sacrare = u.a. Fluch aussprechen
Hallo Ralf,
die Zufälligkeit einer Randbemerkung und der nicht übermäßige wirkliche Wissensanspruch der Örtlichkeit motiviert mich jetzt wenig, zu der Frage eine Seminararbeit zu hinterlassen. Ich hab auch irgendwo in diesem Brett einige Ausführungen über „sanctus, sacer, fanum“ bzw „hieros, hagios, hagnos“, finde sie bloß grad nicht.
Aber ich dachte, es doch mit diesem Artikel
/t/jesus-vorbild-oder-kein-vorbild/4597257/77
und den Ausführungen über „fascinosum“
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
hinreichend erklärt zu haben.
Nein, nicht alle lateinischen religionssprachlichen Termini sind christlich verfärbt. Und das „Fluchen“ schon erst recht nicht, weil das gar kein christl. Terminus ist. Soll heißen, es gibt gar keine genuin christl. religiösen Handlungen, auf die das zutrifft. Nur die positive Form ist in den christlichen Sprachschatz übergegangen: Im „konsekrieren“ des Brotes. Bannsprüche allgemeinerer Art, wie in den Konzilien belegt ("… der soll ausgeschlossen sein") gibt es natürlich, aber dafür wird nicht „sacrare“ verwendet.
Und dämonologische Praktiken (wie Exorzismus), die es ja, wie wir wissen, ulkigerweise noch immer gibt, liegen keine genuin christlichen Konnotationen vor, sie sind alle von nichtchristlichen Quellen übernommen - incl. Vokabular.
Und tatsächlich ist „sacrare“ = „heiligen“ mitsamt der Ambivalenzstruktur zu lesen. Es ist auch vorchristlich sowohl positiv gebraucht worden als auch als Aussprechen eines Fluches. Es gibt, wie bereits hier im Thread erwähnt (ein Schlaumeier hielt das für einen Witz), tatsächlich ein Beispiel eines klassischen Fluches nach babylonisch/vorderasiatischem Muster, als Handlung Jesu präsentiert (der Feigenbaum in Mt 21 und Mk 11).
Der hat dann die Form
„Du wirst … immer/nie mehr … sein …“ oder
„Du sollst … immer/nie mehr … sein …“
In diese Daseinsform wird der oder das Betroffene dadurch „gebannt“.
Und diese Handlung wird auch in römischen magischen Praktiken als „sacrare“ bezeichnet. Die reine Sprachform ist übrigens „fari“, zu der ich im oben verlinkten Artikel etwas schrieb. Ich habe jetzt leider nicht die Zeit, nach Beispielen zu suchen.
Grüße
Metapher