Katholischer Chefarzt trotz Ehebruch nicht kündbar?

Hallo Experten,

kürzlich wurde vom Gericht festgestellt, dass in einem kirchlich betriebenen Krankenhaus der Chefarzt nicht aufgrund von Ehebruch (Scheidung + neue Heirat = Ehebruch nach Kirchenrecht) kündbar ist.

  1. Soweit mir bekannt ist, ist die Ehe eins der heiligen Sakramente. Kann mir jemand helfen, das einzuordnen? Wie schlimm ist Ehebruch nach Kirchenrecht? Ist das eher wie mal die Unwahrheit sagen, oder ist das von der Schwere her eher eine Todsünde?
  2. Inwiefern wird die Ehe im Deutschen Recht „besonders geschützt“, wenn Ehe***brecher*** offensichtlich gleichzeitig einen besonderen Schutz zu genießen scheinen?

GMarco

Kirche und Staat sind zwei paar Schuhe.
Auch ein Dienstleistungs - Industrie- und Handelsunternehmen wie die Kirche hat sich an geltende Gesetze des Landes in den diese Aktiv ist zu halten.

meiner Meinung nach hat bei und die Kirchen einfach zu viel Sonderrechte.

Hallo Marco,

es ist ja nur ein Ehebruch nach Kirchenrecht. Gesetzlich hat er nichts verbrochen, er hat sich ganz legal scheiden lassen und hat anscheinend anschließend, ebenfalls ganz legal, erneut geheiratet. Also ganz gesetzeskonform.

Gruß
Christa

Letzteres. Will der Ehebrecher nicht in die Hölle kommen, muss er vor dem Tod Buße tun.

http://www.bpb.de/izpb/254388/schutz-von-ehe-und-familie-und-von-kindern-nicht-verheirateter-eltern

Gruß,

Kannitverstan

Tach.

Auf dem Papier. Ich setze mal Kirche=Religion und schaue auf die alten Hochkulturen. Auch damals schon musste sich so mancher Herrscher dem Einfluss der Priesterkaste beugen. Und nicht anders ist es bei der Geburtsstunde unseres Landes auch gewesen. Mancher Familienclan hielt sich, trotz „brauner Socke“, Würdenträger in allen Lagern und schrieb fleissig am Gesetzbuch mit.

Schwierig. Im Nachbarland ist „Bakschisch, Mord und Totschlag oder die Heirat von Minderjährigen“ erlaub. Alles, weil es den Interessen des Landes dient! Und daran soll man sich halten; oder gar unterstützen?

Dem stimme ich zu, ist halt gute Lobbyarbeit gewesen.

Gruß.
:wink:
PS: zum Urpost bzw. @Christa:

da aber auch vor dem Herrn alle Schäflein gleich sind, kann man nicht das eine strafen und ein anderes kommt ungeschoren davon. Klassisches Eigentor des Arbeitgebers.

ja andere Läner andere Sitten, es geht aber hier wohl um einen Fall in der BRD.

1 Like

Den Fünften Punkt finde ich ziemlich hart:

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Das ist ja eher das Gegenteil von „Ehe besonders schützen.“ …und sowas im GG.

Naja… man lernt nie aus :smile:

Danke für die Links

Und was soll jetzt der Gesetzgeber dagegen tun, nicht eheliche kinder aufteilen in:
Aus Ehebruch hervorgegangen,
nicht aus Ehebruch hervorgegangen ?
Selbst wenn ers´täte, wöre es ein schwerwiegender Verstoss gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aber so dämlich ist er ja nun doch noch nicht. ramses90

3 Like

Die Kirchen sind längst nicht die einzigen Tendenzbetriebe, und auch den anderen Tendenzbetrieben steht es - ganz nach dem Gesetz und Rechtsprechung - zu, eine Identifikation ihrer Mitarbeiter mit grundsätzlichen Werten ihres Arbeitgebers zu verlangen. Insoweit ist „Kirche und Staat“ hier nicht der Punkt.

Ich hatte noch keine Zeit, mir das Urteil zu Gemüte zu führen, aber was so jenseits der Plattheit „Kirche darf wegen Wiederverheiratung nicht kündigen“, mir gestern medienmäßig über den Weg lief war, dass es weniger um die Kündigung aufgrund Wiederverheiratung ging, sondern vielmehr darum, dass der AG die Einhaltung seines Wertekodex nicht konsequent und diskriminierungsfrei umgesetzt habe, also nicht als Arbeitgeber von allen MA die Einhaltung seiner Werte gefordert hat, sondern nur bei denen, die selbst wiederum katholisch sind, Konsequenzen aus einer Wiederverheiratung gezogen hat. Das ist dann aber eine ganz andere Aussage mit ganz anderen Folgen! Denn dann dürften entsprechende Kündigungen künftig durchaus Bestand haben können, wenn sie konsequent bei allen MA durchgesetzt würden, und nicht erst im Falle der Wiederverheiratung, sondern bereits dann, wenn dem AG ein Ehebruch bekannt würde.

Aber ich werde mir das Urteil noch mal bei Gelegenheit in Ruhe zu Gemüte führen.

1 Like

Wie sieht es denn mit dem ersten Punkt aus? Mehr Gloria geht nicht.
Die Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.
Das steht in der Verfassung. Gleich hinter dem Recht auf freie Meinungsäußerung, übrigens.

Wieviel Schutz möchtest du denn?

Soon

Naja… Du musst zugeben dass "besonderer Schutz" jetzt nicht sehr konkret ist, oder?

Vor allem, wenn fast direkt dahinter, noch im selben Paragraphen(!!), schon eine nicht unerhebliche Einschränkung steht.

Wir verteidigen unser Land am Hindukusch, und den Amazonasurwald wird auch ganz besonders geschützt (nämlich in Form einer Schrankwand, die wöchentlich abgestaubt wird). „Besonderer Schutz“ ist ungefähr so viel wert wie „die Renten sind sicher“.

1 Like

Nicht-Katholische Menschen empfangen nicht das Sakrament der Ehe, also können sie auch nicht die Ehe brechen, oder?

Tach.
Das mit der Ehe ist so´ne Sache. Wer da wem ein Versprechen gibt, etwas schwört oder ´ne Verpflichtung eingeht??? Schlicht gesagt: Vertrag ist Vertrag; und der braucht nicht als Sakrament der Ehe definiert um gebrochen zu werden. Und wer wann auch immer diesen Humbug ins Leben gerufen hat, wahrscheinlich haben sich nicht mal alle Kirchenfürsten an diese Regelung gehalten.

Gruß.
:wink:

Das ist ein durchaus berechtigter Einwand. In der Tat stellt sich hier natürlich die Frage des: „Gleiches gleich und ungleiches ungleich behandeln“ Die nicht kirchlich geschlossene Ehe ist rein kirchenrechtlich nicht existent, und kann somit kirchenrechtlich auch nicht gebrochen werden. Damit ist dann durchaus nachvollziehbar kein Anlass für Sanktionen. Insoweit kann man die bisherige Praxis, nur katholisches Personal zu sanktionieren, durchaus nachvollziehbar begründen. Man müsste jetzt wirklich mal das Urteil komplett lesen um nachzuvollziehen, woran genau man festgemacht hat, dass diese Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt gewesen sei.

Aber man könnte natürlich die Sache auch an einem „grundsätzlich unpassenden Lebenswandel“ (im Sinne der Vorstellungen der Kirche als Tendenzarbeitgeber) festmachen oder künftig nur noch katholisches Personal einstellen. Rein praktisch wird dies aber kaum funktionieren, weil die Lebenswirklichkeit weiter - auch katholischer - Bevölkerungsteile gerade in Bezug auf die Ehe und die katholische Sexualmoral weit von dem weg sind, was man dann strenggenommen fordern müsste.

Und gerade im Gesundheits- und Altenpflegebereich haben wir ohnehin schon extremen Personalmangel, und lassen sich solche Standards schon lange nur noch mit zwei zugedrückten Augen aufrecht erhalten/hat man sie schon lange deutlich eingedampft um dann beide Augen zudrücken zu können. Z.B. durch die ACK-Klausel, auf die man sich unter den christlichen Kirchen verständigt hat, wurde vereinbart, dass Stellenauschreibungen, nach Möglichkeit nicht die Zugehörigkeit zu einer spezifischen Konfession, sondern nur zu einer christlichen Kirche verlangen sollen, solange es nicht um herausgehobene Positionen geht. Bei Personal ohne bzw. geringem „Kundenkontakt“ ist man ohnehin schon in den allermeisten Betrieben seit Langem weg von irgendwelchen Anforderungen jenseits einer offenen Abneigung zum Thema Kirche.

Da werden nun natürlich nicht wenige Leute frohlocken, die damit das Ende des ihnen persönlich verhassten kirchlichen Arbeitsrechts als Aspekt der ihnen grundsätzlich verhassten Kirchen am Horizont sehen. Ich gebe aber zu bedenken, dass die Idee der Tendenzbetriebe sehr wohl ihre Berechtigung hat, wenn man sich ansieht, wie viele Menschen sich ganz bewusst dafür entscheiden in Bereichen wie Ausbildung, Gesundheitswesen und Altenhilfe, … Tendenzbetrieben den Vorzug zu geben, die ihrer Weltanschauung möglichst nahe kommen. Und das gilt für das AWO-Altenheim nicht anders als für den kirchlichen Kindergarten. Und es ist erstaunlich wie viele Menschen gerade dann, wenn es um existenzielle Fragen geht, sich für kirchliche Einrichtungen entscheiden, von denen sie besondere Standards erwarten, auch wenn sie selbst gar nicht Mitglieder der Kirche sind. Diese Standards haben aber nun mal ganz, ganz viel mit dem dort arbeitenden Personal zu tun. Wie will man die dann aufrecht erhalten, wenn man das Personal nicht mehr entsprechend auswählen darf?

Man stelle sich als Gegenbeispiel vor, die Gesellschaft für humanes Sterben würde ein Krankenhaus oder Altenheim eröffnen, in dem es das Versprechen gibt, dass man bis an die äußerte harte Kante der Strafgesetze gehen wird, um jeden schnellstmöglich vom Leben zum Tode zu befördern, der dies will. Auch das wäre ein Tendenzbetrieb, für den sich Menschen sicherlich ganz bewusst entscheiden würden, weil sie eine entsprechende Weltanschauung teilen. Und denen tritt dann da sofort eine Frau Dr. X und ein Pfleger Y entgegen, die beide in irgendeiner ganz strengen Sekte aktiv sind, die so gar nichts von Sterbehilfe hält, und die diesen Job nur aus missionarischem Eifer angenommen haben, die Patienten davon überzeugen zu wollen, sich die Sache mit dem schnellstmöglichen freiwilligen aus dem Leben scheiden doch noch mal zu überlegen. Sollte man diesen Arbeitgeber jetzt dazu verpflichten, dieses Personal zu halten?

Es ist nicht immer leicht vor dem Hintergrund einer Einzelfallentscheidung, die einem ggf. persönlich gut gefällt, auf generelle Aspekte hin zu abstrahieren. Aber das ist wichtig, wenn man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten will.

1 Like

Es geht mir ums Kirchenrecht. Standesamtlich verheiratete oder sonstwie vertraglich gebundene sind nicht verheiratet.

Schade, dass man hier die Antwort auf eine Antwort nicht als „beste Antwort“ auszeichnen kann. Sonst würde ich diese dafür aussuchen.

Sind sie doch. Wenn du dich nur ein bisschen mit der umlagefinanzierten Rente beschäftigen würdest, wüsstest du, dass dieses System im Gegensatz zur kapitalgedeckten Altersvorsorge, welche im fast Rest der Welt praktiziert wird, extrem sicher ist.
Aber gut, da dein Weltbild ziemlich gefestigt scheint, ist es vielleicht zuviel verlangt, mal über den Tellerrand zu schauen.
Hier noch etwas zum Thema Rente

Das lese ich anders:
„Der sakramentalen Lehre folgend ist auch die Ehe zweier nichtkatholischer Christen eine sakramentale christliche Ehe und daher unauflöslich. Heiraten zwei Atheisten standesamtlich, so ist auch deren Ehe nach katholischem Kirchenrecht wirksam und unauflöslich; …“

Ich halte den Hinweis von Christa für wesentlich. Er hat zwar gegen das Recht der katholischen Kirche verstoßen. nicht aber gegen geltendes Staatsrecht. Regeln von einzelnen Glaubensgemeichaften unterliegen also, wenn sie Staatsrecht unterminieren. Wenn hier alle Religionen gleichberechtigt zusammen gelebt werden sollen können, kann es keine Super-Spezialbedingungen für einzelne Religionen geben, Die können und sollten berücksichtigt werden, solange sie den 'gesamten" Frieden nicht durcheinander bringen.
Der böse unbequeme demokratisch Staat hat also die Aufgabe, einen Haufen widerstrebender teilweise sehr egoistischer Einzelinteressen zu einem positiven Ergebnis zu koordinieren.
Was stört nun an de Urteil?
LG
Amokoma1

Ich lese mal aus dem Kaffeesatz: Womöglich wurde er vertragsbrüchig. Dann gilt auch die staatliche Gesetzgebung.

M.E. ist dem nicht so. Die kath. Kirche maßt sich an, dass das Kirchenrecht im Bezug auf die Ehe über die Grenzen der Kirchengemeinschaft hinweg wirksam ist. Wenn dem so ist, müssen Rechtsverstöße ungeachtet der Kirchenzugehörigkeit in gleicher Weise sanktioniert werden.
Ein Scherz am Rande: Hätte der AG nicht bei anderem AN den Kirchenrechtsverstoß geduldet, wäre die Geschichte womöglich anders ausgegangen. Arbeitsrecht ist Richterrecht und z.T. der Ausgang ungewiss.

:wink: