hi maria,
ich bin kein theologe, und hoffe, solche springen jetzt als lückenbüßer ein, um dir deine fragen zu beantworten. ich kann dir bestenfalls meine gedanken zu deinen fragen schreiben. vielleicht vorweg: ich bin nicht sehr religiös, und nicht sehr christlich. ich interessiere mich für die kulturelle und religiöse vielfalt auf erden, und für die wesen und dinge, die hier existieren. und ich versuche, so etwas wie ein guter mensch zu sein. ich weiß nicht, ob es einen gott gibt oder mehrere oder keinen oder überhaupt etwas „übernatürliches“, bin aber der meinung, dass das für mein handeln in der welt nicht sehr relevant ist. ein absoluter, allmächtiger gott braucht meine verehrung und anbetung nicht, und es kann ihm in seiner allmacht auch egal sein, wie schlecht ich mich verhalte… aber vielen menschen kann ich ein guter oder schlechter mitmensch sein.
doch zu deinen fragen
es geht mir zum einen um die Frage, warum
man moralisch leben soll, wenn Jesus
durch seinen Tod doch schon alles getilgt
hat (klar, man ist glücklicher und
zufriedener…)
cih glaube, im christentum vermischt sich eine ganze menge. darunter auch dutzende vorstellungen, was „sünde“ bedeutet. wenn ich „gott, du gemeines arschloch“ sagte, wäre das eine sünde vor gott (sollte ihn als gott ja aber wohl kaum treffen können), aber wenn ich ein kind vergewaltige, ist das eine sünde gegenüber diesem menschen. nur um mal eine ganz allgemeine unterscheidung zu haben. was du tun willst, um gott zu gefallen, musst du selber wissen, und was du tun willst, um den menschen nicht wehzutun, musst du letztlich auch selber wissen. aber ich halte es für einfacher (wenn auch immer noch schwierig genug), so etwas wie menschenrechte zu erkennen und zu befolgen, als zu wissen, was gott von mir will. zumal ich nicht verstehen kann, wieso gott IRGENDETWAS von mit benötigen sollte. aber ich bin ein mensch, und um mich herum sind menschen, und wir müssen miteinander umgehen. je besser das klappt, d.h. je weniger schmerzen und druck bei jedem das ergibt, desto mehr freue ich mich daran, desto „glücklicher und zufriedener“ bin ich.
glück und zufriedenheit bei allen ist ein schönes ziel…
wenn du glaubst, gut zu den menschen sein zu müssen, um in den himmel zu kommen, will ich dich beileibe dabei nicht stören. aber es gab und gibt in vielen religionen menschen, die eine bekehrung durch ein blutiges schwert für eine gute tat an den menschen halten… diese ambitionen habe ich nicht, da ich nicht gott oder einer religion, sondern nur den menschen dienen möchte.
das ich deine eigentliche frage jetzt nicht beantwortet habe, ist mir klar.
aber an christus glauben, ihn lieben, und nicht auf die vielen moralischen, friedliebenden, menschenfreundlichen gebote in seinen überlieferten worte zu hören, sondern womöglich selbst menschen kreuzigen oder anderweitig quälen - da zweifle ich schlicht an der ehrlichkeit des glaubens an jesus. ob man damit in den himmel kommt, musst du theologen fragen.
und zum anderen um die
Frage, ob es gewisse Voraussetzungen
gibt, die man erfüllen muß, um Vergebung
zu erfahren außer echter Reue. Z.B. muß
man an Jesus glauben oder erfährt ein
guter Hindu oder Moslem auch Vergebung?
je nach strenge deines glaubens. ich kann mir viele menschen vorstellen, die das moralische handeln auf der erde über die glaubenszugehörigkeit stellen (z.b. meine bescheidene person). ein christ mit meiner einstellung würde sich also nicht dran stören, auch einen moslem in den himmel zu lassen, der sich auf erden „gut benommen“ hat. zumal er auch einer monotheistischen religion angehört, ja der islam sich selbst als weiterentwicklung (sagen wir, ‚korrektur‘) des judentums und christentums begreift. die hinduistische weltvorstellung (auch von gut und böse) ist schon wieder so verschieden, dass es problematisch wird. ein guter hindu, also ein mensch, der sich vorbildlich nach hinduistischen maßstäben verhalten hat, hat sich in mancher hinsicht vielleicht sehr unchristlich verhalten…
aber moral ist ja eine zweiseitige sache: niemand wird ihn in indien für unmoralisch halten; während er in europa womöglich gegen einige aspekte der westlichen moral verstoßen hätte. und wahrscheinlich will er gar nicht in den himmel? sondern nur, dass seine seele vom kreis der wiedergeburten befreit wird und sein bewusstsein sich in nichts auflöst.
aber hast du dich schonmal gefragt, ob du auch in den himmel kommst, obwohl du z.b. schweinefleisch (oder andere unkoschere sachen) isst, nicht zu den 5 vorgeschriebenen zeiten betest, nicht nach mekka pilgerst, nicht den almosen zahlst, das muslimische glaubensbekenntnis nicht aussprichst, nciht den ramadan einhältst usw.? die frage ist genauso berechtigt wie deine, du musst sie dir eigentlich auch stellen (plus noch einige fragen mehr)…
was echte reue angeht: die spürst du nur, wenn du dich eigentlich wirklich hast moralisch verhalten wollen, und es ist dir nur so „rausgerutscht“. kann ich mir bei hitler nicht so ganz vorstellen.
und ich finde es mit einigen glaubenssätzen des christentums (gott ist allbarmherzig) unvereinbar, dass gott in der lage sein sollte, einen beschränkten, dummen menschen in die ewige verdammnis der hölle zu werfen. die grausame seite der religionen gefällt mir nicht; die ethische seite gefällt mir an den meisten religionen - aber die kannst du oft auch losgelöst betrachten, und du sparst dir die grausamkeit.
wiederum: was „offizielle“ voraussetzungen fürs paradies angeht, kann ich dir nicht weiterhelfen 
Außerdem frage ich mich, ob es nicht ein
bißchen unfair ist wenn theoretisch
Hitler neben Mutter Theresa im „Himmel
sitzt“, oder ist das jetzt wieder absolut
menschlich gedacht?
kannst du einem menschen, der echte reue empfindet, nicht vergeben? ich meine, wenn sich mutter theresa dran stören würde, neben hitler zu sitzen, wäre sie nicht mutter theresa…
eine andere antwort auf die frage: willst du gottes entscheidung, hitler in den himmel zu lassen, anzweifeln? [woran man wiedermal sieht, dass ein gott in der religion, die ihn verehrt, nichts zu sagen hat (aber das ist ein thema für sich)]
noch eine dritte bemerkung. menschen denken nun mal menschlich. ich ja auch, aber ich versuche, ein _guter_ mensch zu sein, und die denken vielleicht anders?
[natürlich versuchen wir ALLE, gute menschen zu sein, oder? ;-]
nein, du hast recht, es kommt mir auch unfair vor. aber das ist nicht meine entscheidung, wer in den himmel kommt. ich gehe meinen weg, und ich lebe nciht in der überzeugung, in den himmel zu kommen. ich warte einfach ab, ob nach dem tod noch was kommt. und bei zig religionen sind die chancen, die richtige herauszufinden, so gering: alles glücksache. keine ahnung, ob ich einen guten tod habe, aber wenigstens soll mein leben gut sein.
ich habe nicht viel von dieser einstellung. einen relativ freien kopf, unabhängigkeit. woher nehme ich meine kraft, meine hoffnung? aber ich könnte auch nicht ja zu irgendeiner religion sagen, und es gibt zuviele religionen, als das eine noch überzeugender als die anderen sein könnte [buddhismus vielleicht, weil er am wenigsten religiös ist ;^)]
hm. langes posting, hoffentlich habe ich niemanden erschöpft oder gelangweilt, aber es ist ja eure sache, was ihr lest.
auch wenn ich dir, maria, kein wissen als antwort präsentieren konnte, so ist es vielleicht trotzdem interessant für dich, wie andere menschen mit diesen fragen umgehen, ohne die „offiziellen“ kirchlichen antworten zu übernehmen oder auch nur zu kennen.
viele grüße
jonas