Leni Riefenstahl ist tot

Hi,

traurig stimmt es mich angesichts des Alters nicht.
Sie war ein großartige Filmemacherin, die leider politisch sehr naiv war.
Menschlich war sie sicher auch nicht einwandfrei - z.B. als sie alte Freunde im 3. Reich aus Karrieregründen einfach fallenließ.
Aber das ist eigentlich kein Kriterium zur Beurteilung der Kunst.

LG
Stuffi

Zufälle
Hallo Wolfgang,

Warst Du damals dabei? Kennst Du solche
Situationen?

ich meinte eigentlich einen anderen Aspekt der Situation…

Zufälligerweise ist mein Artikel „Veränderungen“ eine recht gute Antwort auf Deinen - zeitgleich entstandenen - Artikel geworden.

Gruß,
Christian

Hallo nochmal,

Auch :smile:

Heute Menschen zu verurteilen, weil sie damals Dinge anders sahen,
als wir heute und sich nicht dafür entschuldigen, wobei
inzwischen eine Zeitspanne vergangen ist, die größer ist als
unser beider bisherigen Leben zusammen, finde ich a) albern
und b) unfair.

Ich möchte dich richtig verstehen: Dürfen wir dann die Geschichte nicht mehr beurteilen? Können wir mit gutem Gewissen alle Nazis „freisprechen“, weil sie damals die Situation einfach falsch eingeschätzt haben?
Es gab auch Menschen (wenn auch nicht viele), die anders gedacht und gehandelt haben.

Fragt ernsthaft
Camilla
*diedeineantworterstheutenachmittagoderabendleiderlesenkann*

P.S.: Es wundert mich ein bisschen, dass du die Riefenstahl in einer gewissen Weise „verteidigst“, normalerweise bist du in deiner Ansichten ziemlich radikal und bist mit Fehlern streng. (- das ist mein Endruck, und ich sage das jetzt absolut ohne Wertung)… oder hat sie möglicherweise gar kein Fehler begangen? Klär mich bitte auf, ich möchte verstehen, was du meinst.

Hallo!

Aber das ist eigentlich kein Kriterium zur Beurteilung der
Kunst.

Ich kann die Kunst nicht von dem Menschen trennen, der sie produziert hat.

Gruß
Camilla

Hallo,

Ich muss gestehen, dass mich diese Nachricht kein bisschen traurig macht.
Was denkt ihr darüber?

traurig stimmt mich die Nachricht auch nicht (Alter + keinen Bezug zur Person). Ihre Glorifizierung menschlicher Körperästhetik finde ich dennoch zeitlos und interessant, unabhängig vom Mißbrauch der damit getrieben wurde.

Gruss
Enno

Hallo,

Ich möchte dich richtig verstehen: Dürfen wir dann die
Geschichte nicht mehr beurteilen? Können wir mit gutem
Gewissen alle Nazis „freisprechen“, weil sie damals die
Situation einfach falsch eingeschätzt haben?
Es gab auch Menschen (wenn auch nicht viele), die anders
gedacht und gehandelt haben.

nein, es geht mir nicht darum, alle Nazis freizusprechen. Es geht mir darum, daß nicht alle, die in irgendeiner Form im Dunstkreis einer unmenschlichen Politik stehen, auf alle Zeiten verurteilt werden sollten, wobei es mir da nicht nur um die Nazizeit geht, sondern auch um die (derzeit sehr verklärt betrachtete) D"D"R und andere derartige Systeme.

P.S.: Es wundert mich ein bisschen, dass du die Riefenstahl in
einer gewissen Weise „verteidigst“, normalerweise bist du in
deiner Ansichten ziemlich radikal und bist mit Fehlern streng.

Nanü, gerade als radikal habe ich mich nie gesehen, im Gegentum ich vertrete eine sehr liberale Meinung. Wenn Du meinst, daß ich diese liberale Meinung sehr radikal vertrete (wobei mir das Wort „eloquent“ besser gefällt): Darauf können wir uns einigen :wink:

Zu Riefenthal: Von der Person habe ich hier im Forum zu ersten mal gehört und das ist rd. zwei Jahre her. Die Person an sich interessiert mich auch nicht weiter.

Es geht mir um die Menschen, die versuchen/versucht haben, unter einem solchen Regime irgendwie - und möglichst ohne Involvierung in das System an sich - ihren Weg zu gehen, wie jeder andere auch und wie letztlich auch derjenige - um mal geschmacklos zu werden -, der die Judensterne produziert hat. Letzten Endes hat der nur etwas gemacht, was sonst ein anderer getan hätte. Seine Tätigkeit war vielleicht nicht glorreich oder ehrenvoll, aber egal wie die Entscheidung zwischen Tätigkeit und Untätigkeit ausgesehen hätte: Sie hätte niemandem geholfen oder geschadet.

Diese Menschen zu verurteilen, halte ich für falsch. Ob Riefenthal die Filmchen gemacht hätte oder nicht, hätte letzten Endes keinen Unterschied gemacht. Vielleicht wären sie mit jemand anderem als Produzent oder Regisseur weniger gut oder propagandistisch gewesen, aber einen wirklichen Unterschied hätte das nicht gemacht.

Gruß,
Christian

P.S.
Daß sich diese Einschätzung nicht auf führende Politiker, Funktionäre oder Straftäter bezieht, sollte klar sein.

Hallo,
ich bewerte Kunst nicht nach den Umständen wie sie enstanden ist, sofern dies zum Verständnis nicht nötig ist. Klar war das NS-Propaganda und natürlich hat sie sich vortrefflich mit dem NS-Regim arrangiert aber ändert das etwas an der gänzlich unpolitischen Aussage, der von ihr immer wieder dargestellten Körperästhetik ?

Gruss
Enno

Hi!

Die große Frage ist, ob man es sich nicht zu einfach macht,
wenn man die genannten Personen vor dem Hintergrund der
aktuellen Erfahrungen und des heutigen Wissens verurteilt.
Als Leni Riefenstahl ihre Propaganda drehte, wusste sie nicht
das, was wir heute wissen.

natürlich konnte man damals die Situation nicht so sehen wie
wir sie jetzt sehen können.
Wir können aber nicht mit dieser Argumentation alles
rechtfertigen!

Moment! Das ist ein klares Totschlagargument.
Ich rechtfertige nicht „alles“, sondern argumentiere gegen eine Verdammung der Person Riefenstahl als Nazi-Kollaborateurin.

Wenn man einen Fehler begeht, weil man es nicht besser weiß,
begeht man TROTZDEM einen Fehler und muss damit leben.

…was sie getan hat.

Jeder darf seine Meinung haben über die Riefenstahl und sie
bewundern oder nicht. Ich persönlich pfeife auf ein Genie, das
sich von Hitler verblenden ließ und diesen Mann und sein
Vorhaben noch tatkräftigt unterstützte.
Wie gesagt: meine PERSÖNLICHE Meinung.

Sie sei Dir natürlich unbenommen. Für die cineastisch-künstlerischen Aspekte von Leni Riefenstahls Arbeit bleibt Dir der Blick auf diese Weise jedoch verschlossen.

Was mich auch stört: L.R. hätte auch ihre Fehler zugeben
können und eben die o.g. Argumentation benutzen.

Wenn sie es doch so nciht sehen wollte, was soll´s? Sie hat eben auch ein Recht auf ihre Meinung.

Man hätte es
dann akzeptieren können oder nicht.

Das kann man auch so, oder eben nicht.

Die eigenen Fehler zugeben
zu können ist auch ein Zeichen von Größe. Sie war sich aber
keiner Schuld bewusst, zumindest hat sich das wiederholt
behauptet.

Hatte sie denn Schuld?
Ich denke nicht. Sie war naiv und eitel, sicher. Aber „schuld“?
Nein, das denke ich nicht.

Grüße,

Mathias

Hallo Camilla,

nur ein kurzer Kommentar noch meinerseits zu Deiner Antwort auf Christians Posting, welches übrigens großartig das darstellt, was auch ich im Kontext und Vergleich zur heutigen zeit denke.

Können wir mit gutem
Gewissen alle Nazis „freisprechen“, weil sie damals die
Situation einfach falsch eingeschätzt haben?

Wie kannst Du behaupten, Leni Riefenstahl sei ein „Nazi“ gewesen? Mitglied der NSDAP war sie jedenfalls nie.
Man spricht heute in der Diskussion viel zu schnell derartige Verurteilungen aus, ohne auch nur den Hauch von Fakten zu kennen.

Es wird behauptet, Leni Riefenstahl hätte mit großer Freunde und gewaltigem Enthusiasmus das Naziregime, von welchem sie blindlings überzeugt gewesen war, durch ihre Filme zu unterstützen.
Ich hingegen wage es, dies zu hinterfragen vor dem Hintergrund des „Informationsdefizits“, also der mangelnden Kenntnis der Folgen von Hitlers Regime, welches damals ursächlich vorherrschte, als Riefenstahl die kritisierten Filme dreht; man kannte schließlich das verheerende Ergebnis von Hitlers Regierungszeit noch nicht, da es schlichtweg noch nicht stattgefunden hatte.

Daher sollte man hier den Ball etwas flacher halten, schließlich wird man auch uns irgendwann fragen, weshalb wir aktuelle Geschehnisse wie Übertretungen des Völkerrechts durch die USA oder den Genozid an den Palästinensern durch Israel einfach passieren lassen. Wir werden antworten, dass wir „victims of circumstances“ waren und es nicht als derart verheerend eingeschätzt haben, was heute passiert…

Grüße,

Mathias

Sie war sich aber keiner :Schuld bewusst, zumindest hat :sich das wiederholt
behauptet.

Hallo Camilla,

sich keiner Schuld bewußt zu sein, darin war sich Frau Riefenstahl mit der Mehrheit aller Deutschen einig. Die deutsche Geschichte zwischen 1933 (eigentlich schon lange davor) und 1945 nahm ihren Verlauf, nicht etwa, weil ein kleines Häuflein eine Diktatur installierte und Kriege führte, sondern weil Millionen Menschen diesen Weg mitgegangen sind, in Firmen, in Verwaltungen, in Schulen, in der Justiz, überall. Figuren wie Frau Riefenstahl erfüllten dann nach dem Krieg eine ganz wichtige, dringend gesuchte Funktion: Sie dienten als Sündenböcke! Tatsächlich hatten ganze Generationen grobe Scheiße gebaut. Von denen will keiner je etwas bemerkt haben. Es muß danach so gewesen sein, daß die Menschen allen Ernstes der Ansicht waren, Deutschland sei ein Hort von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten gewesen. Ist das glaubhaft oder sind/waren die Menschen Meister der Verdrängung? Wenige Jahre nach dem Krieg funktionierte das Gemeinwesen in Deutschland wieder. Dafür braucht man Millionen von Menschen, die für die zu besetzenden Funktionen ausgebildet sind. Da bleibt kein anderer Weg, als genau die gleichen Leute wieder in die alten Funktionen zu setzen. So geschah es auch.
Da saßen wieder die gleichen Lehrer in den Schulen, die gleichen Juristen in der Justiz, die gleichen Verwaltungsleute - ja, welche auch sonst? Es waren keine anderen da und angesichts der stillschweigenden Übereinkunft, nichts gewußt und nichts gesehen zu haben, beschränkte man sich auf ein paar Galleonsfiguren, die als Schuldige herhalten mußten.
Ich lebe heute in der ehemaligen DDR. Man hüte sich vor hinkenden Vergleichen. Dennoch läßt sich feststellen, daß die Staatsführung gewiß das Beste wollte und dabei ein Regime der persönlichen UNfreiheit aufbaute. Das funktioniert aber nicht mit einem Dutzend Leuten. Man braucht dafür mehrere Millionen Menschen in Funktionen und an Schaltstellen, die im gewünschten Sinn handeln. Wo sind sie denn geblieben, die Polizisten, die mich in den 80ern auf der Transitstrecke mehrmals übel schikanierten? Erzähl mir bitte nicht, daß die unter Zwang standen! Die hatten hatten regelrecht die Sau rausgelassen, lebten aus, was sie ausleben wollten. Sie werden vermutlich auf irgend einem Polizeirevier brav ihren Dienst schieben. Wie alle anderen Beteiligten auch und das reicht vom Lehrer bis zum Amtsleiter.

In ein paar Jahren wird man Herrn Bush anprangern. Der will bestimmt nichts Böses für sein Land, geht aber über Leichen, Völkerrecht und Menschenrechte interessieren ihn dabei wenig. Er und ein paar andere sind die Galleonsfiguren. Ohne die hinter ihm stehenden 100 Millionen Amerikaner taugten diese Leute nicht einmal als Frittenverkäufer. Niemand würde von ihnen Notiz nehmen.
Will sagen: Die großen Verbrechen unserer Zeit sind das Ergebnis von massenhafter Dummheit, massenhafter Verblendung und massenhafter Schuld.

Gruß
Wolfgang

Hallo Mathias,

Ich hingegen wage es, dies zu hinterfragen vor dem Hintergrund
des „Informationsdefizits“, also der mangelnden Kenntnis der
Folgen von Hitlers Regime, welches damals ursächlich
vorherrschte, als Riefenstahl die kritisierten Filme dreht;
man kannte schließlich das verheerende Ergebnis von Hitlers
Regierungszeit noch nicht, da es schlichtweg noch nicht
stattgefunden hatte.

Aber hopla! Nazi-Lektuere, die sehr deutlich machte, wohin in etwa diese Politiker steuerten, gab es bereits vor 1932. Eine ganze Menge Menschen meldeten Kritik an oder verhielten sich zumindest abwartend und arbeiteten dieser Ideologie nicht zu. 1936 (Olympia) konnte man noch mehr sehen, wie es denn nun lief im Dritten Reich.
Und noch spaeter, wie hiess der Film „Tiefland“?, da hat sie sogar Statisten aus Konzentrationslagern in ihren Filmen verwendet (ob sie nun wusste, was wirklich dort geschah, oder sie nur als ‚normale‘ Gefaengnisse betrachtete - warum waren die da eigentlich interniert? - sei mal dahingestellt).

Es gibt m.E. genug GEgenbeispiele von Kuenstlern, die einen anderen Weg gegangen sind. Vielleicht sogar eine ganze Menge von Kuenstlern, die wir heute nicht mehr kennen, eben weil sie auf die grosse Karriere und die Moeglichkeiten verzichtet haben. Eine davon hab ich in meinem Posting weiter unten erwaehnt. Ich bin sicher, dass wenn Leontine Sagan bei der UFA geblieben waere, sie als eine der bedeutensten Filmregisseure in die (deutsche) Geschichte eingegangen waere. Ihr Film war bahnbrechend (was ihre Fuehrung von Darstellern, sowie Kamerafuehrung - immerhin ein technischer Bereich und sie war totaler Filmneuling und kam vom Theater - anging).

Ich bin auch gegen vorschnelle Verurteilung, aber Berufung auf Talent befreit nicht von Verantwortung.

Gruesse, Elke

HAllo Chris,

Diese Menschen zu verurteilen, halte ich für falsch. Ob
Riefenthal die Filmchen gemacht hätte oder nicht, hätte
letzten Endes keinen Unterschied gemacht. Vielleicht wären sie
mit jemand anderem als Produzent oder Regisseur weniger gut
oder propagandistisch gewesen, aber einen wirklichen
Unterschied hätte das nicht gemacht.

I beg to differ.

Fuer mich - ich hab den Film „Triumph des Willens“ zum ersten Mal im Geschichtsunterricht mit 16 oder so gesehen - wurde dieser Film zu einem WEndepunkt in meiner Einschaetzung des Dritten Reiches. Mir wurde bewusst, wie ein normaler Mensch, der diesen Film im Kino gesehen hat, von dieser Ideologie fasziniert sein konnte. Ich habe durch den Film gelernt, welche Faszination von diesem „kleinen Mensch mit seltsamen Schnurrbart“ ausgegangen ist. Ich hab gelernt, meinen Eltern (neutral, nicht mal „Mitlaeufer“, aber Soldat bzw. Funkerin bei der FLAK) zu verzeihen, dass sie zumindest nicht aktiv dagegen waren.

Von daher glaube ich, dass ihre Filme schon einen Unterschied machten.

Gruesse, Elke

Hi Camilla!

Mit dem ganzen Respekt und Anstand:
Ich denke (bin ziemlich davon überzeugt), daß der Wert der Kunst keineswegs mit dem (Propaganda-)Ziel des Regimes imdem/für den es geschaffen wurde, zu tun hat.

In der (Kunst-)Geschichte gibt es viele Beispiele (leider will mir jetzt keinen einfallen!) wo ein Regime zwecks Werbung (Propaganda = Werbung aus dem Spanischen) einen Künstler mißbraucht hat. Doch der Wert seine Werke bleibt unangetastet.

Ausserdem für mich hat Kunst mit Gefühlen, Meinungen und Empfindungen zu tun. Und nicht (unbedingt) mit politischen Regimen (siehe Pablo Picasso). Mir ist es sogar bekannt, daß gerade unter einer Diktatur die schönsten, aussagekräftigsten Kunstwerke entstehen können,

Schönen Gruß
Helena

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Toll gesagt! Großer Lob!
Hi Wolfgang! Hallo Gemeinde!
Leider kann man in diesem Brett kein Sternchen abgeben. Sonst hättest Du meine: Du hast meine Meinung und Ideen so toll und gut bescrieben, daß ich mich dafür bedanken möchte!
Wir waren in anderen Themen verschiedener Meinung. Jetzt ist genau das gegenteil der Fall.
Alles Gute und danke, daß Du meine Meinung so gut formuliert hast!
Schönen Gruß
Helena

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hi!

Ich meinte es eher so:
Es gab viele Männer die weitaus schlimmere Verbrechen begangen haben.
Sie saßen noch ewig in Amt und Würden etc
Was ist denn z.B mit Joopie Heesters?

Ich sehe Riefenstahl aber durchaus kritisch- Die intelligenten Künstler flüchteten.
Sie nutzte unbestritten Sinti als Statisten…

LG
Siân

Was denkt ihr darüber?

daß sie geniale propagandafilme gemacht hat, bei denen sich kunst und politik perfekt vereinen. ich wüßte keinen menschen, der sich von diesen subtilen bildern nicht angesprochen fühlt. ja, es gibt gute und schlechte propaganda. es gibt plumpe und blöde propaganda, und solche, die ihren zweck perfekt erfüllt. ihre war eine gute, es wert, sie zu studieren und genauer zu betrachten. mehr gibts dazu nicht zu sagen.

gruß datafox

Zeitstrahl
Hallo Wolfgang,

Will sagen: Die großen Verbrechen unserer Zeit sind das
Ergebnis von massenhafter Dummheit, massenhafter Verblendung
und massenhafter Schuld.

die massenhafte Dummheit sehe ich jeden Tag, da gebe ich Dir recht. Die Verblendung gibt es natürlich auch, sonst wäre der ein oder andere nicht gewählt worden. Nur bei der Schuldfrage sehe ich das etwas anders.

Ich möchte die Sache aber gerne im Zeitablauf betrachten. Es gibt nicht nur gutes Regime böses Regime, zumindest nicht für alle Beteiligten so erkennbar. Die ganzen Leute, die das System stützen (und das tun sie, da gebe ich Dir recht), haben nicht nur danach in der Polizei, in der Verwaltung usw. gearbeitet, sondern auch davor. Man kann nicht erwarten, daß all diese Menschen ihre Arbeit hinwerfen, nur weil irgendein Dödel 800 km entfernt von einem senilen Reichspräsidenten zum Reichskanzler ernannt wurde.

Widerstand gegen Unterdrückung durch Besatzer bzw. Diktatoren regt sich langsam. Die Menschen werfen nicht „einfach so“ von einem Tag auf den anderen die berufliche und damit vielfach auch physische Existenz weg, sondern dafür braucht es einen Grund bzw. einen wesentlichen Anlaß, der darüber hinausgeht, daß irgendein Dödel … siehe oben.

Daß sich dieser schleichende Widerstand im Dritten Reich nicht erhob, ist m.E. auf die ab ca. 1942 ohnehin völlig chaotischen Verhältnisse zurückzuführen.

Insofern: Verblendung und Dummheit ja, Schuld nein. Ein kleines Rädchen im Getriebe kann nicht schuld sein, wenn der große Dampfhammer am Ende der Maschine großen Bockmist klopft.

Gruß,
Christian

Moin Camilla

Kunst hat m.E. keinen Wert mehr, wenn sie einer Diktatur
dient.

Ja sicher doch. Aus diesem Grund sollte Italien auch endlich diese ganzen widerwärtigen Kunstwerke sprengen und vernichten, die der Glorifizierung des römischen Reiches dienten. Mögen die Namen ihrer Erschaffer nie wieder in der zivilisierten Welt genannt werden oder so *blablabla*

Gruss
Marion, die sich ansonten inhaltlich Wolfgang Dreyer anschließt und sich über die Scheinheitlichkeit hier nur noch wundern kann.

Hallo Camilla,

Ich hingegen wage es, dies zu hinterfragen vor dem Hintergrund
des „Informationsdefizits“, also der mangelnden Kenntnis der
Folgen von Hitlers Regime, welches damals ursächlich
vorherrschte, als Riefenstahl die kritisierten Filme dreht;
man kannte schließlich das verheerende Ergebnis von Hitlers
Regierungszeit noch nicht, da es schlichtweg noch nicht
stattgefunden hatte.

Aber hopla! Nazi-Lektuere, die sehr deutlich machte, wohin in
etwa diese Politiker steuerten, gab es bereits vor 1932.

Wie gut kennst Du das Parteiprogramm der Regierungs- und der großen Oppositionsparteien?

Eine
ganze Menge Menschen meldeten Kritik an oder verhielten sich
zumindest abwartend und arbeiteten dieser Ideologie nicht zu.

…so wie heute. Eine Menge, aber eine leider nicht signifikant große Menge…

1936 (Olympia) konnte man noch mehr sehen, wie es denn nun
lief im Dritten Reich.

Wie hat man das damals als Normalo empfunden?
Erschreckend? Wohl kaum. Das empfindet man nur aus heutiger Sicht, da wir, wie ich ja bereits ausführte, heute über die Folgen bescheid wissen.

Und noch spaeter, wie hiess der Film „Tiefland“?, da hat sie
sogar Statisten aus Konzentrationslagern in ihren Filmen
verwendet (ob sie nun wusste, was wirklich dort geschah, oder
sie nur als ‚normale‘ Gefaengnisse betrachtete - warum waren
die da eigentlich interniert? - sei mal dahingestellt).

…dann muss es wohl auch dahingestellt bleiben, ob der deutsche Normalo das hätte erkennen können/müssen.

Es gibt m.E. genug GEgenbeispiele von Kuenstlern, die einen
anderen Weg gegangen sind.

Viele Künstler gehen einen ganz anderen Weg als andere.

Vielleicht sogar eine ganze Menge
von Kuenstlern, die wir heute nicht mehr kennen, eben weil sie
auf die grosse Karriere und die Moeglichkeiten verzichtet
haben. Eine davon hab ich in meinem Posting weiter unten
erwaehnt. Ich bin sicher, dass wenn Leontine Sagan bei der
UFA geblieben waere, sie als eine der bedeutensten
Filmregisseure in die (deutsche) Geschichte eingegangen waere.
Ihr Film war bahnbrechend (was ihre Fuehrung von Darstellern,
sowie Kamerafuehrung - immerhin ein technischer Bereich und
sie war totaler Filmneuling und kam vom Theater - anging).

Das kann ich nciht beurteilen, ich kenne die Dame und auch den Film nicht.

Ich bin auch gegen vorschnelle Verurteilung, aber Berufung auf
Talent befreit nicht von Verantwortung.

Natürlich nicht.
Allerdings gilt auch der Umkehrschluß.

Grüße,

Mathias

Hi Marion!

Ja sicher doch. Aus diesem Grund sollte Italien auch endlich
diese ganzen widerwärtigen Kunstwerke sprengen und vernichten,
die der Glorifizierung des römischen Reiches dienten. Mögen
die Namen ihrer Erschaffer nie wieder in der zivilisierten
Welt genannt werden oder so *blablabla*

Ich rede nicht von „Zerstörung“ der Kunst. Von mir aus hat LR tolles erschaffen… Ich habe mich vielleicht falsch geäußert: Ich wollte sagen, dass ich die Kunst nicht von dem Menschen trennen kann, der diese produziert hat.

Gruss
Marion, die sich ansonten inhaltlich Wolfgang Dreyer
anschließt und sich über die Scheinheitlichkeit hier nur noch
wundern kann.

Ich halte meine Meinung nicht für scheinheilig. Ich finde es viel schlimmer, wenn man im Namen der Kunst alles andere verzeihen.

Gruß
Camilla
die teilweise es auch wie Wolfgang Dreyer sieht.