Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtens?

Guten Tag,

Ich habe folgendes Anliegen:

Ich war 15 Monate in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gewesen- bis gestern.
Ohne vorherige Abmahnung wurde mir gestern plötzlich gekündigt. Es gab vorher auch keinerlei Andeutungen. Ich hatte nie einen Krankenschein, es gab keine Beschwerden über mich, ich war immer bereit Überstunden zu leisten und stets engagiert.

Als Grund wurde mir eine „Umstrukturierung“ genannt.

Momentan ist zwar die Auftragslage nicht so rosig wie sie mal war, dennoch wurde gestern bereits eine neuer Mitarbeiter eingestellt. Als ich die Tür rausging, kam er rein. Es kann also nicht daran liegen, dass Personal abgebaut werden müsste.

Ich wurde mit sofortiger Wirkung freigestellt und ich musste sofort gehen. Offiziell sei ich aber bis zum 30.6. beschäftigt und würde noch Lohn erhalten für den Monat Juni.

Der Betrieb beschäftigt mehr als 10 Mitarbeiter.

Meine Vermutung liegt darin, dass die Kündigung ausgesprochen wurde weil der Geschäftsführer in letzter Zeit immer nur genervt war von mir. Ich habe mir nichts zu Schulden lassen kommen, ich habe immer nur meinen Job bestmöglich ausgeübt.

Meine Frage lautet jetzt, dürfen die mir „einfach so“ kündigen? Ist das rechtens? Leider habe ich keinen zeitnahen Termin bekomme bei der arbeitsrechtlichen Stelle. Ich hoffe ich erhalte hierüber eine Rückmeldung ob es denn Sinn machen würde dadagegen vorzugehen.

Vielen Dank im voraus!!!

MfG

Hast Du die Kündigung schriftlich? Bis dahin Deine Arbeitskraft weiter anbieten.
Ohne schriftliche Kündigung kein verbindlicher Grund, keine Wirksamkeit, keine Möglichkeit (bzw. keine Notwendigkeit) diese Anzufechten.

Am Ende ist es (in kleinen Betrieben) immer schwer, eine vom Chef gewollte, ansonsten grundlose Kündigung zu verhindern. Aber Du kannst sicher über Abfindung oder längere Frist verhandeln.

Ja, die Kündigung gab es schriftlich gestern.
Hmm… Verhandeln lässt sich so nicht mit ihm, wenn dann wohl nur über den gerichtlichen Weg, da er nicht mit mir redet…

Wenn der Betrieb tatsächlich unter das KSchG fällt, dann muss eine Kündigung begründet sein. Bei einer betriebsbedingten Kündigung (und um eine solche handelt es sich hier ja angeblich) muss eine Sozialauswahl getroffen werden.

Das sieht so aus, als sei das hier nicht ordentlich geschehen. Also Kündigungsschutzklage einreichen! Hierfür hast du nur drei Wochen Zeit. Ob du dir einen Anwalt nimmst, musst du überlegen, denn den musst du in der ersten Instanz selbst bezahlen (es sei denn, du hast eine Rechtsschutzversicherung). Wenn du in der Gewerkschaft bist, geh zur Gewerkschaft, die machen das für dich.

Der Kündigungsgrund wurde mir nur mündlich genannt. In der Kündigung selbst ist keine Begründung enthalten…

Die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung wurden nicht erfüllt (Sozialauswahl, Weiterbeschäftigung im Betrieb, usw) Am Personalabbau kann es nicht liegen, wenn sofort im Anschluss jemand anderes eingestellt wird.

Meiner Meinung nach erfolgte die Kündigung aus rein persönlichen Gründen. Da kann er mir nicht einfach so kündigen?

Knackpunkt ist, ob das Kündigungsschutzgesetz greift. Dafür ist die 10-Mitarbeitergrenze wesentlich. Bei der Feststellung der Zahl der Arbeitnehmer sind Teilzeitbeschäftigte mit nicht mehr als 20 Wochenstunden mit dem Faktor 0,5 und mit nicht mehr als 30 Wochenstunden mit dem Faktor 0,75 zu berücksichtigen. Arbeitnehmer mit mehr als 30 Wochenstunden sind mit dem Faktor 1,0 zu berücksichtigen.

Nicht mitzuzählen sind die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Die für einen erkrankten Mitarbeiter eingestellte Aushilfskraft ist nicht mitzuzählen. Sofern eine Ersatzkraft eingestellt ist, werden sich im Erziehungsurlaub befindende Arbeitnehmer ebenfalls nicht mitgezählt.

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Verstehe soweit. Stehe nur trotzdem etwas auf dem Schlauch, es zählt (hoffe ich jetzt doch stark) die Anzahl der Arbeiter am Kündigungstag? Oder…?

Heutiger Stand: 8 Vollzeitbeschäftigte, 1 offizielle Aushilfe (arbeitet aber Vollzeit), 1 weitere Aushilfe und weitere angeblich beschäftigte Mitarbeiter, wie viele kann ich leider nicht sagen… vermute zwei Aushilfen… diese sind zwar so gemeldet aber arbeiten nicht wirklich dort…

Gestriger Stand (Tag der ausgesprochenen Kündigung): 10 Vollzeit-Mitarbeiter + Aushilfen

Gestern wurde nämlich nicht nur ich entlassen, sondern auch mein Kollege (ebenfalls Vollzeit).

Ja, dann hast du Kündigungsschutz.

Vielen vielen Dank für die Auskunft!!

Ich werde dann morgen gleich zum Anwalt…

Ja, aber nimm einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Kostet in der Regel genau so viel, wie ein unspezialisierter Anwalt. Und nicht so lange warten. Und wenn du keine schriftliche Kündigung bekommen hast, dann erstmal weiter zur Arbeit, bis die dir etwas schriftliches geben. Und nichts unterschreiben, von wegen Annahme der Kündigung oder so. Damit die Kündigung auch wirksam ist, muss sie von einem erkennbar Bevollmächtigten unterschrieben werden.

Eine betriebliche Kündigung wegen Umstrukturierung müsste der Arbeitgeber sehr genau nachweisen, denn das überprüft das Arbeitsgericht. Genau so, wie die anderen Kündigungsgründe.

Moin,

Annehmen? Es ist eine einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung, ob du sie nun annimmst oder nicht.
Dazu aus http://www.hensche.de/Annahme_Kuendigung_Verweigerung_Verweigerung_der_Annahme_einer_Kuendigung_BAG_26.03.2015_2AZR48314.html

Ver­wei­ge­rung der An­nah­me ei­ner Kün­di­gung
Ein Kün­di­gungs­schrei­ben ist im Per­so­nal­ge­spräch
wirk­sam über­reicht, wenn der Ge­kün­dig­te es ent­ge­gen­nimmt oder
wenn es ne­ben ihn auf den Tisch ge­legt wird:
Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 26.03.2015, 2 AZR 483/14

Hinterher wird dann gerne und fleißig gestritten, ob die Kündigung rechtens war.
Ulrich

Ja, das stimmt natürlich. Das war terminologisch falsch ausgedrückt. Es muss natürlich heißen nicht „akzeptieren“ oder „einverstanden“ sein. Eine neutrale Empfangsbestätigung kann er natürlich unterschreiben.

Hallo Rotalge,

es tut mir leid, aber diese Aussage von Dir

ist bestenfalls mißverständlich, tendenziell falsch
Zwar sollte der AG belastbare Kündigungsgründe haben, er muß sie aber im Kündigungsschreiben einer fristgerechten Kündigung nicht nennen. Und ob er Gründe hat, muß er frühestens im Rahmen eines Kündigungschutzverfahrens darlegen und beweisen.

Ob der AG ggü. dem AN Gründe nennen muß, hat mit dem KschG grundsätzlich gar nichts zu tun, sondern mit der Art der Kündigung. Bei einer fristlosen Kündigung muß er die Gründe auf verlangen des AN angeben - allerdings auf Grundlage des § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB

http://www.arbeitsrecht.org/arbeitnehmer/kuendigung/diese-formvorschriften-muss-ihre-kuendigung-einhalten/

@Inima: Du solltest umgehend - innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung - Klage beim Arbeitsgericht einreichen. Das geht auch erst mal ohne Anwalt und kostet nichts.
Bei Arbeitsgerichten gibt es freundliche Menschen, genannt „Rechtspfleger“, die mit dir gemeinsam die Klage formulieren, wenn du das Kündigungschreiben mitbringst.
Eine Klagebegründung kann ggfs. nachgereicht werden - durch dich oder einen Anwalt. In der ersten Instanz besteht kein Anwaltszwang.

&Tschüß
Wolfgang

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Moin,

Okay. Und sorry, meine Antwort an dich war nicht so hart gemeint, könnte aber so ausgesehen haben.

Ulrich

Hi!

Im § 23 KSchG steht „in der Regel“ - nicht „zum Kündigungszeitpunkt“.

Beispiel: Ein Unternehmen beschäftigt für 2 Monate zusätzlich zu den regelmäßig 7 Beschäftigten noch 5 Personen zeitlich befristet für 2 Monate, weil ein Auftrag das erfordert.
In diesen 2 Monaten bricht der Auftrag weg und es wird entlassen.
Da wird sich der AN nicht auf die 12 Beschäftigten berufen können, da sie nun einmal nicht regenmäßig beschäftigt sind.

Ich selbst kenne ein Unternehmen mit regelmäßig weniger als 10 Beschäftigten, das sich einmal im Jahr auf einer Messe präsentiert und extra für diesen Zweck (max. 5 Tage) ca. 20 kurzfristig beschäftigte Aushilfen …

Was genau im Zweifel unter „regelmäßig Beschäftigte“ zu verstehen ist, kannst Du hier nachlesen.

VG
Guido

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Hi!

Diese Aussage ist wenigstens mal als mutig zu bezeichnen, sorry.

VG
Guido

Warum sollte man das, wenn doch im UP eindeutig steht

Man kann Kündigungen generell nicht anfechten.

Aus dem UP konnte man nicht auf eine schriftliche Kündigung schließen.

Da eine Kündigung ohne Schriftform gem. § 23 BGB gar nicht möglich ist, erübrigt sich das.

Warum man jedoch seine Arbeitsleistung bei einer Freistellung anbieten sollte, erschließt sich mir immer noch nicht - ebenso wenig, wie die Idee, eine Kündigung können man anfechten …

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Hallo @Guido_, lies doch bitte meine erste Antwort nochmal. Wegen

bis gestern

und

Als Grund wurde mir eine „Umstrukturierung“ genannt

habe ich nur für den Fall ohne Schreiben empfohlen, bis dahin die Arbeitskraft weiter anzubieten (da Worte ggf. schwierig zu beweisen sind) und ansonsten genau das gleiche geschrieben wie Du.