Hallo Martinus,
fangen wir mal bei 3. an:
- Ist eine evangelisch-evangelische Ehe (aus kath. Sicht, versteht sich) sakramental?
Sie ist es in aller Regel - genauer: wenn die Taufe der Eheschließenden als christliche Taufe anerkannt wird. Meine Antwort vom 21.05. war in dieser Hinsicht:
eine evangelische Trauung ist - anders als eine katholische - nicht sakramental.
falsch. Ich hatte dabei die Magdeburger Erklärung von 2007 nicht berücksichtigt, nach der u.a. die römisch-katholische Kirche und die der EKD angeschlossenen Kirchen wechselseitig ihre Taufen anerkennen (vorher gab es schon vereinzelte lokale Abkommen). Nur „in aller Regel“ deswegen, weil z.B. bei den meisten Freikirchen (kurioserweise) nur die Erwachsenentaufen anerkannt werden, nicht aber Kindertaufen.
Davon abgesehen - gegen die These, grundsätzlich jede Ehe von Getauften (auch von nichtkatholischen Christen oder ungläubigen Katholiken) sei ein Sakrament, gibt es durchaus theologisch beachtliche Einwände. Doch dies nur nebenbei.
- Ist die Sakramentalität der Ehe eine Voraussetzung für die Gültigkeit?
Umgekehrt: die Gültigkeit ist eine der Voraussetzungen für die Sakramentalität.
- Nach welchem Gesetz sollte die Naturehe in diesem Fall auflösbar sein?
Gemäß Can. 1141 CIC kann eine gültige und vollzogene Ehe nur durch den Tod aufgelöst werden. Lassen wir die Frage des Vollzugs mal außer Betracht, so wäre zu klären, ob die Ehe im katholischen Verständnis gültig war. Ungültig kann eine Ehe wegen Konsensmangel sein (den wir hier außer acht lassen können) oder wegen eines Formmangels. Einschlägig ist hier Can. 1086 § 1, auf den ich schon verwiesen hatte:
„Ungültig ist eine Ehe zwischen zwei Personen, von denen eine in der katholischen Kirche getauft oder in sie aufgenommen wurde und nicht durch einen formalen Akt von ihr abgefallen ist, die andere aber ungetauft ist.“
Wenn nun die römisch-katholische Kirche eine evangelische Taufe als mit der katholischen gleich gültig anerkennt, so gilt Can 1086 auch für einen evangelisch Getauften. Es wäre nun wirklich unsinnig, eine Ehe zwischen einem Ungetauften und einem katholisch Getauften als ungültig anzusehen, die zwischen einem Ungetauften und einem evangelisch Getauften hingegen als gültig. Formbefreiung kommt hier nicht in Frage - die für katholisch Getaufte vorgeschriebene Form einer gültigen Eheschließung, von der nun wiederum evangelisch Getaufte befreit sind, findet sich entsprechend im CIC auch an ganz anderer Stelle, nämlich Canones 1108 - 1123. Bei der fehlenden Taufe eines Ehepartners gem. Can. 1086 handelt es sich nämlich nicht um ein simples nichterfülltes Formerfordernis, sondern vielmehr um ein ‚trennendes Hindernis‘. Gem. Can. 1073 gilt hier:
„Das trennende Hindernis macht eine Person unfähig, eine Ehe gültig einzugehen.“
In aller Regel dürfte es sich dann nach katholischem Verständnis um eine Putativehe gem. Can 1061 § 3 handeln:
„Eine ungültige Ehe heißt Putativehe, wenn sie wenigstens von einem Partner im guten Glauben geschlossen wurde, und zwar so lange, bis beide Partner Gewißheit über deren Ungültigkeit erlangt haben.“
Der einzige nennenswerte Unterschied in kirchenrechtlicher Hinsicht zwischen Putativehe und Konkubinat liegt darin, dass die in dieser Verbindung gezeugten Kinder kirchenrechtlich als eheliche Kinder gelten. Um nun Deine Frage abschließend zu beantworten:
- Nach welchem Gesetz sollte die Naturehe in diesem Fall auflösbar sein?
Ganz einfach: zivilrechtlich. Kirchenrechtlich bedarf es keiner Auflösung, weil diese Ehe von Beginn an nach römisch-katholischem Kirchenrecht ungültig und damit nichtig war.
Freundliche Grüße,
Ralf