Schön.
Und inwiefern ist „reinrassig“ jetzt eine Eigenschaft, die abgesehen vom Aussehen des Hundes objektiv bestimmbar ist? Welche Aussage sollte ein DNA-Test über diese Eigenschaft ermöglichen?
Zwar gibt es typische Ausprägungen bestimmter DNA-Sequenzen bei einzelnen Hunderassen, aber diese streuen ziemlich breit, so dass ein DNA-Test allenfalls die Aussage bringen kann „ist nahe mit Border Collie verwandt und hat mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine große Zahl von Border Collies unter den Vorfahren“, aber eben nicht die Aussage „ist ein reinrassiger Border Collie“.
Zusätzlich ungenau wird diese scheinbar „objektive“ Bestimmung der Rassezugehörigkeit dadurch, dass es ungefähr 500 beschriebene Hunderassen gibt, aber höchstens 100 Hunderassen sich anhand des Vorkommens bestimmter DNA-Sequenzen unterscheiden lassen, der Rest sind nur phänotypische Differenzierungen innerhalb eines Genotyps. Man kann anhand einer DNA-Analyse nicht feststellen, ob ein Malli einen Deutschen Schäferhund unter seinen Vorfahren der letzten drei Generationen hatte oder reinrassiger Malinois ist.
Kurzer Sinn: Einen Hund ohne Papiere als reinrassig zu bezeichnen, bedeutet objektiv nur, dass er äußerlich alle Merkmale des beschriebenen Rassestandards trägt (bzw. als ausgewachsenes Tier tragen wird).
Ob Du im vorliegenden Fall die „leere“ Eintragung kriegst, hängt von der Gnade des zuständigen Gremiums ab, ohne Papiere gibt es nur Indizien für eine bestimmte Abstammung des Hundes, keine Beweise (weder dafür noch dagegen) - auch hier, wie überall im Vereinswesen (nicht nur im deutschen - die Franzosen sind z.B. noch viel schlimmere Vereinsmeier), ist es nützlich, wen zu kennen.
Ach, und zum Trost noch ein Episödchen aus einer benachbarten Disziplin, der Herdbuchzucht bei Rinderrassen:
Der Herdbuchbestand des Deutschen Braunviehs der moderneren Hochleistungs-Linie war in den 1980er Jahren dadurch gefährdet, dass bei der Zucht mit (von Deutschem Braunvieh abstammenden) Brown-Swiss-Bullen nicht darauf geachtet worden war (das konnte man mit den damaligen Möglichkeiten der DNA-Analyse auch nicht wissen), dass die verwendeten Bullen relativ nahe miteinander verwandt waren, so dass es zu Inzuchtdefekten kam, die wegen des vergleichsweise kleinen Herdbuchbestands nicht durch Paarungen innerhalb des Bestands repariert werden konnten.
Die Lösung wurde dann in Beständen von Deutschem Braunvieh gefunden, die irgendwo im Südosten (leider erinnere ich mich nicht mehr präzise, in wo genau - ich glaube, es ging um Bessarabien) aufgetrieben wurden - Nachkommen von Tieren, die Siedler aus Süddeutschland ungefähr 1820 dorthin mitgebracht hatten, und die seither weit entfernt von jedem Herdbuch und jeder systematischen Milchleistungsprüfung usw. weiter gezüchtet worden waren. Mit Bullen aus diesen Beständen konnte die „Brown Swiss“-Zuchtlinie erhalten werden. Diese sorgten beiläufig auch dafür, dass der Bestand der Zuchtlinie „Original Braunvieh“ trotz der mittlerweile sehr kleinen Zahl (etwa 150 Kühe, die überhaupt als Bullenmütter in Frage kommen, beim Allgäuer Braunvieh) weiter ohne das Risiko von Inzuchtdefekten gepflegt werden kann.
Moral: Gerade, dass bei Rassetieren manchmal eine so breite genetische Streuung vorliegt, hilft, diese Rassen als Rassen weiter züchten zu können. Allzu „rasserein“ ist ungesund.
Weiterführend kannst Du auch ja mal den wunderschönen Monolog von Fliegergeneral Harras in Carl Zuckmayers „Des Teufels General“ über die Landschaften am Rhein als Heimat der wertvollsten „deutschen Rasse“ lesen - aber das führt jetzt doch zu weit ab.
Schöne Grüße
MM