Hallo Wolfgang,
auch mir ging es nicht darum, eine absolute Wenn-Dann-Sonst-Problematik als Lösung aufs Tapet zu werfen. Soviel vorneweg.
richtig ist, daß ein erheblicher Teil aller Arbeitnehmer
frühzeitig ihr Arbeitsleben beenden. Die Beschäftigten der
Wirtschaft und Arbeitgeber zahlen dafür rd. 19% des
Bruttoeinkommens an die Rentenversicherung. Es gibt also einen
Topf, dessen Inhalt für die Altersversorgung abhängig
Beschäftigter vorgesehen ist und den die Beschäftigten selbst
gefüllt haben.
Ja. Aber dieses Rentensystem wurde einmal aus einer völlig anderen demografischen und sozialen Entwicklung heraus eingeführt. Durch vielerlei globale Effekte hat sich der Mensch von der Großfamilie gelöst, sodass schon allein aus diesem Grunde diese Form der Altersabsicherung nicht mehr funktionieren kann. Wenn nun auch noch der vorzeitige Eintritt in die Rente staatlich gefördert wird, dann kann das diesen negativen Effekt (ich spreche hier mal aus rein finanzpolitischen Erwägungen heraus) nur unterstützen, nicht aber beheben.
Ich halte es dahin gehend für ergo richtig, dass Modelle wie Altersteilzeit wieder „vom Markt“ genommen worden sind. Zumindest in ihrer bisherigen Form. Der Trend ist für mich dabei entscheidend.
Dabei ist es für diese Betrachtung
nebensächlich, daß die Beschäftigten nicht ihre eigene Rente
ansparen, sondern nur Anwartschaften erwerben und ihre eigene
Rente von der Nachfolgegeneration aufgebracht wird.
Ja, das ist ja prinzipiell auch völlig in Ordnung. In er sozialen Demokratie sollte der Gutverdienende den Schlechterverdienenden unterstützen. Doch es gibt in einer sprunghaft ansteigenden Kurve immer mehr und vor allem immer älter werdende Rentenempfänger gegenüber Arbeitnehmern. Diese Rechnung wird so nicht aufgehen. Nicht einmal bei aller Streuung.
Entscheidend ist, daß der Beschäftigte selbst Beiträge für die
Altersversorgung bezahlt.
Ja. Das sehe ich auch so.
Bei die Beamtenpensionen werden keine von den Beamten selbst
aufgebrachten Mittel eingesetzt. Die Pensionen werden
unmittelbar aus den laufenden Haushalten von Bund und Ländern
bezahlt.
Das ist so nicht ganz richtig. Auch Beamte zahlen Steuern. Und auch nicht einen unerheblichen Teil. Mein Mann ist Beamter im gehobenen Dienst, ich kenne seine Besoldungsnachweise recht gut.
Diese Tatsache verleitete schon manchen Politiker zu
der Annahme, Beamte seien billiger als Angestellte, weil keine
Beiträge des Arbeitgebers in die Rentenkasse fällig werden
sind.
Angestellte sind für den Staat billiger, solange sie arbeiten. Im Rentenfall sind sie dem Staat wesentlich teurer als Beamte. Aber auch das ist natürlich eine Fallsache.
Diese Ansicht vertritt z. B. Frau Simonis in
Schleswig-Holstein. Daß die heute nicht gezahlten Beiträge die
Landeshaushalte der nächsten Jahrzehnte übel belasten, wenn
nicht gar überfordern, wird dabei unter den Tisch gekehrt.
Kurzsichtige Politiker, die sich als Augenwischer verdingen, sind mir auch ein Greuel!!
Ganz am Rande: Nach meiner Ansicht ist die gesamte
Altersversorgung in D zum Flickwerk verkommen. Wir haben 2
verschiedene staatliche Rentenkassen, es gibt zusätzlich die
Pflegeversicherung. Es gibt Leute, denen es im Rentenalter
sehr gut geht und es gibt andere, die trotz lebenslanger
Arbeit eine Rente beziehen, die den Namen nicht verdient.
Wieder andere werden trotz ordentlicher Rente und
Pflegeversicherung zu Sozialfällen und Taschengeldempfängern,
weil manche Alteneinrichtung so teuer ist, daß der alte
Mensch, allemal der Pflegebedürftige, dafür eigenes Personal
rund um die Uhr beschäftigen könnte.
Da würde ich jetzt aber den Pflegefall vom reinen Rentenempfänger abtrennen. Aber ich denke, das würde jetzt zu weit führen, sich hierüber im Einzelnen zu ergehen. In der Tat machen all diese Umstände deutlich, dass hier Einiges so sehr im Argen liegt, dass es nicht mehr lange dauern wird, dass nichts mehr richtig läuft. Und sei es nur, weil im Wirrwarr der ganzen Versicherungsmöglichkeiten, die ja oft nicht einmal mehr eine wirkliche Versicherung darstellen, über uns zusammenschlägt und der Staat bankrott geht.
Andererseits stört mich die latente Einstellung so vieler, der Staat wäre für alles verantwortlich. An den eigentlich gar nicht erwähnenswerten Riester-Abschluss-Statistiken erkenne ich jetzt schon wieder diese Der-Staat-wird-es-schon-richten-Mentalität.
Es fehlt ein langfristig angelegtes Gesamtkonzept. Es gibt
eine Schieflage in den Eigentumsverhältnissen in D. Ein
Großteil der Menschen (mehr als in irgendeinem anderen Land
Europas) ist von der Wiege bis zur Bahre Mieter, zahlt einen
beträchtlichen Teil seines Einkommens lebenslang in
Vermietertaschen.
An der Tatsache an sich, dass Deutschland ein Land der Mieter ist, im Vergleich zu vielen anderen europäischen Staaten, kann ich allerdings zuerst einmal nichts Negatives sehen.
Das Thema ist komplex und geht durch viele
Lebensbereiche.
In der Tat.
Die gleichen Gemeinden, die unter den Mitteln
für Sozialhilfe stöhnen, haben irgendwann viel Geld für
Grundstücke gefordert, die sie als Bauland auswiesen. Schon da
wird der Grundstein gelegt, daß nur wenige in ihren eigenen 4
Wänden leben. Das ist der erste Schritt zur Altersarmut
und/oder zum lebenslangen großen Geldbedarf.
Wahrscheinlich mache ich mich jetzt etwas unbeliebt, aber von dem ganzen föderalen System in Deutschland, das sicherlich auf guten und ernsthaften Begründungen gestützt errichtet worden ist, halte ich persönlich nicht sehr viel. Schon da liegt in meinen Augen ein Grundübel.
Wie schafft man mehr wirtschaftlich sinnvolle Arbeit, ist auch
eine Frage, die unmittelbar die Altersversorgung berührt. Wie
schaffen wir das in einem härter werdenden internationalen
Wettbewerb, ist eine weitere Frage. Wir brauchen z. B. viel
mehr Selbständige, die sich nicht nur ein Stückchen vom
vorhandenen Kuchen abschneiden, sondern neue Dienstleistungen
und neue Technologien anbieten. Dafür müssen sich viele
Menschen von der Mentalität trennen, daß es Geld gibt, weil
der Monat zu Ende ist.
Mehr bürgerschaftliches Engagement - meine Rede! Aber die Gesetzeslage ist einer Gründermentalität nicht gerade eben zuträglich.
Ein Konzept, daß u. a. die genannten Punkte berücksichtigt,
vermisse ich bei allen Parteien. Man kann auf die jetzige
Regierung schimpfen, zu Recht, denn diese Konzepte und
Visionen gibts dort nicht. Aber auch die Opposition läßt nicht
den bescheidensten Funken einer Alternative erkennen.
*räusper* Ich würde Dich gerne dazu bewegen, mal von der FDP bisschen was durchzulesen. Auch wenn diese Partei, in der ich Mitglied bin, momentan durch eine Peinlichkeit nach der anderen glänzt, so sind ihre Grundideale, der Liberalismus, doch nichts Schlechtes und möglicherweise irgendwann eine gute Alternative für das, was sich momentan in Deutschland innenpolitisch so abspielt.
Viele Grüße
Jana