Kriegsverbrechen

Hallo !

In der Haager Landkriegsordnung (http://www.net-lexikon.de/Haager-Landkriegsordnung.html) wird bekanntermaßen zwischen Kombattanten (Personen als militärangehörig erkennbar) und Nichtkombattanten (offensichtliche Zivilisten) unterschieden. Vereinfacht: Greift einer der einen Gruppe einen der anderen an, gilt das als Kriegsverbrechen.

Die USA haben völkerrechtswidrig (ohne UNO-Mandat) den Irak angegriffen. Völkerrechtlich gesehen befinden sich die US-amerikanischen Soldaten und ihre Alliierten rechtswidrig auf dem Staatsgebiet des Irak.

Meine Frage dazu: Gilt die Haager Landkriegsordnung und ihre Definition des Kriegsverbrechens auch in diesem Fall, sprich: unabhängig von der völkerrechtlichen Frage ? Oder ist ein Partisan, der einen widerrechtlich auf dem eigenen Staatsgebiet herumlaufenden Militär angreift, dann kein Kriegsverbrecher ?

Grüße
Wolkenstein

Ich sehe es so…
Hallo WS,

für mich stellt sich das ganze so dar:
Eine Kriegserklärung der USA an den Irak hat es nicht gegeben. Ergo findet dort eine bewaffnete Auseinandersetzung statt, kein Krieg. Keing Krieg => Keine Kriegsverbrecher.
Es befinden sich also lediglich amerikanische Zivilisten widerrechtlich und bewaffnet auf irakischem Territorium. Dies wiederum gibt jedem Iraki (als auch jedem, der sich dort rechtmäßig aufhält) ein Recht zur Selbsverteidigung, gegebenenfalls auch zur aktiven. Mit Partisanen, Kombatanten und Nicht-Kombatanten hat das gar nichts zu tun, da im Irak kein Krieg nach der von Dir zitierten Verordnung stattfindet.

Grüße,

Anwar

Hallo,

Die USA haben völkerrechtswidrig (ohne UNO-Mandat) den Irak
angegriffen. Völkerrechtlich gesehen befinden sich die
US-amerikanischen Soldaten und ihre Alliierten rechtswidrig
auf dem Staatsgebiet des Irak.

Das ist für die Frage, ob das Krieg ist/war unerheblich.

Oder ist ein
Partisan, der einen widerrechtlich auf dem eigenen
Staatsgebiet herumlaufenden Militär angreift, dann kein
Kriegsverbrecher ?

Die Frage beantwortet sich von selbst, wenn man sie umgekehrt stellt: Wenn die Amerikaner bei jedem Anschlag nach Altväter Sitte Geiselerschießungen durchführen würden, wären das dann Kriegsverbrechen oder nicht?

viele Grüße,

Ralf

Hallo WS,

für mich stellt sich das ganze so dar:
Eine Kriegserklärung der USA an den Irak hat es nicht gegeben.
Ergo findet dort eine bewaffnete Auseinandersetzung statt,
kein Krieg. Keing Krieg => Keine Kriegsverbrecher.

Das ist falsch. Das Völkerrecht kennt so etwas wie eine „Kriegserklärung“ nicht mehr. Dabei handelt es sich um eine Rechtskategorie aus dem 19. Jahrhundert. Abgesehen von bestimmten ausnahmen ist die Eröffnung eines Krieges grundsätzlich verboten. Näheres dazu hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegserkl%E4rung

Insofern handelt es sich sehr wohl um einen rieg.

Es befinden sich also lediglich amerikanische Zivilisten
widerrechtlich und bewaffnet auf irakischem
Territorium.

Wieso Zivilisten? Die meisten sind Militäranghörige.

Dies wiederum gibt jedem Iraki (als auch jedem,
der sich dort rechtmäßig aufhält) ein Recht zur
Selbsverteidigung, gegebenenfalls auch zur aktiven.

Woraus leitest du das ab? Ich sehe im Völkerrecht keine Handhabe dafür, zumal die Kampfhandlungen inzwischen offiziell beendet sind.

Hi,

Die USA haben völkerrechtswidrig (ohne UNO-Mandat) den Irak
angegriffen. Völkerrechtlich gesehen befinden sich die
US-amerikanischen Soldaten und ihre Alliierten rechtswidrig
auf dem Staatsgebiet des Irak.

Dem würde ich grundsätzlich zustimmen.

Meine Frage dazu: Gilt die Haager Landkriegsordnung und ihre
Definition des Kriegsverbrechens auch in diesem Fall, sprich:
unabhängig von der völkerrechtlichen Frage ?

Ja, würde ich so sehen. Die Tatsache, dass ein Land völkerrechtswidrig angegriffen wurde, gibt seinen Bürgern keineswegs das Recht, selbst Kriegsverbrechen zu begehen.

Darüber hinaus muss auf eine wichtige Differenzierung im Kriegsvölkerrecht hingewiesen werden: Der völkerrechtswidrige Angriff der USA auf den Irak verletzte das „ius ad bellum“ (Recht zum Krieg), die Kampfhandlungen des so genanten „irakischen Widerstands“ (Selbstmordanschläge, Angriffe auf Zivilisten, Heimtücke usw.) verletzen in hohem Maße das „ius in bellum“ (Recht im Krieg). Ich kenne die Völkerrechtssprechung der letzten Jahrzehnte zwar nicht genau, würde aber sagen, dass eine Verletzung des ius in bellum schwerwiegender ist als eine des ius ad bellum.

Bei dem gesamten Problem bleibt natürlich strittig, ob das Kriegsvölkerrecht nach dem Ende der offiziellen Kampfhandlungen noch Anwendung findet. Ich gehe allerdings schon davon aus, weil zumindest der „irakische Widerstand“ für sich beansprucht, immer noch im Krieg zu sein. Aber dann soll er sich bitteschön auch ans Kriegsvölkerrecht halten.

Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegsrecht

Gruß

Volker

Hallo Volker,

Das ist falsch. Das Völkerrecht kennt so etwas wie eine
„Kriegserklärung“ nicht mehr. Dabei handelt es sich um eine
Rechtskategorie aus dem 19. Jahrhundert.

Soweit ich weiß, war es bis zum WKII inklusive durchaus üblich und vorgesehen eine Kriegserkärung abzugeben. Dies ist auch in Deiner Quelle nicht anders dargestellt:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegserkl%E4rung

Die Haager Landkriegsverordnung stammt aus dem Jahr 1907 (oder 1909?), auf jeden Fall also aus einer Zeit als Kriegserklärungen zu einem „ordentlichen“ Krieg dazu gehörten. Daher ist meine Aussage:

da im Irak kein Krieg nach der von Dir zitierten Verordnung
stattfindet.

Nicht falsch, sondern richtig.

Es befinden sich also lediglich amerikanische Zivilisten
widerrechtlich und bewaffnet auf irakischem
Territorium.

Wieso Zivilisten? Die meisten sind Militäranghörige.

Richtig. Aber: Wo kein Krieg, da kein Militär. Dass diese amerikanischen Zivilisten „zufällig“ auch Soldaten der US Armee sind, ist in diesem Fall irrelevant (zumindest nach der HLKO).

Dies wiederum gibt jedem Iraki (als auch jedem,
der sich dort rechtmäßig aufhält) ein Recht zur
Selbsverteidigung, gegebenenfalls auch zur aktiven.

Woraus leitest du das ab? Ich sehe im Völkerrecht keine
Handhabe dafür, zumal die Kampfhandlungen inzwischen offiziell
beendet sind.

Ich leite dies aus dem allgemeinen Recht zur Selbstverteidigung und dem speziellen irakischen Recht der Selbstverteidigung ab.

Grüße,

Anwar

Richtig. Aber: Wo kein Krieg, da kein Militär. Dass diese
amerikanischen Zivilisten „zufällig“ auch Soldaten der US
Armee sind, ist in diesem Fall irrelevant (zumindest nach der
HLKO).

Schwachsinn, nur weil kein Krieg da ist sind doch Soldaten Trotzdem Militärs. Die Soldaten die alljährlich bei den Flutkatatstrophen helfen tun dies nicht aus reiner nächstenliebe sondern weil es befohlen wird (ok, viele würden es auch aus nächstenliebe tun aber das ist ja egal) sie sind Soldaten, auch ohne Krieg!

Ein Kombattand ist jemand der eine Uniform trägt mit Hoheitsabzeichen (und seine Waffe offen trägt).

Alle anderen sind Nichtkombattanden, wenn diese die Kombattanden angreifen sind sie Straftäter und als solche der Polizei und den Gerichten zu übergeben.

Hi,

Soweit ich weiß, war es bis zum WKII inklusive durchaus üblich
und vorgesehen eine Kriegserkärung abzugeben. Dies ist auch in
Deiner Quelle nicht anders dargestellt:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegserkl%E4rung

Eben, habe ich ja auch geschrieben, wobei ich dem „inklusive“ deutlich widersprechen würde, weil gerade in WWII dieser Grundsatz mehrfach durchbrochen wurde. Das „lange 19. Jahrhundert“ reicht von 1789 bis 1917/18.

Die Haager Landkriegsverordnung stammt aus dem Jahr 1907 (oder
1909?), auf jeden Fall also aus einer Zeit als
Kriegserklärungen zu einem „ordentlichen“ Krieg dazu gehörten.
Daher ist meine Aussage:

da im Irak kein Krieg nach der von Dir zitierten Verordnung
stattfindet.

Nicht falsch, sondern richtig.

Die Haager Landkriegsordnung befasst sich ausschließlich mit dem „ius in bellum“. Die fehlende Kriegserklärung bzw. der Angriffskrieg berührt ganz klar das „ius ad bellum“, ergo, falsch, nicht richtig.

Ich leite dies aus dem allgemeinen Recht zur
Selbstverteidigung und dem speziellen irakischen Recht der
Selbstverteidigung ab.

Das Recht zur Selbstverteidigung rechtfertigt lediglich den Einsatz von Kombatanten. Die Qualifikation für Kombatanten erfüllen Partisanen vielleicht noch, die Terroristen, die im Irak gegen Zivilisten und Militärs operieren, aber keineswegs. Sie verstoßen gegen das Kriegsvölkerrecht, genauer gegen das „ius in bellum“, was auch aus Selbstverteidigungsgründen nicht gestattet ist.

Ansonsten schließe ich mich vorbehaltlos den Ausführungen von „Wizard of War“ an.

Gruß

Volker

Was ist ein Terrorist?
Hallo!

Das Recht zur Selbstverteidigung rechtfertigt lediglich den
Einsatz von Kombatanten. Die Qualifikation für Kombatanten
erfüllen Partisanen vielleicht noch, die Terroristen, die im
Irak gegen Zivilisten und Militärs operieren, aber keineswegs.

Wie ist denn die genaue Definition von Terrorist?

Ich will das jetzt endlich wissen, ich kann das Wort nämlich nicht mehr hören.

Der Wortbedeutung folgend wäre ein Terrorist jemand, der Angst und Schrecken verbreitet.

Also auch Küblböck und Bohlen.

Welchen Status hatten die Résistance-Kämpfer?
Haben diese vom jetzigen Zeitpunkt aus (nach 11.9.01), auf einmal einen anderen?

Wo ist der Unterschied, ob ich im besetzten Frankreich einen Nachschub-Zug sprenge, oder -wie geschehen- im besetzten Irak?

Ich ging bisher davon aus, daß ich die Widerständler in Frankreich als Freiheitskämpfer bezeichnen durfte. Hatten sie denn offizielle Uniformen? Müssen plötzlich Geschichtsbücher umgeschrieben werden?

Was macht jemanden zum Terroristen?
Was zum Widerständler?
Was zum Freiheitskämpfer?

Es ist nur eine Frage des politischen Standpunktes:
Ich erinnere mich noch an Berichte über den „Freiheitskampf“ in Tschetschenien. Doch nach jenem Tag 2001, da lehrte mich unser Bundeskanzler, „daß man das differenziert betrachten müsse“.
Ja, genau jener Kanzler, dessen Minister uns erzählen, daß die Freiheit Deutschlands am Hindukusch verteidigt wird. Dann sind unsere Jungs in Afghanistan Freiheitskämpfer?
Prost!

Viele Grüsse!

Denis

Hi!

für mich stellt sich das ganze so dar:
Eine Kriegserklärung der USA an den Irak hat es nicht gegeben.
Ergo findet dort eine bewaffnete Auseinandersetzung statt,
kein Krieg. Keing Krieg => Keine Kriegsverbrecher.
Es befinden sich also lediglich amerikanische Zivilisten
widerrechtlich und bewaffnet auf irakischem
Territorium. Dies wiederum gibt jedem Iraki (als auch jedem,
der sich dort rechtmäßig aufhält) ein Recht zur
Selbsverteidigung, gegebenenfalls auch zur aktiven. Mit
Partisanen, Kombatanten und Nicht-Kombatanten hat das gar
nichts zu tun, da im Irak kein Krieg nach der von Dir
zitierten Verordnung stattfindet.

Nenn mir mal einen Krieg seit dem 02.09.1945 (offizielles Ende des Zweiten Weltkrieges), wo es zwischen zwei Staaten eine ganz offizielle Kriegserklärung gegeben hat. Nach deiner Definition wäre die zweite Hälfte des 20.Jahrhunderts eine ausgesprochen friedvolle Epoche gewesen.

Krieg bwz. der Kriegszustand ist ein Konflikt zwischen Staaten, Völkern oder politischen Gruppen, der sich durch den organisierten Einsatz von Waffen und Truppen kennzeichnet. Der kontrollierte Einsatz von gewalttätigen Mitteln - sowohl von außen wie von innen - zur Durchsetzung eigener Machtansprüche stellt einen Kriegszustand dar. Um in einen Kriegszustand zu kommen, ist eine Kriegserklärung nicht zwingend erforderlich.

siehe auch:
http://www.net-lexikon.de/Krieg.html

Grüße
Heinrich

Hi!

Wie ist denn die genaue Definition von Terrorist?

Welchen Status hatten die Résistance-Kämpfer?

Was macht jemanden zum Terroristen?
Was zum Widerständler?
Was zum Freiheitskämpfer?

Bei deinen Fragen musst du unterscheiden zwischen der Motivation zum Kampf und der Art und Weise, wie der Kampf geführt wird.

Jeder Kämpfer, der keiner regulären Armee angehört und gegen feindliche Truppen kämpft, kann und wird sich als „Freiheitskämpfer“ bezeichnen. Alles eine Frage der eigenen Überzeugung.

Partisanen (vom italienischen „Partigiano“ = Parteigänger), Guerrillas (vom spanischen „Guerrilla“ = kleiner Krieg), Widerstands- oder Resistancekämpfer oder wie immer sie sich bezeichnen führen einen Kleinkrieg gegen eine Besatzungsmacht oder im Rahmen eines Bürgerkrieges, meist in einem lokal begrenzten Gebiet. Je nach Art und Weise ihrer Kampfführung gelten sie als Kombattanten (einheitliches Erkennungszeichen an der Kleidung, offenes Tragen der Waffen, hierarchische Organisation der Einheiten) und unterliegen dann den gleichen Pflichten und Schutzbestimmungen wie reguläre Soldaten (Ausnahme: Söldner, die auch bei Erfüllung der genannten Bedingungen keinen Kombattantenstatus besitzen).

Ziel der Guerrillas ist es, Gebiete zu erobern, von feindlichen Truppen zu säubern, Gegeninstitutionen einzurichten und reguläre Truppen zu bilden. Genau diese Zielsetzungen unterscheidet einen Guerrilla von einem Terroristen. Diese vermeiden den offenen Kampf mit Regierungstruppen oder Sicherheitskräften, sind nicht auf Gebietsgewinne und -kontrolle aus, sondern greifen punktuell Personen und Gebäude an. In der Regel agieren Terroristen in Städten, wobei es aber nicht ihr Ziel ist, die Stadt zu erobern. Der Begriff „Stadtguerilla“ wird gerne von Terroristen (siehe RAF Baader-Meinhof) benutzt, da der Guerrillakampf einen weniger negativen Beigeschmack hat und Guerrillas durchaus Unterstützer finden.

Grüße
Heinrich

Moin,

Wie ist denn die genaue Definition von Terrorist?

Im Irak trifft die Bezeichnung „Terrorist“ imho zu. Zwar besteht eine gewisse Nähe zum Partisanenkampf, das möchte ich gar nicht bestreiten. Granatenangriffe auf Militärfahrzeuge sind beispielsweise keine terroristischen, sondern Partisanen-Angriffe. Aber ein Großteil der Aktionen sind klar terroristischer Natur, weil nämlich die überwiegende Zahl der Opfer keine Besatzungssoldaten, sondern Zivilisten sind. Außerdem ist nach dem kürzlich gefundenen al-Sarkawi-Strategiepapier das Entfachen eines Bürgerkriegs zwischen den iraktischen Volksstämmen das ganz klare Ziel, neben dem Vertreiben der ausländischen Truppen. Für mich ist das klassischer Terrorismus.

Welchen Status hatten die Résistance-Kämpfer?

Die Aktionen der Resistance richteten sich in erster Linie gegen deutsches Militärpersonal und Militäreinrichtungen. Das ist grundsätzlich erst mal kein Terrorismus. Auch verdecktes Agieren aus der Tarnung als Zivilisten heraus ist kriegsrechtlich grundsätzlich zulässig, wenn man dabei bestimmte Regeln einhält. Wie genau die Resistance dabei vorgegangen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Sicher gab es auch in der Resistance Einzelaktionen, die man als terroristisch bezeichnen könnte, z. B. das Vorgehen gegen echte und vermeintliche Kollaborateure, aber im Wesentlichen handelt es sich um Partisanen.

Es ist nur eine Frage des politischen Standpunktes:
Ich erinnere mich noch an Berichte über den „Freiheitskampf“
in Tschetschenien. Doch nach jenem Tag 2001, da lehrte mich
unser Bundeskanzler, „daß man das differenziert betrachten
müsse“.

Ich gehe ebenfalls davon aus, dass es sich in Tschetschnien nicht um einen Freiheitskampf, sondern um Terrorismus handelt, zumindest in der ersten Phase des Konflikts. Bewaffnete Gruppen versuchten damals, das Territorium, das rechtmäßig zum russischen Staat gehörte, gewaltsam aus ihm herauszubrechen. Dass die russische Regierung bei der grundsätzlich legitimen Durchsetzung der staatlichen Souveränität vollkommen überreagierte, ist auch klar, das ändert aber nichts daran, dass Tschetschenien ein Teil Russlands ist.

Gruß

Volker

Meine Frage dazu: Gilt die Haager Landkriegsordnung und ihre
Definition des Kriegsverbrechens auch in diesem Fall, sprich:
unabhängig von der völkerrechtlichen Frage ?

Ja, würde ich so sehen. Die Tatsache, dass ein Land
völkerrechtswidrig angegriffen wurde, gibt seinen Bürgern
keineswegs das Recht, selbst Kriegsverbrechen zu begehen.

Das halte ich rechtlich gesehen für falsch.
Da die US-Truppen illegalerweise einen verbotenen
Angriffskrieg begonnen haben und es ihnen jederzeit
frei steht, das Land zu verlassen, gibt es niemals
ein übergreifendes Rechtsmittel, das Dich ‚bestrafen‘
könnte, wenn Du möglichst schnell möglichst viele
Amerikaner tötest. Du solltest aber darauf achten,
das Töten sachlich und effizient durchzuführen und nicht
den Anschein zu erwecken, ‚niedere Beweggründe‘ trieben
Dich zur ‚Mordlust‘. Dann kann Dich imho kein Gericht der Welt
verutrteilen, es sei denn - ein amerikanisches,
das evtl. parteiisch urteilt.

Wenn Dein „Beweggrund“ konsistent erkennbar „Befreiung
vom Aggressor“ lautet, kannst Du bei Erfolg darüberhinaus
mit Priviliegien in Deiner Heimat rechnen.

Darüber hinaus muss auf eine wichtige Differenzierung im
Kriegsvölkerrecht hingewiesen werden: Der völkerrechtswidrige
Angriff der USA auf den Irak verletzte das „ius ad bellum“
(Recht zum Krieg), die Kampfhandlungen des so genanten
„irakischen Widerstands“ (Selbstmordanschläge, Angriffe auf
Zivilisten, Heimtücke usw.) verletzen in hohem Maße das „ius
in bellum“ (Recht im Krieg).

Das ist falsch. Ein ‚ius in bellum‘ schränkt die Tötung
des unrechtmässigen Angreifers keinesfalls ein. Es hat
höchstens Auswirkungen bei allzu sadistischen oder
unnötigen Tötungsweisen.

Ich kenne die Völkerrechtssprechung der letzten Jahrzehnte
zwar nicht genau, würde aber sagen, dass eine Verletzung
des ius in bellum schwerwiegender ist als eine des ius ad bellum.

Mag sein, aber das Töten der Soldaten nach ‚militärischer
Art und Weise‘ verletzt dies nicht. Siehe Partisanen im 2. WK.
Privilegien!

Euer CMБ

Das ist falsch. Ein ‚ius in bellum‘ schränkt die Tötung
des unrechtmässigen Angreifers keinesfalls ein.

Nope. Das Kriegsvölkerrecht gilt immer, egal unter welchen Rahmenbedingungen der Konflikt stattfindet. Man muss trotzdem Zivilisten schonen, darf kein Gift einsetzen usw.

Das Zivil war im Thread nicht das Thema. Sondern
der Soldat, der illegale Angreifer.
Nehmen wir einmal an, Du hättest (formal) recht,
z.B. im Falle einer feindlichen Besatzung.

Wenn es dem ‚illegalen Kombattanten‘ gelingt, auf ‚illegale
Weise‘ der Angreifer zu töten und zu vertreiben, ändert
sich dessen ‚Rechtsstatus‘ augenblicklich.
Ausserdem ändert sich der ‚Rechtsstatus‘ des vorherigen
‚gesetzestreuen‘ Kollaborateurs ebenfalls augenblicklich,
und zwar sehr zu dessen ungunsten.

Darauf zu spekulieren ist in meinen Augen ‚legal‘ ,-)

Euer CMБ

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Das ist falsch. Ein ‚ius in bellum‘ schränkt die Tötung
des unrechtmässigen Angreifers keinesfalls ein. Es hat
höchstens Auswirkungen bei allzu sadistischen oder
unnötigen Tötungsweisen.

Das ius in bellum kennt keine Unterscheidung zwischem einen rechtmäßigem und einen unrechtmäßigem Angreifer. Das ius in bellum ist ein Gedankenkonstrukt der Aufklärung, fußend auf dem mittelalterlichen Fehderecht, das den antiken Begriff des ius ad bellum ersetzt hat.

Hintergrund war die „Kapitulation“ der politischen Theorie vor der politischen Realität der Kabinettskriege des 18. Jahrhunderts. Jeder Beteiligte dieser Kriege hatte (natürlich eigene) juristische Expertisen, die exakt sein Recht, diesen Krieg zu führen, nachwiesen. Eine unabhänige Unterscheidung zwischen rechtmäßigen und unrechtmäßigen Kriegen war so nicht mehr möglich. Aus diesem Grund verlegte man die Defintion des (ge-)rechten Krieges auf das Feld der Kriegsführung selber, was auch dem Selbstverständnis der Souveräne und ihrer stehenden Heere entsprach. Dementsprechend beziehen sich die Vorwüfe jener Zeit, der Gegner würde einen unrechten Krieg führen, in erster Linie auf die Kriegsführung selber (insbesondere die Aktionen der Hilfstruppen) und weniger auf den Umstand des Krieges selber.

Dem jus ad bellum kommt erst wieder mit den Nürnberger Prozessen die entscheidenede Rolle zu. Der Begriff des (strafrechtlich relevanten) „Angriffskrieges“ war bis dahin unbekannt. Wobei in der Begrifflichkeit das neuzeitliche ius in bellum gedanklich eine große Rolle spielt, in dem die Betonung wieder auf der Kriegshandlung selber (Angriff) liegt.

Um die Diskussion über die aktuellen Vorgänge im Irak zu vervollständigen, müsste noch der seit dem Spätmittelalter fast vergessene Begriff des ius ad bellandum eingebracht werden: Inwieweit sind die (anscheinend) hinter den Anschlägen federführenden Gruppen (Al Kaida) überhaupt berechtigt, „Krieg“ zu führen? Es gibt schon einen qualitativen Unterschied zwischen einer einheimischen Widerstandsgruppe (die selbstverständlich das ius ad bellandum für sich in Anspruch nehmen kann) und einer von außen wirkenden nicht-staatlichen Organisation, die diesen Krieg nur als Rahmen vorschiebt, um ihren Konflikt mit einer der Parteien auszutragen.

viele Grüße,

Ralf

Wenn es dem ‚illegalen Kombattanten‘ gelingt, auf ‚illegale
Weise‘ der Angreifer zu töten und zu vertreiben, ändert
sich dessen ‚Rechtsstatus‘ augenblicklich.

Warum sollte sich der Rechtsstatus ändern? Bitte erklären.

Das Problem im Fall des Iraks ist weniger, dass es sich um illegale Kämpfer (also ohne erkennbare Abzeichen usw.) handelt, sondern tatsächlich, dass sie nicht nur gegen Besatzungstruppen vorgehen (wobei Kriegslisten und verdecktes Vorgehen durchaus gestattet sind), sondern gleichzeitig im weitaus größeren Maßstab die Zivilbevölkerung terrorisieren, und das verstößt ganz massiv gegen das Kriegsvölkerrecht.

Ausserdem ändert sich der ‚Rechtsstatus‘ des vorherigen
‚gesetzestreuen‘ Kollaborateurs ebenfalls augenblicklich,
und zwar sehr zu dessen ungunsten.

Darum geht es imho nicht, zumindest nicht in dem Zusammenhang, der vom Kriegsvölkerrecht erfasst wird. Und das Kriegsvölkerrecht ist nun mal entscheidend, wenn es um die frage nach Kriegsverbrechen geht, was ja der Ausgang der diskussion hier ist.

Gruß

Volker

Mein Gott macht Ihr euch das einfach…
…weil Ihr nicht betroffen seid.

Eben, habe ich ja auch geschrieben, wobei ich dem „inklusive“
deutlich widersprechen würde, weil gerade in WWII dieser
Grundsatz mehrfach durchbrochen wurde.

Ich schrieb ja auch das es bis zum WKII inklsive vorgesehen war , nicht das es durchgängig im WKII auch so gemacht wurde. In der Tat wurde diese Erwartung im WKII mehrmals durchbrochen/enttäuscht, so dass nach dem WKII andere Maßstäbe gelten.

Die Haager Landkriegsverordnung stammt aus dem Jahr 1907 (oder
1909?), auf jeden Fall also aus einer Zeit als
Kriegserklärungen zu einem „ordentlichen“ Krieg dazu gehörten.

Die Haager Landkriegsordnung befasst sich ausschließlich mit
dem „ius in bellum“. Die fehlende Kriegserklärung bzw. der
Angriffskrieg berührt ganz klar das „ius ad bellum“, ergo,
falsch, nicht richtig.

Hier liegst Du leider einem Argumentationsfehler auf: Ein „ius in bellum“ kann nur dann greifen, wenn es auch tatsächlich Krieg (nach der zeitgenössischen Ansicht der Konvention) gibt. Die zeitgenössische Ansicht war aber, dass zu einem Krieg (neben anderen Dingen) auch eine Kriegserklärung gehört.
Was ich eigentlich sagen will: Als diese Verordnung beschlossen wurde, hat man mit Kriegen, wie sie heutzutage üblich sind, einfach nicht gerechnet. Daher bezweifle ich die Weisheit diese Konvention auf diesen Krieg (womit wir wieder am Anfang meiner Argumentation wären) anzuwenden.

Ich leite dies aus dem allgemeinen Recht zur
Selbstverteidigung und dem speziellen irakischen Recht der
Selbstverteidigung ab.

Das Recht zur Selbstverteidigung rechtfertigt lediglich den
Einsatz von Kombatanten.

Tut mir leid, ich rede vom zivilen Recht der Selbstverteidigung, da kommen Kombatanten gar nicht vor.

Ansonsten schließe ich mich vorbehaltlos den Ausführungen von
„Wizard of War“ an.

Dann schau ich da mal nach. :smile:

Grüße,

Anwar

PS: Übrigens sieht kein einziges „ius ad bellum“ als Kriegsgrund den Besitz von WMDs vor, dennoch haben die Invasoren dies als (Haupt-)Kriegsgrund genannt. Somit haben sie sich freiwillig von den (momentan noch) gültigen Kriegsgesetzen und Konventionen gelöst. Man kann nun wohl nicht von den Irakis verlangen, dass sie „noch päpstlicher als der Papst“ sind und sich trotzdem noch an diese Konventionen halten.

Hallo,

Schwachsinn, nur weil kein Krieg da ist sind doch Soldaten
Trotzdem Militärs.

Ach so. Und wenn morgen ein betrunkener Ami-Soldat in Deutschland jemanden im Streit erschießt war das eine militärische Operation. hab’s verstanden.

Die Soldaten die alljährlich bei den

Flutkatatstrophen helfen tun dies nicht aus reiner
nächstenliebe sondern weil es befohlen wird (ok, viele würden
es auch aus nächstenliebe tun aber das ist ja egal) sie sind
Soldaten, auch ohne Krieg!

Ja, aber auch viele Soldaten machen noch keinen Krieg.

Alle anderen sind Nichtkombattanden, wenn diese die
Kombattanden angreifen sind sie Straftäter und als solche der
Polizei und den Gerichten zu übergeben.

Okay, wir können ja mal schauen, was die irakische Justiz (hier meine ich nicht die Marionettenbeamten, die evt. von den Alliierten eingesetzt werden/worden sind) dazu sagt.
Im übrigen finde ich es schon ziemlich hanebüchen wie „einfach“ Ihr es euch macht, nur weil Ihr nicht beteiligt seid. Ich zitiere hier einfach mal einen anderen User, der hat die Sache sehr gut auf den Punkt gebracht:

Das hieße, dass ich mich doch bitte schön auch mit Pfeil und Bogen einem Hightech-Soldaten zu stellen habe.
Das ich mich auch mit einem Vorderlader einem M1 Kampfpanzer zu stellen habe.
Das ich mich klar erkenntlich auch mit einer Schrotflinte einem AH 64 Apache Kampfhubschrauber mit 30mm Bordkanone, PNVS und TADS Sicht-und Zielsystem, bestückt mit Hellfire II Raketen und einer Panzerung die auch noch 23mm Geschossen standhält, zu stellen habe- wenn ich kein „Kriegsverbrechen“ begehen will!

Na klar tu ich dies, wenn ich zum Amüsement derer gereichen möchte, die mich dereinst wie einen Indianer aus einem fahrenden Zug abschießen ließe. Oder dereinst in Afrika für die erlauchte Gesellschaft mit einem Repetiergewehr aus einem Hochstand zum Spaß aller, dahin morden lasse!

Wenn ich als Gaudi für einen militärisch in allen Belangen überlegenen Gegner gereichen möchte, dann mag ich mich wohl an diese Regel der Stärkeren halten!
Und wenn ich nicht als „Kriegsverbrecher“ der von Heinrich genannten Konventionen gelten will, dann lass ich mich wohl dafür auch noch zum Spaß meiner Mörder dahin metzeln.

Aus:http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl…

Grüße,

Anwar

Die zeitgenössische Ansicht war aber, dass zu einem Krieg
(neben anderen Dingen) auch eine Kriegserklärung gehört.

Meine Argumentation bezog sich auf den Irakkrieg vom vergangenen Jahr bzw. auf die aktuellen Ereignisse im Irak. Das war eindeutig ein Krieg, weil es formelle Kriegserklärungen heute eben nicht mehr gibt. Die Haager Landkriegsordnung gilt dennoch auch für ihn, weil sie das „ius in bellum“ regelt und deshalb in ihrem Bezugsrahmen die Einhaltung des „ius ad bellum“ wie gesagt unerheblich ist.

Tut mir leid, ich rede vom zivilen Recht der
Selbstverteidigung, da kommen Kombatanten gar nicht vor.

Es geht in dieser Diskussion um Kriegsverbrechen, mithin um Kriegsvölkerrecht und nicht um „zivile“ Rechtssprechung.

PS: Übrigens sieht kein einziges „ius ad bellum“ als
Kriegsgrund den Besitz von WMDs vor, dennoch haben die
Invasoren dies als (Haupt-)Kriegsgrund genannt. Somit haben
sie sich freiwillig von den (momentan noch) gültigen
Kriegsgesetzen und Konventionen gelöst.

Das habe ich ja auch bestätigt. Die Kriegseröffnung durch die USA hat das „ius ad bellum“ verletzt, keine Frage. Aber daraus folgt nicht, dass für den gesamten Konflikt das komplette Kriegsvölkerrecht außer Kraft gesetzt wird. Das wäre ja so, als ob ich einen Vertreter, der den Fuß in meine Tür klemmt, sofort erschießen dürfte: Er hat nach deiner Auffassung ja schließlich Hausfriedensbruch begangen und sich selbst damit außerhalb des geltenden Rechts gestellt.

Man kann nun wohl
nicht von den Irakis verlangen, dass sie „noch päpstlicher als
der Papst“ sind und sich trotzdem noch an diese Konventionen
halten.

Doch kann und muss man.

Gruß

Volker