Genau das Gegenteil ist nötig!
Hallo Walkuerax,
meiner Ansicht nach gehen die meisten Vorschläge und Bemühungen in genau die falsche Richtung. Weniger Disziplin, na toll! Genau das Gegenteil ist gefragt. Meiner Ansicht nach ist das Hauptproblem, das die heutige Zeit von der vor 30 Jahren unterscheidet, dass man heute von den Jungs nichts mehr erwartet. Es sind ja Jungs, die können nicht anders… die sind halt nicht so ordentlich… die müssen sich halt mehr bewegen, drum geht das für die Jungs nicht so mit der Schule… usw. usw.
Alles Mumpitz. Das Problem ist eben, dass die Jungs mitbekommen, dass ihnen keiner mehr was zutraut und ihnen auch keiner mehr was abverlangt. Wenn sie müssen, können sie durchaus. Aber es wird den Jungs viel zu leicht gemacht, den bequemen Weg zu gehen. Nur, der bequeme Weg führt halt oft nicht zum Schulabschluss!
Ich habe selbst einen Sohn und eine Tochter. Beide sehr intelligent, beide in der Schule sehr leistungsstark. Sie besuchen ein Gymnasium, wo 2/3 Jungs und 1/3 Mädchen sind. Mein Sohn ist in einer reinen Jungenklasse.
Warum gehört unser Sohn zu den Klassenbesten?
Meiner Ansicht nach unterscheidet er sich in mancherlei Hinsicht von vielen Klassenkameraden:
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Jungen sind später reif als Mädchen. Wir haben ihn erst mit 7 eingeschult (obwohl er schon lesen, schreiben, rechnen konnte).
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Wir haben ihn nie darauf festgelegt, dass Jungs vor allem in Mathe gut sind, haben Lesen und Interesse an der Natur gefördert, ihn bestätigt, dass er auch gute Geschichten schreiben, schön malen und gut Klavier spielen kann.
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Wir haben immer gefördert, dass er sich oft mit Freunden trifft und viel draußen spielt. Wir haben kein TV.
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Es wird keinen PC im eigenen Zimmer geben. Zeit am Computer ist auf zweieinhalb Stunden pro Woche begrenzt. Wir versuchen, ihm ein Leben zu bieten, das interessanter ist als vor der Glotze zu hängen, darum akzeptiert er die Regel gut (wenn es ihm nicht mehr genügt, wird eine neue Regel ausdiskutiert).
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Wir fordern von ihm genauso wie von seiner Schwester ein, dass er seine Hefte ordentlich führt und leserlich schreibt. Wir erwarten von ihm rücksichtsvolles Verhalten, gute Manieren usw. Wir sind nicht der Ansicht, dass Jungs das nicht können, sondern wir fordern es ein.
Das klingt, wenn man es so liest, als hätten wir ein adrettes super erzogenes streberhaftes Söhnchen, streng erzogen usw. Aber er ist fröhlich, kreativ, beliebt, und wie jedes andere Kind manchmal motzig, und ja, an der Ordnung arbeiten wir noch
Was also meiner Ansicht nach wirklich nötig ist, ist eine andere gesamtgesellschaftliche Einstellung den Jungs gegenüber, die genau in die andere Richtung geht, die mit den meisten Vorschlägen hier vertreten wird. Nämlich die Einstellung, dass Jungs
- das Gleiche können wie Mädchen (z.B. auch künstlerisch und sprachlich)
- genauso viel leisten können und sollen wie Mädchen
- in der Lage sind, genauso diszipliniert, ordentlich usw. zu sein wie Mädchen
- dass sie all das auch tun müssen!
Also genau das Gegenteil von:
bei den
Jungen weniger Disziplin fordern, bzw. generell die Didaktik
dann stärker an den Bedürfnisen und Interessen der Jungen
ausrichten.
- Generell weniger Disziplin wie Schönschrift und Bravsein
fordern, bzw. dies zumindest nicht in die Notengebung
einfliessen lassen.
Jungs müssen wieder lernen, sich in einer Gemeinschaft anzupassen (böses Wort, das man ja heute kaum noch sagen darf). Ich denke, dass ein Schulfach, in dem man genau solche Sachen bespricht (soziales Verhalten, Disziplin, Ordnung, Gemeinschaft usw.) schon sehr viel helfen könnte; aber die gesamtgesellschaftliche Einstellung, dass Jungs das alles doch nicht können, lässt sich damit natürlich nicht so schnell ändern, das wird ein langer Prozess werden… der allerdings bisher noch nicht mal angestoßen ist, da permanent alles in die genau andere Richtung geht, und die Jungs fallen immer weiter raus.
Denk mal drüber nach: Früher hat man gesagt „Mädchen können/brauchen das nicht…“ - heute sagt man „Mädchen können alles“ und oft „Jungs können das nicht (z.B. sauber schreiben usw.)“ - die Jungs halten sich heute daran, so wie sich früher die Mädchen dran gehalten haben.
Ändern müssen das heute in erster Linie die Eltern und die Lehrer, im Idealfall alle…
Nun bin ich gespannt, ob ich ganz alleine bin mit meiner Meinung. Ich bin mir sehr sicher, dass ich recht habe. Bin schließlich eine Frau ;o)
Viele Grüße,
Julia