Hallo Steven,
danke für die etwas „kritischere“ Antwort.
Egal in welche „Richtung“ ich durch die Finanz- und
Wirtschaftssysteme denke, so komme ich immer wieder zum
gleichen Schluss: Marktwirtschaft und Kapitalismus sind
demokratiefeindlich!
Diese Meinung beruht doch auf Missverständnissen. Freiheit
kann nicht demokratiefeindlich sein.
Was hat Marktwirtschaft/Kapitalismus mit der Frage nach Freiheit zu tun? Oder wird Kapitalismus dadurch definiert, dass man die Freiheit hat, mit Kapital die Freiheit anderer zu beeinflussen? Das wäre fatal und abseits jeder Demokratie!
historisch entschieden. Zum Thema: alle Teilnehmer am Markt
versuchen ihre Gewinne zu steigern - und nüchtern betrachtet
versuchen sie dies, egal auf wessen Kosten.
Keine großartige Erkenntnis. Dieses Verhalten ist ganz normal.
Zwischen dem wissen, das der Markt auf dem Streben nach Gewinn basiert oder sich der Tatsache und dem vollen Umfang der Folgen wirklich bewusst zu sein, ist doch ein großer Unterschied. Stetig bekommen wir gesagt, dass Angebot und Nachfrage alles regeln werden. In Reinform will das keine erleben, denn dann müsste er aus der Geborgenheit des deutschen Wohlfahrtstaates hinaus, z.B. nach Indien oder China, wo ein Mensch weniger Wert als ein haufen Metallschrott ist. Dort wird alles durch den Markt geregelt. Super. Will man wirklich so leben wie ein Chinese oder Inder? In den Ländern haben weniger als 5% der Bevölkerung am wirtschaftlichen Erfolg des Landes teil.
- Energieversorger wie Eon lassen die Bürger der Welt
finanziell solange bluten, bis die Ärmsten der Armen nicht
mehr Heizen können und ihren Strom abgestellt kriegen.
Nun greifst du dir Firmen heraus, die eine marktbeherrschende
Stellung einnehmen. Hier liegt dein Missverständnis.
Das diese Unternehmen heute existieren kann keiner ändern. Auch dass sie ihre Marktbeherrschende Position haben, lässt sich nicht kurzfristig ändern. Die Frage ist, wie solche Unternehmen entstanden sind.
- Telekommunikationsunternehmen wie die Telekom spionieren
ihre Kunden aus und verletzen bewusst geltendes Recht!
Auch hier greifst du dir Extremsituationen raus. Dieses
Fehlverhalten hat nichts mit irgendeiner Wirtschaftsform zu
tun. Das sind personelle Schwächen.
Es wäre mir neu, dass die Telekom ein Einzelfall in Punkto Spionage ist. Siemens und Volkswagen reihen sich doch fröhlich ein, in die Riege der Unternehmen, die ihre Mitarbeiter ausspionieren und so versuchen deren Rechte zu unterwandern.
Personelle Schwächen sind Personen wie Herr Zumwinkel, Herr Ackermann und Herr Piech die den Rahmen der Gesetze hinter den Kulissen wohl mehr als ausreizen und so jeweils nicht nur einmal vor Gericht standen. Wir können hier natürlich auch über Personen aus der Regionalpolitik und -wirtschaft diskutiern, aber die kennt keiner. Einzelfälle sind das aber alles nicht.
- Autokonzerne halten revolutionäre Konzepte zurück, um mit
veralteter Technologie ihre Produktionsanlagen weiterlaufen zu
lassen und ihre Kunden bewusst in der Abhängigkeit eines
Energieträgers zu halten, damit diese sich nicht frei für ein
evtl. besseres Konzept entscheiden können.
Das trifft auf sehr viele Unternehmen zu. Sonst schafft man
sich eine Konkurrenz im eigenen Haus. Wichtig ist, dass man
die Konzepte hat, alles andere regelt der Markt. Warum
treibstoffsparende Fahrzeuge verkaufen, wenn der Markt nach
25l-SUV schreit?
Das klingt mir wie Schulwissen aus dem BWL-Unterricht. Wenn das wirklich der Realität entsprechen würde, würde GM mit den besten Unternehmenszahlen glänzen, da ihre Produktpalette aus genau den Fahrzeugen besteht. Doch es ist eher damit zu rechen, dass GM im ersten Quartal 2009 überhaupt keine Autos mehr bauen wird.
- Pharmakonzerne versuchen den Bürgern einzureden, dass die
Medikamente zu recht einen so hohen Preis haben und es
unverantwortlich wäre, lebenswichtige Arznei gegen Krankheiten
wie AIDS oder Malaria kostenlos/vergünstigt an die Bedürftigen
der Welt zu verteilen, da dies ja unsere Märkte zerstören
würde. Stattdessen verrecken millionen Menschen, weil Konzerne
um ihre Gewinne bangen.
Das ist ziemlich polemisch. Niemand ist dazu verpflichtet,
etwas kostenlos herzugeben. Medikamente werden unter enormen
Auflagen und sehr hohen Kosten hergestellt. Diese jetzt
kostenlos zu verteilen, würde einen Nebenmarkt generieren. Zu
groß ist die Verlockung, diese kostenlos erworbenen Mittel
weiterzuverkaufen. Letztendlich müssen auch diese kostenlos
zur Verfügung gestellten Mittel bezahlt werden. Das kann nur
auf Rechnung der versicherten Patienten geschehen. Und wie
hier das Sozialverhalten aussieht, darüber brauchen wir nicht
zu diskutieren.
Schon mal was vom „Eid des Hippokrates“ gehört? Gesundheit ist das, was keiner kaufen kann. Warum sollten Pharmakonzerne sich nicht an die Weisheit halten, die sich über tausende von Jahren erhalten hat, nur um ihre Gewinne zu steigern?
Ein Medikament kostenlos zur Verfügung zu stellen, birgt große Gefahren des Mißbrauchs, da bin ich ganz deiner Meinung und würde es selber auch ablehnen. Aber warum werden für Medikamente so horrende Summen verlangt? Die Entwicklung kann nicht derart teuer sein, wenn die Unternehmen solche Gewinnspannen erwirtschaften. Wie günstig könnte man die Medikamente machen, wenn man anstatt (übertrieben) 75% Gewinnspanne nur 10% anpeilt? Ist es ethisch korrekt, auch als Unternehmen, die bedürftigen Menschen ohne Medikamente zu lassen, nur des Mehrgewinns wegen? Reicht nicht auch weniger Gewinn aus?
Du hast leicht reden, weil du eine Krankenversicherung hast und in Deutschland lebst, wo wir alle im Vergleich zu anderen Ländern maßlos überversorgt sind. Deine Meinung würde sich meiner schnell angleichen, wenn du einmal ein Medikament bräuchtest, was du dir nicht leisten kannst. Menschen in dieser Situtation gibt es Milliarden auf der Welt!
- Ärzte und Krankenhäuser versuchen doch schon lange nicht
mehr das etisch höchst anerkennenswerte Ziel der Genesung des
Patienten auf schnellstem Wege zu erreichen, sondern möglichst
viel Behandlung zu einem möglichst hohen Preis bezahlt zu
bekommen.
Das sieht in den Krankenhäusern etwas anders aus.
Unterbezahlte Ärzte, zu wenig Personal, zu wenig Betten. Dazu
Verordnungen, dass Patienten oftmals nicht ambulant behandelt
werden sollen, sondern ein Bett bekommen müssen. Die
kassenärztliche Vereinigung lässt dabei grüßen.
Das Ärzte in Krankenhäusern, aber vor allem Krankenschwesern und Pfleger maßlos unterbezahlt sind, dürfte jedem klar sein. Dennoch würde es doch dem Gewinnstreben widersprechen, wenn diese den Patienten schnellstmöglich kurieren wollen würden… Oder gibt es hier vielleicht einen Lichtblick, dass es Unternehmen gibt, die lediglich Kostendeckend arbeiten wollen um so ihrer eigentlichen Aufgabe nachgehen zu können? Daran sollten sich die Pharmakonzerne mal ein Beispiel nehmen.
Aber hier stellt sich doch die Frage, warum eine Krankenschwester pro Stunde weniger verdient, als ein Bandarbeiter in der Metallindustrie… Trägt er mehr Verantwortung als eine Krankenschwester, oder arbeitet er länger und härter? Da zeichnet sich die Lobbyarbeit ab. Ärzte und Schwestern haben wohl einfach weniger Erfahrung damit Politiker zu beeinflussen.
- Produzenten von Konsumgütern nehmen billigend in Kauf, dass
ihre Kunden sich für ihren Konsum überschulden und so ganze
Bevölkerungschichten in die Armut abdriften!
Na sorry, aber soviel Selbstverantwortung sollte der Mensch
schon besitzen zu wissen, wie viel er ausgeben darf. Hier
können nur Therapien helfen.
Nicht jeder in der Gesellschaft kann mit dem Konsum schritt halten, wie er in der Werbung propagiert wird. Diese Menschen haben auch oft nicht den nötigen Überblick über ihre Situation. Wenn diese Leute über ihre Verhältnisse leben und irgendwann ihre Schulden nicht mehr zahlen können müssen die Kreditversicherungen einspringen, die wir alle mit den Zinsen und Bankgebühren zahlen. Ist das fair? Aber Hauptsache die Bank hat ihr Geld, oder etwa nicht?
- Finanzkonzerne spekulieren kurzfristig auf hohe
Kreditrisiken, um ihre Gewinne zu schönen, ohne dabei die
Umstände und Leistungsfähigkeit der Kreditnehmer zu prüfen.
Ist das in Deutschland so? Das ist doch kein genereller Fall.
Oh doch. Einfach mal die Nachrichten (nicht grade auf RTL2) verfolgen und beobachten, was für Summen die Finanzkonzerne seit Sommer 2007 an Abschreibungssummen in ihren Bilanzen haben. Das sind zum großen Teil geplatzte Kredite. Das Phänomen ist weltweit.
Zu den oben beschriebenen Beispielen kommt aber der wichtigste
Gedanke: Unternehmen wollen wachsen! Die Größe der Märkte ist
doch aber beschränkt. Somit können nicht alle Unternehmen
wachsen, denn irgendwann ist ein Ende erreicht. Dann beginnen
Es gibt unzählige Märkte, unzählige Gebiete, auf denen man
sich ausbreiten kann. Das Ziel ist nicht den vollkommenen
Markt abzubilden, sondern eine marktbeherrschende Stellung
einzunehmen. Unternehmen spezialisieren sich.
Du vergisst da etwas. Geld ist der Gegenwert von Arbeit und angehäuftem Vermögen. Beides ist begrenzt. Ohne weiteres Geld kein Konsum, ohne weiteren Konsum auch keine weiteren/wachsenden Märkte. Daher ist dort sehr wohl eine Grenze vorhanden. Aus der Sicht eines einzelnen Unternehmens ist dein Satz natürlich korrekt. Aber was hilft das Wachstum eines Unternehmens, wenn dafür das andere im gleichen Maß schrumpft. Das schöne „Linke-Tasche/Rechte-Tasche“-Prinzip.
vermieten). Würden alle Marktteilnehmer fair handeln, würde
sich ein Gleichgewicht bilden, aber es ist ein Kampf und die
Marktherrschaft, ähnlich einer Schlacht im Krieg. Nach und
Und das ist auch der Grund neuer Entwicklungen. Das Ziel,
immer besser zu sein, als andere, resultiert in einem
Wachstum. Wird Rücksicht genommen, kommt es zum Stillstand, da
die Schwachen die Starken ausbremsen.
Von Rücksicht war nicht die rede, sondern von Fairness. Das ist etwas anderes und führt keineswegs zu Stillstand. Oder siehst du die Europäische Union als Stillstand? Wir können natürlich auch alle Verträge vergessen und in die Zeit des 18./19. Jahrhunderts zurückfallen und uns in Europa gegenseitig bekriegen, aber das hat schon mal zu keinem gewinnbringenden Ergebnis geführt. Partnerschaft ist das Schlüsselwort. Das ist was ganz anderes als Rücksicht.
nach fallen die Marktteilnehmer dem Kampf zum Opfer. Immer
größere und immer mächtigere Konzerne bilden sich mit immer
größeren Folgen eines möglichen Zusammenbruchs für immer
größere Bevölkerungsgruppen.
Das ist nicht zu sehen. Große Unternehmen haben das Problem,
dass sie sehr träge werden und Entscheidungen einen sehr
langen Weg benötigen. In wirtschaftlich starken Zeiten werden
dann Unternehmensanteile in eigenständige Unternehmen
ausgelagert, um die flexibler zu werden. In schwachen Zeiten
zeigt sich die Konsolidierung. Unternehmen werden wieder
eingegliedert, Redundanzen beseitigt.
In schlechten Zeiten trennen sich Unternehmen von schlechten Unternehmensbereichen, dass kann man natürlich auch Ausgliedern nennen… aber das ist Ansichtssache. I.d.R. gehen diese Unternehmensteile pleite. Aber dazu kommen wir noch.
Autobauer werden keine Strassen bauen.
Stimmt. Gut so.
Zugbauer verlegen keine Gleise.
Zugbauer nicht, aber Zugbetreiber. Die Bahn sollte ursprünglich mit Schienennetz an die Börse gehen. Juhu, noch ein Monopolist der schwer anzugreifen wäre mehr. Versorgungs- und Nutzungsnetze gehören meiner Ansicht nach in die Hand des Staates, damit alle Nutzer einen gleichberechtigten Zugang zu diesem Netz bekommen. Das fördert den Wettbewerb.
Die Politik übt auch Einfluss auf die Wirtschaft aus, in dem sie
z.B. Steuern erhebt oder Auflagen macht, z.B. Umweltauflagen.
Das finden seltsamerweise alle wieder toll.
Ich glaube nicht, dass irgendwer etwas gegen Umweltauflagen haben sollte. Jede Umweltverschmutzung muss beseitigt werden, früher oder später. Wir sind teil der Umwelt, nicht etwa ein künstliches, außenstehendes Etwas. Diese Erkenntnis ist nicht neu und wenn du dir mal die Bilder aus den 60er/70er Jahren des Ruhrgebiets oder dem Zustand der Gewässer aus der Zeit anschaust, erkennst du, warum das so ist. Hätte man von Anfang an saubere Industrien gefördert und dreckige bestraft, hätte der Steuerzahler (also auch die Unternehmen) nicht die Reinigung der Flüsse und Böden zahlen müssen, mal ganz abgesehen von den Kosten, die uns noch durch die Treibhausgase und Ozon-Killer in den nächsten Jahrzehnten bevorstehen.
Es ist keineswegs so, dass der Staat die Aufgabe hat, Unternehmen nach belieben auszupressen.
Darum geht es doch auch garnicht. Aber Unternehmen sollten nicht die Kunden „auspressen“. Dafür ist der Staat da, hier ein Gleichgewicht zu schaffen. Die Unternehmen bedienen sich aber Mitteln, die ich als nicht demokratisch erachte. Das ist der Grundgedanke dieses Threads. Demokratie ist es, Mehrheitsentscheidungen zu treffen. Unternehmen beeinflussen den politischen Entscheidungsprozess aber auf eine Weise, die nicht dem Mehrheitsgedanken entsprechen. Wenn die Beschäftigten der Automobilkonzerne eine Partei wählen, die die Interessen der Automobilkonzerne vertreten, ist das demokratisch. Wenn aber Unternehmen ihre Berater der Politik mehr oder weniger kostenlos zur Verfügung stellen oder Berater der Politiker Zuwendungen von Unternehmen erhalten um deren Meinung zu vertreten, ist das nicht demokratisch, sondern eine erkaufte politische Entscheidung. Und das ist demokratiefeindlich, da auf die Weise die Macht des Volkes unterwandert wird und Wahlen ihre Bedeutung verlieren. Somit müssen wir uns über die 40% Nichtwähler in Deutschland nicht wundern!
Was immer wieder festgestellt werden muss ist, dass viele
immer noch nicht verstehen, dass Unternehmen keine
Wohlfahrtsvereine sind.
Eigentum verpflichtet. Grundsatz der deutschen Gesetzgebung. Wem das nicht passt, der investiert in den falschen Standort. Deutschland ist außerdem seit den 60er Jahren ein „Wohlfahrtsstaat“. Das wird häufig vergessen.
Aktuelles Beispiel ist doch die ewige Rangelei in Hessen um
Frau Ypsilanti. (Schreibt man die so?) Von einem Tag auf den
Wo ist der Bezug zur Marktwirtschaft?
Wie ich geschildert habe, ist der plötzliche Meinungswechsel einiger Abgeordneter doch sehr seltsam, oder? Erst zustimmen und weniger als 24 Stunden später ablehnen? Ich bin nicht der einzige der vermutet, dass dort erhebliche Summen großer Energie- und Finanzkonzerne an die betreffenden Abgeordneten geflossen sind. Diese Konzerne wollen Herrn Koch weiter an der Macht sehen, da dieser einen wirtschaftsliberalen Kurs verfolgt.
Zudem wäre es doch viel unterhaltsamer und lehrreicher gewesen, die Linken mit politischer Verantwortung und dem Versagen eines rot-roten Bündnisses zuzusehen. Es wäre ein Exempel für alle Protestwähler gewesen, ihre Stimme nicht einfach einer Protestpartei zu geben und ebenso wirksam hätte es auf die Nichtwähler gewirkt. Die Menschen wären regelrecht Wachgerüttelt worden. Nun kommen Neuwahlen und kaum jemand hat’s mitbekommen. Es wurde eine Chance vertan. Das ist nicht dienlich für die Demokratie in unserem Land.
Es gibt viele Beispiele für - vom Volk unerwünschten -
Einfluss der Wirtschaft auf die Politik. An sich ist das nicht
Ja und das passiert nicht, weil man sich so sozial und
demokratisch verhält, sondern weil man erhebliche private
Nachteile erfährt. Es wird immer nur aus Eigennutz gehandelt.
Das Volk versteht oftmals nicht den Einfluss und was nicht
verstanden wird, wird abgelehnt und bekämpft.
Das ist gegen die Demokratie! Demokratie ist die Herrschaft des Volkes und keine Spielwiese für Kapitalisten und Kommunisten. Darüber muss man sich im Klaren sein! Wenn die Mehrheit es nicht versteht und es ablehnt, dann ist das zu akzeptieren. Genau das ist Demokratie. Wenn sich wenige über dieses Votum hinwegsetzen ist das entweder Amtsmißbrauch oder eine Oligarchie. Warum können die Unternehmen nicht das Volk über ihre Absichten ehrlich aufklären? Weil dann die Konkurrenten etwas dagegen unternehmen würden? Genau darum! Sie würden ihren Vorteil verlieren. Und das ist demokratiefeindlich!
Ich finde es erschreckend, mit welcher Selbstverständlichkeit du das Handeln von Einzelnen gegen die Interessen der Mehrheit in einer Demokratie einfach so hinnimmst.
Sind denn Unternehmer kein Teil der Gesellschaft?
Unternehmer als Person sind natürlich Teil der Gesellschaft mit Stimmrecht. Aber jede Stimme ist in einer Demokratie gleichwertig. Unternehmen als Ganzes nutzen aber ihr Kapital um der Stimme weniger mehr Gewicht zu geben. Und das ist nicht korrekt.
Ist es besser, marode Unternehmen pleite gehen zu lassen oder
jahrelang mit Subventionen zu versorgen? Ein Teil der
Bevölkerung sieht das als Einfluss der Wirtschaft auf die
Politik, der andere, nämlich betroffene Teil sieht das
erwünschter Einfluss der Politik auf die Wirtschaft. Die
Alternative wäre hier Arbeitslosigkeit.
Subventionen sind eine Verzerrung des Marktes und sollten alle gestrichen werden. Solidaritätszuschlag, Pendlerpauschale, Eigenheimzulage, Werbungskosten, Rentenvorsogezuschüsse, Kindergeld, Aggrarzuschläge, Abschreibungen etc. alles Subventionen die nicht korrekt sind. Abschreibungen wirst du dich fragen… aber natürlich. Viele Unternehmen schreiben so viel ab, dass sie in der Bilanz keinen Gewinn machen und somit keine oder geringe Steuern zahlen. Ist das fair gegenüber dem Einkommenssteuerzahler? Ich kann den Wertverlust meines Autos oder meines Computers nicht absetzen. Könnte jeder Normalbürger kosten für seine „Nutzungsräume“ (Wohnung/Haus) ebenso wie Unternehmen absetzen, würde bald keiner mehr Steuern zahlen. Somit ist das eine Subvention der Wirtschaft.
Doch was sind die Folgen von Kostensenkungen: Arbeitnehmer
werden entlassen oder verdienen weniger, aktuell:
Kurzarbeit/Zwangsurlaub bei den Automobilkonzernen. Folge
Gab es das tatsächlich, dass Arbeitnehmer weniger Lohn
erhalten oder werden hier freiwillige Leistungen als
selbstverständlich hingenommen? Kurzarbeit und Zwangsurlaub
sind Notwendigkeiten. Alternativ könnte man den Laden auch
ganz schließen.
Ich rede nicht von Weihnachts-/Urlaubsgeld. Erzwungener Abbau von Überstunden oder Abrechnung über Arbeitszeitkonten kommt einer Kürzung gleich, da diese Arbeit nachgeholt werden muss. Zudem sind die Leiharbeiter die ersten, die entlassen werden. Diese bekommen i.d.R. ohne Beschäftigung auch keinen Lohn, bzw. nur einen geringfügigen Basislohn, der niedriger als Hartz4 ist.
Wären diese Maßnahmen wirklich notwendig gewesen, wenn die Automobilkonzerne neue Konzepte schon längst umgesetzt hätten? So haben diese Unternehmen durch die exorbitanten Preise im Sommer den Todesstoß für ihre „steinzeitlichen“ Produktpaletten bekommen. Und nun betteln sie um Milliarden zur Finanzierung der Entwicklung spritsparender Autos. Das ist doch auch nicht im Sinne des Staates.
diese sparen und Neuanschaffungen zurückstellen. Dies betrifft
dann höhere Einkommensklassen, wie z.B. die Angestellten der
Kreditunternehmen. Diese kaufen sich häufiger mal ein Auto,
und dann auch kein kleines Auto, sondern eines, woran
Autokonzerne ja so gerne viel Geld verdienen. Und schon sind
wir wieder bei den unteren Schichten. Noch mehr werden
entlassen oder verdienen noch weniger, weil ja weniger Autos
gekauft werden. Und das trifft dann die Banken noch schlimmer,
Machst du es dir da nicht ein wenig zu einfach? Allein der aus
einem höheren Einkommen zu schließen, dass man sich häufiger
ein großes Auto kauft, ist etwas naiv.
Haushalte höherer Einkommensschichten konsumieren mehr als die niedriger Einkommensschichten. Da sind wir uns wohl einig. Und das es hier nicht um 20 Leute sondern wohl eher um 20 mio. geht dürfte auch klar sein. Einschnitte bei dieser Schicht haben gravierende Auswirkungen auf die Wirtschaft.
Die Bevölkerung kommt mehr und mehr zu der Meinung, dass
die Politik ihr Vertrauen missbraucht hat und beginnen, ihre
Wahlentscheidung anzuzweifeln und evtl. extreme Parteien zu
wählen. Wenn dies nur geringe Prozentsätze der Bevölkerung
Pah, das ist doch immer so. Schwächelt die Wirtschaft, wählt
man links, ist die Wirtschaft stark, wählt man konservativ.
Ich meine nicht SPD/CDU/CSU, sondern vor allem die Linke.
Wieviel Einfluss hat die Wirtschaft auf das politische
Machtgefüge und die Wählerentscheidung wirklich?
Sehr viel und das ist ja auch so gewollt. Wirtschaft und Staat
sind untrennbar mit einander verbunden. Es sollte klar sein,
dass der Staat nicht der Gegner wirtschaftlicher Interessen
sein kann, das ist eine Kooperation.
Gegner dürfen sie nicht sein, das stimmt, aber ein Angestellter ist ja auch nicht der Gegner des Unternehmers. Eine Kooperation bedeutet aber einen Nutzen für beide Seiten. Ich sehe beim Einfluss der Großkonzerne (nicht Wirtschaft allgemein) auf die Politik nicht den Nutzen für den Normalbürger. Die 30 DAX-Konzerne beschäftigen weniger als 10% der deutschen Arbeitnehmerschaft, machhen aber 90% des Umsatzes und drängen mit dem größen Einfluss auf die Politik. Ist das eine demokratische Kooperation? Wohl kaum.
Wie ist es zu verantworten, dass es überhaupt Konzerne in den
Größen von GM, GE, VW, Eon, Vattenfall, BoA, AIG, Deutsche
Bank oder Thyssen gibt? Um sich das nur mal Vorzustellen: Wenn
Gar nicht. Es gibt sie einfach. Sie sind dafür verantwortlich,
dass tausende Menschen Arbeit haben und gut verdienen. Das
wird gerne übersehen.
Hier möchte ich nochmal gerne auf die Gehälter von Krankenschwestern verweisen…
ein Unternehmen wie GM pleite gehen würde, wären das alleine
in den USA rund um Detroit etwa 3 mio. Arbeitslose mehr. Das
entspricht einer 2% höheren Arbeitslosenqoute für die ganzen
USA!
Du vergisst da eine Kleinigkeit. Eine Insolvenz nach Chapter
11 bedeutet nicht unbedingt, dass das Unternehmen vom Markt
verschwindet. Es kann durchaus neu strukturiert werden. Die
Insolvenz kann bedeuten, dass man sich von Altlasten, von
alten Verpflichtungen befreit.
Hier denkst du nur aus der Sicht von GM und den Arbeitnehmern von GM. Aber die Verpflichtungen und Forderungen GM gegenüber bestehen doch irgendwo. Was sollen nun die Gläubiger machen, wenn sie auf ihren Forderungen sitzen bleiben? Ist das korrektes Verhalten? Na denn viel Spaß. Wie schon bereits beschrieben zahlen wir alle diese entgangenen Forderungen über die Kreditzinsen und Bankgebühren. Danke schön. Das ist ebenso fair wie Versicherungsbetrug, den dann auch alle Versichterten über ihre Beiträge zahlen dürfen. Dafür ist die Allgemeinheit und der Steuerzahler gut. Aber wenn der dann was von der Wirtschaft fordert und nur um Gerechtigkeit kämpft, wird gesagt, dass man die Wichtigkeit der Wirtschaft vergisst. Wenn uns die Wirtschaft soviel wert ist, warum lassen wir es dann zu, dass die Konzerne mit ihren riesigen Vermögen von ein paar Versagern vor die Wand gefahren werden?
Wie kann es die Politik im Zuge der Deregulierung und
Privatisierung der 80er und 90er Jahre verantworten, dass sich
Monopolisten wie die deutschen/europäischen Energiekonzerne
bilden?
Mehrer Monopolisten auf einem Markt? Das alleine ist schon ein
Widerspruch. Gerade die Privatisierung schafft Konkurrenz. Die
Alternative wäre ein echter Staatsmonopolist. Ohne Wettbewerb
können dann Löcher im Haushalt durch höhere Energiekosten
geschlossen werden.
Die Energiemärkte sind reguliert. Über kurz oder lang wird es
hier eine Öffnung geben. Meiner Meinung nach ist das ferne
Ziel eine dezentrale Versorgung.
Die Frage ist das „wann“. Wäre es nicht einfacher gewesen das Netz von vorn herein in staatlicher Hand zu lassen? So hätte von anfang an ein Wettbewerb entstehen können.
Beste Grüße,
F. Engelhardt