Es ist doch ganz einfach: Stimmung macht man mit Angst und mit
Stimmung erreicht man Wähler. Verstrahlung, Arbeitslosigkeit,
Verelendung, Krieg, Ausländer. Das sind die Themen, mit denen
man in den vergangenen 25 Jahren hat punkten können und zwar
waren das vor allem die SPD, die Grünen, die Linke und
zwischenzeitlich bzw. im Osten die rechtsextremen Parteien.
Man könnte das auch so sehen, dass die betreffenden Parteien die Ängste der Menschen zumindest ansatzweise ernst genommen haben.
Die CDU hat ihr Wählerpotential aus der Historie aber keine
neuen Themen aufgebracht bzw. besetzt. Der CDU (gerade in der
Kombination mit der FDP) haftet außerdem eine diffuse
Kompetenz in Wirtschaftsthemen an. Ansonsten war es das.
Die CDU steht eben noch für eine gewisse Werteverbindlichkeit, was heute ja äußerst rar geworden ist. Allerdings hat sich die CDU unter Merkel spürbar liberalisiert, auch ein Problem für die FDP vielleicht.
Die FDP hat hingegen ein echtes Marketingproblem: ihre Themen
sind positiv und damit kaum über Ängste zu vermitteln.
Schlimmer noch: um die Themen zu vermitteln, muß man auch noch
vorhandene Ängste überwinden. Die FDP wird mittlerweile mit
freien Märkten, hemmungsloser Deregulierung, Umverteilung von
oben nach unten usw. gleichgesetzt.
Und da hat er dann recht, der Herr Pfeil: die Masse ist
entweder nicht willens und/oder in der Lage, sich von diesen
Ängsten, die ja von einigen Parteien und den Gewerkschaften
nachvollziehbarerweise geschürt werden, zu lösen und sich mit
den Themen der FDP vorurteilsfrei auseinanderzusetzen. Die
Vorurteile wiegen stärker und wie man hier auch im Forum immer
wieder feststellen kann, helfen auch Tatsachen nicht, diese
Vorurteile zu überwinden. Es bleibt am Ende immer ein „ja,
aber“ im Raume stehen.
Naja, ich weiß nicht. Was ist an den sich ewig wiederholenden „Mehr Netto vom Brutto“, „Steuern senken“ und „Leistung muss sich wieder lohnen“ Parolen aus dem Hause FDP denn so schwer zu verstehen? Ist das Problem nicht viel mehr, dass die FDP unter Leuten wie Lambsdorff, Kinkel, Gerhardt und dann Westerwelle immer mehr zu einer Ein-Themenpartei wurde?
Paul(auch einer) sagt in seinem Beitrag: „die Waehler, die tatsaechlich eine liberale Politik sehen wollen, haben auch schon begriffen, dass man diese von der FDP nicht bekommt“.
Das Problem scheint also nicht zu große Komplexität, die vom Wähler nicht verstanden wird, sondern viel mehr zu geringe Komplexität und die Fixierung einzig und allein auf wirtschaftsliberale Themen. Wo sind denn der linksliberale Flügel und Bürgerrechtsthemen in der FDP geblieben? Wer außer vielleicht noch Leutheusser-Schnarrenberger steht noch für diese „alte FDP“? Früher hatte es Leute wie Gerhart Baum oder Genscher, die parteiübergreifendes Ansehen genossen. Heute hat es Leute wie Rösler und Lindner, die selbst vom Koalitionspartner nicht mehr ernst genommen werden.
Nun hat man darüber hinaus mit Fehlschlägen und einer
Nicht-Regierenstrategie auch noch die Stammwähler verärgert.
Da man einen Totalausfall in Sachen Steuersenkung und einen
völlig überforderten Außenminister nicht mit einem
scheinminderjährigen Hohlschwätzer kompensieren kann, wird
sich an der aktuellen Stimmungslage bei der FDP in absehbarer
Zeit auch nichts ändern.
Somit sehe ich kein verborgen schlummerndes Potential und Marketingproblem sondern eine möchtegern liberale Partei die personell und inhaltlich am Ende ist. Der Insolvenzverwalter kommt schon bald.
Nebenbei: die Piraten sind derzeit keine Alternative. Bis die
sich gefunden haben, werden noch Jahre vergehen. In der Zeit
muß sich die Partei erst einmal überlegen, was sie außer einem
freien Internet, Transparenz und gestärkten Bürgerrechten
wirklich will. Mein Eindruck ist, daß sich da die frühere
Teestubenfraktion neu formiert und lange Haare mit technischen
Aspekten kombiniert werden. Für meine Begriffe wird die Partei
noch am ehesten für SPD und Grüne zu ernsthafter Konkurrenz.
Naja, viele haben mal klein angefangen. wenn die FDP verschwindet tut sich jedenfalls eine Marktlücke auf, und als Betriebswirtschaftler solltest du wissen, Marktlücken bleiben auf dem freien Markt nicht lange offen
Gruss
Knut