Jesus - Vorbild oder kein Vorbild?

Genau! Was kann der arme Feugenbaum dafür, dass grad keine
Tragezeit ist? Und deshalb in verfluchen!? Wie wenig
christlich!

Mein lieber Fritz,

jetzt wollen wir doch mal wieder sachlich werden, gelle?
Du hast uns zum wer-weiß-wievielten Male um die Ohren gehauen, dass Jesus wenn nicht eine fiktive, so doch eine literarisch gefärbte bis verfälschte Gestalt ist. Und nun nimmst Du auf einmal die Verfluchung des Feigenbaums wörtlich und siehst darin ein verbum ipsissimum?

Da verrätst Du um des Effektes willen Deine Erkenntnis und Deine Überzeugung!

Wenn es sich so verhält, wie Du immer behauptest, dann dürfen, nein: müssen wir in der Geschichte vom Feigenbaum ein Stück der Theologie und Konzeption des Markus sehen. Und die geht ungefähr so:

Jesus ist - mehr oder weniger triumphal, aber jedenfalls auf dem Esel, auf dem Sacharja den Messias reiten lässt - in Jerusalem eingezogen. Deutlicher kann er seinen Anspruch als Messias nicht illustrieren. Nach seinem Einzug geht er in den Tempel und besieht sich alles.

Am nächsten Tag, auf dem Wege von Bethanien zum Tempel, kommt er am Feigenbaum vorbei. (Wir befinden uns immer noch in der messianischen Zeit, die mit seinem Einzug in Jerusalem angebrochen ist.) Die Erde bringt die Frucht hervor, bis die Zeit der Ernte gekommen sein wird. Viele Gleichnisse Jesu handeln davon; auch bei den alten Propheten ist die Zeit des Messias eine Zeit der Fülle von Korn und Wein etc.

Aber nun erkennt der Feigenbaum Jesus nicht als Messias an oder meint, die messianische Zeit sei noch nicht gekommen - er verweigert die Frucht (Dabei ist es egal, ob es die Zeit der Feigen ist: Wenn der Messias kommt, ist die Zeit der Frucht und der Fülle!) und Jesus kann die Anerkennung nicht erzwingen.

Nun hat Jesus zwei Möglichkeiten: Er verzichtet auf seinen Anspruch (und verzichtet damit auch auf den Anspruch der Befreiung Israels, wie auch immer die hier gedacht sein mag) oder er erhält den Anspruch aufrecht um den Preis, dass dieser Feigenbaum dann aus dem Wirkungsbereich des Messias ausgeschlossen ist. Jesus entscheidet sich für Israel. Der Feigenbaum verdorrt und wird bis ans Ende der Tage keine Feige mehr hervorbringen.

Das ist der Sinn der Geschichte.
Und Jesus ein „wenig christliches Verhalten“ vorzuwerfen (wo er doch gar kein Christentum und keine Kirche und so wollte!), ist doch ein arg unhistorisches Verständnis!

Gruß - Rolf

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