen Beigeschmack. Es gab da den Joke: „Warum hat die ČSD als erste Staatsbahn im RGW alle Dampflokomotiven ausgemustert?“ - „Die machten am Bahnsteig mit den Speisewasserpumpen immer Dub-ček, Dub-ček, Dub-ček!“

Da stimme ich Dir ohne weiteres zu: Je mehr ich mit Nichtmuttersprachlern über Deutsch sprach, desto mehr gelangte ich zu der Überzeugung, dass diese Sprache nicht auf Regeln, sondern auf Ausnahmen gebaut ist, und dass sie über solche Dinge wie Grammatik oder Syntax überhaupt nur deswegen verfügt, weil sie im 19. Jahrhundert von Altphilologen in eine Art For,m gegossen wuirde.

Das macht es andererseits auch schwierig, diese Sprache als „Grundsprache“ zu verwenden, weil sie einfach zu anarchisch ist.

Mithin dürfte Latein eine Art Hilfssprache genau für Deutsche sein, um den Zugang zu normalen menschlichen Sprachen zu finden.

Schöne Grüße

MM

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hi,

du hast mich falsch verstanden. Die letzten Worte stellen die sicht des durchschnittlichen Fremdsprachenlerners auf Grammatik dar. Natürlich hat Deutsch Grammatik, es folgt Regeln. Aber die hast du ja anscheinend nicht gelernt :wink:

Und Du hast auch nicht verstanden, dass Russisch nicht mein Lateinersatz war - solider Deutschuntericht war mein Lateinersatz. unglaublicherweise (Ironie!) waren unsere Deutschlehrer in der Lage, uns zu erklären, wo Fremdwörter herkommen - und zwar aus mehr Sprachen als dem Latein, und dass Latein die Sprache der Wissenschaften ist. (Es gab beim Abitur einen Wahlkurs Latein. Ich war brennend neugierig auf Latein, ich hatte schon so viel gehört und gelesen. Leider war der Kurs sehr schnell voll, ich kam zu spät. War wohl nicht die einzige, deren Interesse im deutschunterricht geweckt worden war)

die Franz

Hallo,
Spielt schnick schnack schnuck darum, oder fragt wo seine Freunde hin gehen. Auch wenn ich damit auf massiven Widerstand stoße, aber: Englisch ist einfach so viel wichtiger und nützlicher, dass es beinahe alle anderen Argumente entkräftet.