Jesu unfreiwilliger Tod

Hallo,

laut der 4 Evangelien wollte Jesus nicht sterben:

er (Jesus) begann zu zittern und zu zagen, …
er fiel auf die Erde nieder und betete …
und es wurde sein Schweiß wie Blutstropfen, die niederrannen zur Erde
„Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber …“
und als er in Angst geriet …
„Vater, wenn es Dein Wille ist, so lass diesen Kelch an mir vorübergehen!“

Selbst das Johannes-Evangelium stellt es nicht anders dar:

Da suchten sie abermals ihn zu ergreifen, doch er entwich ihrer Hand.
„Einer von euch wird mich verraten!“
Simon Petrus aber, der ein Schwert hatte, … (wusste nichts von der angeblichen Freiwilligkeit)
„Soll ich den Kelch, den mir mein Vater gegeben hat, nicht trinken?“

Alles deutet darauf hin, dass er sich nicht freiwillig hinrichten ließ. Wozu auch? Er wollte doch das ganze jüdische Volk erst noch auf seine Seite bringen. Wozu zog er denn in Jerusalem ein und schmiss die Tische im Tempel um?

Auf welcher Grundlage steht demnach das paulinische Erlösungssystem? Falls sein Tod für die Erlösung der Menschheit notwendig gewesen wäre, hätte er nicht eine Art kultischen Selbstmord durch Selbsverbrennung oder ähnliches begehen müssen?

Nun, das sind so verschiedene Dinge, die ich nicht verstehe. Gruß,
FraLang

Göttliche und menschliche Natur Jesu
Hallo FraLang,

Kann etwa ein Mensch Lust haben, dass er im besten Alter und bei guter Gesundheit mit Geisseln traktiert, mit Dornen gedrückt, an ein Kreuz geschlagen und getötet wird? Kann er nach menschlichem Ermessen überhaupt einen Sinn darin sehen? Das ist die menschliche Seite. Jesus hat ganz bestimmt keine Lust auf einen solchen Tod. Hätten die Menschen einen Funken Güte, würden sie einander nicht so behandeln. Und doch tun sie es. Durch ihren Willen (einschliesslich den Willen eines Judas, eines Pilatus, eines Petrus) wird die Welt also nicht besonders schön gestaltet, es ist also widersinnig, aus der Frage „Musste der Messias nicht all das erleiden“ einen Freispruch für die Menschen konstruieren zu wollen. Vielmehr hat das Leiden die Menschen und ihre Taten angeklagt.

für die Erlösung der Menschheit notwendig

Schon dass man diesem Leiden einen Sinn beilegen kann, geht über menschliches Verstehen. Wenn es einen Sinn hat, dann muss Gott ihn bewirkt haben; einen Sinn bekommt es ja letztendlich erst durch die Auferstehung, also durch ein Wunder Gottes und nicht durch menschliches Handeln. Was Jesus als Mensch tut, ist, das göttliche Handeln mit aller Kraft wahrnehmen, vorbereiten und hochachten. Ein Wunder ist aber notwendig, wenn die Worte Jesu „wer lebt und an Mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben“ wahr sein sollen.

Bleibt die Frage, ob Gott Sich nicht etwas billiger den Menschen zeigen könnte. Sie wird bekanntlich damit beantwortet, dass Gott ihnen den freien Willen lässt, sodass sie ihren Gott innerlich und äusserlich hinrichten, wenn sie das wollen, sie werden also in ihrem Willen durch Gott ernstgenommen. Ohne dies wäre die Erlösung unecht.

Gruss,
Mike

Moin,

die Stellen, auf die Du hinweist, Jesu Gebete im Garten Gethsemane, scheinen natürlich vordergründig zu sagen, dass er nicht sterben wollte. Sie zeigen aber auch deutlich, dass Jesus sich dem Willen Gottes unterwirft.
Während des Abendmahls mit den Jüngern sagt er (Mk 14, 23): Ich werde vom Gewächs des Weinstocks nicht mehr trinken, bis dass ichs neu trinken werde im Reich Gottes.
Daraus haben Exegeten - wie ich finde mit Recht - geschlossen, dass Jesus den Einbruch des Reiches Gottes für den Augenblick seines Todes erwartet hat. Da lassen sich Jesu Wille und Gottes Wille nicht mehr trennen. Oder, um es mit meinem alten Lehrer Moltmann auszudrücken: In seinem Tod hat sich Jesus so an Gott geklammert, dass Gott nicht mehr von ihm loskam.

Du wirst nicht bestreiten wollen, dass Jesus gestorben ist, oder?
Ob er das nun gern oder freiwillig oder als ein dem Willen Gottes sich Unterwerfender getan hat, ist für das „paulinische Rechtfertigungssystem“ eigentlich unerheblich, denn sein Leiden begann für das Verständnis des Paulus ja nicht erst mit seinem Tod, sondern schon in dem Agenblick, da ers „nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein“ (Philipper 2, 6)

Gruß - Rolf

Hallo!

Falls sein Tod für die Erlösung der
Menschheit notwendig gewesen wäre, hätte er nicht eine Art
kultischen Selbstmord durch Selbsverbrennung oder ähnliches
begehen müssen?

Wäre das nicht ein völlig anderes Symbol? Mir würde das wie ein Taschenspielertrick erscheinen: Ein Gott tut so, als ob er Mensch geworden wäre, und am Ende sorgt er selbst für die große Schlusspointe. Dann könnte man sich als nächstes fragen, warum Jesus von Maria geboren werden musste. Und wenn man das zuende denkt, hätte es doch völlig ausgereicht, wenn den Menschen (wie damals dem Moses) einfach irgendeine Vision erschienen wäre und ihnen von der neuen Gerechtigkeit erzählt hätte.

Nein. Ich meine, dass er nur dadurch, dass ihm die Menschen die Qualen zufügen und ihn letztlich umbringen, zeigen kann, dass er es tatsächlich ernst meint.

Michael

Hallo Rolf,

Während des Abendmahls mit den Jüngern sagt er (Mk 14, 23):
Ich werde vom Gewächs des Weinstocks nicht mehr trinken, bis
dass ichs neu trinken werde im Reich Gottes.

Das sagt, er wusste, dass er sterben und in das Reich Gottes eingehen werde. Aber kein Wort von Freiwilligkeit oder Absicht. Die Exegeten behaupten das auch nicht. Er beugt sich nur dem Willen seines Vaters.

Es fehlt nach wie vor komplett die Absichtlichkeit. Wollte Jesus uns durch seinen Tod erlösen, dann hätte er doch darufhingearbeitet, hätte das in seine Reden eingeflochten. Er hätte gesagt, „ich tue das jetzt für euch und die Menschheit“. Er sagte aber nur: „nächstesmal trinke ich Wein im Jenseits“.

Es scheint, die Evangelien sind vom

„paulinische Rechtfertigungssystem“

noch weitgehend unbeeinflusst. Dieses kam erst später.

Wenn nun Jesus nicht freiwillig starb, nicht einmal von seinem angeblichen Erlösungsauftrag wusste, dann musste er eben nicht für unsere Sünden leiden und sterben, sondern nur, weil er sich gegen die Übermacht der Juden nicht wehren konnte.

Gruß FraLang

Hallo Michael,

Dann könnte man sich als nächstes fragen,
warum Jesus von Maria geboren werden musste. Und wenn man das
zuende denkt, hätte es doch völlig ausgereicht, wenn den
Menschen (wie damals dem Moses) einfach irgendeine Vision
erschienen wäre und ihnen von der neuen Gerechtigkeit erzählt
hätte.

Völlig richtig. Gott hätte nicht einmal Adam und Eva aus dem Paradies werfen müssen, sondern hätte sie über diese Gerechtigkeit entsprechend aufklären können. Das sagt eben, dass dieses paulinische Rechtfertigungssystem völlig absurd ist.

Nehmen wir die Dinge, wie sie sind: Jesus wurde von einer Frau geboren. Er griff die Religion des Volkes auf, wollte damit die jüdische Obrigkeit überzeugen oder ihr ihr Puplikum abspenstig machen, ist daran aber gescheitert. Seine Reden blieben jedoch in Erinnerung, woraus sich in der Folge das Urchristentum entwickelte.

Eine Rechtfertigungstheorie für seinen Tod ist unnötig.

Gruß FraLang

Hallo Mike,

Das ist die menschliche Seite. Jesus hat ganz bestimmt keine
Lust auf einen solchen Tod.

„Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust!“ Konnte sich seine göttliche Seele nicht durchsetzen?

Man macht es sich leicht damit. Er war halt Mensch und Gott zugleich. Wie man’s gerade braucht, spricht einmal der und einmal der andere aus seinem Mund.

Seine göttliche Seele hatte aber offensichtlich nicht viel zu sagen. Sie hätte doch wenigsten einmal die Jünger darüber informieren können, dass Jesus nun sich freiwillig martern und hinrichten lässt.

War die menschliche Seele Jesu etwa gegen seine göttliche eingestellt? Eine Art Schizophrenie oder Besessenheit? Also, ich werde aus dieser zwei-Seelen-Theorie einfach nicht schlau. Lasse mich aber gerne darüber aufklären.

Gruß FraLang

Hallo FraLang!

Ich habe einen großen Fehler begangen, den ich schon jetzt bereue: Ich habe mich erneut auf eine Diskussion mit Dir eingelassen.

Dann könnte man sich als nächstes fragen,
warum Jesus von Maria geboren werden musste. Und wenn man das
zuende denkt, hätte es doch völlig ausgereicht, wenn den
Menschen (wie damals dem Moses) einfach irgendeine Vision
erschienen wäre und ihnen von der neuen Gerechtigkeit erzählt
hätte.

Völlig richtig.

Es hat keinen Wert. Punkt. Du bist nicht einmal in der Lage zu verstehen, was ich mit dem Konjunktiv ausdrücken wollte. Auf dieser Basis kann ich nicht diskutieren.

Tschüß.
Michael

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logisch

Also, ich werde aus dieser zwei-Seelen-Theorie einfach nicht schlau.

Das ist kein Wunder. Sie ist ja von dir.

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Also, ich werde aus dieser zwei-Seelen-Theorie einfach nicht schlau.

Das ist kein Wunder. Sie ist ja von dir.

Meine eigenen Theorien verstehe ich normalerweise recht gut. Aber du könntest mir bei der Gelegenheit vielleicht bitte sagen, wie denn diese Theorie dann offiziell heißt. Jesus soll doch Gott und Mensch zugleich gewesen sein. Hat dieses Notbehelfs-AuswegSuch-Erklärversuchs-Modell einen Namen?

Gruß FraLang

Hallo Michael,

was ich mit dem Konjunktiv ausdrücken wollte.

Mit diesem Konjunktiv hast Du eben genau ausgedrückt, warum sich dieses paulinische System adabsurdum führt.

Wenn die Sendung Jesu, wie Paulus sagt, gewesen wäre, uns von der Erbschuld zu erlösen, dann hätte Jesus nicht von Maria geboren werden müssen. Und all die anderen Sachen wären nicht notwendig gewesen.

Daher, Umkehrschluss: weil Jesus von Maria geboren wurde + alles andere -> daher kann die paulinische Erklärungstheorie nicht stimmen.

Gruß FraLang

Hat dieses Notbehelfs-AuswegSuch-Erklärversuchs-Modell einen Namen?

Bei solchen bescheuerten hanebüchen herumspekulierten Vorunterstellungen hat man schon gar keine Lust, dir überhaupt noch zu antworten.

Aber das gesuchte hat díe Bezeichnung Zwei-Naturen-Lehre. Auch Hypostatische Union.
Mike hatte es doch in seinem Postingtitel stehen.

Allerdings sind die diesbezüglichen theologischen/christologischen Auseinandersetzungen besonders des 3. und 4. Jhdts sehr kompliziert und ohne Griechisch-/Lateinkenntnisse kaum nachzuvollziehen. Große Chance also für Sandstürme spekulativer sog. „Schlußfolgerungen“, die auf uns niederrollen …

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Der Endpunkt zwischen Sohn und Vater
Hallo FraLang,

die Jünger darüber informieren können

Natürlich informiert Jesus die Jünger in den Evangelien. Der springende Punkt der Gottheit Jesu ist nicht, dass der Mensch nichts von Gott wüsste, im Gegenteil, dann wären die beiden ja getrennt. Jesus informiert die Jünger also sehr wohl und hat auch selber die Information. Nur ist die Verheissung des ewigen Lebens eben doch wieder fern, wenn Einer ans Kreuz genagelt wird und betet „Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen“. Mensch und Gott sind dann eben auch nicht vermischt, sonst könnte ja der Eine nicht die Abwesenheit des Andern erleben, und Sich, obschon ungetrennt seiend, getrennt fühlen.

Gruss,
Mike

Bei solchen bescheuerten hanebüchen herumspekulierten
Vorunterstellungen

ich danke dir trotzdem für die beiden Begriffe. Also mein Satz lautet dann: ich komme mit der

Zwei-Naturen-Lehre. Auch Hypostatische Union.

nicht klar. Diese Begriffe erfand man etwa 380 n.Chr. ja auch wirklich nur als künstliche Notkonstrukte, um Jesu Gottheit zu ermöglichen. Nirgends sonst benötigt man diese Begriffe.

@Mike
An dem Problem ändert sich durch diese Begriffs-Findungen nichts. Sowohl die menschliche als auch die göttliche Natur Jesu hätte ihn während des Abendmahles zur Assage veranlassen müssen:

"Ich muss nun leiden und sterben, um euch von euren Sünden zu erlösen!"

Er sagt aber nichts. Seine getreuesten Gefolgsleute lässt er dumm sterben? Er lässt sich verhaften und hinrichten, erklärt aber nicht das geringste über das Warum? Gerade ein feiner Zug wäre das ja nicht gewesen.

Erst weiß Gott wann muss ein Paulus durch intensives Nachdenken herausfinden, warum er eigentlich sterben wollte? Das ist einfach alles völlig unglaubwürdig. Die paulinische Erbsündentheorie scheint rein erfunden zu sein. Jesus hätte es gesagt, wenn es so gewesen wäre.

Schlussfolgerung:
Jesus litt nicht und starb nicht wegen oder für die Sünden der Menschen.

Gruß FraLang

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Evangelienlektüre empfohlen
Hallo FraLang,

die Wandlungsworte lauten wörtlich gemäss Evangelium:
„das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“ (Mt 26,28) notabene vor der Kreuzigung.

Gruss,
Mike

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Hallo FraLang,

aha, darum geht es also, dann vgl. Mk 10,45
[Der Menschensohn ist gekommen, um zu dienen und] Sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.

Gruss,
Mike

Logisch unschlüssig für einfache Leser wie mich
Hallo FraLang,

ich verstehe dieses Votum nicht. Falls es dafür eine Erklärung geben sollte, wäre es daher nett, sie auch zu liefern; ansonsten wäre evtl. auf den Inhalt zurückzukommen und statt dessen die Bibel zu lesen.

Gruss,
Mike

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Hallo,

Schlussfolgerung:
Jesus litt nicht und starb nicht wegen oder für die Sünden der
Menschen.

Deine Schlussfolgerungen verblüffen mich immer wieder.

Wie passt sie denn zu folgender Aussage:
der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele“ (Matt.20,28)

oder

"Darum liebt mich mein Vater, weil ich mein Leben lasse, dass ich’s wieder nehme.
Niemand nimmt es von mir, sondern ich selber lasse es. Ich habe Macht, es zu lassen, und habe Macht, es wieder zu nehmen.
" (Joh.10,17-18)

Und wer behauptet, die Jünger hätten nichts von seinem Tod gewußt?
Da sprach Thomas, der Zwilling genannt wird, zu den Jüngern: Lasst uns mit ihm gehen, dass wir mit ihm sterben!“ (Joh.11,16)

Gruss Harald

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Hallo Mike,

ich verstehe dieses Votum nicht.

worauf beziehst du dich jetzt? Ich dachte wir diskutierten in einem anderen Zweig des Threads. Ich möchte gerne alles begründen.

Gruß FraLang

Hallo Mike,

[Der Menschensohn ist gekommen, um zu dienen und] Sein Leben
hinzugeben als Lösegeld für viele.

Nun ja, das wäre doch ein Hinweis. Ich habe nachgelesen. Es geht kurz zuvor um die Herrscher, die ihre Macht den Untergebenen spüren lassen. Jesus sagt, so soll es unter ihnen nicht sein, denn auch er selber ist ein Diener und Knecht wie jeder andere es auch sein soll.

Es scheint, man meint dort, Jesus gäbe sein ganzes Leben in Dienerschaft für andere hin. So wie jeder Diener eines jeden sein soll. Aber das Wort Lösegeld oder Lösepreis in diesem Zusammenhang kann ich trotzdem nicht richtig einstufen. Vielleicht ist hier etwas mit der Auslöse von Sklaven gemeint.

Wenn mich Metapher nicht gleich wieder schimpfen würde, wäre das vielleicht eine Frage an ihn.

Gruß FraLang