Jungfräulicher Regen

Hi,

Dass ein GLAUBE Berge versetzen kann, ist bekannt. Ich könnte auch an die Jungfrau glauben…

Alle vier Jahre feiert die Insel die Jungfrau ganz groß, die vier Wochen lang herum getragen wird, auf einer Holzbahre. Die Jungfrau ist eine aus Holz geschnitzte Figur, die farbig angemalt ist. Da die Bahre, auf der die Skulptur steht, nur wenigen Trägern Platz bietet, gibt es regelmäßig Streit, weil sich alle darum bemühen, die Jungfrau tragen zu dürfen. Und es gibt auch regelmäßig Streit darüber, wie „lange“ eine Gruppe die Jungfrau tragen darf, denn keine Gruppe will loslassen. Und in diesen manchmal sogar handgreiflichen Streit, mischt dann auch mal der Bürgermeister kräftig mit, der ebenfalls Fausthiebe austeilt.

Der Ursprung dieses Glaubens liegt weit über vierhundert Jahre zurück. Die Besatzung eines Schiffes, das vor der Insel in Seenot geriet, schenkte den Einheimischen zum Dank für ihre Hilfe ein Standbild. Dieses Standbild wurde Jahrzehnte lang in einer Hölle versteckt und von den Schäfern der Vulkan-Berge heimlich verehrt, aber dann passierte was Spektakuläres:

„Im Jahre 1740, während einer langen Trockenheit, brachten Schäfer die Virgen (Jungfrau) aus lauter Verzweiflung in die Kirche von Valverde (Hauptstadt der Insel), um sie dort um Hilfe zu bitten. Die Obrigkeit war zunächst dagegen, man hatte schon zu viele Götzenbilder vergeblich angefleht. Etwa zu dieser Zeit begann es zu regnen und dies bewahrte die Insel vor einer Katastrophe.“

Seit dieser Zeit gibt es also bis heute den Kult der Jungfrau, von dem die Einheimischen hip und weg sind. Ja es ist ein Art ekstatischer Rausch, je mehr sie trommeln, tanzen und beten, desto eher erhoffen sie Regen.

Also ist der GLAUBE eine psychologische Kraft?! (Man stelle sich vor, die Jungfrau spreizt vor Erregung der Gebete ihre Beine und aus ihrer jungfräulichen Vagina, in der noch nie ein männliches Genital herumgewerkelt hat, spritzt der göttliche Saft auf die Insel als Regen).

Man könnte meinen: Ja, das sind Buschneger, das glaubt doch heute kein moderner Mensch, aber weit gefehlt! Denn auch reiche Geschäftsleute glauben daran. Und als ich bei einer Zahnärztin in der Hauptstadt Valverde angemeldet war, staunte ich nicht schlecht, als auf ihrem Schild zu lesen stand: „Zahnklinik der Jungfrau Maria“ (Die Dame kam extra aus Teneriffa herüber geflogen, wo sie noch eine andere Praxis hatte, eine ausgesprochen supermoderne wunderschöne junge Frau, mit blauen Augen, was in Spanien höchst selten ist… und diese promovierte Ärztin IDENTIFIZIERTE sich in ihrer ganzen Weltanschauung mit diesem GLAUBEN).

Warum WIRKT ein religiöser GLAUBE überhaupt in der Masse (psychologisch gesehen) und welcher Unterschied besteht zum GLAUBEN an die Wissenschaft???

Gruß
C.

Hallo Claus,

der

Unterschied

liegt in der Verifizierbarkeit. Dass die Jungfrau (oder ihre Statue oder der Glaube daran oder…oder…oder) mit dem Regen zu tun hat, kann nicht „festgestellt“ werden; dass z. B. eine Wolke mehr mit dem Regen zu tun hat, ist ein Glaube nicht nur an etwas Häufiges, sondern auch an etwas „Untersuchtes“.

D. h. ich habe X mal Y mal Z Anhaltspunkte, die mir den Zusammenhang zwischen Wolke und Regen plausibel machen, ich habe aber kaum Anhaltspunkte (ausser dem Glauben selbst), die mir den Zusammenhang zwischen Jungfrau und Regen oder auch Jesus und der Heilung des Gelähmten plausibel machen. Und weil das nicht plausibel ist, aber doch in einen Zusammenhang gestellt wird (z. B. dass Jesus dem Lahmen gesagt hat: „Steh auf.“) spricht man von einem Wunder.

Dass die Masse darauf eingeht, liegt daran, dass der Mensch sich nach Wundern sehnt. Wer möchte nicht, dass endlich die Lahmen gehen (oder die Durstigen Wasser bekommen usw.)

Gruss
Mike

Hallo,

ich war auch schon am alten Ende der Welt.

Wenn die Zahnärztin von Teneriffa nach El Hierro kommt, ist das so, als wenn ein Stuttgarter zu seiner Verwandtschaft auf die Schwäbische Alb kommt.
Von der Zivilisation ins gedankliche Mittelalter.
Um sich in die soziale Struktur einzuordnen, wird sie nicht unbedingt gegen alles anstänkern, was da so an Prozessionen abgehalten und Unfug erzählt wird.
Also ist mit Vorsicht zu genießen, wie sie sich auf El Hierro gibt.

Die Wurzel des sogenannten „Glaubens“ ist immer nur eines: Angst.
Angst vor dem Tod und Angst vor „den Leuten“.

Hinzu kommt, dass der Mensch lieber eine begreifbare Lüge glaubt als eine wissenschaftliche Erklärung, die er nicht kapiert.
Und noch weniger akzeptiert der Mensch, dass es manchmal eben noch keine Erklärung gibt. Eine „Erklärung“ muss her! Also wurden halt Götter erfunden.

Maria ist übrigens nicht die erste „jungfräuliche“ Göttin (den Rang einer Göttin hat sie praktisch). Auch Buddha soll jungfräulich geboren worden sein, und die karthagische Schutzgöttin Tanit war jungfräuliche Mutter von etwa siebzig göttlichen Kindern …

Es gibt sicher noch viele andere Beispiele, wenn man im Sand der Mythologien gräbt.

Gruß

Fax

Hi Mike,

das mit dem Wunsch der Lahmen mag ja sein. Aber wie ist es mit dem Fräulein Doktor aus Teneriffa, die ihre Praxis hier auf der Insel „Zahnklinik der Jungfrau Maria“ nennt? Was ist mit den GESUNDEN, die nicht lahmen? Ein reicher Geschäftsmann schlägt in tiefster Inbrunst die Trommel und die Bürgermeister raufen sich, um die Jungfrau zu tragen!?

Da geht es um sehr viel mehr als nur um den Gegensatz von Religion und Wissenschaft, denn warum bringt sich zum Beispiel ein Mann wie „Atta“ selber um für seinen GLAUBEN, obwohl er ein wissenschaftliches Studium absolvierte, das bestimmt eines der rationalsten ist, nämlich als Ingenieur???

Der Kampf zwischen Religion und Wissenschaft um den rechten Glauben ist solange unbefriedigend, solange die Frage nach der IDENTITÄT unbewusst ist. Das hängt ganz wesentlich mit dem Problem der „Qualia“ (siehe Wikipedia) zusammen!!!

Gruß
C.

Sapor
Hallo Claus,

den Fall

Atta

kenne ich nicht, bei den andern ist es das Mitgefühl mit dem Lahmen. Ich möchte doch auch seine Heilung, wenn ich selber gehen kann.

Zahnklinik der Jungfrau Maria

Es gibt auch Leute, die ihren Sohn Elvis taufen: „Geschmackssache“.

Qualia

halte ich für eine Frage der Assoziation, darum für religiöse Verhaltensweisen nicht näher heranzuziehen als für Geschmackssachen.

Seit dieser Zeit gibt es also bis heute den Kult der Jungfrau,
von dem die Einheimischen hip und weg sind. Ja es ist ein Art
ekstatischer Rausch, je mehr sie trommeln, tanzen und beten,
desto eher erhoffen sie Regen.

Also ist der GLAUBE eine psychologische Kraft?!

A so a Schmarrn. Geh weida!

Dass des ned hinhaut, des woasma jetzt scho seit mittlerweile 42 Johr.
http://www.youtube.com/watch?v=2Ft2ACHUl0k&feature=r…
Guad möglich allerdings, dass es zu dem Zeitpunkt bei dem Festival do gar koane Jungfraun mehr gebm hoad.

Da Hans

Ur-Bayer in Woodstock?
Hi Hans,

A so a Schmarrn. Geh weida!

Dass es in Bayern auch Hippies gab, ist mir bekannt. Zu der Zeit war ich in München und habe gegenüber vom berüchtigten „Fasaneriehof“ gewohnt, wo sich die geilsten Hippies von München trafen und jeder Typ noch wildere Haare haben wollte, um den vermeintlichen „Jungfrauen“ zu gefallen.

Gruß
C.

1 Like

Grenze der Wissenschaft?
Hi Mike,

der Vorteil des GLAUBENS auf der Insel El Hierro am Ende der Welt, ist der, dass die Jungfrau es aus der tiefsten Reinheit ihrer unbefleckten Vagina jederzeit regnen lassen kann, wenn sie WILL. Aber sie hat ein weißes langes Kleid an, das sie zuerst hochheben muss. Hat die Jungfrau eine Unterhose an oder ist sie nackend darunter? Oder muss sie zuerst die Unterhose ausziehen? Es gibt allerdings auch Unterhosen mit Schlitz, zum Beispiel von Beate Uhse…

Die Wissenschaft kann es nicht regnen lassen, wenn sie will, das ist ihre GRENZE. Auch wenn die Wissenschaft eine „logische“ Erklärung des Regens parat hat, interessiert das keine wilde Sau, wenn die GLÄUBIGEN vier Wochen lang mit ihrem angemalten Holzprügel auf der ganzen Insel umeinander laufen.

Im Übrigen haben die GLÄUBIGEN des Jungfrauen-Kults ja auch eine „logische“ Erklärung der Kausalität. Denn je mehr die GLÄUBIGEN in tiefster Inbrunst trommeln, flöten, singen, beten und tanzen (verkleidet in weißen und roten Kostümen), desto mehr wird die Jungfrau stimuliert, bis sie ENDLICH ihre Beine spreizt und es regnen lässt - das kann die Wissenschaft nicht, obwohl sie seit langem VERSUCHT das Klima zu beeinflussen, bisher erfolglos.

Ob ich GLAUBE, dass es eine Grenze für die Wissenschaft gibt? Als ein von der Wissenschaft aufgeklärter Mensch GLAUBE ich das nicht, d. h. es gibt KEINE Grenze. Allerdings gibt es Grenzen durch die MORAL der Politik und des Volkes. Aktuelles Beispiel: Obamah und die Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko, wo das Volk den Präsidenten ZWINGT, die Regeln zu verschärfen, was auch für die Finanzmärkte und die Genmanipulation usw. möglich ist.

Deine Sicht, die Religion von den Lahmen und Bedürftigen dieser Welt aus zu erklären, ist wahrscheinlich viel zu oberflächlich, denn das erklärt nicht den Ursprung des religiösen GLAUBENS, wie z. B. den Totemismus, der bei allen Naturvölkern existiert.

Hier bin ich der Meinung, dass der religiöse GLAUBE genauso wie der wissenschaftliche GLAUBE durch die Erforschung der „Qualia“ verstehbar wird, und zwar durch die Frage um das „innere“ Identitätsgefühl von Lebewesen. Ein spezielles Beispiel ist die Frage des amerikanischen Philosophen Prof. Thomas Nagel: „Wie fühlt es sich an, eine Fledermaus zu sein?“

Gruß
C.

Hallo,

Dass ein GLAUBE Berge versetzen kann, ist bekannt. Ich könnte
auch an die Jungfrau glauben…

Wie war das letztenz?
Wurde da nicht schon mal festgestellt: „Sprichwörter sind Muckefuck“.
Zumindest, wenn man diese ständig völlig unreflektiert punbliziert.

Seit dieser Zeit gibt es also bis heute den Kult der Jungfrau,
von dem die Einheimischen hip und weg sind.

Und hier laufen die Einheimischen dem evangelischen Glauben hinterher,
zum großen Teil nur, um dazu zu gehören.

Ja es ist ein Art ekstatischer Rausch,

Und was hat das mit religösem Glauben zu tun?
Beim Karneval oder Loveparade ist es vielerorts nicht anders .

Also ist der GLAUBE eine psychologische Kraft?!

Welch eine Erkenntnis.

Man könnte meinen: Ja, das sind Buschneger, das glaubt doch
heute kein moderner Mensch, aber weit gefehlt! Denn auch
reiche Geschäftsleute glauben daran.

Welch eine erstaunliche Erkenntnis.
Wo hat man schon gesehen, das Glauben und Geschäft sich ausschließen?
Die größten Verbrecher waren und sind in irgend einer Weise religös gläubig.

Und als ich bei einer
Zahnärztin in der Hauptstadt Valverde angemeldet war, staunte
ich nicht schlecht, als auf ihrem Schild zu lesen stand:
„Zahnklinik der Jungfrau Maria“ (Die Dame kam extra aus
Teneriffa herüber geflogen, wo sie noch eine andere Praxis
hatte, eine ausgesprochen supermoderne wunderschöne junge
Frau, mit blauen Augen, was in Spanien höchst selten ist…

So so, also wenn die blaunen Augen nicht jegliche Religösität
ausschließen, dann wiß ich auch nicht.
Ansonsten wäre dir wohl blöd, es anders zu machen, bei der Klientel.
Das wäre fast so, als ob sich in Garmisch ein Koranhändler nieder ließe.

und diese promovierte Ärztin IDENTIFIZIERTE sich in ihrer
ganzen Weltanschauung mit diesem GLAUBEN).

Aha. Schon klar.

und welcher Unterschied besteht zum GLAUBEN an die Wissenschaft???

Solange du nicht mal die unterschiedlichen Wortbedeutungen des
Wortes „Glauben“ unterscheiden kannst, werden nur Wortspielereien
ohne Sinn raus kommen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Glauben
Religöser Glaube hat nix mit Wissenschaft zu tun und
Glauben im Sinne der Annahme von Wahrheitsgehalt hat rein gar nix mit
Religion zu tun.
Gruß Uwi

Hallo,

der Vorteil des GLAUBENS auf der Insel El Hierro am Ende der
Welt, ist der, dass die Jungfrau es aus der tiefsten Reinheit
ihrer unbefleckten Vagina jederzeit regnen lassen kann, wenn
sie WILL.

Blödsinn.

Klar, wenn es nach 4 Wochen trommeln und beten immer noch nicht
regnet, dann hat die Jungfrau eben nicht gewollt.

Die Wissenschaft kann es nicht regnen lassen, wenn sie will,
das ist ihre GRENZE.

Und der Unterschied ist genau der, das die Wissenschaft es klar sagt.
Oder die Wissenschaft kann es regnen lasen und dann sagt sie, wo und
wie und mit welcher Wahrscheinlichkeit das klappt.

Auch wenn die Wissenschaft eine
„logische“ Erklärung des Regens parat hat, interessiert das
keine wilde Sau, wenn die GLÄUBIGEN vier Wochen lang mit ihrem
angemalten Holzprügel auf der ganzen Insel umeinander laufen.

Und irgend wann regnet es dann, oder?

Du bist doch Sprichwort-Fan:
„Die meisten Probleme erledigen sich durch liegen lassen von selbst“.
Regnen lassen ist so ein Problem.

Im Übrigen haben die GLÄUBIGEN des Jungfrauen-Kults ja auch
eine „logische“ Erklärung der Kausalität. Denn je mehr die
GLÄUBIGEN in tiefster Inbrunst trommeln, flöten, singen, beten
und tanzen (verkleidet in weißen und roten Kostümen), desto
mehr wird die Jungfrau stimuliert, bis sie ENDLICH ihre Beine
spreizt und es regnen lässt - das kann die Wissenschaft nicht,
obwohl sie seit langem VERSUCHT das Klima zu beeinflussen,
bisher erfolglos.

Auch den kleinen Unterschied zwischen Wetter und Klima muss man
natürlich nicht weiter achten.

Ob ich GLAUBE, dass es eine Grenze für die Wissenschaft gibt?
Als ein von der Wissenschaft aufgeklärter Mensch GLAUBE ich
das nicht,

Dann bist du wohl „Wissenschaftsgläubiger“? So was kann es wohl auch geben.
Hat aber mit Wissenschaft und vor allem mit Aufklärung nix zu tun.

d. h. es gibt KEINE Grenze.

Wissenschaftler denken da grundsätzlich anders.
Die definieren ganz klar die Grenzen der Wissenschaft.

Hier bin ich der Meinung, dass der religiöse GLAUBE genauso
wie der wissenschaftliche GLAUBE

„wissenschaftlicher GLAUBE“? im Sinne von relig. GLAUBEN?
Das ist immer wieder nur Humbug.
Gruß Uwi

Hallo Uwi,

Glauben im Sinne der Annahme von Wahrheitsgehalt hat rein gar
nix

Das Christentum und insbesondere die katholische Theologie sieht das diametral umgekehrt, ebenso die von diesen vertretene Philosophie.

Der Glaube der (christlichen) Religion ist die bewusst-willentliche (nicht alternativlose aber ihren Trägern vernünftig einleuchtende) Annahme von Wahrheitsgehalt.

Gruss
Mike

Nur zum Teil einleuchtend
Hallo Uwi,

Regnen lassen

vielleicht ist der Hinweis auf das biblische Buch 1 Kön, Kapitel 17 und 18 hilfreich, es geht da um die Geschichte des Propheten Elija. Dieser sagt eine dreieinhalbjährige Dürre voraus, welche dann auch eintritt, und soll anschliessend „den Herrn um Regen bitten“ (man beachte: nicht etwa selber Regen machen). Selbst von Gott heisst es dann nicht etwa „Regen machen“ sondern „regnen lassen“. (1 Kön 17,14)

Humbug

Selbst der Glaube an wissenschaftlich Bewährtes (2x2 Äpfel in den Keller gelegt und vier gefunden) trifft nicht immer zu (vgl. die Ausserkraftsetzung der Mechanik in der Makro- und Mikrowelt). Natürlich wird durch solche Relativierung der Wissenschaftsglaube nicht sicherer, sondern unsicherer, jedoch zeigt er sich deutlich

SPRACHSPIEL
Hi Mike,

Wissenschaftler müssen sich zuerst einmal mit ihrem Fachgebiet IDENTIFIZIERTEN, das heißt sie müssen an den Sinn ihres Tuns GLAUBEN. Und wenn sich dann alle übrigen Menschen von den Ideen der Wissenschaftler ÜBERZEUGEN lassen, müssen sie das doch ebenfalls GLAUBEN?!

Dass die Wissenschaft sich durch Falsifizierbarkeit und nachprüfbare Experimente vom religiösen GLAUBEN in Methode und Inhalt wesentlich unterscheidet, ist selbstverständlich. Trotzdem bin ich überzeugt, dass die „Qualia“ eine innere Erklärungsmöglichkeit für beide Seiten enthält.

Stellt dir vor, du bist eine Fledermaus, wie würdest du dich fühlen? Stell dir vor, du wärst ein weltberühmter Wissenschaftler, wie würde es sich anfühlen so ein anderer Mensch mit diesem SELBSTGEFÜHL zu sein? Weiter: Stell dir vor, du wärst Sokrates, Buddha und Jesus Christus und fühltest in dir ein starkes Verlangen, deine Erkenntnisse nicht nur im Stillen vor dich hin zu schwätzen, sondern deine Ideen in die ÖFFENTLICHKEIT zu bringen, wie würdest du dich fühlen? Oder stell dir vor, du seist Luther und wolltest die Macht der päpstlichen Dogmen in Frage stellen, wie FÜHLT es sich an, so eine IDENTITÄT zu besitzen?

Diese Beispiele kannst du unendlich fortsetzen und sowohl mit allen lebenden Menschen als auch mit allen toten Menschen SPIELEN, mit denen du dich IDENTIFIZIEREN willst sowie mit Tieren, Pflanzen und Steinen, wobei du wahrscheinlich als Stein am wenigsten ein Selbstgefühl hättest!

Aber vergiss dieses SPRACHSPIEL, das ich mir spontan „unlogisch“ ausgedacht habe, es ist UNWISSENSCHAFTLICH!!!

Gruß
C.

Kleider machen Leute
Hallo Claus,

ein altes Wort sagt „es kommt nicht auf die Hose an, sondern auf das Herz, das darin schlägt“. Wenn ich mir eine Fledermaus vorstelle, ist das natürlich nicht das Gleiche, wie wenn ich eine bin; die Frage ist, ob ich den nötigen Mut habe, mich definitiv und ein Stückweit irreversibel in eine hineinzuversetzen.

Meine Grundannahme ist nun, dass die spanische Frau, die blaue Augen hat und Zahnärztin geworden ist, ihre Identität (ja natürlich, um diese geht es auch meiner Ansicht nach) nicht grossenteils auf solche rationale Ausweglosigkeiten abstellt als wie statt dessen auf wissenschaftlich überprüfbare Erkenntnisse; würde sie allerdings zu den Wurzeln gehen und ihren Glauben reflektieren bzw. analysieren, könnte sie auf ein vertretbares Gesamtbild gelangen, das für sie stimmt und für andere nachvollziehbar würde - selbst wenn wir a priori darüber gelächelt haben sollten. Der „Zipfel“ von Europa wird dann plötzlich zum Nabel der Welt und dies nicht nur, weil wir die Dame im Vergrösserungsglas betrachten (wobei ich mal hoffe, sie nimmt es uns nicht übel). Sondern der Teil unseres Lebens, der auf das Nichteigene und zugleich Mächtigere verweist, wird uns nicht besser vorkommen als die schlichte hölzerne Statue einer sog. „Jungfrau“.

Gruss
Mike

Wahrhaftigkeit
Hallo,

Der Glaube der (christlichen) Religion ist die
bewusst-willentliche (nicht alternativlose aber ihren Trägern
vernünftig einleuchtende) Annahme von Wahrheitsgehalt.

ja gut, diesen Einspruch muss ich mir wegen unklarer Formulierung
gefallen lassen :frowning:

Um etwas als Wahrhaftig annehmen zu zu können braucht man keine
Voraussetzungen, also geht das mit und ohne Religion oder Wissenschaft.
Das geht auch rein auf Basis eigener Erfahrung aus dem täglichen Leben.
Was jemand als wahrhaftig annimmt, wird jeder ganz allein für sich
entscheiden müssen.
Natürlich kann man auch religiöse Postulate für sich als wahrhaftig
annehmen. Man kann natürlich auch alles als wahrhaftig annehmen,
was man träumt oder was irgend wo geschrieben steht oder was irgend
jemand erzählt.

Wenn man sich aber gewisse Selbstbeschränkungen z.B. in Form der
Anerkennung wissenschaftlicher Methodik zur Kontrolle von
Wahrhaftigkeit auferlegt, dann sieht es schon etwas anders aus.
Gruß uwi

Konkurrenz der Vorbilder
Hi Mike,

auf das Nichteigene und zugleich Mächtigere
verweist, wird uns nicht besser vorkommen als die schlichte
hölzerne Statue einer sog. „Jungfrau“.

Das bezweifle ich sehr, weil der Unterschied meines Erachtens darin liegt, sich solche VORBILDER zu suchen, die eine größere AUTONOMIE ermöglichen.

Und das tut der GLAUBE an die Jungfrau Maria eben nicht im gleichen Maße, wie Vorbilder, die eigene BOTSCHAFTEN vermitteln zur Lebenshilfe, an denen man partizipieren kann. Die aus Holz geschnitzte Figur ist ein TOTEM: das ist der wesentliche Unterscheid meines Erachtens.

Ich will als überzeugter Pragmatist ein VORBILD, den Amerikaner Prof. William James, seines Zeichens Philosoph und Psychologe an der Elite-Universität Harvard, bemühen: „Geniale EINZELMENSCHEN weisen den Weg und dienen als VORBILDER, die von den normalen Menschen… übernommen… werden. Die Konkurrenz der VORBILDER ist die Geschichte der Welt.“

Gruß
C.

Hallo Uwi,

womit allerdings der Wiki-Artikel in Zweifel gezogen ist.

Glauben ist eben Glauben, mit vielen Facetten, aber ohne strikte Aufteilung.

Gruss
Mike

Warum nicht genauer hinschauen
Hallo Claus,

und warum soll im angeblichen „Totem“ nicht ein geniales, gutes und grosses Vorbild stecken? Nehmen wir an, die Dame (samt ihren vielen Geschwistern und Genossen) beginnt, auf das Totem, seine Herkunft, seinen tieferen Sinn und seine vielfältige Aufgabe zu reflektieren und meditieren. Steckt dann hinter der Jungfrau nicht zum Beispiel eine Philosophie bzw. Psychologie?

Gruss
Mike

Hi Mike,

Totem, seine Herkunft, seinen tieferen Sinn und seine
vielfältige Aufgabe

Natürlich hat das TOTEM eine nützliche Aufgabe, aber tiefer gesehen sicher nicht nur den „Lahmen“ zu helfen, sondern in erster Linie den GESUNDEN.

Das TOTEM war der Nutzen zur IDENTITÄT einer Gruppe, einer Sippe, eines Stammes (und das gilt für die Einheimischen auch auf der Insel El Hierro, wo die „Jungfrau“ zur Identität und zum Selbstwertgefühl eine wichtige Rolle spielt. Wenn ich zum Beispiel alle paar Jahre ein neues T-Shirt brauche, muss ich lange herumsuchen, um ein T-Shirt zu finden, auf dem NICHT die „Jungfrau“ aufgedruckt ist).

Das TOTEM war früher im Streit mit anderen Gruppen, Sippen und Stämmen sowohl eine primitive Art von kollektiver Philosophie als auch Psychologie des ÜBERLEBENS!!!

Gruß
C.

Drei Fragen zur Toleranz
Hallo Claus,

nicht nur das Totem, sondern die Gruppenzugehörigkeit überhaupt ist ein Grund für das Überleben.

Die Frage ist, inwiefern es nur um das Überleben des Einzelnen geht und inwiefern um das Überleben einer Idee. Diese Frage kann in der Praxis sehr unterschiedlich beantwortet werden, z. B. so, dass der eine die Gruppe nicht besonders mag aber trotzdem für sie zu sterben hat (bspw. wegen Gruppendruck), oder aber auch so, dass der andere die Gruppe heiss liebt und jederzeit für sie sterben würde; wieder andere verlassen die Gruppe dann, wenn ihr Leben bedroht ist oder suchen sie dann auf, wenn sie das Leben schützt.

Als Fremder stehst Du natürlich vor der brennenden Frage, inwiefern es richtig wäre, dazuzugehören. Um diese Frage beantworten zu können, brauchst Du schon Massstäbe, die Dir Deine tiefere Identität nennen.

Wenn nun Dein Massstab gerade darin besteht, dass es nicht um das Überleben gehen dürfe, und wenn zugleich die Gruppe sich in einer relativ friedlichen Zeit befindet und auch nicht vom Überleben spricht, dann stellt sich Dir als nächstes die Frage der Vereinnahmung. Wie stellst Du sicher, dass die Gruppe nicht doch eines Tages so stark wird, dass es um das Überleben geht; oder wie stellst Du sicher, dass es vernünftige Alternativen zur Gruppe gibt.

Schlussendlich stehst Du noch vor der Frage der Reflexion. Angenommen, eine Gruppe (mit oder ohne Überleben usw.) ist Deinen Massstäben sympathisch in ihrem Weg, vielleicht auch in ihrem Ziel und inneren Sinngehalt. Nun sind aber einige Mitglieder dabei, die nicht denken - z. B. keine Philosophen sind wie Du. Sie wollen Dir vielleicht sogar die Rolle des Medizinmanns übertragen. Ist das nun auch ein essentieller Bestandteil bzw. ein „No-Go“ für Dich, wenn es Mitglieder gibt, die nichts hinterfragen, nichts reflektieren und die „Jungfrau“ (die Du mittlerweile z. B. durchschaut hast und ihr vielleicht sogar den Lebenssinn abgewinnst) einfach hinnehmen, ohne einmal ein bisschen weiter zu denken?

Gruss
Mike