Hallo Eva, gibt’s Neues?
Jetzt habe ich „Nach dem Monsun“ ausgelesen und allerlei Kritiken dazu. Neue Erkenntnisse zur Originalsprache habe ich nicht. Ich glaube aber mittlerweile nicht, dass es das engl. Buch „East of the Sun West of the Moon“ gedruckt auf Englisch gibt oder gab – vielleicht aber als Privatmanuskript in Morleys Nachlass.
2001, im Jahr von „Nach dem Monsun“, hatte Morley einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung (SZ). Dort steht kein Übersetzer-Hinweis (wie sonst bei Übersetztem in der SZ), vermutlich hat Morley den Artikel also auf Deutsch geschrieben (wie viele andere seiner SZ-Artikel vermutlich auch).
Bei einem Online-Buchhändler stehen 2 lobende Kommentare von SZ-Edelfedern zu Morley, aber ohne Hinweis auf Originalsprache (damit ist noch nicht besagter SZ-Axel Hacke gemeint, der mit Morley u.a. auch im Literaturhaus München auftrat).
Der englische Titel „East of the Sun West of the Moon“ erscheint im deutschen Buch auf Deutsch (was komisch klingt) als Teil eines Lieds. Er passt inhaltlich immer noch besser zum Buch als „Nach dem Monsun“.
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Es gibt im deutschen Buch „Nach dem Monsun“ seltsame Formulierungen und Fehler, die man nicht erwarten würde, etwa „Hügelsiedlungen“ (S. 49, für die wohltuend kühlen „hill stations“ der Engländer u.a. in Malay(si)a, Indien, m.E. unpassend), „Regents Park“ (sic, mehrfach S. 118 - 120), „mit einem Hammer und Täcks“ (sic, S. 209) oder eingedeutschtes Grotesk-Englisch wie „Wör freuen uns söhr, daß Sö zöm Dönner zö ons kommen“ (S. 51) oder „ein dommer Junge“ (S. 178, kursiv wie im Buch). Ich hatte das Malik-Piper-Hardcover von 2001.
Ganz rund ist das Deutsch definitiv nicht, aber wann gibt’s das schon (pardon) bei Übersetzungen. Lässt das darauf schließen, ob das Buch auf Englisch oder Deutsch geschrieben wurde? Ich weiß nicht.
Das englischer Morley-Buch über Japan, „Pictures from the Water Trade“ von 1985, strotzt vor Deutschem, etwa „Chieko’s high-nosed mother“ (im Sinn von „arrogant“) und „a black arm-band“ bei einer Trauerfeier - redet so der Engländer? Für mich klingt darin Deutsch nach. Gelegentlich flicht Morley in „Water Trade“ unerklärt kursiviertes Deutsch ein:
In the terms of a Weltanschauung which endorsed…
… the Kachelofen for people living in the colder parts of Europe…
concept of Vorsehung … in the German language
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Die besagte FAZ-Rezension hat nicht nur Tipp-, sondern mindestens einen inhaltlichen Fehler (J.D. Morley war nicht in „Nordnigeria“, nur sein Vater; J.D. Morley war in Ghana).
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US- oder UK-Schriftsteller, die (zeitweise) in DE leb(t)en, gut DE sprechen, aber auf EN schreiben und das von anderen übersetzen lassen und teils ausschließlich auf Deutsch publizieren, gibt’s noch ein paar, offenbar u.a. Irene Dische, Nell Zink, Patricia Clough und womöglich J.D. Morley.
Autoren, die nicht in der Muttersprache, sondern in einer später erworbenen Sprache schreiben, gibt’s ja auch genug und prominent, u.a. Nabokov, Vicki Baum, Joseph Conrad und womöglich J.D. Morley.
Weil Morley schon als Grundschüler Malaiisch, Englisch und afrikanische Sprachen aufnahm, war er sicher sprachlich sehr flexibel, wie auch seine Arbeit für japanische Medien beweist.
Das waren meine Recherchen vorläufig. Ich lese später noch ein Buch von Morleys Mutter über die Singapur-Zeit. Das gibt vermutlich keine neuen Aufschlüsse – wenn doch, steht es hier.
Saludos, Henrik