Kugelgestalt der Erde in der Antike

Hi,
gerade wurde in einer Fernsehsendung wieder mal gesagt, in der Antike habe jemand die Kugelgestalt der Erde dadurch beweisen können, daß um 12:00 mittags die Sonnenstrahlen ohne weiteren Schatten in einen Brunnen fielen, 800 km weiter jedoch einen Schatten warfen.

Wie konnte er die Zeit so genau synchronisieren?

Danke schon mal :smile:

Tai

ganz einfach: 12:00 (wobei es damals diese Zeiteinteilung von heute nicht gab) ist dann, wenn der Schatten vom Stab am kürzesten ist. Und das ist auch der einzige Sinnvolle Zeitpunkt für die Messung. Da die Zeit damals ganz selbstverständlich nach dem Sonnenstand eingeteilt wurde, dürfte das damals wohl jedes Kind gewusst haben, wie man das macht. Wichtig war jetzt nur noch, daß die Messung am selben Tag erfolgte, da die Sonne zu verschiedenen Jahreszeiten verschiedenhoch am Himmel steht. Doch auch das bereitet keine größeren Probleme.

Nebenbei bemerkt, ist das aus der Fernsehsendung sehr ungenau und schlecht recherchiert… das stimmt zwar, der „effekt“ mit den brunnen. Doch ist das niemals genau genug, um daraus den Erdumfang zu berechnen, oder zu beweisen, die Erde wäre rund. Dazu müssten die Brunnen alle genauso teif sein etc… ich halte das für ein „Märchen“, lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

Wie es wirklcih ablief war so: Eratothenes(Zeitgenosse von Archimedes) war der erste, der den Erdumfang mithilfe des Schattens von einem Stab auf verschiedenen Längengeraden berechnete. Er war damals der Leiter der größten Bibliothek der Welt in Alexandria.

Eratothenes hatte wesentlich bessere Mittel als die Brunnen. Er maß die Schattenlänge des Stabes auf verschiedenen Längegeraden und er hatte sogar ein „Vermessungsteam“, daß die Entfernungen sehr genau vermaß. Einer der Messpunkte lag sogar innerhalb des Wendekreises, so daß dort genau senkrechte Schatten auftraten.

Erathothenes gab für den Erdumfang einen Wert von ca. 250000 Stadien an. Da man heute nicht mehr genau weiss, wieviel ein Stadium umgerechnet in m ist, kann man nur sagen, daß sein Ergebnis irgendwo zwischen 37000 und 46000km lag. (heutiger Wert ca. 40000km). Und damit für damalige Verhältnisse sehr sehr gut war.
Ich glaube die Anthike Wissenschaft wird heute häufig sehr unterschätzt. Um die griechische leistung richtig einzuordnen: etwa zur gleichen zeit bemerkten auch chinesische gelehrte, daß die Schatten im Süden kürzer sind, als im Norden. Sie zogen daraus jedoch die falschen Schlüsse und folgerten, daß das am „runden Himmelsgewölbe“ lag. Eratothenes gibt in seinen Schriften übrigens auch Werte für den Durchmesser des mondes, der Sonne, die Abstände zwischen den 2 Körpern an, die nicht schlecht sind. Die genauen Schriften dazu gingen jedoch im Brand der Bibliothek von alexandria unter.

Brunnen tststs, es mangelt hier etwas an respekt gegenüber der Antike :smiley:, es gab dort einige Menschen, die bedeutend klüger waren, als die meisten heute. abgesehen davon glaub ich hab ich hier noch nie einen so langen Artikel geschrieben hehe.

mfg Tom.

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… Eratos(!)thenes hatte es nicht so mit den Längengraden …:smile:
er maß, oder ließ messen, in Alexandria und in Syene (heute: Assuan). Gemessen wurden die Sonnenstände … zur Sommersonnenwende. Damit entfällt das Synchronisationsproblem …

oops sorry :smiley: ich mein natürlich Eratosthenes :wink:. Und das mit den Längengraden is mir auch peinlich :smiley: ich meine natürlich Breitengerade (Ich schätze ich war wohl etwas unkonzentriert). danke für den Hinweis hehe.

Grüße, Tom

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Hallo Silvaplana

Gemessen wurden die Sonnenstände … zur
Sommersonnenwende. Damit entfällt das Synchronisationsproblem

Wenn an beiden Orten jeweils zur Sommersonnenwende gemessen worden wäre, hätte man da nicht die gleichen Ergebnisse, nur zu unterschiedlichen Zeiten erhalten müssen und nicht umgekehrt?

MfG

Tai

Hallo Tai,

Gemessen wurden die Sonnenstände … zur
Sommersonnenwende. Damit entfällt das Synchronisationsproblem

Wenn an beiden Orten jeweils zur Sommersonnenwende gemessen
worden wäre, hätte man da nicht die gleichen Ergebnisse, nur
zu unterschiedlichen Zeiten erhalten müssen und nicht
umgekehrt?

Die Sommersonnenwende ist auf der ganzen Erde zur gleichen Zeit. Bei einem Ort direkt auf dem nördlichen Wendekreis steht die Sonne dann genau im Zenit, bei einem Ort nördlich davon steht die Sonne im Süden, bei Orten südlich des nördl. Wendekreises ist die Sonne im Norden zu finden.

Pürsti

Hallo Josef,

Die Sommersonnenwende ist auf der ganzen Erde zur gleichen
Zeit.

Es fällt mir noch ein bißchen schwer, das nachzuvollziehen. Aber auch wenn es stimmt - wie konnte man das zu antiken Zeiten wissen?

Ich muß das mal durchspielen. Was brauche ich da noch: eine Orange und eine Erbse und…:wink:

MfG

Tai

Hi,
gerade wurde in einer Fernsehsendung wieder mal gesagt, in der
Antike habe jemand die Kugelgestalt der Erde dadurch beweisen
können, daß um 12:00 mittags die Sonnenstrahlen ohne weiteren
Schatten in einen Brunnen fielen, 800 km weiter jedoch einen
Schatten warfen.

Wie konnte er die Zeit so genau synchronisieren?

Gegenfrage: Warum soll das die Kugelgestalt der Erde beweisen? Auch bei „Scheiben-Erde“ würde diese Phänomen auftreten, wenn man unterstellt, dass in der Antike der Abstand Sonne-Erde noch relativ unbekannt gewesen sein dürfte (oder war er das nicht?).

thx
moe.

Moin, moe.,

Auch bei „Scheiben-Erde“ würde diese Phänomen auftreten, wenn
man unterstellt, dass in der Antike der Abstand Sonne-Erde
noch relativ unbekannt gewesen sein dürfte (oder war er das
nicht?).

die Brunnenlote auf der Scheibenerde stehen parallel zueinander, auf der Erdkugel bilden sie am Äquator einen Winkel von etwa 7,2°, in unseren Breiten grob 10°. Wo die alten Griechen gemessen haben, weiß ich jetzt nicht.

Gruß Ralf

Moin, moe.,

Auch bei „Scheiben-Erde“ würde diese Phänomen auftreten, wenn
man unterstellt, dass in der Antike der Abstand Sonne-Erde
noch relativ unbekannt gewesen sein dürfte (oder war er das
nicht?).

die Brunnenlote auf der Scheibenerde stehen parallel
zueinander, auf der Erdkugel bilden sie am Äquator einen
Winkel von etwa 7,2°, in unseren Breiten grob 10°. Wo die
alten Griechen gemessen haben, weiß ich jetzt nicht.

Ich steh auf dem Schlauch: Welche Brunnenlote bilden einen Winkel von 7,2° oder 10°? Spricht das dagegen, dass sich auch auf der Scheibenerde bei einer stationären Lichtquelle die Schatten unterschiedlich verhalten, wenn man aus dem Lot zw. Lichtquelle und Erdoberfläche herauskommt?

thx
moe.

Hi moe.,

Ich steh auf dem Schlauch: Welche Brunnenlote bilden einen
Winkel von 7,2° oder 10°?

nimm mal einen Apfel und stecke zwei Zahnstocher im Abstand von 2 cm so hinein, dass sie zur Mitte des Kerngehäuses zeigen. Mach das gleiche auf einer Scheibe Leberkäs.

Spricht das dagegen, dass sich auch
auf der Scheibenerde bei einer stationären Lichtquelle die
Schatten unterschiedlich verhalten, wenn man aus dem Lot zw.
Lichtquelle und Erdoberfläche herauskommt?

Die Frage verstehe ich nicht, deshalb der nächste Vorschlag: Die Sonne ist laut Wikipedia 149.597.870 km von der Erde entfernt. Zeichne ein rechtwinkeliges Dreieck mit einer Seite von 800 km und einer von 149.597.870 km, dann bekommst Du einen Winkel von 0,000 034° (da könnte ich mich jetzt um eine Stelle vertan haben).

Gruß Ralf

Hi moe.,

Ich steh auf dem Schlauch: Welche Brunnenlote bilden einen
Winkel von 7,2° oder 10°?

nimm mal einen Apfel und stecke zwei Zahnstocher im Abstand
von 2 cm so hinein, dass sie zur Mitte des Kerngehäuses
zeigen. Mach das gleiche auf einer Scheibe Leberkäs.

Schon klar. Und woher kommen die Zahlen 7,2 und 10 ?

Spricht das dagegen, dass sich auch
auf der Scheibenerde bei einer stationären Lichtquelle die
Schatten unterschiedlich verhalten, wenn man aus dem Lot zw.
Lichtquelle und Erdoberfläche herauskommt?

Die Frage verstehe ich nicht, deshalb der nächste Vorschlag:
Die Sonne ist laut Wikipedia 149.597.870 km von der Erde
entfernt. Zeichne ein rechtwinkeliges Dreieck mit einer Seite
von 800 km und einer von 149.597.870 km, dann bekommst Du
einen Winkel von 0,000 034° (da könnte ich mich jetzt um eine
Stelle vertan haben).

Und was glaubte man in der Antike, wie groß der Sonne-Erde-Abstand ist? Ich würde die Betrachtung umdrehen. Wenn bei zwei Brunnen die Schatten um x differieren, dann gehe ich davon aus, dass die Erde eine Scheibe ist und berechne mir einfach einen neuen Abstand Erde-Sonne. Als Beleg für die Kugelgestalt kann ich das ohne weitere Erkenntnisse eigentlich nicht werten.

moe.

Hi Moe

Gegenfrage: Warum soll das die Kugelgestalt der Erde beweisen?
Auch bei „Scheiben-Erde“ würde diese Phänomen auftreten (…)

Stimmt, da hast Du recht - auch bei einer Scheibe können zur gleichen Zeit alle Arten von Schattenlängen auftreten: von 0 bis „verdammt lang“.

MfG

Tai

Hallo,

Die Sommersonnenwende ist auf der ganzen Erde zur gleichen
Zeit.

Es fällt mir noch ein bißchen schwer, das nachzuvollziehen.
Aber auch wenn es stimmt - wie konnte man das zu antiken
Zeiten wissen?

Astronomie wurde vermutlich schon seit der Steinzeit betrieben. Du kannst also davon ausgehen, dass die Gelehrten der Antike die Zeitpunkte der Sonnenwenden sehr genau kannten. Wenn nun ein Reisender z.B. 1000 km in Nord-Süd-Richtung reiste, konnte er sich doch jeweils vor Ort darüber informieren, wann genau die letzte Sonnenwende war. Da er auch die Dauer seiner Reise genau kannte, konnte er auch ohne weiteres feststellen, dass die Sonnenwenden an beiden Orten zur gleiche Zeit stattfanden.

Jörg

Hallo,

gerade wurde in einer Fernsehsendung wieder mal gesagt, in der
Antike habe jemand die Kugelgestalt der Erde dadurch beweisen
können, daß um 12:00 mittags die Sonnenstrahlen ohne weiteren
Schatten in einen Brunnen fielen, 800 km weiter jedoch einen
Schatten warfen.

Wie konnte er die Zeit so genau synchronisieren?

Die Zeit muß man doch garnicht synchronisieren. Am Äquator steht die Sonne jeweils zum Frühlings- und am Herbsanfang mittags genau senkrecht. Am nördlichen Wendekreis passiert das gerade noch einmal zum Sommeranfang. Am südlichen Wendekreis entsprechend um den 21. Dezember. Zwischen den Wendekreisen passiert es auch zweimal jährlich, jedoch in unterschiedlichen Zeitabständen. Je weiter Du Dich vom Äquator in Richtung nördlichen Wendekreis bewegst, desto näher rücken die beiden Tage mit senkrechtem Sonnenstand von Frühlings- und Herbstanfang in Richtung 21. Juni, um dann am nördlichen Wendekreis auf einen Tag zusammenzufallen. Nördlich des nördlichen Wendekreises wirft die Sonne auch ganzjährig mittags noch einen Schatten, der umso länger ist, je nördlicher man sich befindet. Auf der Südhalbkugel ist es entsprechend umgekehrt.
Nun konnte man ja bereits mit einer einfachen Sonnenuhr ohne weiteres feststellen, dass der Schatten im Zenit zur Zeit der Sonnenwende an unterschiedlichen Breitengraden unterschiedlich lang ist. Bei ausreichend genauer Messung hätte man auch feststellen können, dass der Unterschied des steilsten Winkels, in dem die Sonne nördlich des Wendekreises auf die Erde strahlen kann, direkt proportional zur Nord-Süd-Entfernung der Orte ist. Daraus hätte man nicht nur auf die Kugelform sondern auch auf den Radius schließen können.

Hallo,

die Postings gehen ja etwas durcheinander. Ich reihe mich mal hier ein, immerhin geht es wieder mal um die wirklich wichtigen Dinge.

Hinweisen wollte ich (wieder mal) auf die Beiträge von Prof. Lelgemann. Ich finde aber leider nichts leicht Verdauliches, so wie er es in seinen Vorträgen bringt

http://mca.bv.tu-berlin.de/~lelge/gdg/gdg.html

Den Beitrag habe ich nur bezüglich der Messungen von Eratosthenes überflogen. Er soll zeigen, dass auch damals genauso wie heute wissenschaftlich gearbeitet wurde, und man darf davon ausgehen, dass das genauere Ergenis erreicht wurde, Erdradius = 6320 km.

Zur Breitenbesimmung noch ein Hinweis, auch da sollen es Messungen und nicht Schätzungen gewesen sein, und zwar mit dem „Skiotherikós Gnomon“

http://de.wikipedia.org/wiki/Gnomon

Grüße Roland

An 3 Stellen messen --> Kugel
Hi,

fiel mir gerade ein:
Wenn man den Schatten an 3 Stellen messen würde, dann würde man feststellen, dass die Erde keine Scheibe sein kann.
Freilich muss es dann noch keine Kugel sein, aber eine Scheibe wäre sie jedenfalls nicht.
Würde man an noch mehr Stellen messen, dann könnte man auch die letzten Zweifel an der Kugelgestalt ausräumen.

Gruss,

Hi,

fiel mir gerade ein:
Wenn man den Schatten an 3 Stellen messen würde, dann würde
man feststellen, dass die Erde keine Scheibe sein kann.
Freilich muss es dann noch keine Kugel sein, aber eine Scheibe
wäre sie jedenfalls nicht.
Würde man an noch mehr Stellen messen, dann könnte man auch
die letzten Zweifel an der Kugelgestalt ausräumen.

Da versagt jetzt meine intuitive Vorstellungskraft. Gibt es dazu eine Zeichnung mit ein paar handlichen Zahlen?

thx
moe.

Hi Helge,

fiel mir gerade ein:
Wenn man den Schatten an 3 Stellen messen würde, dann würde
man feststellen, dass die Erde keine Scheibe sein kann.
Freilich muss es dann noch keine Kugel sein, aber eine Scheibe
wäre sie jedenfalls nicht.
Würde man an noch mehr Stellen messen, dann könnte man auch
die letzten Zweifel an der Kugelgestalt ausräumen.

Jou, genau das haben diese etwas verdrehten Typen gemacht, die sich „Geodäten“ nennen. Ich müßte jetzt selbst nochmal nachschlagen wie das damals war, im 19. und 20. Jahrhundert. Im Prinzip waren das astronomische Ortsbestimmungen, die man durch Dreiecksmessungen verknüpfte. Beim Einpassen eines Erdkörpers wechselte man schnell von der Kugel zum Ellipsoid und als auch das nicht paßte, erfand man das Geoid. Und um dass noch zu verfeinern, schoss man ein paar Satelliten in die Erdumlaufbahn und beobachtete diese. Einigen war das immer noch nicht genug und sie machten sich Gedanken über „Planetare Geodäsie“ …

Gruß Roland

Hallo Moe,

fiel mir gerade ein:
Wenn man den Schatten an 3 Stellen messen würde, dann würde
man feststellen, dass die Erde keine Scheibe sein kann.
Freilich muss es dann noch keine Kugel sein, aber eine Scheibe
wäre sie jedenfalls nicht.
Würde man an noch mehr Stellen messen, dann könnte man auch
die letzten Zweifel an der Kugelgestalt ausräumen.

Da versagt jetzt meine intuitive Vorstellungskraft. Gibt es
dazu eine Zeichnung mit ein paar handlichen Zahlen?

Ich versuche es mal:

Fall 1: Erde sei eine Scheibe, die Sonne befindet sich in einem Abstand x. Sei A der Punkt, bei welchem die Sonne im Zenit steht. Wenn man sich um die Strecke x (Abstand Erde-Sonne) von A entfernt, steht die Sonne 45 Grad über dem Horizont. Entfernt man sich um 2x von Punkt A, sind es immer noch ca. 36 Grad.

 S -
 |\ \--
x | \ \
 | \ --
 | \ \
 A----B----C
 x x

Fall 2: Erde sei eine Kugel, Sonne befindet sich in sehr grossem Abstand, sodass die Sonnenstrahlen als parallel einfallend angenommen werden können. Sei A der Punkt auf der Erde, in welchem die Sonne im Zenit steht. Man muss sich von diesem Punkt um eine Strecke x entfernen, sodass die Sonne 45 Grad über dem Horizont erscheint. Entfernt man sich um 2x von A, steht die Sonne nur mehr am Horizont.

C-------------------------------
--\
 -\
 \B-------------------------
 |
 \
 |
 |A ---------------------

Ich hoffe, es ist halbwegs ersichtlich, wie sich verschiedene Entfernungen vom Punkt A je nach Fall unterschiedliche Sonnenstände ergeben.

HTH,
Pürsti