Leni Riefenstahl ist tot

Hallo Wolfgang,

ich bin mit fast allem, was du hier schreibst, einverstanden. Aber…

sich keiner Schuld bewußt zu sein, darin war sich Frau
Riefenstahl mit der Mehrheit aller Deutschen einig.

Das macht ihre eigene Schuld, so wie die Schuld der anderen, nicht weniger groß.

Da saßen wieder die gleichen Lehrer in den Schulen, die
gleichen Juristen in der Justiz, die gleichen Verwaltungsleute

  • ja, welche auch sonst? Es waren keine anderen da und
    angesichts der stillschweigenden Übereinkunft, nichts gewußt
    und nichts gesehen zu haben, beschränkte man sich auf ein paar
    Galleonsfiguren, die als Schuldige herhalten mußten.

Ich weiß es, und finde das auch schlimm.

Ich lebe heute in der ehemaligen DDR. Man hüte sich vor
hinkenden Vergleichen.

Ich finde den Vergleich durchaus passend. Übrigens, diese DDR-Show auf RTL ist m.M. nach auch sehr geschmacklos. Ich hatte kurz reingeschaut, und wer steht doch? Unser Stasi-Spitzel-Mädel Katharina Witt in FDJ-Uniform. Aus einer Diktatur macht man nach nur 13 Jahren eine Farce.

In ein paar Jahren wird man Herrn Bush anprangern. Der will
bestimmt nichts Böses für sein Land, geht aber über Leichen,
Völkerrecht und Menschenrechte interessieren ihn dabei wenig.

Gutes Beispiel! Ich denke dabei an Michael Moore, weißt du, was ich meine?

Will sagen: Die großen Verbrechen unserer Zeit sind das
Ergebnis von massenhafter Dummheit, massenhafter Verblendung
und massenhafter Schuld.

Ja, du hast recht.

Gruß
Camilla

sondern argumentiere gegen
eine Verdammung der Person Riefenstahl als
Nazi-Kollaborateurin.

es ist immer gut, wenn man jemanden hat, auf den man symbolisch einprügeln kann. das erspart einem die auseinandersetzung mit dem leben der eigenen großväter. die waren’s nicht, es war die riefenstahl!

gruß datafox (um mißverständnissen vorzubeugen: ich habe auch einen einschlägigen großvater gehabt.)

Heute
Menschen zu verurteilen, weil sie damals Dinge anders sahen,
als wir heute und sich nicht dafür entschuldigen, wobei
inzwischen eine Zeitspanne vergangen ist, die größer ist als
unser beider bisherigen Leben zusammen, finde ich a) albern
und b) unfair.

das wichtigste ist immer, die „richtige meinung“ zu vertreten und zu den „guten“ zu gehören. daran hat sich seit den nazis nichts geändert. damals war es eben gut, für hitler zu schwärmen, und wer es nicht tat wurde zuerst ausgegrenzt und dann als letzte stufe eliminiert.

heute ist genau dasselbe, nur mit umgekehrtem vorzeichen. wer es wagt LR’s propaganda als „hochqualitativ“ zu bezeichnen, wird fertiggemacht als nazisympathisant.

und noch mehr: heute ist es „gut“ und „moralisch richtig“ gegen die amerikaner zu hetzen (zb. indem man subtile und unhaltbare vergleiche mit dem hitlerregime anklingen läßt wie „verfolgungen“ von moslems, „angriffskriege“ usw.), und wer es nicht tut, ist ein „böser“.

derweil ist es eine völlig legitime MEINUNG zu sagen: „der schlag gegen afghanstian und irak war gerechtfertigt und es war kein angriffskrieg“ oder „es ist das recht des westens, die ölreserven zu sichern“, aber WEHE wer das tut, zb. hier, der wird fertiggemacht, ausgegrenzt, und wenn es die möglichkeit gibt, am besten eliminiert (man meldet es dem MOD und derjenige fliegt!)

es hat nichts geändert.

konformismus nennt man das. die eigene meinung zählt nichts, nur die masse zählt. die eigene haltung ist nichts, aber hauptsache man hält sich an die „regeln“. wer eine abweichende meinung hat, wird systematisch denunziert, eliminiert und fertiggemacht. ein schönes beispiel ist auch, wie hier camillas italienische abstammung sofort als waffe eingesetzt wird. das sind richtige nazimethoden. wichtig ist dabei immer der ruf nach autoritäten, regelwerken und gesetzen.

gruß datafox

Hallo Camilla,

Ich rede nicht von „Zerstörung“ der Kunst. Von mir aus hat LR
tolles erschaffen… Ich habe mich vielleicht falsch geäußert:
Ich wollte sagen, dass ich die Kunst nicht von dem Menschen
trennen kann, der diese produziert hat.

Nun, unabhängig von Politik, haben eine Menge Künstler ein nicht unbedingt mit den sozialen Gepfogenheiten der Gesellschaft kompatibles Leben geführt. Ich verehre auch die Kunst des guten Picassos, obwohl er wirklich ein altes Chauvischwein war.:smile:

Informierst du dich jedesmal, wenn dich ein Bild, eine Melodie, ein Buch berührt, ob der Künstler ein in deinen Augen genehmes Leben geführt hat - und urteilst er dann?

grüßle,

barbara

den Genozid an den Palästinensern durch Israel
einfach passieren lassen.

warum ist die gründung israels notwendig gewesen? warum hat das passieren müssen?

datafox - die diese vergleiche „bush = hitler“ und „israel = nazi“ schon mehr als über hat.

Hallo Mathias,

Hallo Camilla,

(ich nehme mal an, du meinst mich :wink:

Aber hopla! Nazi-Lektuere, die sehr deutlich machte, wohin in
etwa diese Politiker steuerten, gab es bereits vor 1932.

Wie gut kennst Du das Parteiprogramm der Regierungs- und der
großen Oppositionsparteien?

Wahrscheinlich nicht gut genug - aber ich mache auch keine Filme (oder arbeite sonstwie konkret) fuer eine dieser Parteien.

Eine
ganze Menge Menschen meldeten Kritik an oder verhielten sich
zumindest abwartend und arbeiteten dieser Ideologie nicht zu.

…so wie heute. Eine Menge, aber eine leider nicht
signifikant große Menge…

Du verwechselt: aktiv dafuer arbeiten mit nichts machen.

1936 (Olympia) konnte man noch mehr sehen, wie es denn nun
lief im Dritten Reich.

Wie hat man das damals als Normalo empfunden?
Erschreckend? Wohl kaum. Das empfindet man nur aus heutiger
Sicht, da wir, wie ich ja bereits ausführte, heute über die
Folgen bescheid wissen.

Das ist die gleiche Argumentation, die man in Suedafrika in Bezug auf Apartheid immer wieder hoert: wir wussten ja nicht, wie schlimm es war. Wir wussten ja nicht, dass die Polizei gefoltert hat. Wir wussten ja nicht, dass es Polizeikommandos gab, die Leute bewusst eliminiert (um nicht zu sagen, ermordet)hat.
Wer sich auch nur ein bisschen interessiert hat und mit offenen Augen durch die suedafrikanische Welt ging, wusste sehr wohl, dass es Dinge gab, die es nicht haette geben duerfen. Nicht immer in allen Details. ABer genug, um diese Politik nicht AKTIV zu unterstuetzen.

Und noch spaeter, wie hiess der Film „Tiefland“?, da hat sie
sogar Statisten aus Konzentrationslagern in ihren Filmen
verwendet (ob sie nun wusste, was wirklich dort geschah, oder
sie nur als ‚normale‘ Gefaengnisse betrachtete - warum waren
die da eigentlich interniert? - sei mal dahingestellt).

…dann muss es wohl auch dahingestellt bleiben, ob der
deutsche Normalo das hätte erkennen können/müssen.

Der deutsche Normalo hat nicht mit Menschen aus einem Konzentrationslager zusammengearbeitet. WEnn du den Film mal sehen solltest: es haette vielleicht gereicht, wenn sie die Statisten gefragt haette, ob sie genug zu essen bekommen, dort wo sie sind.

Es gibt m.E. genug GEgenbeispiele von Kuenstlern, die einen
anderen Weg gegangen sind.

Viele Künstler gehen einen ganz anderen Weg als andere.

Aber wir reden davon, dass sie ihre Taten durch ihr Kuenstertum gerechtfertigt werden.

Vielleicht sogar eine ganze Menge
von Kuenstlern, die wir heute nicht mehr kennen, eben weil sie
auf die grosse Karriere und die Moeglichkeiten verzichtet
haben. Eine davon hab ich in meinem Posting weiter unten
erwaehnt. Ich bin sicher, dass wenn Leontine Sagan bei der
UFA geblieben waere, sie als eine der bedeutensten
Filmregisseure in die (deutsche) Geschichte eingegangen waere.
Ihr Film war bahnbrechend (was ihre Fuehrung von Darstellern,
sowie Kamerafuehrung - immerhin ein technischer Bereich und
sie war totaler Filmneuling und kam vom Theater - anging).

Das kann ich nciht beurteilen, ich kenne die Dame und auch den
Film nicht.

Eben.

Ich bin auch gegen vorschnelle Verurteilung, aber Berufung auf
Talent befreit nicht von Verantwortung.

Natürlich nicht.
Allerdings gilt auch der Umkehrschluß.

Es ist kein Umkehrschluss, wenn ich fuer Talent Verantwortung erwarte. Vielleicht sogar mehr als bei einem Normalo, analog zu „Eigentum verpflichtet“. Aber zumindest genausoviel.

Grüße,

Elke

Hallo,

ich habe Leni Riefenstahl im Mai oder Juni 1992 beim Tauchen in Kuba getroffen. Die Kubaner haben sie behandelt wie ein Staatsoberhaupt, mit höchsten Respekt und Erfurcht. Und wer mit 90 Jahren noch zum Tauchen geht, der nötigt mir schon Respekt ab.

Ich habe auch mit ihr gesprochen, und sie ist die Fragen nach dem 3. Reich und ihrer Rolle darin ja schon gewohnt gewesen. Wahrscheinlich waren auch die Antworten auch automatisiert. Sie hat sich nur als völlig unpolitische Künstlerin bezeichnet, die Kunst gemacht hat, und Politik als solche nicht wahrgenommen haben will. Ganz nach dem Motto, wenn Rembrandt oder van Gogh ein KZ gemalt hätten, dann hätte man in diesem Bild zuallererst einen Rembrandt oder von Gogh gesehen und nicht ein KZ. Nur bei ihr hätte man zuerst auf das Politikumfeld geschaut und nicht auf die Künstlerin. Den Reichsparteitag (1938?) hat sie ja nur gefilmt unter der Bedingung, nie mehr für die NSDAP filmen zu müssen. Was sie ja dann nie mehr gemacht hat. Andererseits: Wer so einen Reichsparteitag filmisch in Szene setzt, und nicht von der Politik mitbekommen haben will? So eine Aussage wirkt auch nicht besonders glaubwürdig.

Ob ihre angebliche politische Naivität echt oder nur gespielt war, kann ich nicht sagen. Besonders glaubwürdig kommt mir das eigentlich nicht vor. Andererseits gibt es auch heutzutage Leute, die nicht die geringste Ahnung von Politik haben bzw. haben wollen.

Gruß
Michael

Halo Chris,

Insofern: Verblendung und Dummheit ja, Schuld nein. Ein
kleines Rädchen im Getriebe kann nicht schuld sein, wenn der
große Dampfhammer am Ende der Maschine großen Bockmist klopft.

Natuerlich hast du recht. Es stellt sich halt nur die Frage, ob Frau Riefenstahl nur ein kleines Raedchen war.
Sie hat nicht weitergemacht, was sie vorher schon machte. Sie war aktiv. Ansonsten siehe meine Posting an Mathias.

Gruesse, Elke

Hallo Helena,

In der (Kunst-)Geschichte gibt es viele Beispiele (leider will
mir jetzt keinen einfallen!) wo ein Regime zwecks Werbung
(Propaganda = Werbung aus dem Spanischen) einen Künstler
mißbraucht hat. Doch der Wert seine Werke bleibt unangetastet.

Ausserdem für mich hat Kunst mit Gefühlen, Meinungen und
Empfindungen zu tun. Und nicht (unbedingt) mit politischen
Regimen (siehe Pablo Picasso). Mir ist es sogar bekannt, daß
gerade unter einer Diktatur die schönsten, aussagekräftigsten

Aber du wuerdest doch zustimmen, dass es einen Unterschied gibt, ob ich Kunst „unter einer Diktatur“ mache, oder ob ich sie FUER eine Diktatur mache.
Frau Riefenstahl hat doch mit „Triumpf des Willens“ keine abstrakte Kunst im zeitlosen Raum geschaffen, sondern einen Film, der z.B. damit anfing, dass es erstmal drei Minuten lang in einem Kino stockdunkel ist, waehrnd man den Ritt der Walkueren von Wagner hoert. Dann sieht man wunderbare Wolken. Und dann senkt sich aus diesem wunderschoenen Himmel in einem Flugzeug der Retter auf die Erde nieder. Hitler, der Erloeser, kommt zu seinem Volk. Das ist doch ein bissel was anderes, wie WAEHREND einer Diktatur arbeiten, oder?

Gruesse, Elke

hi,

Das ist doch ein bissel was
anderes, wie WAEHREND einer Diktatur arbeiten, oder?

ist das nicht das merkmal der diktatur, daß „während“ und „für“ sich decken? wer nicht „dafür“ war, der ging oder wurde gegangen. alle die „während“ der diktatur dabeiwaren (außer ein paar widerständler) waren auch „dafür“. nur m.e. kann man das niemandem ankreiden, weil wir alle so gehandelt hätten.

datafox

Hi!

den Genozid an den Palästinensern durch Israel
einfach passieren lassen.

warum ist die gründung israels notwendig gewesen? warum hat
das passieren müssen?

Ausserhalb der 1948er Grenzen hat das keineswegs „passieren müssen“.

datafox - die diese vergleiche „bush = hitler“ und „israel =
nazi“ schon mehr als über hat.

Ich gebrauche diese Vergleiche ja nur mittelbar und wenn sie eben so schön passen…

Grüße,

Mathias

Hallöchen,

ich bin jetzt nicht ganz sicher, ob und inwieweit sich Dein Artikel auf meinen bezieht.

heute ist genau dasselbe, nur mit umgekehrtem vorzeichen. wer
es wagt LR’s propaganda als „hochqualitativ“ zu bezeichnen,
wird fertiggemacht als nazisympathisant.

Das haben wir hier ja öfter. Wer pro Möllemann war, war auch ein Antisemit.

und noch mehr: heute ist es „gut“ und „moralisch richtig“
gegen die amerikaner zu hetzen (zb. indem man subtile und
unhaltbare vergleiche mit dem hitlerregime anklingen läßt wie
„verfolgungen“ von moslems, „angriffskriege“ usw.), und wer es
nicht tut, ist ein „böser“.

Heute mag es in der deutschen Bevölkerung anerkannt sein, den Amerikanern nicht mehr das Wort zu führen. Vor einem Jahr sah das noch anders aus. Die Frage ist nicht nur, welche Meinung man hat, sondern auch wann man sie hat: Erst, wenn man sich sicher ist, daß sie der allgemeinen Meinung entspricht oder schon vorher und als einer von wenigen.

Ich sehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge, daß ich vielen Dingen meiner Zeit weit voraus war.

ein schönes beispiel ist auch, wie hier
camillas italienische abstammung sofort als waffe eingesetzt
wird.

Naja, das liegt aber auch irgendwo nahe, auch wenn ich mir das verkniffen habe. Wer permanent über die Deutschen und ihre Ausländerfeindlichkeit und Vergangenheit fabuliert, muß sich den Hinweis gefallen lassen, daß das eigene Völkchen in einer gewissen Zeit eine nur in wenigen Punkten abweichende Vergangenheit hat.

das sind richtige nazimethoden.

Gar nicht gut, so was zu schreiben, gar nicht gut.

wichtig ist dabei immer
der ruf nach autoritäten, regelwerken und gesetzen.

Häh?

Gruß,
Christian

Hi Elke!

Hallo Camilla,

(ich nehme mal an, du meinst mich :wink:

Ganz recht. Sorry.

Aber hopla! Nazi-Lektuere, die sehr deutlich machte, wohin in
etwa diese Politiker steuerten, gab es bereits vor 1932.

Wie gut kennst Du das Parteiprogramm der Regierungs- und der
großen Oppositionsparteien?

Wahrscheinlich nicht gut genug - aber ich mache auch keine
Filme (oder arbeite sonstwie konkret) fuer eine dieser
Parteien.

Darum geht es nicht. Du diskutierst über Politik, arbeitest in den von ihr geschaffenen Rahmenbedingungen und kennst nciht alle Details. Wie sehr viele von uns und eben auch sehr viele um 1930/40.

Eine
ganze Menge Menschen meldeten Kritik an oder verhielten sich
zumindest abwartend und arbeiteten dieser Ideologie nicht zu.

…so wie heute. Eine Menge, aber eine leider nicht
signifikant große Menge…

Du verwechselt: aktiv dafuer arbeiten mit nichts machen.

Keineswegs.

1936 (Olympia) konnte man noch mehr sehen, wie es denn nun
lief im Dritten Reich.

Wie hat man das damals als Normalo empfunden?
Erschreckend? Wohl kaum. Das empfindet man nur aus heutiger
Sicht, da wir, wie ich ja bereits ausführte, heute über die
Folgen bescheid wissen.

Das ist die gleiche Argumentation, die man in Suedafrika in
Bezug auf Apartheid immer wieder hoert: wir wussten ja nicht,
wie schlimm es war.

Dieser Vergleich hinkt, denn man musste nur mit dem Auto durch Johannesburg fahren und wusste bescheid.
Das war im Deutschland der 30er Jahre ganz anders. Die subtilen Ziele kannte keiner.

Wir wussten ja nicht, dass die Polizei
gefoltert hat. Wir wussten ja nicht, dass es Polizeikommandos
gab, die Leute bewusst eliminiert (um nicht zu sagen,
ermordet)hat.

Vermutlich war das eine Lüge der Betroffenen. Tut hier aber nichts zur Sache.

Wer sich auch nur ein bisschen interessiert hat und mit
offenen Augen durch die suedafrikanische Welt ging, wusste
sehr wohl, dass es Dinge gab, die es nicht haette geben
duerfen. Nicht immer in allen Details. ABer genug, um diese
Politik nicht AKTIV zu unterstuetzen.

Richtig.
Nur war das eben in D anders.

Und noch spaeter, wie hiess der Film „Tiefland“?, da hat sie
sogar Statisten aus Konzentrationslagern in ihren Filmen
verwendet (ob sie nun wusste, was wirklich dort geschah, oder
sie nur als ‚normale‘ Gefaengnisse betrachtete - warum waren
die da eigentlich interniert? - sei mal dahingestellt).

…dann muss es wohl auch dahingestellt bleiben, ob der
deutsche Normalo das hätte erkennen können/müssen.

Der deutsche Normalo hat nicht mit Menschen aus einem
Konzentrationslager zusammengearbeitet. WEnn du den Film mal
sehen solltest: es haette vielleicht gereicht, wenn sie die
Statisten gefragt haette, ob sie genug zu essen bekommen, dort
wo sie sind.

Sie konnten sie nicht fragen und wussten nicht, woher diese Menschen kamen. Ich hatte hierzu seinerzeit ein Gespräch mit meinem Großvater. Man wusste es nicht.

Es gibt m.E. genug GEgenbeispiele von Kuenstlern, die einen
anderen Weg gegangen sind.

Viele Künstler gehen einen ganz anderen Weg als andere.

Aber wir reden davon, dass sie ihre Taten durch ihr
Kuenstertum gerechtfertigt werden.

Verstehe ich nicht.

Vielleicht sogar eine ganze Menge
von Kuenstlern, die wir heute nicht mehr kennen, eben weil sie
auf die grosse Karriere und die Moeglichkeiten verzichtet
haben. Eine davon hab ich in meinem Posting weiter unten
erwaehnt. Ich bin sicher, dass wenn Leontine Sagan bei der
UFA geblieben waere, sie als eine der bedeutensten
Filmregisseure in die (deutsche) Geschichte eingegangen waere.
Ihr Film war bahnbrechend (was ihre Fuehrung von Darstellern,
sowie Kamerafuehrung - immerhin ein technischer Bereich und
sie war totaler Filmneuling und kam vom Theater - anging).

Das kann ich nicht beurteilen, ich kenne die Dame und auch den
Film nicht.

Eben.

Was eben?

Ich bin auch gegen vorschnelle Verurteilung, aber Berufung auf
Talent befreit nicht von Verantwortung.

Natürlich nicht.
Allerdings gilt auch der Umkehrschluß.

Es ist kein Umkehrschluss, wenn ich fuer Talent Verantwortung
erwarte. Vielleicht sogar mehr als bei einem Normalo, analog
zu „Eigentum verpflichtet“. Aber zumindest genausoviel.

Das kannst Du nicht. Talent ist nicht gleich Moral und umgekaehrt. Ein Talent in eine Richtung bedeutet nicht bestes Verständnis einer anderen. U.s.w.

Grüße,

Mathias

auch hi,

Das ist doch ein bissel was
anderes, wie WAEHREND einer Diktatur arbeiten, oder?

ist das nicht das merkmal der diktatur, daß „während“ und
„für“ sich decken? wer nicht „dafür“ war, der ging oder wurde
gegangen. alle die „während“ der diktatur dabeiwaren (außer
ein paar widerständler) waren auch „dafür“. nur m.e. kann man
das niemandem ankreiden, weil wir alle so gehandelt hätten.

Ich geb dir recht. auch augen zu machen, nichts dagegen tun, ist dafuer sein. Ohne Mitlaeufer keine Diktatur. Keine Arroganz: meine Einsicht nach „Triumpf des Willens“ war eben, dass ich darauf auch reingefallen waere. Trotzdem ist es m.E. ein qualitativer Unterschied, ob ich aktiv dafuer etwas getan habe, ob ich der Diktatur dienlich war.

Oder wenn’s schon mit Selbstkritik zu tun hat: ich hab in den 80er Jahren in Suedafrika gelebt. Ich hab mich dort in der Anti-Apartheidpolitik betaetigt, aber genug war es nicht. Ich haette bestimmt mehr tun koennen. Es bleibt die Frage, ob ich meine Aktivitaet meine blosse Anwesenheit dort ueberwiegt (denn dadurch, dass ich dort gelebt habe, habe ich natuerlich die Vorteile der Weissen genossen, und indirekt geholfen, schwarze Suedafrikaner zu unterdruecken - und Apartheid ein klitzekleines Teilchen stabiler gemacht). Aber ich habe z.B. nach dem Studium NICHT fuer das Staatsfernsehen gearbeitet (wo mir mit vier anderen Kommilitonen eine Stellung sicher gewesen waere). Wie gesagt, ob das reicht - vor meinem Gewissen - kann ich nicht immer positiv beantworten. Aber ein Unterschied zu aktiven Apartheidspropagandisten gestehe ich mir schon zu.

Gruesse, Elke

Hallo Mathias,

Darum geht es nicht. Du diskutierst über Politik, arbeitest in
den von ihr geschaffenen Rahmenbedingungen und kennst nciht
alle Details. Wie sehr viele von uns und eben auch sehr viele
um 1930/40.

Doch, denn wir haben von Leni Riefenstahl, die einen Propagandafilm fuer die Nazis gemacht hat: 1934.

Das ist die gleiche Argumentation, die man in Suedafrika in
Bezug auf Apartheid immer wieder hoert: wir wussten ja nicht,
wie schlimm es war.

Dieser Vergleich hinkt, denn man musste nur mit dem Auto durch
Johannesburg fahren und wusste bescheid.

Schon ein bisschen schwieriger: mit dem Auto durch Johannesburg hat dir Rassentrennung vorgefuehrt (schlimm genug),aber nicht, was der Staat tat, um dieses System aufrecht zu erhalten.

Das war im Deutschland der 30er Jahre ganz anders. Die
subtilen Ziele kannte keiner.

Warum haben dann viele Kuenstler usw. ihre Koffer gepackt, als die NSDAP die Wahl gewonnen hatte. 1933 schon. Alfred Kerr, um nur ein Beispiel zu nennen. Er verschwand sofort nach der Wahl. Waren die alle uebervorsichtig?

Wer sich auch nur ein bisschen interessiert hat und mit
offenen Augen durch die suedafrikanische Welt ging, wusste
sehr wohl, dass es Dinge gab, die es nicht haette geben
duerfen. Nicht immer in allen Details. ABer genug, um diese
Politik nicht AKTIV zu unterstuetzen.

Richtig.
Nur war das eben in D anders.

Wie gesagt, das bezweifle ich. Man konnte nicht alles sehen, nicht alles ahnen, aber jemand der 1934 einen Propagandafilm macht, sollte sich zumindest mit mehr als nur mit Filmtechniken auseinandersetzen, sondern auch mit dem Thema.

Und noch spaeter, wie hiess der Film „Tiefland“?, da hat sie
sogar Statisten aus Konzentrationslagern in ihren Filmen
verwendet (ob sie nun wusste, was wirklich dort geschah, oder
sie nur als ‚normale‘ Gefaengnisse betrachtete - warum waren
die da eigentlich interniert? - sei mal dahingestellt).

…dann muss es wohl auch dahingestellt bleiben, ob der
deutsche Normalo das hätte erkennen können/müssen.

Der deutsche Normalo hat nicht mit Menschen aus einem
Konzentrationslager zusammengearbeitet. WEnn du den Film mal
sehen solltest: es haette vielleicht gereicht, wenn sie die
Statisten gefragt haette, ob sie genug zu essen bekommen, dort
wo sie sind.

Sie konnten sie nicht fragen und wussten nicht, woher diese
Menschen kamen. Ich hatte hierzu seinerzeit ein Gespräch mit
meinem Großvater. Man wusste es nicht.

Aber Leni Riefenstahl KONNTE, denn sie hat mit ihnen (Sinti) gearbeitet. Sie sich von der Partei fuer den Film zustellen lassen.
Und das Opa-Argument kaufe ich nicht so einfach. Auch meine Eltern haben nichts gesehen und nichts gewusst und wenn man dann anfaengt, so ein kleines bisschen nachzuhaken: ja, da waren ploetzlich alle Juden weg, hmmm, und der Sozi von der Ecke, der war schon 1933 weg, und kam '35 wieder, und war ganz duenn und hat nur noch gesoffen. Aber da wollte man dann sehr bewusst nicht mehr wissen.
Aber darum geht es mir in dieser Diskussion gar nicht. Sondern mir geht es um eine prominente Kuenstlerin, die ihre Karriere mit Hilfe dieses Systems gebaut hat.

Es gibt m.E. genug GEgenbeispiele von Kuenstlern, die einen
anderen Weg gegangen sind.

Viele Künstler gehen einen ganz anderen Weg als andere.

Aber wir reden davon, dass sie ihre Taten durch ihr
Kuenstertum gerechtfertigt werden.

Verstehe ich nicht.

Das Argument lautete: sie hatte soviel Talent, sie hat es nur mit den Nazis entwickeln koennen, es waere eine Vergeudung gewesen (siehe Olympia-Sport-Boykott Argument irgendwo im Thread), wenn sie das nicht gemacht haette.

Vielleicht sogar eine ganze Menge
von Kuenstlern, die wir heute nicht mehr kennen, eben weil sie
auf die grosse Karriere und die Moeglichkeiten verzichtet
haben. Eine davon hab ich in meinem Posting weiter unten
erwaehnt. Ich bin sicher, dass wenn Leontine Sagan bei der
UFA geblieben waere, sie als eine der bedeutensten
Filmregisseure in die (deutsche) Geschichte eingegangen waere.
Ihr Film war bahnbrechend (was ihre Fuehrung von Darstellern,
sowie Kamerafuehrung - immerhin ein technischer Bereich und
sie war totaler Filmneuling und kam vom Theater - anging).

Das kann ich nicht beurteilen, ich kenne die Dame und auch den
Film nicht.

Eben.

Was eben?

Du und viele andere kennen Leontine Sagan nicht. Vielleicht wuerden wir ihren Namen und ihre Filme kennen, wenn sie laenger in Deutschland geblieben waere und mit den Nazis kollaboriert haette.

Talent ist nicht gleich Moral und
umgekaehrt. Ein Talent in eine Richtung bedeutet nicht bestes
Verständnis einer anderen. U.s.w.

Nein. Aber um mich noch einmal zu wiederholen: es ist auch kein Freibrief dafuer, dass man Moral ausser acht lassen kann.

Grüße,
Elke

hi,

Ich gebrauche diese Vergleiche ja nur mittelbar und wenn sie
eben so schön passen…

du disqualifizierst dich damit. als starker und dadurch oft provozierender diskutant, der sich meistens nicht drum schert was andere denken, hättest du das aber gar nicht nötig. solche vergleichen bringen meistens die angepaßten ja-sager, damit sie moralisches schultergeklopfe und beifall ernten. es ist halt „in“, vor allem bei den linken PC-neurotikern, daß man israel mit den nazis gleichsetzt. und so schätze ich dich ganz sicher nicht ein.

gruß datafox

Hi Elke!
Hi Data! Hi Gemeinde!

Nicht nur gebe ich Data Recht, sondern ihre Worte konnten von mir sein!

Jedenfalls die Rede ist von Werbung. Und bei Werbung kann man sich bestimmten Techniken erlauben, die in anderen „Filmrichtungen“ undenkbar sind.

Aber auf den anderen Seite, so wie ich in einer früheren Antwort auf dieses Posting geschrieben habe, ich denke es ist heldenhaft sich eine einzigartige, einmalige Chance entgehen zu lassen, weil der Auftraggeber eben einen verabscheudungswürdigen Ziel bezweckt. Und nur eine klitzekleine Minderheit sind zu Helden berufen… Leni war keine Heldin.

Schönen Gruß
Helena

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hi!

Ich gebrauche diese Vergleiche ja nur mittelbar und wenn sie
eben so schön passen…

du disqualifizierst dich damit.

Einverstanden. Auch ich habe gelernt.

als starker und dadurch oft
provozierender diskutant, der sich meistens nicht drum schert
was andere denken, hättest du das aber gar nicht nötig.

Gib mir mehr davon!
Danke.

solche
vergleichen bringen meistens die angepaßten ja-sager, damit
sie moralisches schultergeklopfe und beifall ernten.

Ich weiss nicht recht, ob sie nicht oft auch nur als „Geschmacksverstärker“ gebraucht werden. Bei mir war das jedenfalls das Ziel, denn ich wollte weniger die Israelische Führung als Nazis darstellen, sondern deren Methoden unter Verwendung eines gewissen „Wake-up-effects“ anprangern.
Aber die Nebenwirkungen sind drastisch.

es ist
halt „in“, vor allem bei den linken PC-neurotikern, daß man
israel mit den nazis gleichsetzt. und so schätze ich dich ganz
sicher nicht ein.

Nein, ein „linker PC-Neurotiker“ (geiler Ausdruck) bin ich nicht.
Eher ein rechtsliberaler Nicht-Neurotiker.
Ich kann mich nämlich auch im direkten Gespräch auseinandersetzen, was ja leider oft nicht mehr angesagt ist.

Grüße,

Mathias

Hi!

Darum geht es nicht. Du diskutierst über Politik, arbeitest in
den von ihr geschaffenen Rahmenbedingungen und kennst nciht
alle Details. Wie sehr viele von uns und eben auch sehr viele
um 1930/40.

Doch, denn wir haben von Leni Riefenstahl, die einen
Propagandafilm fuer die Nazis gemacht hat: 1934.

Und wir haben heute Beckmann und Jürgen Fliege…
Zu einer ganzheitlichen Informiertheit führt dies jedoch (auch) nicht…

Das ist die gleiche Argumentation, die man in Suedafrika in
Bezug auf Apartheid immer wieder hoert: wir wussten ja nicht,
wie schlimm es war.

Dieser Vergleich hinkt, denn man musste nur mit dem Auto durch
Johannesburg fahren und wusste bescheid.

Schon ein bisschen schwieriger: mit dem Auto durch
Johannesburg hat dir Rassentrennung vorgefuehrt (schlimm
genug),aber nicht, was der Staat tat, um dieses System
aufrecht zu erhalten.

Jeder, der in den 70ern und 80ern dort lebte, wusste das. Ich habe hier die direkte Infoquelle in der Familie.

Das war im Deutschland der 30er Jahre ganz anders. Die
subtilen Ziele kannte keiner.

Warum haben dann viele Kuenstler usw. ihre Koffer gepackt, als
die NSDAP die Wahl gewonnen hatte. 1933 schon. Alfred Kerr,
um nur ein Beispiel zu nennen. Er verschwand sofort nach der
Wahl. Waren die alle uebervorsichtig?

Sie waren einfach gebildeter, schätze ich.
Dass die NSDAP in gewisser Weise auch Einschränkungen der persönlichen Freiheit propagierte, war ja kein Geheimnis. Das könnte ien weiterer Grund gewesen sein.
Nur reicht dies alles bei weitem nicht aus, die Leute, die, auch als Künstler, nicht emigriert sind, anzuklagen.

Wer sich auch nur ein bisschen interessiert hat und mit
offenen Augen durch die suedafrikanische Welt ging, wusste
sehr wohl, dass es Dinge gab, die es nicht haette geben
duerfen. Nicht immer in allen Details. ABer genug, um diese
Politik nicht AKTIV zu unterstuetzen.

Richtig.
Nur war das eben in D anders.

Wie gesagt, das bezweifle ich. Man konnte nicht alles sehen,
nicht alles ahnen, aber jemand der 1934 einen Propagandafilm
macht, sollte sich zumindest mit mehr als nur mit
Filmtechniken auseinandersetzen, sondern auch mit dem Thema.

Klar. Aber das Thema war nicht „wir rotten die Juden aus und überziehen die Welt mit einem Krieg“.
Es ging ja eher um die Verherrlichung des Deutschtums an sich. Und das sehe ich kaum als Problem an, Frankreich und Spanien machen das ja heute auch noch…:wink:

Und noch spaeter, wie hiess der Film „Tiefland“?, da hat sie
sogar Statisten aus Konzentrationslagern in ihren Filmen
verwendet (ob sie nun wusste, was wirklich dort geschah, oder
sie nur als ‚normale‘ Gefaengnisse betrachtete - warum waren
die da eigentlich interniert? - sei mal dahingestellt).

…dann muss es wohl auch dahingestellt bleiben, ob der
deutsche Normalo das hätte erkennen können/müssen.

Der deutsche Normalo hat nicht mit Menschen aus einem
Konzentrationslager zusammengearbeitet. WEnn du den Film mal
sehen solltest: es haette vielleicht gereicht, wenn sie die
Statisten gefragt haette, ob sie genug zu essen bekommen, dort
wo sie sind.

Sie konnten sie nicht fragen und wussten nicht, woher diese
Menschen kamen. Ich hatte hierzu seinerzeit ein Gespräch mit
meinem Großvater. Man wusste es nicht.

Aber Leni Riefenstahl KONNTE, denn sie hat mit ihnen (Sinti)
gearbeitet. Sie sich von der Partei fuer den Film zustellen
lassen.

Hatte sie die Möglichkeit, mit ihren Statisten zu diskutieren?
Spricht Steven Spielberg mit seinen Statisten?
Wie läuft es auf so einem Set ab.
Sie hätte schon fragen können, aber ich traue mir eine Bewertung dieser Situationen aus heutiger Sicht nicht zu.
Daher gilt: in dubio pro reo.

Und das Opa-Argument kaufe ich nicht so einfach. Auch meine
Eltern haben nichts gesehen und nichts gewusst und wenn man
dann anfaengt, so ein kleines bisschen nachzuhaken: ja, da
waren ploetzlich alle Juden weg, hmmm, und der Sozi von der
Ecke, der war schon 1933 weg, und kam '35 wieder, und war ganz
duenn und hat nur noch gesoffen. Aber da wollte man dann sehr
bewusst nicht mehr wissen.

Mag sein, aber das sind eben auch alles Bewertungen aus der heutigen Sicht heraus.
Damals dacht man wohl eher, dass der Jude in der Nachbarwohnung halt weggezogen wäre…
Und es war bekannt, dass die NSDAP Gewalt gegen andersdenkende Leute ausübte.
Aber irgendeine Randgruppe juckt die Mehrheit nie. Heute z.B. schreit ja auch jeder nach der Besteuerung großer Vermögen, da die Randgruppe der wohlhabenden Bürger unpopulär ist. Also wählt man die Sozis und schröpft sie.
Das ist nciht ganz so brutal, aber doch plakativ.

Aber darum geht es mir in dieser Diskussion gar nicht. Sondern
mir geht es um eine prominente Kuenstlerin, die ihre Karriere
mit Hilfe dieses Systems gebaut hat.

Das haben viele Leute gemacht. Nur sie eben sehr unmittelbar.

Es gibt m.E. genug GEgenbeispiele von Kuenstlern, die einen
anderen Weg gegangen sind.

Viele Künstler gehen einen ganz anderen Weg als andere.

Aber wir reden davon, dass sie ihre Taten durch ihr
Kuenstertum gerechtfertigt werden.

Verstehe ich nicht.

Das Argument lautete: sie hatte soviel Talent, sie hat es nur
mit den Nazis entwickeln koennen, es waere eine Vergeudung
gewesen (siehe Olympia-Sport-Boykott Argument irgendwo im
Thread), wenn sie das nicht gemacht haette.

Ich würde das andersherum aufziehen: eine junge, talentierte Frau hat eine gute Chance, unter der vorherrschenden Regierung ihre Karriere zu optimieren. Also macht sie es eben.
Was danach passierte, konnte sie nciht wissen.

Vielleicht sogar eine ganze Menge
von Kuenstlern, die wir heute nicht mehr kennen, eben weil sie
auf die grosse Karriere und die Moeglichkeiten verzichtet
haben. Eine davon hab ich in meinem Posting weiter unten
erwaehnt. Ich bin sicher, dass wenn Leontine Sagan bei der
UFA geblieben waere, sie als eine der bedeutensten
Filmregisseure in die (deutsche) Geschichte eingegangen waere.
Ihr Film war bahnbrechend (was ihre Fuehrung von Darstellern,
sowie Kamerafuehrung - immerhin ein technischer Bereich und
sie war totaler Filmneuling und kam vom Theater - anging).

Das kann ich nicht beurteilen, ich kenne die Dame und auch den
Film nicht.

Eben.

Was eben?

Du und viele andere kennen Leontine Sagan nicht. Vielleicht
wuerden wir ihren Namen und ihre Filme kennen, wenn sie
laenger in Deutschland geblieben waere und mit den Nazis
kollaboriert haette.

Möglicherweise.
Sie hat also ihre Karriere nicht optimiert.

Talent ist nicht gleich Moral und
umgekaehrt. Ein Talent in eine Richtung bedeutet nicht bestes
Verständnis einer anderen. U.s.w.

Nein. Aber um mich noch einmal zu wiederholen: es ist auch
kein Freibrief dafuer, dass man Moral ausser acht lassen kann.

…sofern man überhaupt weiss, dass man in einem Fall einen speziellen moralischen Massstab anlegen muss. Leni Riefenstahl konnte es eben noch nciht wissen.

Grüße,

Mathias

Hallo Camilla!

In Anbetracht der entstandenen Diskussion möchte ich meine Meinung auch kurz skizzieren. Es sind grob gesagt zwei Meinungen, die aufeinander prallen. Die eine sagt, Riefenstahl habe Nazi-Propaganda betrieben, sie sei zu verdammen. Die andere sagt, sie war doch eine geniale Künstlerin und außerdem nur eine von Millionen, die geblendet und mitgemacht hatten.

Beide Meinungen, wenn ich sie hier auch teils überspitzt wiedergegeben habe, sind aus meiner Sicht ungenaue Beschreibungen. Riefenstahl war eine großartige Filmregisseurin, die einen wichtigen, eigentlich revolutionierenden Beitrag zu Kameranutzung und Schnitt in der Filmkunst geleistet hat. Für ihre persönliche Ästhetik - die der Begeisterung vor dem schönen rassigen Körper - waren alle Inhalte gut, um den Blick des Zuschauers zu fesseln. Gerade diese ihre Neuerungen haben die Werbeindustrie stark beeinflusst, gerade sie waren auch der Grund, warum ihre Kunst in der Propaganda am erfolgreichsten war. Am Beispiel des Filmes „Das blaue Licht“ kann man sehen, wie schwach eigentliche Inhalte ihrer Kunst waren, wie unmenschlich Figuren, wie konstruiert Frauenrollen wirken. Zum Vergleich wäre z.B. Frauentyp von Greta Garbo und später von Anna Magnani anzubringen. Sie leiden menschlich, eher typisiert bei Garbo und individualisiert bei Magnani. Riefenstahls Frauen leiden wie Tiere, nicht wie Menschen.

Der Weg führt hier von Josefine Baker und Isadora Duncan über Riefenstahl in verschiedene Richtungen - zur Pop-Kultur einerseits, zum Neorealismus andererseits. Und technisch gesehen, hat sie viel dazu beigetragen. Ich betone dabei die technische, handwerkliche Seite.

Inhaltlich ist sie keine Mitläuferin, keinesfalls ist sie nur eine von Millionen. Ihre Propaganda-Filme waren Auftragsarbeiten. Sie verbreiteten die Nazi-Ideologie und beinflussten Millionen, so erfolgreich wie Goebbels es nie geschafft hätte. Sie war eine Mittäterin, wenn auch deutsche Nachkriegsgerichte einer anderen Meinung waren.

Als weitere Lektüre empfehlenswert:

http://www.museumsmagazin.com/archiv/1-2003/ausstell…
http://www.ruhr-uni-bochum.de/riefenstahl/home.shtml
http://www.nachkriegsdeutschland.de/p_leni_riefensta…