Hi,
Ich denke, Du hast meine Argumentation nicht so verstanden,
wie ich das beabsichtigt hatte… Also: Wenn Du Recht hast,
also wenn eine intelligente Kultur ihre Wurzeln kennen will,
wird sie Wissen darüber bewahren. Die Kulturen unserer
Vorfahren und auch unsere eigene ist noch nicht so weit, als
dass sie im Stande wäre, solches Wissen über große Zeiträume
zu bewahren. Das mag aber anders sein bei höher entwickelten
Kulturen - als Bespiel hatte ich das fiktive Beispiel einer
Kultur genannt, die aus der nächsten Stufe technischer
Evolution hervorgehen könnte.
Wenn das so ist, dann wird diese Kultur doch dafür sorgen,
dass solches Wissen weitergegeben und möglichst konserviert
wird. Wichtiger jedoch ist womöglich, dass Mozarts Sonaten für
Inspiration sorgten und sich deren Einfluss daher in den
folgenden, durchaus auch andersartigen Werken wiederfindet.
Das Problem ist jedoch, dass ich die Entwicklung von Kulturen nicht als linear ansehe. Wenn wir uns unsere Vergangenheit ansehen, dann waren da immer Zeiten der „Hochkultur“ unterbrochen von „finsteren Zeiten“ der - nennen wir es mal - „Engstirnigkeit“.
Darum halte ich es für problematisch, wenn es jeder Generation überlassen bliebe, was diese für nützlich erachtet und „aufbewahrt“. Sicherlich sah man in der Antike andere Dinge als wichtig an als z.B. im Mittelalter. Man schaue sich nur einmal an, was die Spanier in Mittel-und Südamerika mit den dortigen Kulturschätzen angefangen haben (von Nazi-Deutschland möchte ich gar nicht reden).
Die Gefahr ist also, dass eine relativ kurze destruktive Phase schon ausreichen würde um Wissen für immer zu zerstören.
Wie definierst Du „Wert“ im Kontext geologischer Zeiträume?
Was letztendlich von „geologischem Wert“ sein wird, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht ist es eine Anleitung zum Bau eines Tosters, vielleicht unser Umgang mit der globalen Erwärmung oder eine Geschichte von Hemingway. Wahrscheinlich wird jeder „Besucher des Archivs“ dessen Wert anders beurteilen. Auch hier im Forum gibt es ja die Ansicht, dass dieser Aufwand wertlos sei. Allerdings denke ich, dass nicht wir diesen Wert beurteilen sollten, sondern die zukünftigen Generationen.
Das tun wir doch schon. Wir gehen die allerersten Schritte.
Immerhin haben wir eine Sprache entwickelt, um komplexere
Informationen weiterzugeben, und wir haben Symbolsysteme
entwickelt, um die Speicherung dieser Information unabhängig
zu machen von einzelnen, lebenden Individuen.
Eben. Ich will nur einen Schritt weiter gehen, da es ja durchaus möglich ist, dass die menschliche Entwicklung auch mal wieder in eine Art Mittelalter zurückverfällt.
um „geologisch bedeutungsvoll“ zu
sein.
Was ist jetzt nach Deiner Definition „geologisch bedeutungsvoll“ ?
Hmm, wenn ich mir vorstelle, was wir so „denken“, wird mir
übel, und dann ist mir alles peinlich, und dann bin ich
resigniert. Eins ist gewiss, es würde mich nicht mit Stolz
erfüllen, wenn das eine andere intelligente Art erführe.
Umgekehrt müßte mir schon sehr langweilig sein, mich als
Individuum einer anderen Art mit solchen „Gedanken“
auseinanderzusetzen.
Das ist jetzt aber doch recht pessimistisch. Selbst die Bildzeitung kann mit einigem Abstand betrachtet manchmal sehr lustig sein.
Und ich erinnere mich, wie einige Historiker angesichts eines Papyros aus frühägyptischer Zeit auf dem ein Schüler Schreibübungen machte in Begeisterung gerieten.
Wie oben schon angedeutet erschließt sich der „Wert“ erst dem Betrachter.
Doch nochmal zurück auf de Punkt: Wenn wir geologisch denken,
dann stehen zwischen denen, die diese Informationen erzeugen,
und denen, die sie lesen sollen, Unterschiede wie zwischen uns
und zB. Delphinen. Wir finden keinen guten intellektuellen
Zugang zueinander, wir verstehen einander sowieso nicht
*wirklich*. Sowenig wie ein Delphin die „Schönheit“ in Mozarts
Sonaten erkennen würde, so wenig sind wir in der Lage, auch
nur zu erkennen, welche überaus wichtigen, interessante und
kulturell hochstehenden Erkenntnisse und ein Delphin
vermittelt.
Gut, das könnte ein Problem sein, allerdings stellt sich hier die Frage, wie „anderes“ intelligentes Leben aussieht/aussehen wird.
Entwickelt sich die Menschheit selbst weiter (allerdings vielleicht mit Unterbrechungen und „kulturellen Aussetzern“ ist sicherlich anzunehmen, dass diese Zukunftsmenschen sich dennoch ganz gut in unsere Gedankenwelt „einfühlen“ können bzw. hängt dieses „Einfühlungsvermögen“ eher von inneren Einstellung als von der Intelligenz ab. Schließlich versuchen wir auch heute schon uns z.B. in Ötzi hineinzuversetzen. (Was soweit geht, das einige versuchen mit seiner Ausrüstung seinen Marsch nachzuvollziehen. Hätten wir jedoch Video-Aufzeichnungen oder ein Tagebuch aus dieser Zeit, fiehle uns das sicherlich leichter. Übrigens stellt sich hier auch die Frage nach dem „Nutzen“. Was haben wir davon zu verstehen wie Ötzi lebte?
Bei anderen intelligenten Spezies wird die Sache schon schwieriger. Hier kann man nur Hypothesen austellen, die sicherlich auch interessant sind, aber die uns wahrscheinlich zu weit von meiner Eingangsfrage wegbringen würden.
Ich persönlich glaube z.B. nicht, dass eine andere Intelligenz so viel intelligenter ist, wie wir Menschen im Vergleich zu Delphinen. Schließlich muss jede Spezies, die einmal im Weltreum reisen will eine ähnliche Entwicklung wie wir durchlaufen und ab einem gewissen Punkt ersetzt die technologische Evolution die natürliche, so dass die Intelligenz selbst sich kaum noch ändert. Ich prophezeie jetzt einfach einmal dass Delphine, wenn sie irgendwann in der Lage sein sollten in den Weltraum reisen, auch etwas mit Mathematik, Computern, etc. anfangen können. Ob sie Mozart schön finden ist etwas anderes, aber möglicherweise würde es sie interessieren. Und selbst Zimmerpflanzen sollen ja bei Mozart besser gedeien…
Weiterhin könnte man durch die Wahl des Ortes des Archivs und der Archivierungsmethode eine Auswahl treffen, so dass nur diejenigen die Information finden und entschlüsseln können, die auch etwas damit anfangen können.
Gruß