Katholiken und Protestanten

Hi

Hebräisch ist (immer) interpretationsbedürftig. Das Wort רצח hat, im Vergleich mit anderen hebräischen Wörtern ähnlicher Aussage, die Bedeutung von „morden“, d.h. einem ungesetzlichen Töten. Je nach Kontext könnte dieses Wort aber auch einfach mit „töten“ wiedergegeben werden, insbesondere dann, wenn keine Notwendigkeit bestünde, im betreffenden Fall zwischen einem erlaubten und einem unerlaubten Töten zu unterscheiden, solches nur irrelevante Überlegungen nach sich ziehen würde. Die Übersetzung mit „morden“ in den biblischen Dekalogen würde die zwangsläufig aufkommenden Fragen hinsichtlich des Genozids an der in Kanaan wohnenden nichtisraelitischen Bevölkerung, der auf den ersten Blick ein Widerspruch darstellen würde, klären bzw. gar nicht erst in den Sinn kommen lassen.

Es gibt in der Bibel zwei Dekaloge. Im Fall des „Mordens“ könnten, obwohl es sich beide Male um den (fast!) gleichen Wortlaut לא תרצח handelt, auch nach nichtmasoretischen Textquellen zwei verschiedene Übersetzungen gegeben werden, eine davon (für den Dekalog im Deuteronomium) in Form eines Gebots „Du sollst/darfst nicht …“. Der Dekalog im Exodus wäre aber keine Auflistung von unerlaubten Handlungen; würde man ihn trotzdem als „Gebote“ mit jeweils der Formel „Du darfst/sollst (nicht) …“ hinstellen, wie es die Regel in christlichen und jüdischen Übersetzungen ist, würde solches dutzende von Widersprüchen, Ungereimtheiten und noch mehr unnötige Fragen nach sich ziehen. Im Exodus wäre es lediglich die Aussage „Du mordest nicht“, d.h. kein Imperativ!

Gruß
Semsi

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Hallo zusammen,

kann mir jmd erklären warum sich katholiken und protestanten über Jahre die Köpfe eingeschlagen haben und ob dies im Nachhinein gerechtfertigt war. Ich verstehe den wesentlichen unterschied bis heute nicht. Bzw. stellt sich mir die Frage ob Krieg eigentlich mit dem Christentum allgemein vereinbar ist. Wenn nicht ist doch das Christum irgendwie gescheitert…

Viele Grüße Henry

In der Tat.

In einem Ort aus der Gegend des württembergischen Piet-Kong lebten insgesamt zwei Katholiken. Als einer von den beiden gestorben war, wurde er auf dem katholischen Friedhof begraben, der für diesen und andere Orte der Gegend grade dort war. Die freundliche Vermischung der Konfessionen durch Ansiedlung der Vertriebenen in der jeweils gegnerischen Konfession hatte noch nicht so richtig gegriffen, und die Beerdigung wurde vom zuständigen Priester als Gelegenheit wahrgenommen, die Präsenz der Catholica auch zwischen Bad Liebenzell, Nagold und Altensteig zu demonstrieren: Er rückte an mit allem, was sich aufbieten ließ, wie zu einer Fronleichnamsprozession. Der - als er es mir erzählt hat, schon lang nicht mehr kleine - Robert schaute trotz durch seine Eltern streng verbotenen Kontaktes mit Katholiken heimlich über die Friedhofsmauer - mit dem Ergebnis, dass er hernach eine ganze Weile in sein Nachtgebet die Bitte einschloss, der Herrgott möge den anderen Katholiken auch sterben lassen, damit er noch einmal so etwas Schönes, Feierliches sehen könnte…

So isches noch au wieder

moint

MM

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Moin,

Den Nordirlandkonflikt würde ich schon noch dazu zählen.

p

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Hallo,

sie haben sich aus machtpolitischen Gründen die Köpfe eingeschlagen. Diese Gründe wurden hinter religiösen Glaubensgrundsätzen versteckt bzw. dadurch verschleiert.

Protestanten haben nicht die führende Rolle des römisch-katholischen Papstes in Glaubensfragen anerkannt. Damit war der Grundsatz gefährdet, dass der weltliche und katholische Herrscher seine Herrschaftslegitimation via Papst direkt von Gott erhielt (->Gottesgnadentum). Insoweit war der Herrschaftsanspruch anzweifelbar geworden und Landesfürsten waren gegenüber ihrem König selbstständiger, konnten gar seine Herrschaft insgesamt gefährden ohne damit quasi auch gegen Gott zu kämpfen.

Aber das ist natürlich nur eine Antwort mit der ganz groben Kelle. Denn bereits früher wurde der Herrschaftsanspruch gesalbter Könige und auch der Päpste immer wieder angegriffen bzw. in Frage gestellt.

Krieg ist sehr wohl mit dem Christentum vereinbar. Zumindest gibt es keine gegenteilige Aussage seitens der christlichen Führung. Auch das 5. Gebot steht und stand dem nicht entgegen, da es stets interpretiert wurde. Ein klitzekleiiner Ausflug in die Welt des Konstrukts „gerechter Krieg“ und dem Unterschied zwischen Mord und Tötung:
http://www.moesgen.de/pmoegk.htm

Aber man kann sich natürlich leicht in die Rolle des Fundamentalpazifisten stellen, solange diese ungeprüft bleibt.

Gruß
vdmaster

Mysterium fidei

Hallo Oliver,

interessant im vorgelegten Zusammenhang Katholiken - Evangelische, dass vermutlich eine große Mehrheit befragter Christen der in D vertretenen Konfessionen als entscheidende Unterschiede Dinge benennen wird, die dogmatisch nicht so dramatisch wichtig sind (Marienverehrung, Heiligenverehrung, Bedeutung des Papstes, Rechtfertigungslehre, Sakrament der Beichte), während das Thema der Kommunion, das den zentralen, bei aller Ökumene nicht wegzudiskutierenden Punkt ausmacht, in dem die Konfessionen nicht zusammenfinden können, kaum angesprochen werden wird.

Schöne Grüße

MM

Was die Leute für bedeutsam halten und was tatsächlich bedeutsam ist, sind zwei verschiedene Paar Schuhe. :wink:

Beste Grüße

Oliver

Ist es heute denn noch so schlimm? Also ich falle unter den Lutheranern gar nicht auf, wenn ich manchmal an deren sonntäglichem Gottesdienst teilnehme (ohne Abendmahl, versteht sich), obwohl ich beim Glaubensbekenntnis meine immer zu sagen: „an die heilige katholische Kirche“ …

Beste Grüße

Oliver

Hallo Oliver,

sicherlich nicht - die administrative „Versöhnung per Ukas“ der Konfessionen war eine der Leistungen Adenauers, deren Ergebnisse bleiben werden. Die beiden Elemente „Ansiedlung der Vertriebenen in Gebieten mit jeweils anderer Konfession“ und „Aufhebung der Konfessionsschule“ haben aus den Jahrgängen ab etwa 1960 Leute gemacht, die die „gegnerische“ Konfession zumindest aus täglicher Anschauung kannten, und das entzieht ideologischen Imprägnierungen in probater Weise ihre Basis.

Ist aber noch keine zwei Generationen her: Ich entsinne mich, wie meine Schwiegereltern (rheinisch rk im Garn gefärbt) meinem Vater (Psychiater und evangelisch, also gleich auf zwei Wegen im Ruch einer Verbindung mit dem Bösen) das erste Mal begegnet sind: Der wurde ziemlich streng ins Examen genommen, und ich glaube nicht, dass die beiden einer Verbindung zugestimmt hätten, wenn sie denn gefragt worden wären.

Schöne Grüße

MM

Verständlich: Aus römisch-katholischer Sicht besteht bei interkonfessionellen Ehen die Gefahr des Glaubensabfalls und der Fehlerziehung der Kinder im falschen Glauben. Dem muß aus römisch-katholischer Sicht halt entgegen getreten werden, sonst gibt’s keinen Dispens.

Beste Grüße

Oliver

Ja, das schon - in Anbetracht dessen, dass die Schwiegereltern nicht wussten, dass der Glaubensabfall bei A. und mir selber zu diesem Zeitpunkt bereits stattgefunden hatte…

Wobei das mit dem Glaubensabfall noch ein Aspekt extra ist: Welche Bedeutung hat das eine Wörtlein im dritten Glaubensartikel für einen solchen, und bezieht es sich auf die Organisation, oder wie ist „allumfassend“ da genau zu verstehen?

Schöne Grüße

MM

Du meinst hier „die heilige katholische Kirche“ statt „die heilige christliche Kirche“ im Glaubensbekenntnis? Zumindest sagen die Katholiken das erste, die Lutheraner das zweite, weil die Lutheraner die Identifizierung mit der katholischen Kirche vermeiden wollen, auch wenn das Wort „katholisch“ an dieser Stelle nicht die Unterscheidung der beiden Kirchen meinen kann, da es zur Zeit der Entstehung der Glaubensbekenntnisse mit dieser Formel noch keine lutherische Kirche gab.

Beste Grüße

Oliver

Ja, grade diese: Zur Zeit der Entstehung der Glaubensbekenntnisse gab es zwar noch keine lutherische Kirche, aber doch auch schon einen ständigen Kampf mit Fraktionsbildungen. „Allumfassend“ kann hier unterschiedlich verstanden werden - in dem Sinn, dass es keine Kirchen außerhalb der Kirche Petri geben kann und darf, weil diese eben allumfassend ist, und somit alle Organisationen, die aus Abspaltungen entstehen, eben als vom Glauben abgefallen zu betrachten sind, aber auch in dem, dass es eine durch den Glauben verbundene Kirche gibt, die allumfassend ist und somit alle verschiedenen Organisationen und Fraktionen mit einschließt. Hier dreht sich die Geschichte dann im Kreis, bzw. führt zurück zur Frage der Interpretation.

Schöne Grüße

MM

Der Kirchenvater Heiliger Cyrill von Jerusalem schrieb im 4. Jahrhundert in seinem Katechismus zur Bedeutung des „die heilige katholische Kirche“

Die Kirche heißt katholisch, weil sie auf dem ganzen Erdkreis, von dem einen Ende bis zum anderen, ausgebreitet ist, weil sie allgemein und ohne Unterlaß all das lehrt, was der Mensch von dem Sichtbaren und Unsichtbaren, von dem Himmlischen und Irdischen wissen muß, weil sie das ganze Menschengeschlecht, Herrscher und Untertanen, Gebildete und Ungebildete, zur Gottesverehrung führt, weil sie allgemein jede Art von Sünden, die mit der Seele und dem Leibe begangen werden, behandelt und heilt, endlich weil sie in sich jede Art von Tugend, die es gibt, besitzt, mag sich dieselbe in Werken oder Worten oder in irgendwelchen Gnadengaben offenbaren“ (Katechesen an die Täuflinge, 18,23).

Also sind mehrere Aspekte enthalten: die geographische Ausbreitung der Kirche, d.h. das geographische Allumfassen, das Umfassen aller Menschen jeden Standes, das Umfassen allen notwendigen Wissens, das Umfassen des Umgangs mit allen Sünden und das Umfassen aller Tugenden.

Im heutigen Katechismus der Katholischen Kirche steht, daß die Kirche katholisch heißt, weil in ihr Christus anwesend ist gemäß der Auffassung des Apostolischen Vaters Heiliger Ignatius von Antiochia, weil sie den ganzen, unverfälschten Glauben verkündet, alle Heilsmittel besitzt und spendet und zu allen Völkern zu allen Zeiten gesandt ist (Kompendium).

Daraus schlußfolgere ich, daß sich das „katholisch“ im Glaubensbekenntnis zwar nicht auf die Unterscheidung zwischen der heutigen katholischen und der heutigen lutherischen Kirche beziehen kann, daß aber mit der „katholischen“ Kirche im Glaubensbekenntnis nur die heutige katholische Kirche gemeint sein kann, denn nur auf sie treffen die Beschreibungen gemäß ihrer Geschichte und Tradition zu. Daher ist es richtig, zu bekennen, „Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige katholische Kirche“ und nicht an „die heilige christliche Kirche“, denn das wäre ein Abfall vom Glauben, daß die katholische Kirche die von Cyrill von Jerusalem beschriebene Kirche ist. Es kann aber nur diese eine heilige, katholische und apostolische Kirche geben.

Beste Grüße

Oliver

Der wesentliche Unterschied besteht im Verständnis dessen, was eigentlich Kirche ist. Aus protestatischer Sicht kommt Kirche „von unten“: Wo Menschen das Evangelium verkündigen, Taufen und Abendmahl feiern, da ist Kirche und da ist Gott mit dabei. Die katholische Theologie versteht Kirche „von oben“ => Gott - Papst - Bischof - Priester… Gemeinde. Nur wo diese Hierarchie besteht, ist wirklich Kirche gegeben.

Daran hängt dann auch der noch am ehesten sichtbare Konflikt um das Abendmahl bzw. die Eucharistie. Da die Protestanten aus katholischer Sicht keine gültigen Priester haben, können sie die Wandlung in der Eucharistie nicht wirken, so daß Jesus nicht wirklich dabei ist. Damit nun katholische Gläubige nicht irriger Weise ein protestantisches Abendmahl für eine Eucharistie halten, verbietet die kath. Kirche ihnen sicherheitshalber gleich, daran teilzunehmen. Im Gegenzug betrachtet sie die Eucharistie als Zeichen der kirchlichen Einheit, weshalb sie Protestanten die Teilnahme verwehrt (weil sie nicht zur heiligen römisch-katholischen Kirche gehören).

All die anderen (z.B. von Aprilfisch genannten) Unterschiede fallen zwar viel schneller auf, sind aber im Wesentlichen Kleinigkeiten, zu denen man sich durchaus einigen könnte - wenn man denn wollte (was auf beiden Seiten nicht unbedingt der Fall ist).

Martinus

Was ist der Unterschied zwischen z.B. HSV und Bayern München, die rennen beide einer genormten Kugel hinterher und zuweilen schlagen siech die jeweiligen Anhänger die Köpfe ein.

Das ist aber gerade nicht vergleichbar mit den unterschiedlichen Konfessionen. Denn Fußballspiele finden nach für beide Mannschaften verbindlichen Regeln statt, die diese Mannschaften nicht (bzw. nicht allein) gemacht haben und deren Einhaltung von außen überwacht wird (Schiedsrichter als unparteiische Vertreter der Fußballliga bzw. des Fußballverbands). Bei den Konfessionsgemeinschaften handelt es sich dagegen um Gemeinschaften, die jede für sich nach eigenen Regeln handeln, selbst dann, wenn Begriffe und Institutionen für Außenstehende scheinbar ähnlich sind. Beispielsweise ist die Ehe für die Lutheraner „ein weltlich’ Ding“, für die römischen Katholiken dagegen ein Sakrament, in dem Christus selbst und durch seine Kirche handelt. Diese beiden Konfessionen verstehen deshalb unter Ehe etwas völlig anderes, was sich u.a. in den Folgen widerspiegelt, wenn die beiden Partner auseinander gehen.

Beste Grüße

Oliver

5 . Gebot

Dort heißt es schließlich ja auch:
Du sollst nicht töten
und nicht
Du darfst nicht töten

:wink:

Gruß

Aber neben den Mannschaften gibts ja dann noch die Anhänger, Hooligans, Ultras usw.

Nein, da steht:

לֹ֥֖א תִּֿרְצָֽ֖ח׃ ס

Du sollst nicht töten im Sinne von „ungesetzlich töten“, insbesondere morden. Deshalb ist die Übersetzung „Du sollst nicht morden“ in der Einheitsübersetzung (und einigen anderen Bibelausgaben) der Aussage angemessener.

Beste Grüße

Oliver