Die Mehrheit hat nicht immer Recht. Das ist ein grundlegendes
Dilemma der Demokratie. Dabei geht es nicht unbedingt um
Recht, sondern im Interessen oder Meinungen. Die Mehrheit der
Bevölkerung hat keinen Hochschulabschluss, die Mehrheit der
Bevölkerung liest die Zeitung mit den vielen Bildern, die
Mehrheit der Bevölkerung ist heterosexuell und die Mehrheit
der Bevölkerung wählt eine Partei. Die Minderheit hat sie eben
nicht gewählt. Wahre Demokratie bedeutet die Minderheit in
ihren Interessen auch wahr und ernst zu nehmen.
Ich stimme dir da mehr oder weniger zu.
Dieses Dilemma ist in vielen Fällen nicht zu lösen und dann braucht man eine Mehrheitslösung, weil es anders nicht weiter geht (allgemein gesprochen, unabhängig vom aktuellen Fall).
Die weitere Frage ist: wie groß muss eine Minderheit mindestens sein, deren Interessen man wahrnehmen soll?
Hätte es (nur als Beispiel!) in Stuttgart vielleicht 10 oder auch 100 Demonstranten gegeben, hätte man deren Interessen einbeziehen müssen?
Wie viele Sympathisanten hat Wikileaks? Dass es sich um eine Minderheit handelt, halte ich für sehr wahrscheinlich. Aber wie groß ist sie?
Hier in Berlin ist (auch ohne die Unterstützung von Wikileaks)
Dokumente zu Tage gekommen, aus denen ersichtlich sind, dass
bereits vor der Planung des Großflughafens bewusst war, welche
erheblichen Konsequenzen es für die Bevölkerung im Umland hat.
Es ist eine MINDERHEIT, die gegen den Flughafen demonstrieren.
Das ist verständlich, denn der MEHRHEIT betrifft es nicht. Es
wäre einzig ein wirtschaftlicher Schaden, wenn das Projekt
gestoppt würde - ähnlich wie bei S21.
Ok. Da Deutschland ein recht dicht besiedeltes Land ist, in dem darüber hinaus ständig gegen Projekte dieser oder ähnlicher Art und Größenordnung demonstriert und protestiert wird, müssen wir uns also in Zukunft von derartigen Projekten verabschieden.
Habe ich dich da richtig verstanden?
Die Frage wiederum: wie weit soll Minderheitenschutz gehen?
Ähnlich verhält es sich auch bei Wikileaks. Es wird
veröffentlicht, was die für richtig halten, ohne Rücksicht auf
berechtigte Interessen anderer und vor allem ohne jegliche
Legitimation.
Wikileaks zensiert auch, wenn sie das nicht tun würden, wäre
der Rezipient vermutlich überfordert und die entsprechenden
Stellen vermutlich mit einem Messer im Maul zu allem bereit.
Wikileaks kann nicht zensieren. Zensur ist die Maßnahme eines Staates.
Es ist ein kluger Kompromiss. Ich brauche keine Legitimation
Filme zu veröffentlichen, die Kriegsverbrechen aufdecken - nur
verdammt viel Mut.
Mit Demokratie hat das nichts zu tun.
Darüber muss ich noch nachdenken. Meinungs- und Pressefreiheit
sind jedenfalls in der Demokratie fest verankert.
Ja, aber in Bezug auf welche Daten und Aussagen? Da gibt es zu Recht ziemlich starke Einschränkungen.
Gruß TL