Hallo,
wie spricht man den buchstaben c aus?
In meinem Buch steht das c, wie k ausgesprochen wird, z.B. cavum (kavum), cutis (kutis) doch wenn c vor e, ae, oe i und y steht dann spricht man es auch als c aus, z.B. cerebrum (cerebrum), cirkulus (cirkulus). Doch weiter steht da das die Römer c wie ein k ausprachen, also auch im Fall von cerebrum, sie sollen es als kerebrum ausgesprochen haben, wie soll man es jetzt ausprechen und gilt die oben beschrieben Regel (c vor Vokal = k) oder wird c immer als k ausgesprochen?
Mfg. Carboneum.
Entschuldigung, ich meinte c vor Vokal = c und nicht k.
Hallo Carboneum,
Deine Frage lässt sich pauschal nicht beantworten. Deshalb verweise ich zunächst einmal auf drei Wiki-Seiten:
http://de.wikipedia.org/wiki/Lateinische_Aussprache
http://de.wikipedia.org/wiki/Schulaussprache_des_Lat…
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Aussprache_des…
Du musst nämlich bedenken, dass irrsinnig lange und an irrsinnig vielen Orten Latein gesprochen wurde. Wenn Du das jetzt mit den paar 100 Jahren und den ca. 500.000 Quadratkilometern vergleichst, in denen Deutsch gesprochen wird, und Dir vor Augen führst, wie verschieden man deutsche Wörter aussprechen kann, dann sollten dich verschiedene Lateinische Aussprachen auch nicht mehr wundern.
Das Wichtigste in Kürze: Im Mittelalter hat man im deutschen Sprachraum „Zerebrum“ und „Zirkulus“ gesprochen („Zirkel“ schreibt man ja heute auch so). Dies wurde in alltäglichen Wörtern bis heute beibehalten, wurde bis etwa zum letzten Krieg in der Schule so unterrichtet, und Mediziner sowie Biologen sprechen bis heute so. Auch in älterer (bis ca. 1750 und noch einmal zwischen ca. 1850 und 1950) geistlicher Musik deutscher Komponisten hört man „et aszendit in zölum“. Dies ist die deutsche Aussprache des Latein (auch „germanisiertes Latein“ genannt), zu finden in meinem dritten Wiki-Link.
Im Italienischen Sprachraum hat man halt so gesprochen, „wie man schreibt“, also als hätte man italienische Wörter vor sich. Diese Aussprache pflegt der Papst, außerdem findet man sie in neuerer und ausländischer geistlicher Musik. (Dort heißt es dann „et aschendit in tschelum“.) Das nennt man dann „italianisiertes“ oder „romanisiertes Latein“.
Caesar und Cicero selbst haben aber z.B. das c immer als k gesprochen (und noch andere „seltsame“ Sachen getan), der Teilsatz „aufgefahren in den Himmel“ aus dem apostolischen Glaubensbekenntnis hätte damals in etwa „et aschkenditt ing koilung“ geheißen. Diese „klassische Aussprache“ findest Du in meinem ersten Wiki-Link beschrieben.
Heutzutage lernt man in der Schule etwas, das angeblich klassisches Latein ist; das jedoch stark ans Deutsche angepasst ist, damit die Schüler sich nicht so quälen müssen, Latein richtig auszusprechen, wo das doch seit 1500 Jahren oder noch länger ohnehin keiner mehr tut. Ist ja auch vernünftig. Das führt dann eben zur Schulaussprache, deren Regeln Du in meinem zweiten Wiki-Link nachlesen kannst. Im Prinzip sprechen so aber nur die Leute, die Latein in der Schule hatten. Im Alltag hat sich diese Aussprache nirgends durchgesetzt.
Liebe Grüße
Immo
Vielen Dank Vokietis.
Diese wirklich ausführliche Antwort habe ich nicht erwartet, doch es hat mich positiv überrascht. Studierst du vll. Linguistik? Du hast dir wirklich einen Stern verdient . Danke.
Zu meinem Buch:
In meinem Buch wird also die deutsche Aussprache des Latein beschrieben. Das wundert mich, da ich aus deinen Links gelesen habe das die deutsche Aussprache des Latein nicht mehr mit der Schulaussprache des Lateinischen übereinstimmt.
Aus wikipedia(Deutsche Aussprache des Lateinischen): Das kurze _(und eventuell auch y, siehe unten) wird am Wortende ebenfalls geschlossen artikuliert (z. B. „Romani“, die „Römer“ = [ʁo.ˈmaː.ni], wie dt. „Willy“ = [ʋɪli]). Vor Vokalen (außer ) wird es wie ein deutsches [j] ausgesprochen. Zwei werden durch Glottisschlag getrennt (z. B. Iulii = [juːliʔi]
Genau das steht auch in meinem Buch, nur das noch etwas hinzugefügt wurde, nämlich wenn zwischen zwei Vokalen steht, dann spricht man es auch als aus.
Also kann ich als und , als und_
Hallo,
Caesar und Cicero selbst haben aber z.B. das c immer als k
gesprochen
Mit der Aussage hast du mich (interessierter Laie) neugierig gemacht:
Woher weiß man das? (Tonaufzeichnungen gibt’s ja nicht)
Gruß
Also kann ich als und ,
als und BTW: von ‚CaeSAR‘ leitet sich auch das Wort ‚Zar‘ ab!
Gruß,
Rummo
Hallo!
m.E sollte es als „k“ gesprochen werden, schließlich hat sich
aus ‚Caesar‘ das deutsche Wort ‚Kaiser‘ entwickelt!(BTW: von ‚CaeSAR‘ leitet sich auch das Wort ‚Zar‘ ab!
Also ich würde nicht einfach so behaupten, dass sich „Zar“ aus der zweiten Silbe von „caesar“ ableitet. Soweit ich weiß, wurde das Wort erstmals von Ivan dem Großen geprägt, also von einer Einzelperson. Das dürfte so gegen Mitte des 15. Jhdt gewesen sein. Daher denke ich, dass er den Namen dieses Titels zwar bewusst ein weing geändert hat, um sich von Rom zu distanzieren, aber doch nicht zu weit, sodass die damit einhergehenden Herrschaftsansprüche immer noch erkenntlich blieben. Immerhin hat er auch Moskau das „Dritte Rom“ genannt. Jedenfalls dürfte hier die Aussprache mit zum Tragen gekommen sein, und nicht die mit , der man die erste Silbe wegschnippelte. Wo wäre denn da der gewünschte Zusammenhang mit dem Kaisertitel geblieben?
Gruß
Steve
Hallo,
Richtig, das russische царь hat sich nicht aus der 2. Silbe „caeSAR“ entwickelt, sondern aus dem gesamten Wort:
http://starling.rinet.ru/cgi-bin/response.cgi?root=c… (3. Eintrag von oben)
Die altrussische Form war da noch цѣсарь (cěsarь), also Aussprache vorne auch mit „ts“. Der erste Vokal ist dann weggefallen und das S hat sich wegen lautlicher Ähnlichkeit assimiliert und ist ebenfalls weggefallen, übrig blieb царь (car’).
Gruß,
- André
Hallo Emein,
wesentlich sind es zwei Hilfsmittel:
a) das Griechische, das ja z und k kennt (also Kaisar, nicht Zäsar) und
b) die Dichtung, die durch die Silbenzählung klar macht, dass es wirklich na-ti-o und nicht na-zjo heißt.
Gruß,
Andreas
Hallo!
Die von Andreas genannten Punkte a) und b) sind richtig, aber lange nicht die einzigen Wissensquellen. Die Wikipedia macht diesbezüglich recht umfangreiche und richtige Aussagen, ich verlinke mal direkt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Lateinische_Aussprache#…
Und nun noch zu den Punkten nähere Erläuterungen von mir:
Explizite Aussagen der antiken lateinischen Grammatiker zur Aussprache
Das ist so, als würdest Du Dir ein Deutsch-Lehrbuch vornehmen, in dem steht: Am Anfang von Wörtern und Wortteilen spricht man st wie /scht/, im Wortinneren wie /ßt/. Dann hast Du schon mal einen Hinweis, kannst verschiedene Wörter miteinander in Verbindung bringen. Sobald Du also weißt, wie sich ß und sch aussprechen, hast Du auch st.
Entwicklung der Aussprache lateinischer Wörter bei lebenden Nachfolgesprachen
Dieser Punkt ist der ergiebigste, leider auch der komplizierteste: Findet man in allen lebenden romanischen Sprachen (Spanisch, Italienisch, Rumänisch, Französisch und einige kleinere) eine Gemeinsamkeit, so gibt diese vor allem Auskunft über das späte Latein. Zum Beispiel machen alle diese Sprachen eine Unterscheidung bei der Aussprache von c vor e,i bzw. a,o,u und Konsonanten.
Wenn man allerdings Unterschiede findet, lässt sich eine gemeinsame Urform rekonstruieren (weil man ungefähr weiß, auf welche Weise sich Laute wandeln; auch hierzu gibt es verschiedene Quellen). Ein Beispiel dafür wäre das deutsche Wort Haupt, welches eine gemeinsame Wurzel mit caput besitzt (aus dem k-Laut hat sich dann das h entwickelt). Die Verwandtschaft erkennt man natürlich erst, wenn man mehrere derartige Beispiele findet (Horn – cornu ist noch eines).
Leider fällt mir gerade kein Beispiel ein, wo das c im Lateinischen vor e,i,ae oder oe steht und im Deutschen ein h daraus wurde. Daran könnte man dann aber erkennen, dass sich die c alle gleich gesprochen haben.
Verse, Reime, Theater und Gesänge (Duktus)
Daraus entnimmt man vor allem die Betonung, Vokallänge und die Aussprache von Endsilben (die kann man dann wieder untereinander vergleichen).
Angaben, Vergleiche und Fehlerkritik beispielsweise bei Quintilian und Aulus Gellius
Da kannst Du Dir wieder ein Buch in dem Stile „Richtiges und gutes Deutsch“ vorstellen, welches irgendwo herumkrittelt (z.B. dass man im Hochdeutschen „dass“ und „das“ gleich ausspricht und es deshalb so viele Schreibfehler gibt; oder dass man im Süddeutschen entgegen der Norm das stimmlose und stimmhafte s nicht unterscheidet und es deshalb so viele Schreibfehler gibt, vgl. /t/geisselnahme-etc/5950581
Vergleiche ähnlich lautender Wörter
Ich glaube, das hatten wir jetzt schon ein paarmal. Vielleicht sind damit auch Lehnwörter gemeint (mir fallen jetzt nur welche ohne die fraglichen Laute ein):
Käse aus caseo, Ziegel aus tegula, Frucht aus fructus.
Dabei kann man auch ablesen, wann diese Wörter ins Deutsche (oder eben in andere Sprachen) eingewandert sind, weil sie dieselben Lautverschiebungen durchgemacht haben wie einheimische Wörter.
Vergleich mit Wortstamm
Wenn ich weiß, dass nox der Nominativ von noctis ist (der Wortstamm also „noct“), legt das nahe, dass dieses x wie ks oder kts gesprochen wurde.
Vergleiche ich es mit rex – regis, ist die Aussprache als ks wahrscheinlicher (sozusagen „regs“).
Wenn ich nun lux – lucis ansehe, dann schließe ich daraus, dass auch hier das c als k gesprochen wurde, sonst hätte ich ja auch im Nominativ „luz“ und nicht „lux = luks“.
Wiedergabe lateinischer Wörter im Altgriechischen und umgekehrt
Dies ist im Prinzip dasselbe Vorgehen wie im Vergleich mit lebenden Sprachen; nur dass man eine dieser beiden toten Sprachen schon erschlossen haben muss, um Aussagen über die andere zu treffen. Im Altgriechischen hat man nämlich dasselbe c-Problem (Zyklop oder Kyklop für griech. Κύκλωψ, lat. cyclops?).
Beim Vergleich mit dem Griechischen hat man aber noch einen anderen Nutzen: Das Lateinische Alphabet wurde aus dem Griechischen entlehnt. Man kann also mit einiger Sicherheit sagen, dass sich griechisches und lateinisches A, B, Δ/D, E, Z, I, K, M, N, O, T, Y jeweils gleich ausgesprochen haben.
Aufgrund von Unwissenheit in Lautschrift geschriebene Kritzeleien an Wänden antiker Häuser
Schreibfehler in überlieferten Originalschriften
Dies läuft zweimal aufs selbe hinaus. Diese Karte z.B.: http://www.realschule-übach-palenberg.de/Lustiges/Le… sagt Dir, dass man im Deutschen das h nach Vokal (wie bei „Lehrer“) nicht mitspricht, das v in der Vorsilbe „vor“ wie f ausspricht und das d im Auslaut (wie bei „und“) zum t verhärtet.
So. Daher weiß man so was. Ähnlich funktioniert es auch bei anderen ausgestorbenen Sprachen. (Dieses Buch: http://www.amazon.de/Die-Entzifferung-alter-Schrifte… ist sehr empfehlenswert.)
Liebe Grüße
Immo
Hallo,
vielen Dank für die Antwort.
Gruß
Hallo,
ich bin nahezu fassungslos und habe fast ein schlechtes Gewissen, dass du dir mit der Antwort dermaßen viel Mühe gemacht hast. Ich bin eben nur ein – wenn auch interessierter – Laie auf dem Gebiet. Es schmerzt, zu erfahren, im Lateinunterricht die „falsche“ Aussprache gelernt zu haben (na ja, nicht wirklich).
Bei einigen der von dir genannten Beispiele bin ich zwar nicht so hundertprozentig überzeugt, ob man daraus schließen kann, wie genau Caesar oder Cicero gesprochen haben (Beispiel: „st“ am Wortanfang als „scht“: Vergleiche das mal mit der Aussprache von Helmut Schmidt (der „Caesar“ unserer Zeit)), aber ich will jetzt keine Fachdiskussion anfangen, da kann ich nicht mithalten.
Beim Durchlesen deines Beitrags fiel mir auf, dass ich seit neuestem Sternchen vergeben kann. Ich darf dir mitteilen, dass ich dir mein allererstes Sternchen „verliehen“ habe.
Danke und Gruß