Eigentlich neige ich trotz allem, mehr zu der Vorstellung, dass Glas eben doch fließen kann.
Weil man es doch, merkwürdig genug, unter Wasser mit einer Schere schneiden kann. (Selbst ausprobiert.)
mfg M.
Eigentlich neige ich trotz allem, mehr zu der Vorstellung, dass Glas eben doch fließen kann.
Weil man es doch, merkwürdig genug, unter Wasser mit einer Schere schneiden kann. (Selbst ausprobiert.)
mfg M.
Moin,
Weil man es doch, merkwürdig genug, unter Wasser mit einer
Schere schneiden kann. (Selbst ausprobiert.)
ist Papier dann auch eine Flüssigkeit?
Gandalf
Eigentlich neige ich trotz allem, mehr zu der Vorstellung,
dass Glas eben doch fließen kann.
Jo, über 1000 °C sollte es ungefähr das tun, was ich mir unter „fließen“ vorstelle.
Gruß
Paul
Hallo M.
Nun wüsste ich aber doch allzu gern, was es denn nun in Wirklichkeit macht, fließt es (manchmal), oder fließt es nicht?
Mein Wissen zu diesem Thema stammt aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, vorwiegend aus der Zeitschrift „Hobby“, aus den „Kosmos-Heften“ der 50er und 60er Jahre und eben Allem, was ein technikbegeisterter Junge damals so gelesen hat.
Glas ist als amorpher Stoff ein „nichtnewtonsches Fluid“, also eine Flüssigkeit, deren Viskosität nicht konstant bleibt, wenn sich die einwirkenden Scherkräfte verändern. Die Viskosität von Glas ist so groß, dass man ein Fließen unter normalen Umständen nicht beobachten kann. Technisch (störend) machte sich diese Eigenschaft des Glases jedoch beim Bau der großen Spiegelteleskope.
Machte man nämlich den Spiegel so dick, dass er den auftretenden Biegekräften widerstand, so verformte er sich mit der Zeit fließend, das heißt, ein schräg (in Arbeitsstellung) stehender Spiegel veränderte seine ursprünglich rotetionssymmetrische Form zu einer dauerhaft exzentrischen Form.
zwar bewegte sich auch bei einem so großen Teil (Durchmesser zwischen 2 und 8 Metern) die Verformung innerhalb eines realistischen Beobachtungszeitraums nur im Bereich von Tausendstel Millimetern, aber ein optisches Präzionsinstrument wie ein Spiegelteleskop wird dadurch unbrauchbar.
Folgende Maßnahmen traf man zur Abhilfe:
Die Spiegel wurden zur Gewichtsersparnis auf der Rückseite wabenförmig ausgeführt.
Um den Spiegel von Biegekräften zu entlasten, wurde er auf eine stählerne Stützkonstruktion montiert.
Um ein seitliches Fließen des Glases auf dieser Stützkonstruktion zu verhindern, wurde der Spiegel in eine langsame rotation versetzt.
Die Eigenschaften des Glases wurden an einem anderen, damals noch häufig im Alltagsleben vorkommenden „nichtnewtonschen Fluid“, dem Asphalt, erklärt.
Asphaltklumpen benutzten z.B. Schmiede, um damit die warmen Schmiedeteile einzureiben und so vor Rost zu schützen, er diente zum Ausgießen von Ritzen und wir Kinder hatten das Mistzeug im Sommer immer unter den Füßen kleben, wenn wir barfuß über „Teerstraßen“ liefen.
Wenn ein scharfkantiges Stück Asphalt mehrere Tage im Regal lag, rundeten sich zuerst die Kanten und nach einiger Zeit hatte das Stück die Form eines riesigen flachen Tropfens – der Asphalt verhielt sich also wie eine Flüssigkeit mit sehr großer Oberflächenspannung. Wenn man dieses Stück in die Hand nahm, konnte man es biegen, es war plastisch (nicht elastisch, da es ja nach Wegnehmen des Druckes nicht in die Ausgangsform zurückkehrte). Schlug man jedoch mit einem Hammer auf das Stück, so zerbarst es wie Glas in lauter scharfkantige Splitter.
Genauso verhält sich Glas, nur ist dessen Viskosität so groß, dass man, um ähnliche Effekte wie beim Asphalt zu beobachten, wohl mehrere zehntausend Jahre benötigen würde. Dass Gläser in Kirchenfenster (meistens) unten dicker sind als oben, beruht also wirklich auf den mittelalterlichen Verfahren der Herstellung von Glasscheiben.
Die Antwort auf Deine Frage lautet also: Ja, Glas fließt, aber gaaaaaaanz langsam.
Gruß merimies
Ja, so! Danke (owt)
.
Eigentlich neige ich trotz allem, mehr zu der Vorstellung,
dass Glas eben doch fließen kann.
Ich habe die Fließgeschwindigkeit mal in diesem Posting abgeschätzt:
Hallo m.
Interessante und sehr sorgfältige Antwort. Danke dafür.
Wenn ich dir folge, und ich neige sehr dazu, wären die neue FAQ aber auch der Artikel
( http://www.zeit.de/stimmts/1997/1997_29_stimmts)
widerlegt.
Das mit den Teleskopspiegeln bzw. -linsen hat mich besonders stutzig gemacht.
Dass Glas, wenn überhaupt, sehr langsam fließt, war natürlich klar.
Schon komisch, dass es zu einem Thema, das immer wieder, auch unter Laien, auftaucht, derart verschiedene Ansichten gibt und wie es scheint, noch immer keine endgültige Aussage der Wissenschaft.
mfg M.
Hallo,
Das mit den Teleskopspiegeln bzw. -linsen hat mich besonders
stutzig gemacht.
Vielleicht macht es dich auch stutzig, dass über hundert Jahre alte Glaslinsen in den größten Linsenteleskopen der Welt immer noch zum Beobachten genutzt werden und praktisch genauso gut funktionieren wie damals?
Dass Glas, wenn überhaupt, sehr langsam fließt, war natürlich klar.
Würde es so fließen, wie merimies gesagt hat, dann würden obige Linsenteleskope längst unbrauchbar sein.
Dass man ganz große Spiegelteleskope wabenförmig aus Einzelspiegeln fertigt (oder seine ganzen anderen Beispiele dazu) hat im übrigen überhaupt nichts mit der (Nicht)flüssigkeit von Glas zu tun, sondern dass sich ein Spiegel und eine Linse ab einer bestimmten Größe unter ihrem eigenen Gewicht verbiegen würden. Genauso wie ein Stahlträger nicht beliebig lang werden kann, weil er verbiegen würde. Stahl ist aber genauso wenig eine Flüssigkeit deswegen.
vg,
d.
Folgende Maßnahmen traf man zur Abhilfe:
Die Spiegel wurden zur Gewichtsersparnis auf der Rückseite
wabenförmig ausgeführt.Um den Spiegel von Biegekräften zu entlasten, wurde er auf
eine stählerne Stützkonstruktion montiert.
Bist Du sicher, dass es da tatsächlich um ein Fließen des fertigen Spiegels und nicht um elastische Verformungen geht?
- Um ein seitliches Fließen des Glases auf dieser
Stützkonstruktion zu verhindern, wurde der Spiegel in eine
langsame rotation versetzt.
Das macht man beim Abkühlen des frisch gegossenen Spiegels. Solange der noch heiß ist, würde er tatsächlich fließen, aber darum geht es hier nicht. Dass man fertige Spiegel rotieren lässt, wäre mir neu.
Hallo
Wie schon erwähnt lässt sich das Durchbiegen der Linsen ausschließlich mit elastischer Verformung erkären.
Glas ist jedoch ein Feststoff, auch wenn es da noch immer einige Gegenstimmen gibt. Praktisch und technisch betrachtet ergibt ein Feststoff auf jedem Fall mehr Sinn (vor allem bei Verwendung in jeglichen Bauwerken).
Das heißt nicht unbedingt, das Glas nicht fließen kann, es ist bei Raumtemperatur nur zun vernachlässigen. Ähnlich verhält es sich mit anderen Feststoffen.
Wikipedia schreibt auch etwas zur Viskisität von Feststoffen:
„Die Viskosität von Feststoffen ist generell sehr hoch (und damit schwer bestimmbar), statt dessen werden häufig Begriffe wie Duktilität, Sprödigkeit und Plastizität verwandt.“
Aluminuim fließt beispielsweise auch bei etwas höheren Temperaturen, die aber immehin noch einiges von der Schmelztemperatur entfernt sind.
Gruß
Florian
Philosophisches Problem?
Hallo,
ein Glas wird aufgrund der Ähnlichkeit der Nahordnung von Molekülen als Flüssigkeit charakterisiert. Fliessen ist dagegen der Tatbestand, dass sich ein Medium (mehr oder weniger schnell) den wirkenden Kräfte (zB Schwerkraft) entsprechend in eine „energetisch günstigere“ Form bringt. OK, irgendwie bringt sich eine Atombombe bei Zündung auch in eine „energetisch günstigere“ Form, worauf ich hinaus will (und was vermutlich Anlass zu den vierteljährlichen(?) Diskussionen ist) ist, dass fliessen und Flüssigkeit erst Mal zwei verschiedene Dinge sind. Das Verständnisproblem entsteht womöglich dadurch, dass im Alltag Flüssigkeiten immer fliessen.
Die Materialwiss. haben den Begriff Flüssigkeit zur Beschreibung der Festkörperstruktur von Glas (als Materialklasse) gekapert, einfach weil’s passt. Das war aber nie für die allgemeine Benutzung so vorgesehen.
Hallo,
erinnere ich es richtig, dass es bei w-w-w zum guten Ton gehört Behauptungen zu belegen? Ich finde in dem Zeit Artikel keine Quellenangabe aber sehr viele Behauptungen.
Ich finde es auch nicht wissenschaftlisch, die Aussagen über die Stoffklasse Glas v.a. anhand von mittelalterlichen Kirchenfenstern zu belegen. Unabhängig davon, dass dies eine extreme Scheuklappe ist sind die mittelalterlichen Kirchenfenster allein vom Chemismus (Was ist wie(!) drin) eine Rarität.
Meint: ich finde es nicht gut diesen Artikel kritiklos zu verlinken.
Stefan
Hallo,
erinnere ich es richtig, dass es bei w-w-w zum guten Ton
gehört Behauptungen zu belegen? Ich finde in dem Zeit Artikel
keine Quellenangabe aber sehr viele Behauptungen.
In dem Artikel sind im Fließtext allein drei Quellenangaben auf wissenschaftliche Arbeiten zu finden. Vielleicht liest du ihn dir mal genau durch.
Außerdem ist der Zeit-Artikel doch selbst eine Quelle… er ist von einem renomierten Wissenschaftsjournalisten geschrieben. Das ist allemal eine bessere Quelle, als eine Behauptung von einem anonymen Forenteilnehmer hier. Die Stimmt’s Reihe gibt es außerdem auch als Buch. Kann deine Kritik also nicht wirklich nachvollziehen.
vg,
d.
Moin,
erinnere ich es richtig, dass es bei w-w-w zum guten Ton
gehört Behauptungen zu belegen? Ich finde in dem Zeit Artikel
keine Quellenangabe aber sehr viele Behauptungen.
C. Austin Angell in einem Artikel für das Wissenschaftsblatt Science).
In dem Artikel „Antique windowpanes and the flow of supercooled liquids“, erschienen 1989 im Journal of Chemical Education, weist Robert C. Plumb
Auf der International Conference on Industry Education, die 1995 im englischen York abgehalten wurde, berichtete Peter Gibson
Das ist zwar jetzt nicht wissenschaftlich exakt zitiert, aber die Zeit ist ja auch kein Wissenschaftsjournal.
Die ‚Stimmts‘ Artikel sind aber in den meisten Fällen fundiert und ordentlich recherchiert.
Gandalf
Hallo,
ich bin offensichtlich zu versaut etwas wie „Sagte Herr XY anlässlich von AB“ als Quellenangabe durchgehen zu lassen. Selbst wenn Herr XY Professor und AB eine Konferenz wäre. Wie einige Vorfälle in diesem Jahr zeigen gehen viele Privatmeinungen zum korrekten Zitat weit auseinander. Ich finde es schade wenn es zum Standard wird, dass „so als ob“ reicht…
Gern gebe ich zu: zumindest eine Quelle ist so angegeben, dass man sie ohne längeres Suchen & eindeutig findet (suchen muss man sie aber). Und das wäre - unabhängig von formellen Standards - für mich in einem Forum wie hier wesentliches Kriterium für eine Quellenangabe.
Stefan
Hallo!
Wikipedia schreibt zum Thema „Fließen“:
_Unter „Fließen“ versteht man
den Vorgang bei einer Strömung
die Dehnungszunahme ohne gleichzeitige Spannungszunahme bei einer plastischen Verformung_
Da steckt das Missverständnis drin, über das Du sprichst. Die Materialwissenschaftler meinen mit „Fließen“ die plastische Verformung eines Festkörpers (!), die Strömungswissenschaftler (und die meisten Otto-Normalverbraucher) meinen mit „Fließen“ die Bewegung eines Fluids.
Michael
Hallo,
Da steckt das Missverständnis drin, über das Du sprichst. Die
Materialwissenschaftler meinen mit „Fließen“ die plastische
Verformung eines Festkörpers (!), die Strömungswissenschaftler
(und die meisten Otto-Normalverbraucher) meinen mit „Fließen“
die Bewegung eines Fluids.
Ja, genau!
Nur, fließen kann selbst für MatWiss FKs und Fluids gleichermaßen betreffen.
so long,
Stefan
Moin,
so gesehen ist der Himalaya (und auch die Alpen) durch einen Fließvorgang entstanden.
Aber Basalt und Kalkstein würde ich zumindestens zu den Feststoffen zählen.
Gandalf
so gesehen ist der Himalaya (und auch die Alpen) durch einen
Fließvorgang entstanden.
Aber Basalt und Kalkstein würde ich zumindestens zu den
Feststoffen zählen.
Du bist ja auch kein Geologe.
so gesehen ist der Himalaya (und auch die Alpen) durch einen
Fließvorgang entstanden.
Hallo Gandalf,
so gesehen verhalten sich der Himalaja und Kirchenfenster auf den ersten Blick ähnlich - allerdings ist nach dem Stand der Erkenntnis das Verhalten beim Himalaja real und bei den Kirchenfenstern nur eine Legende. Aber wenn sie tatsächlich fliessen würden…
Im übrigen weiss wohl niemand, wie sich ein Kirchenfenster in 1 Mio Jahren verhält.
Gruss Reinhard