Hallo Lucia,
Nehmen wir mal an E und D haben vor kurzen standesamtlich
geheiratet und nun steht die kirchliche Hochzeit an.
Okay. Grundsätzlich angemerkt - standesamtliche Eheschließung und kirchliche Eheschließung sind nach (katholischer) kirchenrechtlicher Auffassung zwei völlig verschiedene Paar Stiefel. Zivilrechtlich gilt dasselbe. Für Deine Frage ist es also grundsätzlich völlig unerheblich, ob standesamtlich eine Ehe geschlossen wurde oder nicht.
Nehmen wir weiter an diese ist rein evangelisch, mit der
Pfarrerin wurde auch alles geklärt, nichts stünde mehr im
Wege.
Okay. Zunächst einmal einschränkend: von evangelischer Seite steht jetzt nichts mehr im Wege. Auf der katholischen Seite sieht das jedoch anders aus - die wurde bislang ja auch wohl gar nicht eingeschaltet. Kirchenrechtlich bedeutet die evangelische Trauung zunächst einmal, dass die so nach evangelischem Ritus geschlossene Ehe gültig ist. Die Ehegatten unterliegen also beispielsweise denselben kirchenrechtlichen Beschränkungen in Bezug auf Scheidung und / oder Wiederverheiratung, als wäre die Ehe vor einem katholischen Priester geschlossen worden.
Von Bedeutung ist dies natürlich nur, wenn einer der Partner später ein weiteres Mal heiratet und dann nach katholischem Ritus getraut werden möchte. Kurioserweise ist eine ausschließlich standesamtlich geschlossene frühere Ehe jedoch kein solches Hindernis - die wird, wie schon angedeutet, einfach ignoriert.
Die evangelisch geschlossene Ehe ist zwar gültig , sie weist jedoch nach katholischem Kirchenrecht einen Formmangel auf - d.h. sie wurde nicht in der durch das Kirchenrecht vorgeschriebenen Form geschlossen, also nach can. 1108 CIC durch den zuständigen Ortsordinarius, Ortspfarrer oder einem von einer dieser Personen delegierten Priester oder Diakon. An einen evangelischer Pfarrer, gar eine Pfarrerin, kann das natürlich nicht delegiert werden, weil diese nicht geweiht sind.
Nun nehmen wir an das der katholische Pfarrer der Gemeinde
sich auf einmal meldet, von E die eigentlich katholisch ist,
ihre Taufurkunde, einen Ledigennachweis ( wäre ja nicht mehr
Möglich) fordert und gleichzeitig andeutet das ein
Ehefähigkeitsseminar notwendig sei, ansonsten sei die Ehe per
gesetzt nichtig.
Der Grund dafür ist der angesprochene Formmangel. Schließen zwei Menschen evangelischer Konfession nach evangelischem Ritus die Ehe, so ist diese nach katholischem Kirchenrecht zwar mit einem Formmangel behaftet, aber gültig. Dies ist auch der Fall, wenn -wie hier - einer der Partner Katholik ist. Von diesem verlangt dann allerdings das Kirchenrecht, dass er/sie sich darum bemüht, den Formmangel zu heilen , denn Katholiken unterliegen in Bezug auf die Eheschließung der Formpflicht.
Geheilt wird der Formmangel bei Katholiken durch einen Dispens (Befreiung) von der Formpflicht. Befugt zur Erteilung des Dispenses sind hier dieselben, die auch zur Konsekrierung der Ehe befugt sind (s.o.). Ungewöhnlich ist hier allerdings, dass der katholische Gemeindepfarrer sich selbst darum bemüht, einen Dispens zu erteilen - eigentlich ist dafür zunächst eine Petitio (ein Antrag) des bzw. der Betroffenen notwendig. Jedenfalls ist er offensichtlich gewillt, einen solchen Dispens zu geben und fordert nun dafür die notwendigen Unterlagen an und macht evt. den Besuch eines Seminars zur Auflage bzw. Bedingung für seine Bereitschaft, einen Dispens zu erteilen. Grundsätzlich sind das genau die Unterlagen, die auch vorgelegt werden müssten, wenn eine katholische Trauung gewünscht würde. Gleiches gilt für das Seminar.
Sein Hinweis, dass die Ehe sonst (also ohne den Dispens) kirchenrechtlich ungültig wäre, ist richtig. Pikanterweise gilt dann auch hier, dass damit im Falle einer Wiederverheiratung einer katholischen Trauung nichts im Wege steht …
Rein theoretisch wäre E entsetzt und füllt sich unter Druck
gestellt, da es nur noch wenige Woche bis zur Hochzeit seien,
dies wurde dem kath. Pfarrer mitgeteilt. Darauf hin würde
dieser meinen das E sehen würde was sie davon hätte.
Ein Anlass zum „Entsetzen“ besteht da überhaupt nichtt. Ich unterstelle mal, der katholische Pfarrer geht davon aus, dass der Frau ihre Mitgliedschaft in der katholischen Kirche etwas bedeutet und dass sie nur aus Liebe zu ihrem Partner in eine evangelische Trauung eingewilligt hat. Er will sie nun in Wahrnehmung der Fürsorgepflicht für seine Gemeindemitglieder davor bewahren in einer - nach kirchenrechtlicher Auffassung - ‚wilden‘ Ehe zu leben. Wenn ihm die Frau signalisiert, dass sie das alles nicht interessiert, wird er sie wohl oder übel in Ruhe lassen (müssen).
Frage was für Folgen hätte dies den?
Ich vermute mal, der Pfarrer würde sie als fortgesetzt und willentlich im Zustand der Sünde lebend (unehelicher Geschlechtsverkehr) nicht mehr zur Kommunion zulassen. Es gibt Leute, die können damit leben. Warum die dann allerdings noch in der katholischen Kirche sind und dort Kirchensteuer zahlen, vermag ich nicht so recht nachzuvollziehen.
Freundliche Grüße,
Ralf