Kateg. Imperativ auf den Ehebruch anwendbar?

Kant leitet seinen kategorischen Imperativ aus der Vernunft ab. Alle, die vernünftig denken, müssen auch moralisch handeln, denn keiner will vernünftigerweise, dass (z. B.) das Wegnehmen fremder Sachen (Diebstahl) zu einem allgemeinen Gesetz erhoben wird. Genauso müsste es auch mit dem Ehebruch sein; denn keiner will vernünftigerweise (perverse Einstellungen mal beiseite gelassen), dass sich jemand mit meiner Frau (bzw. mit meinem Mann) einlässt. Warum aber gibt es, trotz dieser an sich plausiblen Betrachtung Kants, dennoch nur „schwache Spuren von Moralität“ (Schopenhauer) unter den Menschen? Die Antwort lautet: weil der Mensch nicht nur Vernunftwesen ist, sondern auch von starken Trieben beherrscht wird, die er nur mühsam unter der Kontrolle der Vernunft halten kann. Man muss also (m.E.) beim kategorischen Imperativ immer voraussetzen, dass er nur für diejenigen relevant ist, die gutwillig und gewissenhaft sind. Nehmen wir folgendes Beispiel: Eine Frau liebt einen verheirateten Mann leidenschaftlich und bedingungslos. Sie rechtfertigt sich vor sich selbst, indem sie
„kategorisch“ erklärt, dass es sich bei dieser Liebe um edle Gefühle handelt. Da sie den Mann unbedingt haben will, zerstört sie dessen Ehe. Die verlassene Ehefrau kommt nicht darüber hinweg, dass ihr Mann sie verlässt; sie nimmt sich das Leben. Die erste Frau (Ehebrecherin) handelt eindeutig unmoralisch im Sinne des kategorischen Imperativs, aber ist ihr Handeln deshalb moralisch zu verurteilen? Die Liebe kann wie eine Naturgewalt den Menschen dauerhaft in ihren Bann schlagen, sodass sein freier Wille gefesselt ist.
Versagt hier der kategorische Imperativ (wie Schiller meinte, wenn „edle“ Gefühle im Spiel sind)?
M.E. kommt hier das hegelsche Prinzip zum Tragen, dass moralisch gut nur der handelt, der ein moralisch gutes Ergebnis vorweisen kann. Wenn das Ergebnis meines Handelns der Tod eines Menschen ist, kann mein Handeln nicht moralisch wertvoll sein. Deshalb können auch die Gefühle der Frau, die sie für den verheirateten Mann empfindet, nicht edel sein, denn das Ergebnis dieser Gefühle ist (oder jedenfalls könnte) auf Zerstörung, Ruin eines anderen Menschen gerichtet (sein). Man wird es an den Konsequenzen dieser Katastrophe deutlich sehen: Wenn die „Ehebrecherin“ ein Gewissen hat, wird sie über den Tod der Ehefrau nicht hinwegkommen. Daran sieht man deutlich, dass der kategorische Imperativ in erster Linie eine Handlungsmaxime für gewissenhafte, gutwillige Menschen ist. Der gewissenlose Mensch wird sich an solche moralischen Maximen ohnehin nicht halten.

Hallo,

Kant leitet seinen kategorischen Imperativ …

Der gewissenlose Mensch wird sich an solche moralischen
Maximen ohnehin nicht halten.

Du hast hier ein langes Referat eingebracht und die als Vorwand
benutzte „Frage“ auch selbst beantwortet.
Was ist nun Deine Frage hier an das Forum ?
Gruß VIKTOR

Hallo Viktor! Es ging mir um ein Problem des kategorischen Imperativs, das mir aus best. Gründen wichtig ist. Der Ehebruch war nur ein Beispiel. Man könnte auch z. B. Mobbing oder Betrug nehmen. Das Problem lautet: Setzt der kat. Imperativ bei einem Menschen außer seiner Vernunft nicht auch einen „guten Willen“ voraus, sich so zu verhalten, dass sein Verhalten zugleich Teil einer allgemeinen Gesetzgebung sein könnte; also bezogen auf den Ehebruch: auf keinen Fall einen solchen zu begehen, oder, allg. gesprochen: moralisch zu handeln? Nun gibt es aber viele, die begehen Ehebruch und werden empört reagieren, wenn man ihnen die Vernunft abspricht (aus der ja moralisches Handeln – lt. Kant – zwingend abzuleiten ist). Deshalb also genügt m. E. Vernunft alleine nicht für den kat. Imperativ, es muss noch der „gute Wille“ hinzukommen. Darüber war ich mir nicht ganz im klaren, bin aber inzwischen fündig geworden, und zwar bei dem Kant-Experten Friedrich Kaulbach: „Dabei soll der Mensch eine Verfassung in sich herstellen, in welcher er die wahre Rangordnung zwischen Sittengesetz und Naturneigung in sich selbst verwirklicht. Er kann in der Perspektive der Welt der Gesetzlichkeit, die er von diesem Stand aus entwirft, seine Pflicht erkennen und sie erfüllen. Die durch inneres Handeln gewonnene Verfassung des Willens nennt Kant die des ’guten’ Willens.“ (s. Friedrich Kaulbach, Philosophie des Perspektivismus I, S. 127 ff). Also, ohne den „guten Willen“ wird der kat. Imperativ für viele Schall und Rauch sein. Oder anders ausgedrückt: Die „vernünftige“ Erkenntnis der Richtigkeit des kat. Imperativs genügt alleine nicht (jeder Vernünftige sieht schließlich ein, dass man nicht stehlen, betrügen, verleumden, mobben etc. soll), man muss auch einen „guten Willen“ in sich entwickeln, solche „Neigungen“ zu unterlassen. Heute liest man oft den Satz: ‚Kants kat. Imperativ, wer hält sich noch daran?’ Ganz klar: der „gute Wille“ fehlt bei vielen. – So meine Frage und meine Antwort! Ob ich da richtig liege – da bin ich mir nicht ganz sicher.

Hallo

Dass Problem lautet: Setzt der kat.Imperativ bei einem
Menschen außer seiner Vernunft nicht auch einen „guten
Willen“ voraus,

Ja Natürlich, wobei aber die Vernunft den guten Willen
bewirken soll.
Vernunft ohne Folgen auf das Handeln ist nicht Vernunft.

also bezogen auf den Ehebruch: auf keinen Fall einen
solchen zu begehen,
Nun gibt es aber viele, die begehen Ehebruch und
werden empört reagieren, wenn man ihnen die Vernunft abspricht

Kant geht je auch bloß von einer endlichen Vernunft aus.
Ist also sowieso nur relativ.
Der Vernunft stehen eben auch andere Aspekte des Lebens
gegenüber.

Also, ohne den „guten Willen“
wird der kat. Imperativ für viele Schall und Rauch sein.

Ja natürlich. Es ist ein ethische Grundprinzip, das sich
nicht zwingend und von ganz allein einfach so durchsetzt,
sondern eben in Folge der Vernunft, also durch Einsicht
zum Willen werden sollte.

Heute liest man oft den Satz: ‚Kants kat.
Imperativ, wer hält sich noch daran?’ Ganz klar: der „gute
Wille“ fehlt bei vielen. – So meine Frage und meine Antwort!
Ob ich da richtig liege – da bin ich mir nicht ganz sicher.

Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.
Vernunft ist eben leider nicht so allgegenwärtig, wie
oft behauptet wird.
Gruß Uwi

Hallo

Dass Problem lautet: Setzt der kat.Imperativ bei einem
Menschen außer seiner Vernunft nicht auch einen „guten
Willen“ voraus,

Ja Natürlich, wobei aber die Vernunft den guten Willen
bewirken soll.

Auser die angeborene Grundmoral (die Gibt, empirisch gut erforschbar, ist fest verdrahtet) ist der Verstand zuständig für unseres Verhalten weil der angeborenen Anteil nicht mit der Entwicklung der Menschheit mithalten konnte.
Daher je mehr die Person über die Zusammenhänge der Gesellschaft und über sich selbst in Erfahrung gebracht hat desto höher ist seine Moral.

Der Vernunft stehen eben auch andere Aspekte des Lebens
gegenüber.

Was sind diese die dem Vernunft nicht zugänglich wären?

Also, ohne den „guten Willen“
wird der kat. Imperativ für viele Schall und Rauch sein.

Nur dann, wenn man das Wollen ans Wissen zu gelangen „guten Willen“ nennt und fehlt:smile:

Gruß.

Balázs

Vernunft = Voraussetzung des guten Willens
Hi.

Der Ehebruch war nur ein Beispiel. Man könnte auch z. B. Mobbing oder Betrug nehmen.

Ehebruch kann, muss aber nicht moralisch verwerflich sein (entscheidend sind die Umstände), ebenso wie Mobbing und Betrug (bei welchen entscheidend ist, wer das Opfer ist und warum er es ist).

Setzt der kat.Imperativ bei einem Menschen außer seiner Vernunft nicht auch einen „guten Willen“ voraus, sich so zu verhalten, dass sein Verhalten zugleich Teil einer allgemeinen Gesetzgebung sein könnte…

Kants „guter Wille“ ist der Wille, gemäß den Gesetzen der Vernunft zu handeln. Er kann also nicht „vorausgesetzt“ werden, sondern entsteht erst dann, wenn die Vernunft die Gesetze vorgibt. Der „gute Wille“ setzt die Vernunft voraus, nicht umgekehrt. Die Gebote der Sittlichkeit sind nicht gut, weil sie gut sind, sondern weil sie vernünftig sind.

also bezogen auf den Ehebruch: auf keinen Fall einen
solchen zu begehen, oder, allg. gesprochen: moralisch zu
handeln?

Kant betrachtet den Ehebruch, was kaum überraschen kann, als Verstoß gegen die Pflicht der Vernunft. Er begründet das sinngemäß damit, dass die subjektive Lust kein Anlass sein darf, eine andere Person zu verletzen (den oder die Betrogenen). Dagegen könnte man logisch einwenden, dass die Verletzung dritter Personen erst dann stattfindet, wenn diese Kenntnis vom Ehebruch haben. Ironisch könnte man also behaupten, dass es hier nur um das 11. Gebot geht (du sollst dich nicht erwischen lassen) und nicht um Ehebruch an sich.

Deshalb also genügt m. E. Vernunft alleine
nicht für den kat. Imperativ, es muss noch der „gute Wille“
hinzukommen.

Ja klar muss der Wille, vernunftgemäß zu handeln, hinzukommen, was aber keine „Voraussetzung“ ist, da nicht das vorausgesetzt werden kann, was erst möglich ist, wenn die Vernunft die Prinzipien setzt (siehe oben).

Also, ohne den „guten Willen“ wird der kat. Imperativ für viele Schall und Rauch sein.

Anders wird es auch keiner ernsthaft behaupten. Es ist aber, wie gesagt, logischerweise nicht so, dass da zuerst ein „guter Wille“ ist, auf den man frohen Mutes die Gesetze der Vernunft gründen kann. Es ist genau umgekehrt: die Vernunft ist die genetische Voraussetzung für den Willen, nach ihren Prinzipien zu handeln.

Chan

Hallo,

Der Vernunft stehen eben auch andere Aspekte des Lebens
gegenüber.

Was sind diese die dem Vernunft nicht zugänglich wären?

So meine ich nicht. Andere Aspekte können der Vernunft ja
durchaus zugänglich sein, trotzdem wirken sie ihr entgegen.
Auch der vernünftigste Mensch machen ja längst nicht alles
aus reiner Vernunft.
Unsere Triebe und unser Unterbewußtsein tun, was sie wollen :wink:
(Selbsterhaltung, Ängste, Spaß, Lust usw.)
Gruß Uwi

Hi.

Der Vernunft stehen eben auch andere Aspekte des Lebens
gegenüber.

Was sind diese die dem Vernunft nicht zugänglich wären?

So meine ich nicht. Andere Aspekte können der Vernunft ja
durchaus zugänglich sein, trotzdem wirken sie ihr entgegen.

Ja sicher. Die Arbeit scheint noch lange nicht erledigt geworden zu sein:smile:

Auch der vernünftigste Mensch machen ja längst nicht alles
aus reiner Vernunft.

Gewiss. Der erkennt das aber und sucht nach den Grund.
Er will doch wissen warum er was tut bzw. wer der Herr im Hause ist:smile:

Unsere Triebe und unser Unterbewußtsein tun, was sie wollen
:wink:
(Selbsterhaltung, Ängste, Spaß, Lust usw.)

Aber nur so lange bis wir diese nicht erkannt und bewertet haben. Danach nicht mehr.

Ich möchte hier (frei) Buddha zitieren weil er das Problem auf den Punk bringt:

Der Angekommene lebt ohne Gefühle.
Weil er schon alle seine Gefühle mit allen ihm zu Verfügung stehenden Mittel gewissenhaft durchgeleutet hatte und dadurch sind sie Wissen geworden.

Ob das wirklich je erreichbar ist, kommt man an?:smile:

Gruß

Balázs

Hallo,

Unsere Triebe und unser Unterbewußtsein tun, was sie wollen
:wink:
(Selbsterhaltung, Ängste, Spaß, Lust usw.)

Aber nur so lange bis wir diese nicht erkannt und bewertet
haben. Danach nicht mehr.

Das halte ich für eine Fiktion, die nicht mal Mr. Spock
je erreicht hat.
Wir werden auch von unseren Trieben, Ängsten und Lüsten
geleitet, wenn wir diese genau kennen. Die sind je
deswegen nicht aus der Welt, sondern werden höchstens
beeinflusst bzw. verändert und auch kanalisiert.

Ich bin zwar prinzipiell der Meinung, dass Vernunft zu
ethischem Handeln führen kann, aber nicht so idealisiert.

Ich möchte hier (frei) Buddha zitieren weil er das Problem auf
den Punk bringt:
Der Angekommene lebt ohne Gefühle.

Aber wer will das? Ohne Gefühle leben???
Schon die Benutzung des Verstandes, also das Denken, soll
lustvoll sein, sonst hätten wir dazu keinen Antrieb mehr.

Weil er schon alle seine Gefühle mit allen ihm zu Verfügung
stehenden Mittel gewissenhaft durchgeleutet hatte und dadurch
sind sie Wissen geworden.

Ich denke, Gefühle bleiben Gefühle, egal wie sehr wie sie
analysieren. Natürlich wirkt der Verstand, aber ich denke,
nicht in der Form, dass alle Gefühle verschwinden läßt.

Ob das wirklich je erreichbar ist, kommt man an?:smile:

Eben.
Gruß Uwi

Hi.

Aber wer will das? Ohne Gefühle leben???

Nun bestimmt ist dir auch schon widerfahren, dass ein Gefühl aus deinem Leben für immer verschwand. Plötzlich liebst irgendwas nicht mehr was du so lieb hattest und schämst dich womöglich im Stille, dass du jemals so was geliebt hast.
Oft wandelt sich das Gefühl sogar in seiner Gegenpart.
Hast du dann je nachgedacht was da und warum und vor allem wie ablief:smile:

Meine Reaktion als ich diese Aussage (rein zufällig, und ziemlich jung) las war Wut.
Na ja, damals habe ich auch noch gern gejagt, und noch viele andere Sachen gemacht über die ich heute nur lache:smile:
Sooo ein gefühlloses A.loch war mein erster Gedanke.
Die Erklärung hatte ich zwar auch mitgelesen aber der Inhalt hat mich nicht sofort erreicht, dauerte paar Minuten und ich musste mich lange mit dem Satz immer wider auseinandersetzen.

Und ich vermute er hat genau gewusst was seine Aussage bei dem Leser erzwingt.

Schon die Benutzung des Verstandes, also das Denken, soll
lustvoll sein, sonst hätten wir dazu keinen Antrieb mehr.

Na also, das weisst du ja schon:smile:

Weil er schon alle seine Gefühle mit allen ihm zu Verfügung
stehenden Mittel gewissenhaft durchgeleutet hatte und dadurch
sind sie Wissen geworden.

Ich denke, Gefühle bleiben Gefühle, egal wie sehr wie sie
analysieren.

Oder verschwinden, oder wandeln sich, oder kommen neue, und, und, und.

Ramachandran letztes (mir bekanntes) Experiment förderte erstaunliches (und erschreckendes) darüber zutage.
In uns schalten und walten völlig unbekannte Kräfte.
Es ist geboten sie kennen zu lernen denkst du nicht?:smile:

Natürlich wirkt der Verstand, aber ich denke,
nicht in der Form, dass alle Gefühle verschwinden läßt.

Oh nein, sicher, nur sind die nicht mehr Gefühle in dem ursprünglichem Sinne sondern Wissen.
Erst dann hat man die Herrschaft.

Ob das wirklich je erreichbar ist, kommt man an?:smile:

Eben.

Leider. Der Weg (das Thao) ist das Ziel.

Gruß

Balázs

Ich möchte hier (frei) Buddha zitieren weil er das Problem auf
den Punk bringt:

Der Angekommene lebt ohne Gefühle.
Weil er schon alle seine Gefühle mit allen ihm zu Verfügung
stehenden Mittel gewissenhaft durchgeleutet hatte und dadurch
sind sie Wissen geworden.

Tsss, und wenn ich „deinem“ Buddha eine Ohrfeige gebe? Fühlt er nichts, weil er eine gefühlslose Maschine ist, die sich solche unrealistischen IDEALE vorstellt? Wäre „dein“ über alles geliebter Buddha nämlich wirklich völlig ohne GEFÜHLE, wäre er auch völlig ohne jedes Leben. Aber der liebe Buddha hat ja so gelitten an der Tatsache, dass er als reicher Königssohn auch genauso sterben muss, wie der ärmste Pöbel. Das veranlasste ihn zu seiner Lehre, dass das Leben Leid, Krankheit und Tod sei und in dem frommen Wunsch, unsterblich zu werden, durch Aufgabe aller normalen und gesunden Bedürfnisse, was jedoch illusorisch ist. Auch B. hatte in regelmäßigen Abständen das GEFÜHL, dass er hungrig ist und das GEFÜHL, dass er müde ist und das GEFÜHL, dass Schmerz etwas Realistisches ist, wenn ich ihm nicht nur eine Ohrfeige verpasse, sondern links und rechts eine sowie einen Faustschlag in den Magen haue.

Und wenn ich ihm den Hals zudrücke, bis er blau anläuft, wird er wissen, dass er ohne GEFÜHLE gar nicht leben könnte, weil ihm seine GEFÜHLE genau sagen, was richtig und falsch ist zum Überleben, und dass er weiß, dass er als Buddha lieber leben als sterben will, und ihm klar wird, dass GEFÜHLE das reale Leben sind sowohl bewusst als auch unbewusst. Und dass die alles geprießene Vernunft entgegen dem idealistischen Kant nur dann nützlich ist, wenn ein Mensch sich als ganzer Mensch versteht in seinem Fühlen, Denken und Handeln (vgl. Hirnforschung!).

Trotzdem ist Buddhas Lehre insofern hilfreich, wie es zu einer Selbstreflexion und zu mehr Selbsterkenntnis kommen kann von unbewussten GEFÜHLEN, wie das auch in der Lehre des griechischen Philosophen Sokrates enthalten ist, für unsere abendländische Kultur aber sehr viel rationaler, das macht denn auch den Unterschied zur Religion.

Und weil sich für einen phänomenologischen Realismus gegenüber einem bloßen Idealismus immer mehr Gegenwartsphilosophen interessieren, wird es jetzt denn auch so richtig spannend in den Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften, weil die Wissenschaftler nicht mehr länger nur ideologische Dogmen uninterfragt übernehmen, sondern auch falsche Grundlagen erforschen, wie sie ewig so falsch immer nur übernommen wurden.

CJW

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Guten Tag,
An Chan: Danke für Ihre sehr interessanten Überlegungen! Ich akzeptiere, dass es speziell beim Ehebruch auf die Umstände ankommt. Erst wenn er eindeutig einen anderen verletzt, ist er moralisch verwerflich (hat dieser andere zuerst einen Ehebruch begangen, sieht die Sache schon wieder anders aus). Also sind in der Tat die Umstände maßgebend.
Jetzt zum ’guten Willen’: Die Formulierung „setzt voraus“ ist unpassend, das gebe ich zu. Klar dürfte aber sein, wie Sie ja auch bestätigen, dass die vernünftige Einsicht beim kat. Imperativ alleine nicht genügt. Jeder Vernünftige weiß doch, dass man auch Rücksicht üben soll, dass man andere Menschen nicht übervorteilen, nicht ihre Schwächen ausnutzen darf, dass man sie (d.h. nicht nur die eigenen Leute, sondern alle!) in der Not nicht ohne Hilfe lassen oder sonst wie nicht zu ihrem Unglück beitragen darf. Aber man muss diese Rücksicht auch wollen, d.h., zu der vernünftigen Einsicht, dass Rücksicht, Hilfe in der Not geboten ist, muss auch ein Wille zur guten Tat hinzukommen oder ein Wille, das zu unterlassen, was nicht in Ordnung ist, was gemein, verabscheuungswürdig ist. Diesen Willen hat Kant selbst den „guten Willen“ genannt. Fehlt er, ist der kat. Imperativ, obwohl bei dem Betreffenden die vernünftige Einsicht vorhanden ist, nur Schall und Rauch.

Wille, Neigung, Vernunft
Hi.

Ich akzeptiere, dass es speziell beim Ehebruch auf die Umstände
ankommt. Erst wenn er eindeutig einen anderen verletzt, ist er
moralisch verwerflich

Man kann mehrere Szenarien konstruieren, in denen Ehebruch nicht unmoralisch ist: z.B. wechselseitiges Einverständnis, oder vorausgegangener Ehebruch durch den Ehepartner (wie du schon schreibst), oder starke Ehezerrüttung usw.

Man darf nicht vergessen, dass Kants Sicht auf den Ehebruch darauf basierte, dass er die Ehe für ein vernünftiges Konstrukt hielt, was heute aber kontrovers diskutiert wird.

Moralische Verwerflichkeit ist oft eine relative Sache. In einer kürzlich gesendeten Folge von „CSI New York“ ging es um die Frage der Berechtigung von Selbstjustiz (durch ein weibliches Opfer) gegen einen sadistischen Vergewaltiger, dem die Cops nichts nachweisen können. Das wurde vom Team schön ausdiskutiert und beide Standpunkte (pro und contra Lynchen) gleichwertig dargestellt.

Aber man muss diese Rücksicht auch wollen, d.h., zu
der vernünftigen Einsicht, dass Rücksicht,
Hilfe in der Not geboten ist, muss auch ein Wille zur guten
Tat hinzukommen oder ein Wille, das zu unterlassen, was nicht
in Ordnung ist, was gemein, verabscheuungswürdig ist.

„Wille“ ist für Kant ein Faktor neben „Neigung“ und „Vernunft“. Er ist an manchen Textstellen identisch mit dem Vermögen, der Vernunft gemäß zu handeln. Das definiert auch den „guten Willen“, dem an anderen Textstellen aber eine Wille gegenübersteht, der nicht durch Vernunft, sondern durch Neigungen bestimmmt wird.

Die Terminologie ist also nicht völlig eindeutig, das Grundkonzept aber klar.

Chan

Typisch deutscher Idealismus

Daran sieht man
deutlich, dass der kategorische Imperativ in erster Linie eine
Handlungsmaxime für gewissenhafte, gutwillige Menschen ist.
Der gewissenlose Mensch wird sich an solche moralischen
Maximen ohnehin nicht halten.

Exakt, denn Kant geht von einem christlichen IDEAL aus und konstruiert es in seinem Sinne als Sollte. Ach wie wäre es schön, wenn alle Menschen sooo vernünftig wären, wie wir es uns in unseren Fantasien wünschen. So ähnlich könnte auch ein Kind denken, das sich wünscht, dass die Welt genau so ist, wie man sie als Wunsch gerne hätte.

Niemand kann glauben, dass es eine einzige Vernunft für alle Menschen geben kann, außer vielleicht Politiker und Juristen in einer säkularen Welt. Aber die Idealisten sind in ihrer Weltanschauung dem grundlegende Irrtum verfallen, weil sie andauernd das Ist mit dem Soll verwechseln, so wie wenn ich wollte, dass alle Eisbären lieb zu mir sein müssten aus Gründen der von mir gewollten „Vernunft“ und mich nicht beißen dürfen, wie Kant utopisch „philosophiert“. Die naiven Idealisten leiden am Leben, weil es nicht mit ihren Idealen übereinstimmt.

Wie kann man als Philosoph die „reine“(!!!) Vernunft für alle Menschen beanspruchen, schon allein diese Anmaßung, dass ein typisch deutscher Beamter in der Lage ist, die „reine“(!!!) Vernunft zu besitzen, ist grotesk. Kant wollte die Menschen so vernünftig haben, wie er sie in seinem deutschen Idealismus gerne hätte. Das ist nicht nur naiv und weltfremd im deutschen Idealismus, sondern auch höchst unwissenschaftlich. In dieser Welt geht es um Macht, das ist die Vernunft des realen Lebens, über das Kant nicht das höchste Wissen hatte.

CJW

PS: Schmarren!

in einer säkularen Welt.

Korrektur: in einer säkularen Gesellschaft.

D. O.

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Hi Claus.

Ich möchte hier (frei) Buddha zitieren weil er das Problem auf
den Punk bringt:

Der Angekommene lebt ohne Gefühle.

Weil er schon alle seine Gefühle mit allen ihm zu Verfügung
stehenden Mittel gewissenhaft durchgeleutet hatte und dadurch
sind sie Wissen geworden.

Tsss, und wenn ich „deinem“ Buddha eine Ohrfeige gebe? Fühlt
er nichts, weil er eine gefühlslose Maschine ist, die sich
solche unrealistischen IDEALE vorstellt?

Hat deine Aufregung (das Gefühl) nicht dich gehindert zu verstehen/verdauen was er sagte?
Am Anfang ging mir auch genau so, gab ich schon zu:smile:

Nur er weisst es sicher (und du auch) wenn er eine Ohrfeige bekommt.
Es ist ein Unterschied zwischen das Gefühl und das was wir über seiner Funktion wissen. Das sagt er unüberhörbar (bzw. wie ich feststellen muss fast:smile:

Seine Behauptung, dass der Zustand erreichbar ist soll man erst verneinen nach dem man seiner Methode gefolgt hat (aufrichtig/gewissenhaft und mit allen Mittel:smile:
Übrigens die Zen Budhisten behaupten das auch laut D.R. Hofstadter.

Wäre „dein“ über

alles geliebter Buddha

„Please dont put your f…Word in my …:smile:
Ich kenne ihn kaum. Drei Abhandlungen über ihn gelesen und was hier im Forum die Experten sagten.
Beeindruckender Denker, vor allem dann, wenn man bedenkt wann er lebte und wo.
Er gehört zu den wenigen die ich bei einem Gehirntransplantation gern als Donor nähmen würde:smile:

Aber der liebe Buddha
hat ja so gelitten an der Tatsache, dass er als reicher
Königssohn auch genauso sterben muss, wie der ärmste Pöbel.
Das veranlasste ihn zu seiner Lehre,

Genau, er sagt das ja auch selbst (Schlüsselerlebnis)
Erst dann fing er an nachzudenken. Das haben ja viele getan.
Seine Auffassung/Ergebniss oder wie auch ich das nennen soll ist auf jeden Fall weit nachvollziehbarer als unsere kindische Schuldzuweisung auf einen immaginären Apfelnascher:smile:
Kein Vergleich obwohl beide auf dem selben Mist gewachsen sind wie du das richtig erkannt hast.

Er hat jedenfalls nicht dass das Leben Leid,
Krankheit und Tod sei und in dem frommen Wunsch, unsterblich
zu werden, durch Aufgabe aller normalen und gesunden
Bedürfnisse, was jedoch illusorisch ist.

Ja das hat er auch als seinen Irrweg erkannt und aufgegeben.
Aber wo redet er sigentlich über Unsterblichkeit?

Auch B. hatte in
regelmäßigen Abständen das GEFÜHL, dass er hungrig ist und das
GEFÜHL, dass er müde ist und das GEFÜHL, dass Schmerz etwas
Realistisches ist, wenn ich ihm nicht nur eine Ohrfeige
verpasse, sondern links und rechts eine sowie einen
Faustschlag in den Magen haue.

Ja, ja, ja. Und wusste was da los sei ganz genau.
Kannst oder willst du nicht verstehen was er deutlich sagt:smile:
Untersuche deine Gefühle Punkt

Trotzdem ist Buddhas Lehre insofern hilfreich, wie es zu einer
Selbstreflexion und zu mehr Selbsterkenntnis kommen kann von
unbewussten GEFÜHLEN, wie das auch in der Lehre des
griechischen Philosophen Sokrates enthalten ist, für unsere
abendländische Kultur aber sehr viel rationaler, das macht
denn auch den Unterschied zur Religion.

Na siehste:smile:

Und weil sich für einen phänomenologischen Realismus gegenüber
einem bloßen Idealismus immer mehr Gegenwartsphilosophen
interessieren, wird es jetzt denn auch so richtig spannend in
den Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften, weil die
Wissenschaftler nicht mehr länger nur ideologische Dogmen
uninterfragt übernehmen, sondern auch falsche Grundlagen
erforschen, wie sie ewig so falsch immer nur übernommen
wurden.

Wurde aber langsam Zeit:smile:

Gruß

Balázs

Servus,

sehe ich anders. Es ist doch gerade die Leistung Kants erstmalig moralische Regeln zu finden, die sich aus der „Natur der Sache“ selbst begründen und eben nicht auf äußere Faktoren wie „Religion“ oder „deutsche Erziehung“ angewiesen sind.

Gruß,
Sax

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erstmalig moralische Regeln zu finden

Du vergißt Sokrates und Descartes als Kants Vordenker und Hume, mit dem Unterschied, dass diese keineswegs für alle Menschen „moralische Regeln“ beanspruchten. Aber natürlich sind auch Kants Leistungen (für mich aber eher die Aufklärung als der kategorische Imperativ!) zu rechtfertigen.

CJW

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Hallo Claus J. Walz!
Danke für deine interessanten Ausführungen! Ich stimme dir in vielem zu. Nur meine ich, dass es doch eine einzige Vernunft für alle gibt, aus der man (genau besehen) die Pflicht zum moralischen Handeln ableiten kann (s. die Formulierung des kat. Imperativs). Nur sehe ich das Problem darin, dass dieses moralische Handeln nicht von selbst aus der Vernunft eines Menschen gewissermaßen „hervorsprießen“ kann, sondern der Mensch muss auch noch den „guten Willen“ dazu in sich entwickeln. Anders formuliert: Die Botschaft (von der Pflicht zur Moral) hört man wohl, allein es fehlt am „guten Willen“ (bei sehr vielen, bzw. der gute Wille ist bei den meisten nur schwach ausgebildet). Ich würde auch nicht sagen, dass Kant naiv und weltfremd war. Er hat das Problem schon gesehen. Deshalb sagte er ja auch, der Mensch braucht einen „guten Willen“ dazu, um in sich eine Rangordnung zwischen Sittengesetz und Naturneigung herzustellen (s. Kant-Experte Friedrich Kaulbach, Philosophie des Perspektivismus I, S. 127 ff). Bei einem Moralanspruch ohne den „guten Willen“ haben wir es mit sog. Moralsprüchen oder Moralpredigt zu tun.
Dein letzter Satz ist von Nietzsches „Willen zur Macht“ abgeleitet („Die Welt ist Wille zur Macht und nichts außerdem und ihr selbst seid Wille zur Macht und nichts außerdem“). Das „Nichts-außerdem“ wird von Blaise Pascal bestritten („Ohne christliche Moral werdet ihr zu einem Monstrum!“); auch von Thomas Mann: „Wer Nietzsche wörtlich nimmt, wer ihm glaubt, ist verloren!“ (Schließlich hat der Mensch ja noch eine Seele!) – Übrigens war es Hitler, der den schrecklichen Nietzsche-Satz in Politik umgesetzt hat – mit den bekannten Folgen.
Viele Grüße
Kica

Hallo Chan!
Wie du schon sagtest, handelt es sich bei dem Willen, der durch Neigungen bestimmt wird, einfach nur um einen „Willen“, während der Wille, der gemäß der Vernunft handelt, (bei Kant) der „gute Wille“ ist!
Besten Dank und
viele Grüße
Kica