Jesus und Paulus und das Christentum

Hallo Experten,
wie seht ihr das theologische Verhältnis zwischen Jesus und Paulus?

  1. Hat Paulus Jesu Lehre einfach nur in die Welt getragen?

  2. Hat er sie weiterentwickelt?

  3. Hat er das theologische Fundament des Christentums mit Jesus zusammen begründet?

  4. Oder ist er der eigentliche Religionsstifter, der wesentliche Elemente der christlichen Lehre erst entwickelt hat, von denen Jesus noch gar nichts wusste?

Gespannte Grüße!
Karl

Jesus, Paulus, Johannes und die Synoptiker

das theologische Verhältnis zwischen Jesus und Paulus …

  1. Hat Paulus Jesu Lehre einfach nur in die Welt getragen?

Paulus hat Jesus nicht persönlich gekannt. Was auch immer unter den ersten Schülern (und Schülerinnen) als Kern der Lehre Jesu ursprünglich disputiert wurde, hat Paulus erst in Damaskus und dann in Jerusalem kennengelernt. Über diese teils sehr unterschiedlich interpretierte Lehre geben die sog. apostolischen Briefe des NT Auskunft und die Evangelien. Die Synoptischen Evangelien einerseits, das Johannes-Evangelium andererseits, und dann die apostolische Briefliteratur differieren in den Schwerpunkten ganz erheblich.

Die Leistung des Paulus bestand vor allem darin, sich mit der Auffassung durchzusetzen, sich in einigen wesentlichen Punkten von der damaligen jüdischen Theologie zu distanzieren und das Christentum über das Judentum hinauszutragen (und damit allerdings auch abzuspalten).

  1. Hat er sie weiterentwickelt?

Sogar sehr fundamental. Die paulinische Briefliteratur, die sich von den obengenannten drei „Linien“ nocheinmal weiter als vierte unterscheidet, ist durch die Rezeption der Generationen späterer Kirchenlehrer sogar soweit zum Fundament entwickelt worden, daß man sogar (rein theologiehistorisch betrachtet) Paulus als den eigentlichen Religionsgründer.ansehen kann. Das gilt aber nicht für alle christlichen Entwicklungslinien. Vor allem jedoch für die sog. lateinische (also westliche) Kirche.

Hätte sich z.B. die johanneische Theologie und Anthropologie (Joh.-Ev. und der 1. Joh.-Brief) durchgesetzt, hätte sich das Christentum ganz anders entwickelt.

  1. Hat er das theologische Fundament des Christentums mit Jesus zusammen begründet?

Siehe oben.

  1. Oder ist er der eigentliche Religionsstifter, der wesentliche Elemente der christlichen Lehre erst entwickelt hat, von denen Jesus noch gar nichts wusste?

Dito siehe oben. Einige grundlegende christliche Theologoumena finden sich in den Evangelien nicht. Das allgemein bekannteste ist z.B. die Grundlegung dessen, was später von Augustinus als „Erbsündenlehre“ weiterentwickelt wurde und heute noch in den größeren christlichen Richtungen Bestand hat…Paulus hat diese als erster mit dem Adam-Mythos (bzw. Garten-Eden-Mythos) mittels einer theologisch spekulativen Adam-Jesus-Korrelation verbunden. Das komplette Theologoumenon „Jesus ist für unsere Sünden als Kreuz gestorben“ geht darauf zurück. Dessen Gültigkeit (im Sinne eines von Jesus intendierten „Erlöser“-Verständnisses) wird aktuell von vielen Seiten recht heftig bestritten.

Gruß
Metapher

OT. Zeit
Hallo Metapher,

vielen Dank für Deinen Artikel. Mich würde hier noch Deine Meinung zum Zeitablauf zu Paulus interessieren, da Du die Quellen sehr gut kennst.

Aus einer bestimmten Ecke wird ja argumentiert, dass

  • die Paulus zugeschriebenen Schriften die ältesten überhaupt seien (also die zuerst niedergeschriebenen)
  • Paulus sich in seinen ersten Schriften mit „Christus“ befasst, und erst später bezug auf den Menschen „Jesus“ nimmt.

Unabhängig von der Intention dieser Ecke, ist das sachlich eigentlich richtig (sofern man überhaupt Urheberschaft und Alter feststellen kann)?

Hätte sich z.B. die johanneische Theologie und Anthropologie
(Joh.-Ev. und der 1. Joh.-Brief) durchgesetzt, hätte sich das
Christentum ganz anders entwickelt.

Kannst Du das in kurzen Worten (oder links) beschreiben?

Gruß
achim

nicht ganz OT
Hallo,

Hätte sich z.B. die johanneische Theologie und Anthropologie
(Joh.-Ev. und der 1. Joh.-Brief) durchgesetzt, hätte sich das
Christentum ganz anders entwickelt.

hier fallen mir spontan die Freimaurerei, die das Johannesevangelium in ihrer Arbeit benutzen, ein sowie das gnostischen Christentum, wie es Z.B. vom Rosenkreuzer Max Heindel vertreten wird. Aber vielleicht irre ich mich ja auch damit.
Gruß
C.

Erbsündenlehre
Hallo,

Dito siehe oben. Einige grundlegende christliche Theologoumena
finden sich in den Evangelien nicht. Das allgemein bekannteste
ist z.B. die Grundlegung dessen, was später von Augustinus als
„Erbsündenlehre“ weiterentwickelt wurde und heute noch in den
größeren christlichen Richtungen Bestand hat…Paulus hat diese
als erster mit dem Adam-Mythos (bzw. Garten-Eden-Mythos)
mittels einer theologisch spekulativen Adam-Jesus-Korrelation
verbunden. Das komplette Theologoumenon „Jesus ist für unsere
Sünden als Kreuz gestorben“ geht darauf zurück. Dessen
Gültigkeit (im Sinne eines von Jesus intendierten
„Erlöser“-Verständnisses) wird aktuell von vielen Seiten recht
heftig bestritten.

Mit dieser Sichtweise könnte ich mich wohl auch nicht anfreunden. Das Thema wurde ja vor einiger Zeit auch hier ausführlich diskutiert. Ich meine aber doch, dass die Evangelien jünger sind als die Briefe, die Paulus geschrieben hat. Heißt das dann nicht, dass die Auffassung „Jesus ist für unsere Sünden am Kreuz gestorben“ sich auch in der frühen Kirche zunächst nicht durchgesetzt hat?

Freundliche Grüße

myrtillus

Servus
Das Wesentliche bei Paulus ist ja vermutlich die mystische Vision, die er hatte, in der Jesus ihm erschien und fragte: „Warum verfolgst du mich?“
Dadurch kam in P.'s Leben der Wechsel vom Christenverfolger Saulus zum geläuterten Paulus zustande.
Nun kann man so ein subjektives Erleben wie eine Vision, Halluzination, Erleuchtung o.ä. naturellement schwerlich objektivieren, sprich: wissenschaftlich, sprich: religionswissenschaftlich auswerten, ohne irgendwie tendenziös zu wirken.

:1. Hat Paulus Jesu Lehre einfach nur in die Welt getragen?
Jeder, der die Lehre eines Anderen in die Welt trägt, bringt seine eigene Färbung mit hinein; siehe z.B. Platon, der über Sokrates berichtet.

  1. Hat er sie weiterentwickelt?

Insofern zwangsläufig (siehe Punkt 1). Aber er hat sie auch in einem weiteren Sinne weiterentwickelt. Wir können vermutlich davon ausgehen, dass Jesus keine neue Religion gründen wollte, sondern die alte jüdische ernst nehmen bzw. erneuern.

  1. Hat er das theologische Fundament des Christentums mit
    Jesus zusammen begründet?

Die Theologen christlicher Provinienz werden da sicherlich zustimmen.

  1. Oder ist er der eigentliche Religionsstifter, der
    wesentliche Elemente der christlichen Lehre erst entwickelt
    hat, von denen Jesus noch gar nichts wusste?

Da betrifft schon Punkt 2. Ich denke, darauf läuft es hinaus.
Gruß,
Branden

Hallo Münzer,

aber ganz bestimmt hätte sich das Christentum anders entwickelt, wenn die johanneische Konzeption sich dutrchgesetzt hätte. Aber die war von Anfang an nicht in der Lage, eine Grundlage für eine größere Gemeinschaft zu werden.

Das Johannesevangelium ist nämlich (ich bin jetzt man ganz vorsichtig) wahrscheinlich eine Schrift für eine sehr kleine Gruppe von Menschen, die sich selber zwar zum Judentum bekennt und Jesus von Nazareth als den Messias bekennt, aber mit der Hauptströmung des Judentums - der sich abzeichnenden Orthodoxie der Rabbinen - in heftiger Gefnerschaft lebt.
Im Joh. ist oft von den „Jehudim“, den Juden, die Rede; damit sind aber oft ganz unterschiedliche Gruppen gemeint, mal die Juden insgesamt, mal die Gegner der Johannesgemeinde. Das muss man von Fall zu Fall mühsam eruieren.

Johannes und seine Gemeinde kennen beispielsweise das Abenmahl nicht, jedenfalls wird es in ihrer Gemeinde nicht gefeiert. Es gibt stattdessen die Fußaschung, die Handlungen der gegenseitigen Solidarität. Darum auch in der Johannesbriefen immer wieder die Mahnung zur brüderlichen Liebe untereinander. So lebt eine „verschworene“ Gemeinschaft, die wenig Wert darauf legt, werbend oder gar missionarisch zu wirken.

Dies nur in aller Kürze, die ausgedehnte Beweisführung würde sehr lange dauern.

Gruß – Rolf

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johanneische Pointen
Hallo Achim,

Aus einer bestimmten Ecke wird ja argumentiert, dass die Paulus zugeschriebenen Schriften die ältesten überhaupt seien (also die zuerst niedergeschriebenen)

Das wird nicht nur „aus bestimmten Ecken“ so gesagt. Daß zumindest die echten Paulusbriefe (1 Thess, 1+2 Kor, Phlm, Phil, Gal, Röm) zu den frühesten Dokumenten der ntl. Textsammlung gehören, ist auch heute noch Konsens unter den Historikern. Anders ist es bei den sog. Deuteropaulinen (Kol, Eph, 2 Thess usw), die aus unbekannten Quellen der Schule des Paulus stammen.Die anderen sog. apostolischen Briefe und der Hebr werden zeitlich dazwischenliegend aufgefaßt.

Die synoptischen Evangelien werden ebenfalls recht spät datiert. Beim Joh.-Ev. spaltet sich (heute immer deutlicher als früher) die Einschätzung der Fachwelt. Einige (z.B. Berger, Ratzinger) datieren es sehr früh, sogar teils als frühestes Dokument (dieser Einschätzung schließe ich mich auch an), zumindest als frühestes unter den Evangelien. Andere setzen es, wie auch in der Spätantike bereits postuliert, als letztes Ev.

  • Paulus sich in seinen ersten Schriften mit „Christus“ befasst, und erst später bezug auf den Menschen „Jesus“ nimmt.

Ich hab davon gehört, aber kann es nicht beurteilen, da ich kein Paulus-Spezialist bin. Die These schient mir auch irgendwie kranpfhaft hergeholt. So wird z.B. der sehr persönliche Philipper-Brief, der wohl aus dem Gefängnis geschrieben wurde und in dem der Mensch Jesus auch thematisiert wird, viel früher angesetzt als Gal und Röm, mit ihren großen christologischen Entwürfen. Vielleicht bezieht sich die These ja auf Unterschiede zu den späteren Briefen aus der Paulus-Schule.

Hätte sich z.B. die johanneische Theologie und Anthropologie (Joh.-Ev. und der 1. Joh.-Brief) durchgesetzt, hätte sich das Christentum ganz anders entwickelt.

Der Autor der johanneischen Literatur hat eine ganz andere Christologie, andere Theologie und andere Anthropologie als alle anderen Autoren. Bei ihm steht die menschliche Souveränität und Entscheidungsfreiheit im Vordergrund, bei ihm spielen Frauen eine herausragende Rolle, er entwickelt als erster eine ausgeprägte Geist-Theologie (mit mehreren unterschiedlichen pneuma-Begriffen), bei ihm ist die kosmologische Rolle des Jesus die, als „Gesandter“ Gottes überhaupt in die Welt gekommen zu sein, und nicht sein Foltertod und die Auferstehung.

Das Liebesgebot (bei ihm ist es ein Auftrag, entolé) wird anders formuliert, so, daß eine entscheidende Nuance zum Vorschein kommt („liebt einander“, statt „liebt den Anderen“) und er koppelt diesen Auftrag (und begründet ihn) durch Analogie mit dem innergöttlichen Dialog („wie ich und der Vater … und ich euch … so ihr mich … und ihr einander“). Und er vermittelt (in seinem ersten Brief 1.Joh. 3.19-20) eine außerordentliche Psychologie, die folgenreicher hätte sein können.

Wie Rolf bereits betont, hat der Autor auch noch nicht die extrem formalisierte Initiationsrede des Communio-Sakramentes (abgesehen davon, daß bei ihm als Einzigem die Datierung des letzten Abendessens, das bei ihm kein Seder ist, zeitlich stimmig ist). Die „wenn ihr nicht mein Fleisch eßt und mein Blut trinkt“-Rede findet vielmehr in einer Diskussion in Kfar Nahum/Kapharnaum statt und nicht in Jerusalem. Sie wird als so provokant erlebt, daß sich sogar viele Schüler von ihm abwenden.

Ein weiterer wichtiger Punkt (den Rolf ebenfalls schon pointiert) ist die Polemik gegen die „Ioudaioi“: Im damaligen (römischen und griechischen) Sprachgebrauch wurden zwar die Einwohner sowohl Judäas, Samarias als auch Galiläas als „Ioudaioi“ bezeichnet, aber Im Gegensatz zu auch späteren folgenreichen Mißinterpretationen sind bei diesem Autor damit an fast allen kritischen Stellen entweder nur die Einwohner Judäas bzw. Jerusalems gemeint, oder vielmehr bei den Streitgesprächen exklusiv die damalige Jerusalemer Führungsschicht der Parishim/Pharisäer und Zadoqim/Saduzäer.
.
Soweit nur ein paar Pointen zu den Unterschieden zwischen dem Joh-Autor und den anderen ntl. Autoren.

Gruß
Metapher

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Auseinandersetzungen

Hallo,

Heißt das dann nicht, dass die Auffassung „Jesus ist für unsere Sünden am Kreuz gestorben“ sich auch in der frühen Kirche zunächst nicht durchgesetzt hat?

So ist es. Nach Auffassung der Kritiker der Sühneopfertheorie enthalten die Evangelien keine Spur davon. Das wundert aber auch nicht. Denn Paulus war nur einer von vielen, die in den frühen Jahrzehnten die Lehre propagierten. Es gab Gemeinden und es gab Auseinandersetzungen über Glaubensinhalte, aber eine zentralistsche Steuerung und Dogmatisierung durch eine Institution gab es noch nicht. Paulus war möglicherweise der rhetorisch Versierteste in der Anfangszeit. Und Petrus bekam seine Führungsposition möglicherweise erst durch die Propaganda der synoptischen Evangelien. Es gab bald Zentren, Alexandria, Antiochien, Ephesus, Jerusalem, später auch Rom, mit wechselnder Kompetenz (und auch Macht, denn die Auseinandersetzungen waren oft extrem heftig, sogar brutal).

Ein besonderes Gewicht kam später ja vor allem den wortgewaltigen Autoren und Rednern zu. Origenes, Irenäus, Augustinus, Hieronymus, Athanasius, Nestorius, Arius, Chrysostomus, Basilius und die beiden Gregors, um nur einige wenige Wortführer der ersten Jahrhunderte zu nennen, waren halt die Kristallisationskeime dessen, was sich dann nach und nach als „die“ christliche Religion ausgestaltete.

Eine dogmatische Zentralisierung (und zwar bei den römischen Bischöfen) gab es letztlich erst, als das Christentum zur römischen Staatsreligion erklärt wurde.

Gruß
Metapher

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. Und Petrus bekam

seine Führungsposition möglicherweise erst durch die Propaganda der synoptischen :Evangelien.

Das glaube ich eher nicht, lieber Metapher, denn Paulus bezeichnet Petrus schon in seinem Brief an die Galater als eine der „Säulen“, und der Brief ist wohl irgendwann zwischen 52 und 55, nach Kümmel 53 oder 54, geschrieben worden, und da war an die synoptischen Evangelien nioch nicht zu denken.

Gruß - Rolf

Standpunkt des Betroffenen

Hallo,

Heißt das dann nicht, dass die Auffassung „Jesus ist für unsere Sünden am Kreuz gestorben“ sich auch in der frühen Kirche zunächst nicht durchgesetzt hat?

So ist es. Nach Auffassung der Kritiker der Sühneopfertheorie
enthalten die Evangelien keine Spur davon.

erstmal vielen Dank für die Antwort. Nun wäre es natürlich interessant zu erfahren, wie Jesus selbst dazu gestanden hat. Wollte er für die Sünden der Menschen sterben? Hat er geglaubt, das sei sein Auftrag? Ich kann mir das kaum vorstellen. Aber was meinen die Experten?

Freundliche Grüße
myrtillus

Hallo

wie seht ihr das theologische Verhältnis zwischen Jesus und Paulus?

Wie die Bibel zeigt war Paulus ein tragender Pfeiler…
Er lehrt ausführlich das Evangelium, die Heilsbotschaft Gottes von Jesus Christus.

  1. Hat Paulus Jesu Lehre einfach nur in die Welt getragen?-

einfach nicht…

  1. Hat er sie weiterentwickelt?

er erkannte den Auftrag und setzte sich verstärkt ein…

  1. Hat er das theologische Fundament des Christentums mit Jesus zusammen begründet?

er verfolgte Christen vorerst sogar…

  1. Oder ist er der eigentliche Religionsstifter, der wesentliche Elemente der christlichen :Lehre erst entwickelt hat, von denen Jesus noch gar nichts wusste?

Und warum sollte Jesus davon nichts wissen?
Paulus
Ein Israelit aus dem Stamm Benjamin; Php 3:5. Eph 1:1; Paulus, Apostel Jesu Christi durch den Willen Gottes, an die Heiligen und Gläubigen in Christus Jesus,…
Apg.21,39 … Paulus sprach: Ich bin ein jüdischer Mann aus Tarsus, Bürger einer nicht unberühmten Stadt in Cilicien. 22:3…
Im Bibelbericht wird Saulus oder Paulus als noch „junger Mann“ beschrieben, zu dessen Füßen falsche Zeugen, die den christlichen Jünger Stephanus steinigten, ihre äußeren Kleider niederlegten (Apg 6:13; 7:58). Paulus stimmte dem Mord an Stephanus zu und startete auch eine große Verfolgungswelle gegen Nachfolger Jesu…
Als er sich Damaskus näherte, offenbarte sich ihm Jesus Christus in einem plötzlich aufleuchtenden Licht und beauftragte ihn, ein Diener und Zeuge der Dinge zu sein, die er gesehen hatte und noch sehen würde.Apg.9.9-…17 Da ging Ananias hin und trat in das Haus; und er legte ihm die Hände auf und sprach: Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir erschienen ist auf der Straße, die du herkamst, damit du wieder sehend wirst und erfüllt wirst mit dem Heiligen Geist! 18 Und sogleich fiel es wie Schuppen von seinen Augen, und er konnte augenblicklich wieder sehen
Paulus wurde so erkannt und erkannte selbst –er begann dann der Leitung des Geistes Gottes zu folgen (Apg 13:2-5;… 9 Saulus aber, der auch Paulus heißt, voll Heiligen Geistes… 16: 9 Und in der Nacht erschien dem Paulus ein Gesicht: Ein mazedonischer Mann stand vor ihm, bat ihn und sprach: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns! 10 Als er aber dieses Gesicht gesehen hatte, waren wir sogleich bestrebt, nach Mazedonien zu ziehen, indem wir daraus schlossen, daß uns der Herr berufen hatte, ihnen das Evangelium zu verkündigen….Schlachter Bibel 2000 speedytwo

Hallo myrtillus,

Nun wäre es natürlich interessant zu erfahren, wie Jesus selbst dazu gestanden hat. Wollte er für die Sünden der Menschen sterben? Hat er geglaubt, das sei sein Auftrag? Ich kann mir das kaum vorstellen. Aber was meinen die Experten?

was Jesus „wirklich“ gedacht, gesagt, geglaubt hat, ist so gut wie gar nicht mehr zu erschließen.
Das Christentum entstand auf seinen Tod und seine Auferstehung (oder das, was seine Jünger nach seinem Tod erlebt haben) hin.

Wir müssen damit leben, dass der christliche Glaube eine Deutung ist, auch eine Deutung der Geschichte Jesu.
Ich denke, man kann sagen, dass er ein jüdischer Wanderprediger war, höchstwahrscheinlich auch, dass er ein Mensch war, der etwas ausgestrahlt hat.
Auch seine Hinrichtung als Aufrührer halte ich für ziemlich sicher historisch.

Alles weitere sind Glaubensaussagen.

Wie ist es mit den Wundern? Konnte Jesus wirklich als Gottes Sohn Naturgesetze außer Kraft setzen? Oder sind es starke symbolhafte Geschichten, die in Worte kleiden, wer und wie Jesus/ Gott für uns ist?

Ich weiß gar nicht, was „mehr“ zählt.

Auch mit seinem Tod ist es nun mal so, dass seine Jünger die Aufgabe hatten, damit irgendwie zurechtzukommen und ihn in ihr Leben einzuordnen.
Nach jedem Tod eines Menschen findet das mehr oder weniger ausgeprägt statt, dass man zurückblickt und fragt, was dieser Mensch für einen selbst bedeutet hat, oft auch dem Tod einen Sinn gibt („Wer weiß, was ihr dadurch erspart geblieben ist“ z.B.).

Ich meine, dass man erwägt, dass Jesus den Titel „Menschensohn“ möglicherweise selbst für sich gebraucht haben könnte.
Wie er seinem Tun und seinem Tod gegenüberstand, ist schlicht und ergreifend nicht zu ermitteln.

Und wir müssen erst wieder lernen, dass mit „Wahrheit“ nicht nur historische, empirische Wahrheit gemeint sein kann, sondern auch so etwas wie „Lebenswahrheit“. Ich glaube, dass das den Menschen in den Entstehungszeiten der biblischen Zeiten geläufig und selbstverständlich war.
Uns ist da etwas verlorengegangen, das wir uns erst wieder erschließen müssen.

Nicht wirklich eine Antwort auf Deine Frage - aber anders geht’s nicht.

Viele Grüße,

Jule

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Hallo,
unten wird ja von mehreren Teilnehmern vertreten, dass Paulus entscheidende neue Elemente zum Christentum beigetragen hat. Das scheint mir sehr plausibel, es bedeutet jedoch, dass Jesus nur eine unvollständige Lehre verkündet hat, in der vieles, was heute im Christentum wichtig ist, noch fehlte.

Wie ist das aber mit der Vorstellung vereinbar, dass Jesus der vollkommene Sohn Gottes sei?

Ich denke gar nicht. Die „aufgeteilte“ Religionsstiftung von Jesus und Paulus (und sicherlich auch weiteren Personen) lässt sich viel plausibler erklären, wenn man die Vorstellung vom unfehlbaren, allwissenden Gottessohn aufgibt und von einem relativ originellen, aber von der griechischen Kultur und Philosophie kaum gebildeten galiäischen Wanderprediger ausgeht, der keine neue Religion, keine Lehre verkünden wollte und dazu auch gar nicht in der Lage war. Und erst nach seinem Tod wurde er dann von Paulus und anderen zum Gottessohn gemacht und in ein jüdisch-griechisch geprägtes theologisches System gesetzt, das man heute Christentum nennt!

Karl

Hallo,

es bedeutet jedoch, dass Jesus nur eine unvollständige Lehre verkündet hat, in der vieles, was heute im Christentum wichtig ist, noch fehlte.

Wie ist das aber mit der Vorstellung vereinbar, dass Jesus der vollkommene Sohn Gottes sei?

Du gehst davon aus, dass es das höchste Ziel Gottes/Jesu gewesen sein muss, ein schlüssig aufgebautes, rationales Lehrsystem zu hinterlassen? Und dass das heutige Christentum dem nahekommt?

Vielleicht haben die andere Prioritäten…

Viele Grüße,

Jule

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Karl, Du machst einen entscheidenden Fehler. Aber sei nicht betrübt, den machen die meisten Menschen, ohne das zu wissen oder zu merken.
Du vermischst die beiden Ebenen oder Kategorien, die des Glaubens und die der Historizität.

Dass Jesus der Sohn Gottes war und ist, kann nur der Glaube sagen; dass er darum allwissend und mächtig wie der Vater ist, sagt ebenfalls der Glaube, und nur er.
Wenn Du also Jesus unterstellst, er habe ein unvollkommenes und unvollständiges Systdem der Religion hinterlassen, dann bewegst Du Dich auf der Ebene der Historie, denn so kann man das mit Fug sehen. Wenn Du dann allerdings seine Göttlichkeit ins Spiel bringst, dann verlässt Du diese Ebene des Faktischen und bringst Elemente des Glaubens in die Kategorie der Wissenschaft. Und das geht nicht nur nicht gut, das ist methodisch sogar verboten!

Gruß - Rolf

2 Like

Lieber Rolf,
nicht ich mache den entscheidenden Fehler sondern du! Aber auch du solltest darüber nicht betrübt sein, denn es ist schwer, sich aus Jahrtausende alten falschen Denkstrukturen zu befreien.

Du nennst das Totschlagargument vieler Christen: „Das muss man eben glauben“. Damit beendet man elegant jede Diskussion, wenn man keine sachlichen Argumente mehr hat und verbietet Denken.

2+2 = 5
Das stimmt, das muss man eben glauben! Jedenfalls in meiner Mathematik, die ich mal schnell zu einer mathematischen Religion mache.

Frauen dürfen in Saudi-Arabien nicht Auto fahren und der Besitz einer Bibel ist dort ein schlimmes Verbrechen. Und das ist richtig so, das muss man eben glauben!

Es gibt bei der Wahrheitsfindung nicht zwei, sondern nur eine einzige Ebene: Die sachliche, logische, wissenschaftliche, rationale Herangehensweise!

Karl

Hallo Jule!

es bedeutet jedoch, dass Jesus nur eine unvollständige Lehre verkündet hat, in der vieles, was heute im Christentum wichtig ist, noch fehlte.

Du gehst davon aus, dass es das höchste Ziel Gottes/Jesu
gewesen sein muss, ein schlüssig aufgebautes, rationales
Lehrsystem zu hinterlassen? Und dass das heutige Christentum
dem nahekommt?

Also das ist exakt das, was die katholische Kirche jahrhundertelang lehrte. Natürlich ist das höchste Ziel die Erlösung des Menschen, aber innerhalb eines Systems, dass in der Tat in sich schlüssig aufgebaut sein möchte und unendlich viele Bestimmungen und „Wahrheiten“ enthält. Und man ist der Meinung, dass alles genau so von Jesus gewollt wurde. angefangen bei dem angeblichen Einsetzen Petri als ersten Papst über Abendmahl, Taufe, Erbsünde, Trinitätslehre usw. usw. bis hin zu einer höchst komplexen Engels-Hierarchie.

Am Jesus-Paulus-Verhältnis finde ich aber etwas ganz anderes interessant: Warum hat der Gottessohn Jesus nur einen Teil der Wahrheit in die Welt gebracht und erst Paulus hat das Vergessene mühsam ergänzen müssen?
Noch mehr zugespitzt könnte man auch sagen, Paulus habe Jesus sogar berichtigt, denn Jesu scheint Frauen und Männer (weitgehend) gleich behandelt zu haben, während Paulus berichtigt, Frauen sollen ihrem Mann gehorchen und im Gottesdienst schweigen…

Das Fazit von Deschner scheint mir sehr plausibel: Paulus kannte Jesus kaum, er hat gewissermaßen sein eigenes Ding gemacht, das mit Jesu Gedanken nur teilweise konform war!

Karl

Hallo Karl,

unten wird ja von mehreren Teilnehmern vertreten, dass Paulus
entscheidende neue Elemente zum Christentum beigetragen hat.
Das scheint mir sehr plausibel, es bedeutet jedoch, dass Jesus
nur eine unvollständige Lehre verkündet hat, in der vieles,
was heute im Christentum wichtig ist, noch fehlte.

Wie ist das aber mit der Vorstellung vereinbar, dass Jesus der
vollkommene Sohn Gottes sei?

wenn wir davon ausgehen, dass die Bibel die Wahrheit sagt,
(und das müssen wir, weil wir keine anderen Belege haben),
dann lesen wir, dass Jesus sagt: "Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen.
Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, wird er euch in alle Wahrheit leiten.
" (Joh.16,12-13)

Und Johannes schreibt: „Es sind noch viele andere Dinge, die Jesus getan hat. Wenn aber eins nach dem andern aufgeschrieben werden sollte, so würde, meine ich, die Welt die Bücher nicht fassen, die zu schreiben wären.“ (Joh.21,25)

Der „Geist der Wahrheit“ kam zu Pfingsten, also nachdem Jesus nicht mehr auf der Erde war. Es hätte ja auch keinen Sinn gehabt, den Jüngern Dinge zu erklären, die erst Generationen später betreffen würden.

Und wenn Paulus sagt „Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk.“ (1.Kor.13,9), darf es uns nicht wundern, wenn je nach auftretenden Problemen wir neue Erkenntnisse bekommen.

Gruss Harald

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Hallo Karl,

Also das ist exakt das, was die katholische Kirche jahrhundertelang lehrte.

dadurch wird es nicht richtig. Und diese Lehre hat meiner Meinung nach eine Riesenmenge kaputtgemacht.

Am Jesus-Paulus-Verhältnis finde ich aber etwas ganz anderes
interessant: Warum hat der Gottessohn Jesus nur einen Teil der
Wahrheit in die Welt gebracht und erst Paulus hat das
Vergessene mühsam ergänzen müssen?

Es könnte ja auch anders sein: Jesus hat eine Wahrheit in die Welt gebracht, die für Menschenhirne nicht einfach zu erfassen ist, weil sie so andersartig ist.
Paulus hat vieles davon in ein menschliches Gedankensystem zu übertragen versucht, aber in dem Wissen, dass „wir diesen Schatz nur in irdenen Gefäßen“ haben.

Jesus war sicher (auf der historischen Ebene jetzt) kein kühler systematischer Denker, auch nicht so gebildet wie Paulus. Eher ein charismatischer Wanderprediger.

Wir (also: Christen) glauben aber an Jesus als Gottessohn, nicht an Paulus. Möglicherweise kommt die göttliche Wahrheit in Jesu Art, zu leben und Menschen anzusprechen, passender in die Welt als in Paulus’ Denken?

Auch wenn der sicher unschätzbare Arbeit darin geleistet hat, Jesu Leben, v.a. seinen Tod und das, was danach geschah, für Menschen irgendwie deutbar zu machen.

Noch mehr zugespitzt könnte man auch sagen, Paulus habe Jesus
sogar berichtigt, denn Jesu scheint Frauen und Männer
(weitgehend) gleich behandelt zu haben, während Paulus
berichtigt, Frauen sollen ihrem Mann gehorchen und im
Gottesdienst schweigen…

…oder verfälscht - er war nun mal ein Mann seiner Zeit. Auch wenn in seinen Briefen immerhin Frauen als Amtsträgerinnen vorkommen.

Das Fazit von Deschner scheint mir sehr plausibel: Paulus
kannte Jesus kaum, er hat gewissermaßen sein eigenes Ding
gemacht, das mit Jesu Gedanken nur teilweise konform war!

Paulus kannte Jesus gar nicht bzw. nur aus seiner Vision - womit die Grenzen des historisch Belegbaren überschritten sein dürften. Und natürlich hat er seine eigenen Gedanken dazu enwickelt, und die dürften nur teilweise damit übereinstimmen, was Jesus selbst dazu gesagt hätte.

Aber: ein christlicher Glaube, also der Glaube an Jesus als Messias, als Sohn Gottes, entstand ziemlich sicher erst nach Jesu Tod. Das Auferstehungsgeschehen - wie auch immer man das deutet - dürfte die Initialzündung gewesen sein. Jesu Leben und Predigen und Heilen war nur ein Teil des Ganzen, erst durch die Auferstehung hat sich seinen Anhängern erschlossen, was Jesus wirklich bedeutete.

Und dieses „wirklich“ entzieht sich einer historischen Überprüfung, auch wenn uns das schwer in den Kopf will. Da sind wir nicht mehr bei „wahr = nachprüfbar geschehen“, sondern da muss sich jeder seine eigene Meinung bilden, wie er das verstehen will und ob er darin für sich eine (Lebens-)Wahrheit findet.

„Ich glaube daran, dass Jesus uns das Leben eröffnet hat (neu, anders eröffnet hat)“ ist etwas anderes als „Ich glaube daran, dass der Postbote hier war“.
Beim Glauben geht es um Lebensdeutung.

Viele Grüße,

Jule