Klassenforum vom Lehrer verboten

Hallo,

meine 14-Jährige Tochter schreibt seit Monaten gerne in einem Internetforum ihrer Schulklasse Beiträge. Das Forum haben ein paar pfiffige Jungs eingerichtet, die meisten aus der klasse haben dort regelmäßig gepostet.

In den Ferien hat jemand der Klassenlehrerin den Link zu diesem Klassenforum gegeben und die lehrerin hat jeden einzelnen Beitrag der kinder gelesen. Natürlich waren auch einige unflätige Bemerkungen über Lehrer oder andere Schüler dabei. Die Lehrerin hat daraufhin am ersten Schultag den Vater des Forenmanagersin die Schule gerufen, er musste sofort seinen Sohn abholen damit dieser auf der Stelle das Forum aus dem netz nehmen solle.

Das hat der junge auch gemacht.

Nun soll es eine klassenkonferenz zu diesem sachverhalt geben, und den Kindern wurde bereits ein Eintrag in der Schülerakte angekündigt. Zumindest denjenigen, die sich aktiv auf dem Klassenboard ausgetobt haben. Auf die Frage meine Tochter, wie man dem jemandem, der sich mit „Astronaut“ angemeldet hat nachweisen will, dass er der Herbert X. ist wurde ihr gesagt, dass man das anhand der beiträge ja leicht rausfinden würde, sie bräuchte „keine Angst haben, das finden wir schon raus!“

Ich habe vor Wochen selber mal in dieses forum geschaut und fand es eigentlich sehr langweilig, übliche streitereien einer achten klasse eben. Ich konnte nichts gesetzeswidriges oder so entdecken.

Die Lehrer machen da ein Fass auf als ob die Kinder auf dieser homepage gewalttaten geplant oder Drogen verkauft hätten.

Haben die Kinder den kein Recht auf freie meinungäußerung mehr?? Hauptanklagepunkt : Die Seite war über eine Suchmaschine zu finden, so dass auch die Eltern, die ihre Kinder vielleicht im nächsten Jahr auf diese Schule schicken möchten, auf diese seite gelangen könnten und von dem rauen Ton abgeschreckt werden würden. Außerdem könnten die Eltern derjenigen Schüler, die dort vielleicht mal veräppelt wurden, Anzeige wegen Beleidigung erstatten …

Reagiert die Schule nicht etwas heftig? Die Kinder sind 13 und 14 jahre alt!

Momentan etwas ratlose grüße

Katja

hallo,

Natürlich waren auch
einige unflätige Bemerkungen über Lehrer oder andere Schüler
dabei.

[…]

Ich konnte nichts gesetzeswidriges oder so
entdecken.

„unflätiges“ über andere menschen öffentlich zu sagen IST gesetzeswidrig. „unser mathelehrer herr hubert meier ist ein idiot“ ist bereits eine beleidigung. du hättest es sicher auch nicht gern, wenn ich hier schreibe "frau katja reh aus … ist eine … " und man kann das dann im google finden!

ich hatte in den anfangszeiten des internets, als ich schon längst maturiert hatte, eine „zitatenliste“ (also lustige versprecher und peinliche ausrutscher von lehrern) im internet und bekam dann auch mal eine böse mail des ehemaligen schuldirektors. tip: die seite so passwortschützen, daß niemand mehr so einfach dazukommt UND sie nicht mehr in google auftaucht!

gruß
datafox

Hallo Katja,

die freie Meinungsäußerung endet da wo es beleidigend wird.
Das was du als unflätige Bemerkungen wiedergibst wird zumindest teilweise diesen Tatbestand erfüllen.

Trotzdem halte ich das für eine völlig überzogene Raktion der Schule.

Normalerweise sollte das Entgegenkomen die Homepage vom Netz zu nehmen ausreichen. Es gibt nämlich keine Verpflichtung für den Inhaber das zu tun, bevor eine Anzeige einer Betroffenen (bzw. aller Betroffenen) erfolgreich war.

Mit dem Sturm im Wasserglas ist keinem gedient.
Frage doch mal sachlich nach, ob so eine Aktion wie das vorgehen gegen die Schüler durch die Öffentlichkeit gezogen nicht einen ähnlich negative Effekt wie die Homepage haben dürfte.

Gruß ivo

Hallo Katja,

wenn der Server, auf dem das Klassenforum sich befindet, von der Schule zur Verfügung gestellt wird, dann gilt Hausrecht, und insofern kann die Schule auch Einschränkungen machen, was sich Schüler öffentlich einander sagen. Das ist ähnlich wie bei einer Schülerzeitung.

viele Grüße
grilla

Hi datafox!

Es war aber dann deine eigene Seite, oder?
In der Frage ging es um eine Seite die der Schule „gehört“

Best wishes
Siân

Andersrum wird aber auch ein Schuh draus.

wenn der Server, auf dem das Klassenforum sich befindet, von
der Schule zur Verfügung gestellt wird, dann gilt Hausrecht,
und insofern kann die Schule auch Einschränkungen machen, was
sich Schüler öffentlich einander sagen. Das ist ähnlich wie
bei einer Schülerzeitung.

Hallo nochmal!

Wenn das ganze ausserhalb der Schule stattgefunden hat, dann könnten die betroffenen Personen zwar den Rechtsweg beschreiten.
Ein Vermerk in der Schulakte wäre aber m.E. unrechtmäßig, da die Schule ausserschulische Aktivitäten nichts angeht. Oder?

Gruß Ivo

Hi datafox!

Es war aber dann deine eigene Seite, oder?
In der Frage ging es um eine Seite die der Schule „gehört“

Nein. Das geht nirgends aus den Ursprungstext hervor. Nur weil ein paar Schüler eine Internetseite aufmachen, heisst das ja nicht, dass sie dafür die Server der Schule nutzen – falls die überhaupt welche hat.

Ich tippe vielmehr auf eines der zahlreichen Gratisforen, die von einer großen Menge der Gratis-Webspace Anbietern betrieben werden.

Aber die Reaktion der Lehrer bestätigt mal wieder auf wunderbare Weise die Vorurteile gegenüber Lehrern: zu viel Freizeit (in Verbindung mit einer Rechtsschutzversicherung fatal) und keine Ahnung, wie man mit Kindern umgeht. Insbesondere nicht kurz vor oder in der Pubertät.

Gruß

Fritze

1 Like

sorry falsch verstanden OwT

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Katja,

klar reagiert die Schule überzogen, negative Äußerungen oder gar öffentliche Kritik sind nie erwünscht :wink:.

Zunächst würde ich mir die Forenbeiträge genau durchschauen, mich mit den anderen Eltern zusammensetzen. Dann würde ich der Schulleitung einen Besuch abstatten und mir erklären lassen, was die an dem Forum so schlimm fanden, dass es umgehend abgeklemmt werden musste!

Wenn diese Forum von einem Schüler privat ins Netz gestellt wurde, würde ich persönlich sogar noch etwas weiter gehen, aber das wie, das schreibe ich jetzt lieber nicht :smile:.

Anschließend würde ich die Füße hochlegen und still vor mich hinlächeln. Warum? Weil die Schule sich hüten wird, gegen ihre Schüler rechtlich anzugehen. Mit so einer Vorgehensweise wäre die Schule blamiert bis auf die Grundmauern.

Ich für meinen Teil stände hinter meinen Kindern und würde ganz in Ruhe abwarten, was kommt (oder auch nicht!).

Freundliche Grüße

Pooch

TEACHERS’ BRUTALITY IN THE INTERNET…
Hi Pooch!

Das erschütterte mich doch und ich schrieb damals einen Artikel!

http://www.fun2learnmore.de/modules.php?name=News&fi…

LG
Siân

Hi datafox!

Es war aber dann deine eigene Seite, oder?
In der Frage ging es um eine Seite die der Schule „gehört“

siân

Hi Siân,

stammen diese Aussagen wirklich von Lehrern?
Da fällt mir jetzt gerde nix mehr dazu ein, außer: Wenn das wirklich die heimlichen Gedanken von Lehrern sind (von bestimmten Lehrern), na dann Gute Nacht!

Freundliche Grüße

Pooch

Hi,

wenn keine klar rechtswidrigen Sachverhalte im Forum stehen, würde das Verbot einer -privaten- Homepage mit der Androhung der genannten Maßnehman sicherlich schon ein Nötigung darstellen. Wenn man es bis zu Ende denkt, könnte man sogar einen Verstoß gegen §5 Grundgesetz darin sehen:
"1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre."

PS. unter den Begriff „jeder“ fallen auch Kinder, auch wenn es diese Schule wohl anders sieht.

Gruss A.

Hi!

wenn keine klar rechtswidrigen Sachverhalte im Forum stehen,

Hast du schonmal Schüler gehört, die sich über Lehrer unterhalten?
Das was man da so hört (und auch selber ab und an spricht:wink: ist rechtswidrig, das dumme ist in diesem Fall nur, dass es geschrieben- und unter Google zu finden ist.
Also ich würde das Forum so schnell wir möglich nur noch bestimmten Usergruppen zugänglich machen und schon ist das ganze kein Thema mehr, denn wahrscheinlich hat die Lehrerin das ja nicht gespeichert was sie gelesen hat und dann dürfte aus den ganzen Klassenkonferenzen und so nichts werden…

Gruß
Cornel

Hallo Claudia,

wenn der Server, auf dem das Klassenforum sich befindet, von
der Schule zur Verfügung gestellt wird, dann gilt Hausrecht,

Da hast Du sicher recht, aber Katja schreibt ja, dass der betreffende Sohn von der Schule abgeholt werden musste, um das Forum uas dem Netz zu nehmen. Ich würde sagen, dass das deutlich dagegen spricht, dass der Server von der Schule war. Der wäre doch von dort aus erreichbar, mal abgesehen davon, dass dann auch der schuleigene Web-Site-Verwalter den Link hätte abklemmen können.

Gruß, Karin

Hallo,

Ich habe vor Wochen selber mal in dieses forum geschaut und
fand es eigentlich sehr langweilig, übliche streitereien einer
achten klasse eben. Ich konnte nichts gesetzeswidriges oder so
entdecken.

Das Problem wird sicher sein, daß die Angaben in den Foren nicht anonym waren…ich meine, daß man hundertprozent zuordnen konnte, welcher Lehrer, welcher Schule hier angegriffen wird? Das ginge für mich schon deutlich über das Recht zur Meinungsfreiheit hinaus…einfach weil es das Persönlichkeitsrecht dritter (auch Lehrer sind Menschen!! ) verletzt. Freiheit ist nun mal kein unendlich dehnbarer Begriff. Zum Glück…sonst wäre es auch meine Freiheit meinen mich nervenden Nachbarn zu verprügeln…und umgekehrt.

Die Lehrer machen da ein Fass auf als ob die Kinder auf dieser
homepage gewalttaten geplant oder Drogen verkauft hätten.

JA gut, daß Lehrer gern überreagieren wissen wir, deshalb sollte man unbedingt versuchen den gesamten Vorfall auf eine sachliche Ebene zu bringen. Eben klar stellen, daß den Kindern die Öffentlichkeit des Mediums Internet wohl nicht so ganz klar war. Ich sehe da übrigens auch ein ganz klares Versagen der Eltern. Genau diese Aufklärung, was man im Netz darf und was nicht, haben Eltern zu leisten. Auch 13-14jährige sollten eben noch nicht völlig ohne Begleitung auf das Netz losgelassen werden. Das die Forderung nicht einfach ist, ist klar, das soll nur deutlich machen, daß der Vorgang bei entsprechender Aufsicht gar nicht so hätte passieren müssen. Ich habe selber grade die Problematik mit meinen Kiddies durch und mußte meinem Großen mal ein paar ‚Tips‘ in Sachen NUB geben, ebenso habe ich den beiden einige Regeln zum Umgang mit der Anonymität gegeben und ihnen eben auch die Grenze derselben aufgezeigt.

Reagiert die Schule nicht etwas heftig? Die Kinder sind 13 und

14 jahre alt!

Schon etwas, da wiederum vermute ich, daß die Lehrer auch nicht die nötige Gelassenheit gegenüber der für sie noch neuen ‚Gefahr‘ aus dem Internet haben. Ich stelle immer wieder fest, das Lehrer da tatsächlich noch sehr befangen mit umgehen. Einträge in Akten bringen gar nichts und haben nix mit Pädagogik zu tun. Die Kiddies sollen ja verstehen.

Ich denke das Ziel einer Aussprache sollte sein, den Kindern klar zu machen, wo die Grenzen von Meinungsfreiheit bzw. der Form solcher Äußerungen sind und den Lehrern klar zu machen, daß es sich hier um Unerfahrenheit handelt und eine Kriminalisierung wohl erst richtiges Unheil in den Köpfen der Kinder anrichten würde. Es sind ja eben doch noch Kinder. Und die Eltern sollten schon aus taktischen Gründen signalisieren, daß sie sich inzwischen selber bewußt sind, ebenfalls etwas versäumt zu haben und damit sollte die Sache vom Tisch zu bringen sein.

Viel Glück
Gruß Maid:wink:

Hallo Katja,

ich muss sagen, einen ähnlichen - nur als schlimmer einzuschätzenden -
Vorfall hatten wir auch mal in unserer Klasse und da waren wir schon ein paar Jahre älter.
Es gab nämlich eine Klassenseite, in deren Diskussionsforum ein Mädchen aus der Klasse aufgrund ihres Aussehens mit richtig heftigen Beschimpfungen traktiert wurde - natürlich alles unter dem Deckmantel eines Nicknamens.

Als das bekannt wurde, weil sich das betroffene Mädchen an die Klassenlehrerin gewandt hatte, hat sich ein Mitschüler, der nicht daran beteiligt gewesen war und sich sehr gut mit Computern auskennt, bereit erklärt, herauszufinden, wer hinter den einzelnen Nicks steckte. Das war ihm gelungen!

Die Lehrerin hat dann mit den Schülern, die sich da so eingetragen hatten, gesprochen und sich auch mit ihren Eltern in Kontakt gesetzt. Jeder musste sich persönlich bei der Schülerin entschuldigen, zuvor ist sie nach vorne gegangen, hat der ganzen Klasse mit ihren Worten erzählt, was geschehen war und wie sie das fand. Die Entschuldigungen waren alle halbherzig - bis auf eine. Da hatte anscheinend die Mutter auch erhebliche Erziehungsarbeit geleistet und man hatte wirklich den Eindruck, dem Schüler würde das sehr leid tun und er habe die Lektion gelernt. Ich finde, das sollte auch das Ziel der Handlungen des Lehrers sein, anstatt die Schüler nur zu kriminalisieren und ihnen die Zukunft zu verbauen.

Ich fand es gut, dass das Problem so direkt mit der ganzen Klasse besprochen wurde und auch, dass sich einer von uns an der Aufklärung mit beteiligt hat. Aber auch, dass daraus eben kein Elefant gemacht wurde, sondern die Lehrerin versucht hatte uns beizubringen, WARUM solches Verhalten falsch sei - auch dadurch, dass das betroffene Mädchen die Situation aus ihrer Sicht beschrieben hatte. Bloß mit Drohungen und Strafen erreicht man solch eine Wirkung nicht, wie der ganze Vorfall nicht nur auf den oben beschriebenen Schüler, sondern auch auf die nicht beteiligten Mitschüler hatte. Es war ein Lerneffekt, der vom Verständnis und Mitgefühl ausging, nicht vom bloßen Bestrafen, ohne den Schülern die Möglichkeit zu geben, ihr Verhalten zu überdenken und aus eigener Einsicht sich darum zu bemühen, es wieder gut zu machen.

Vielleicht könntest Du der Lehrerin das auch so ähnlich erklären - dass bloße Strafen nicht zur Fehlereinsicht führen. Dass es besser ist, wenn Opfer und Täter miteinander ins Gespräch kommen und die ganze Klasse daraus eine emotional-einsichtige Lektion lernen kann, anstatt nur Repression über sich ergehen zu lassen.

Viel Glück dabei.

Gruß,
Anja

PS: Und die Begründung, solche Einträge würden zukünftige Schüler abschrecken, klingt für mich SEHR unpädagogisch. Es soll doch in erster Linie um den Erziehungsauftrag und nicht um die Exitenzangst der Schule gehen!

Hallo Katja!

Studenten des Fachbereiches unserer FH haben auch eine eigene Seite inklusive Forum hochgezogen. Allerdings muss man sich erst einen Zettel mit einer Kombination bei der Fachschaft abholen, die man bei der Registrierung auch eingeben muss. Sollten Zweifel bestehen, muss man auch seinen Studentenausweis vorzeigen (was bei Schülern natürlich schwerer ist, da die sowas oft nicht haben). Zudem muss man ein Foto von sich einbinden. Damit ist es nicht mehr ganz so anonym und zudem trotzdem abgeschottet. Wer nicht registriert ist, kriegt nichts zu sehen.

MfG,
Car

Hallo,

Als das bekannt wurde, weil sich das betroffene Mädchen an die
Klassenlehrerin gewandt hatte, hat sich ein Mitschüler, der
nicht daran beteiligt gewesen war und sich sehr gut mit
Computern auskennt, bereit erklärt, herauszufinden, wer hinter
den einzelnen Nicks steckte. Das war ihm gelungen!

Wenn ihm das gelungen ist, ohne dabei einfach „social engineering“ einzusetzen („Hört mal Leute, wer war’s denn nun?“), dann muss er bei seinen „Ermittlungen“ seinerseits gegen mindestens ein ganzes Bündel Gesetze (z.B. §§ 202a, 203 und 204 StGB) verstoßen haben.

Ich finde es recht bedenklich, dass an deutschen Schulen Erbsenzählen (buhuuu, meine pupertierenden Schüler nennen mich hinter meinen Rücken eine dumme Kuh, die verklag’ ich) einerseits und Selbstjustiz (gut, dass sie die Täter ermittelt haben, Hans-Jürgen! Jetzt kennen wir Roß und Reiter und können alle mal bei einer schönen Tasse Tee öffentlich darüber reden) andererseits so hoch im Kurs stehen. Da tun sich ja Abgründe auf!

Denn eins ist ja wohl klar. Diese Aussprache hätte genauso gut ohne vorherige „Täterermittlung“ stattfinden können und müssen.

Gruß

Fritze

Hallo Fritze,

Wenn ihm das gelungen ist, ohne dabei einfach „social
engineering“ einzusetzen („Hört mal Leute, wer war’s denn
nun?“), dann muss er bei seinen „Ermittlungen“ seinerseits
gegen mindestens ein ganzes Bündel Gesetze (z.B. §§ 202a, 203
und 204 StGB) verstoßen haben.

gut, zugegeben, da kenne ich mich nicht aus, ich weiß aber, dass er ein paar Nachmittage am Rechner verbracht hatte und dann diejenigen, welche die heftigsten Einträge verfasst hatten, identifizieren konnte. Und ich finde, solange es tatsächlich nur innerhalb der Klassengemeinschaft bleibt sowie ausschließlich pädagogischen Zwecken dient, kann man der Lehrerin ein solches Vorgehen auch nicht verübeln.

Ich finde es recht bedenklich, dass an deutschen Schulen
Erbsenzählen (buhuuu, meine pupertierenden Schüler nennen mich
hinter meinen Rücken eine dumme Kuh, die verklag’ ich)
einerseits und Selbstjustiz (gut, dass sie die Täter ermittelt
haben, Hans-Jürgen! Jetzt kennen wir Roß und Reiter und können
alle mal bei einer schönen Tasse Tee öffentlich darüber reden)
andererseits so hoch im Kurs stehen. Da tun sich ja Abgründe
auf!

Erstens war das nicht einfach „dumme Kuh“ oder „du bist aber hässlich“, sondern mehrere Leute sind mit wüstesten Beschimpfungen auf das Mädel losgegangen und das Ganze hat sich immer weiter hochgeschaukelt. Zweitens kommt es sicher auf die Klassengemeinschaft an, welche Methode man wählt. Aber bei uns in der Klasse herrschte - dank der Lehrerin - an sich schon eine recht offene Atmosphäre mit genug Schülern, die den Ernst der Lage einzuschätzen wussten. Es fand eben keine Selbstjustiz statt, sondern man hat versucht, erst einmal allen (der ganzen Klasse) die Sichtweise des Opfers darzulegen, damit vielleicht dem einen oder anderen klar wird, was so etwas anrichten kann und dann finde ich es gar nicht so verkehrt, wenn sich die Lehrerin noch einmal einzeln mit den Betroffenen sowie ihren Eltern unterhält. Die Mehrheit der Klasse war natürlich auf der Seite des Opfers, dennoch war es nicht so, dass man plötzlich zu den „Tätern“ die Freundschaften gekündigt hätte oder privat auf sie losgegangen hätte oder so. Die Nicht-Beteiligten waren durchaus schon in der Lage, dieses Verhalten als einen Ausrutscher zu sehen. Damit haben die „Täter“ erfahren, dass sie – auch bei anonymen Äußerungen – Verantwortung übernehmen müssen, aber das Ganze wurde nicht hochgeschaukelt und es mündete auch nicht in einem Rufmord. Dafür fanden wir es alle von dem einen Jungen sehr mutig, sich so ehrlich entschuldigt zu haben – DAS ist wahre Stärke und die wussten wir durchaus zu schätzen. Was soll also an dem Vorgehen der Lehrerin falsch gewesen sein?

Denn eins ist ja wohl klar. Diese Aussprache hätte genauso gut
ohne vorherige „Täterermittlung“ stattfinden können und
müssen.

Damit wäre sie aber vermutlich nicht so effektiv geworden. Denn in der Täterrolle verdrängt man gern die eigene Schuld, so wird man damit aber konfrontiert und ist gezwungen, sich mit dem eigenen Verhalten auseinanderzusetzen.

Aber erklär doch mal etwas genauer, warum Du diesem Vorgehen so kritisch gegenüberstehst. Das ist mir - ehrlich gesagt - noch immer nicht so ganz klar.

Gruß,
Anja