Hi,
leider spiegelt es aber auch erneut ein Versagen der
zuständigen Zivilschutz-Führung.
Große Worte, leichtfertig in den Mund genommen.
Was glaubst du, kann man besser machen?
Mir scheint Vieles schon im Vorfeld schief gelaufen zu sein. Anstatt eine „Evakuierung“ dahingehend zu gestalten daß jeder auf eigene Faust wegfährt bzw. der „Rest“ im Stadion untergebracht werden muß hätte man dieses koordinieren müssen.
Sicherlich ist das logistisch kaum zu schaffen eine komplette Großstadt von heute auf morgen an eine andere Stelle zu verfrachten, aber eine gewisse Kanalisation der Menschen wäre machbar gewesen. Auffanglager außerhalb, mit hygienischen Einrichtungen und Nahrungsversorgung sowie Schlafgelegenheiten und Kommunikationsmöglichkeiten.
Leute in ein im Schadensgebiet liegendes Stadion zu evakuieren ist Schwachsinn, weil man Leute nicht tagelang (absehbar!) auf Plastikstühlen und ohne ausreichende Versorungsmöglichkeiten kasernieren kann. Mal ganz abgesehen davon daß man sich auch fragen muß wie sicher das Stadion, sein Dach und die sanitären Möglichkeiten dort sind.
Krankenhäuser hätte man dergestalt räumen müssen daß die Patienten weit verteilt werden und „aus dem Weg geschafft“ werden. Es ist ein schlechter Scherz wenn ein Krankenhaus überstürzt geräumt werden muß und die Leute gezwungenermaßen ebenfalls in das Stadion verlegt werden weil nix anderes mehr geht - und jetzt müssen alle auch noch das Stadion räumen.
Es ist ein altbekannter Grundsatz daß ein Massenanfall von Patienten nicht dadurch bewältigt werden kann indem man die Katastrophe vom primären Schadensort in ein Krankenhaus, oder generell an einen anderen Ort, verlegt.
Gas- und Stromversorgung, Telefonleitungen usw. hätte man so gut wie möglich sichern, wenn es noch geht abbauen, in jedem Fall abschalten müssen.
Die Evakuierung hätten mit Nachdruck durchgesetzt werden müssen. Wenn man die Lage im Vorfeld für so gefährlich hält daß die Stadt komplett geräumt werden soll ist nicht akzeptabel wenn dutzende Menschen meinen sich daran nicht halten zu müssen. Da hätte man rigoros, notfalls mit Zwang, räumen sollen. Alle diejenigen, die sich „senkrecht evakuiert“ haben - also zuhause geblieben und dann auf’s Dach geflüchtet sind - sind die Massen von Verletzten, Toten, Hilfsbedürftigen, gegen deren Elend man jetzt mühsam kämpfen muß.
Man kriegt nie jeden zwangsweise aus seinem Haus heraus, irgendwer versteckt sich immer, aber zwischen bloßen Appellen und systematischer Räumung durch Polizei, Militär oder Nationalgarde liegen ja noch Welten.
Wichtig ist weiterhin eine absolut intensive Zusammanarbeit mit Journalisten. Man muß verhindern daß die alleine, auf eigene Faust durch die Gegend rennen, sich dabei vielleicht noch gefährden, und vor allem subjektive, nicht immer sinnvolle Dinge aus ihrer individuellen Sicht verbreiten.
Besser ist wenn man ihnen ausreichend Material und Informationen anbietet, bis hin zu „geführten Touren“. Es gibt regelmäßige Pressekonferenzen, Gesprächspartner für Interviews und immer einen für die Presse verfügbaren Ansprechpartner. So „kontrolliert“ man - nicht im Sinne einer Zensur, sondern weil es sinnvoll ist - daß die Perporter einerseits befriedigt sind und ihr Material bekommen, andererseits aber auch sinnvoll in Informationskampagnen an die Bevölkerung eingebunden werden können.
Sinnvoll ist hier auch wenn ein Einsatzleiter - sei es ein „echter“ oder Mr. President - regelmäßig auf der Mattscheibe erscheint und Statements abliefert, den Eindruck vermittelt daß er everything under positive control hat und sich etwas tut. Ob das so ist ist weniger wichtig als die Tatsache, daß man vermitteln kann: „Da ist ein kompetenter Mann, und der hat die Sache im Griff.“
Ich hatte schon gesagt daß es logistisch selbstverständlich sehr schwer ist und eine enorme Kraftanstrengung bedeutet eine ganze Stadt in einem Zeltlager etc. unterzubringen. Man hätte damit aber auch die betroffene Bevölkerung „kanalisieren“ können. Die Leute haben eine klare Struktur, es gibt Versorgungswege, eine Infrastruktur, über die Nahrung, Wasser, Informationen über die Lage und Betreuungsmöglichkeiten arrangiert werden können. Im Augenblick haben sich die Einwohner des Schadensgebietes allesamt alleine verkrümmelt, werden aber auch genauso ungeordnet - und vermutlich geballt - eher früher als später wieder aufschlagen.
Gegen die Seuchengefahr und generell die hohe Anzahl an Toten hätte auch geholfen wenn aufgrund konsequenter Evakuierung erst gar nicht so viele Opfer ums Leben gekommen wären. Zum Glück sind die hygienischen Möglichkeiten der USA besser als die irgendwelcher „3.-Welt-Länder“. Aber man braucht trotzdem sehr schnell eine tadellose Trinkwasser-Versorgung, ggf. Impfungen und Medikamente, und so gut es geht müssen natürlich die Leichen schnell geborgen werden - wobei mir klar ist daß sowas unter den momentanen Bedingungen schwierig ist.
Gegen die Plünderer hätte man schon in der Vorbereitung demonstrativ Polizei und Militär mit Booten und Hubschraubern oder anderer Ausrüstung anrücken lassen sollen. Massive Polizeipräsenz, die schon vorher abschreckend wirkt und auch jetzt in großer Anzahl versucht das Gebiet zu kontrollieren so gut es geht.
Auch hier wieder: hätte man gleich zu Anfang konsequenter evakuiert müßte man damit jetzt nicht so viele Einsatzkräfte und Fahrzeuge binden, die aber in der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung jetzt fehlen. Dazu ein paar eindrucksvolle Bilder, in denen kooperative Journalisten zeigen daß die Polizei engmaschig patroulliert, Plünderer erwischt und unsanft einsackt…
Im Hintergrund, in der 2. Reihe, muß dann eine Versorungskette aufgebaut werden, die sowohl die Evakuierten wie auch die Helfer versorgt. Lebensmittel, Nahrung, Wasser, Betreuungsmöglichkeiten und Notfallseelsorger, Kriseninterventionsteams (KITs) und Pfarrer.
Mir ist klar daß man solche Theorien am grünen Tisch leicht schreiben kann, sie vor Ort aber mitunter nicht so umsetzen kann. Vor allem weil das Schadensgebiet und die Anzahl der Betroffenen hier extrem groß ist. Das ändert aber nichts daran daß Strukturen wie von mir beschrieben das anzustrebende Optimum wären.
Wir haben jetzt ziemlich genau den 4. Jahrestag nach 9/11 und da war eigentlich Zeit genug für den Zivilschutz um sich auf eine große Schadenslage vorzubereiten - wenn es nicht schon vorher Planungen gab. Aber man hatte doch, allein aufgrund der Terrorangst, immer Sorge daß es zu einem erneuten Großangriff von Terroristen kommen könnte - und mußte sich Strategien überlegen wie man damit umgehen wird.
Hier hatte man sogar günstigerweise mehrere Tage Vorlauf und hätte planen und organisieren können. Da erstaunt es mich dann doch wenn nicht mal grundsätzliche Konzepte des Umgangs mit einer Großschadenslage erkennbar werden.
Gruß,
MecFleih