Hallo Mathias
So ist es. Der Wind in der deutschen Wirtschaft wird immer
stärker. Traummodelle wie 2x sicherer Halbtagesjob kann man
vergessen.
Aktuell gibt es noch zahlreiche Behördenmitarbeiter (Beamte
und ÖD), die das so machen können. Diese Jobs werden jedoch in
nächsten Jahren stark dezimiert werden (müssen).
Leider wahr. Aber ich werde doch wohl feststellen duerfen, dass dies
bedauerlich ist und dass das Modell berufstaetiger Eltern prinzipiell
gut ist, wenn auch in Deutschland schwer zu praktizieren. Es geht in
dieser Diskussion weniger darum, wie die Situation in Deutschland
ist, sondern darum, ob Kinder verwahrlosen, wenn beide Eltern
arbeiten.
Ich weiß, dass ich damit einigen auf die Füße trete, aber es
ist nunmal eine Beobachtung von mir, dass dieser Lebensstil
die Verwahrlosung der Kinder und Unproduktivität im Beruf mit
sich bringt. Beides ist natürlich nicht zu verallgemeinern und
jeweils in unterschiedlicher Intensität ausgeprägt.
Aber, dass mit Angestellten, die alle zwei Stunden ihre
Magnetkarte durch die Stechuhr zieht, weil sie „noch was
einkaufen müssen“ etc., im Job nicht viel anzufangen ist, ist
meine Berufserfahrung.
Das ist auch meine Erfahrung. Wo auch immer in mir bekannten
KMUs solche Modelle getestet wurden, sind sie nach 1-2 Jahren
wieder eingestampft worden.
Dass die Wirtschaft nicht am langfristigen Wohl des Volkes
interessiert ist, sondern an dauerhaft hohen Profiten, ist doch
bekannt. Sicher hast du Recht, aber gut finde ich es nicht.
Umgekehrt beginnt in meinen Augen die Verwahrlosung der Kinder
nicht erst, wenn sie offensichtlich nicht mehr „gesund und
glücklich“ sind, sondern bereits dann, wenn sie in ihrer
Tagesstätte fünf mal wöchentlich Nudeln mir Soße zu essen
bekommen. Wenn eine Betreuerin mein Kind erzieht, die erstens
meinem Kind genauso fremd ist wie mir.
So sehe ich das auch. Ich möchte ja, dass mein(e) Kind(er)
entsprechend den Werten meiner Frau und mir aufgezogen werden.
Sie sollen gut (ausge-)bildet sein und emotional, sozial und
beruflich erfolgreich leben können. Ich möchte dass die Kinder
das aus der Familie heraus mitbekommen.
Da besteht aus meiner Sicht kein allzu grosser Widerspruch zur
Betreuung des Kindes durch Fremde.
Ausserdem gibt es zahllose Faelle, in denen die Kinder trotz oder
wegen eifrigen Bemuehens der Eltern, ihnen die Werte zu vermitteln,
die sie fuer richtig halten, ganz anders werden und sich woanders
orientieren. Du ueberschaetzt die Moeglichkeiten, dein Kind zu
formen.
Das stimmt so zunächst. Generell denke ich jedoch macht es die
gesunde Mischung aus. Kontakt zu Gleichaltrigen im „Alltag“,
also in KiGa und Schule. Zuhause dann der Kontakt zu Eltern,
Familie und deren freunden, gerne auch mit Kindern. Hier lernt
man dann die Interaktion mit den Generationen und stagniert
nicht auf dem niedrigstmöglichen Entwicklungsstand, welchen
sich Kinder gemeinsam ohne Anleitung „erarbeiten“.
Voellig richtig. Die Kindergaerten, die ich kenne, setzen aber nicht
auf antiautoritaere Erziehung, sondern die Erzieher erziehen. Die
Kinder sind also nicht nur unter sich.
- Das Modell berufstätiger Eltern war in der DDR das fast
einzig existierende und ist heute z.B. in Frankreich das am
häufigsten praktizierte.
In der DDR war nach den Aussagen, die ich erhielt, die Mutter
selten wirklich voll berufstätig nach westlichen Maßstäben.
Sie konnte frei bekommen, wann immer es für die Kinder nötig
war.
Dass uns die DDR-Mamis als allesamt voll berufstätig aufs
Renten-Auge gedrückt wurde, ist lediglich ein Ausfluß der
political correctness.
Halbtags arbeiten ist doch in Ordnung. Sicher ist das fuer den
Betrieb nicht so rentabel, aber wie schon geschrieben, ist fuer diese
Diskussion hier die Frage „Was muss ein Betrieb tun, um
wirtschaftlich besonders stark zu sein?“ sekundaer.
Viele junge Muetter wollen auch gar nicht ganztags arbeiten, sondern
finden 6 Stunden optimal.
In Frankreich sind die Arbeitszeiten generell deutlich
niedriger als in Deutschland. Zudem arbeiten sehr viele
berufstätige Frauen dort halbtags. Das aber auch nur selten
innerhalb der ersten 3 Jahre nach der Geburt.
Zu den ersten beiden Aussagen weiss ich nichts. Meine Information
hinsichtlich der dritten Aussage ist, dass es in Frankreich ueblich
ist, dass Frauen ihr Kind mit 6 Monaten in die Kripppe stecken.
- Zumindest nach Ansicht der Ostdeutschen war die soziale
Wärme in der DDR viel intensiver.
In einem mir bekannten, grenznahen Ort hatte man bald nach der
Wende erst mal den Blockwart aufgehängt…
Einzelfall. Kriminalitaet und Gewalt gab’s auf beiden Seiten. Wir
muessen aber den Durchschnitt vergleichen.
Viele DDR-Bürger glorifizieren ja die damalige Zeit. Keine
Ahnung warum. Vermutlich handelte es sich um
Zweckgemeinschaften nach dem Motto: „du besorgst mir den neuen
Trabbi-Vergaser und ich streiche dir das Wohnzimmer“. Dass
aber hier im Westen keiner an die Stasi verpfiffen oder vom
Blockwart gegängelt wurde und wird, sollte man bei solchen
Beurteilungen nicht vergessen.
Das ist ziemlich am Thema vorbei. Es geht hier weder um
Mangelzustaende noch um die Auswirkungen eines diktatorischen
Systems.
Der Egoismus und der
überzogene Individualismus des Westens gilt als eine der
wesentlichen Verschlechterungen, die die Wende mit sich
brachte. Also aus den Kinderkrippen und Kindergärten ging eine
nach deiner eigenen Definition gesündere Gesellschaft hervor
als die, die wir in Westdeutschland antreffen, wo es üblich
ist, das Kind zu Hause aufzuziehen.
Das glaube ich allein aus den o.g. Gründen schon nicht.
Die o.g. Gruende sind bei objektiver Betrachtung nur Scheingruende
zur Bestaetigung von Vorurteilen.
- Die oft mangelhafte Betreuung der Kinder in Kitas und bei
Tagesmüttern ist ein Ergebnis der stiefmütterlichen Behandlung
des Modells berufstätiger Eltern in unserem Land. Auch heute
noch gibt es in Ostdeutschland hervorragend Kinderkrippen und
Kindergärten, in denen qualifiziertes Personal die Kinder
besser fördert und betreut als es den meisten Eltern möglich
wäre. Leider ist so etwas im Westen fast unbekannt.
Zustimmung. Hier dürfte sich ruhig etwas tun, so dass
wenigstens halbtags gearbeitet werden kann. In der Realität
ist das kaum möglich, weil die Kinder ja schon sehr oft um 11
aus der Schule kommen, weil wieder uNterricht ausfällt. Das
müssen die Schulen auffangen und eine Betreuung mindestens bis
15 Uhr bieten. Nun sind wir aber beim Thema der
Finanzhierbarkeit. Ich meine: die Gebäude sind da, die Lehrer
werden vollzeit bezahlt. Also sollen sie ihre Arbeitszeit in
der Schule verbringen, Stoff vertiefen, Arbeiten korrigieren
während der Kollege die Klasse betreut und somit nichts
anderes tun, als ihr Gehalt verdienen.
Richtig. Hier sind wir uns einig. Jedoch muss ein Lehrer auch viel zu
Hause arbeiten: Unterricht vorbereiten, Klausuren korrigieren.
- Die von dir angesprochene niedrige Arbeitsleistung
berufstätiger Eltern ist, wenn diese Behauptung überhaupt
zutrifft, ein Übel, das man zugunsten eines
kinderfreundlicheren Landes gerne hinnehmen sollte.
Das ist nicht finanzierbar.
Gegenwaertig nicht. Und bei globaler Konkurrenz erst recht nicht. Es
waere aber vielleicht finanzierbar gewesen, wenn frueher die
Prioritaeten anders gesetzt worden waeren.
Dann macht die Firma eben etwas weniger Profit, kann dafür
aber stolz auf sich sein, weil sie etwas für die Verbesserung
und den Erhalt der Gesellschaft tut, um den du dich ja auch
sehr sorgst.
Träumerei. Eher macht die Firma zu und eröffnet, wenn sie
Glück hat, in CZ neu…
Leider auch war. Aber nochmal: Richard gab Gruende, weshalb es fuer
das Kind prinzipiell das Beste sei, wenn es zu Hause bei Mutti
aufwaechst. Ich habe dagegen argumentiert. Jetzt sprichst du aber
wieder davon, warum es unter den gegenwaertigen Bedingungen schwierig
sei. Damit kommst du von einer Grundsatzdiskussion zu einer
Diskussion praktischer Dinge, die ein eigenes Thema ist.
- Die Angst, mit einem Kind nicht mehr arbeiten zu können und
Hausfrau sein zu müssen, ist der Hauptgrund dafür, dass Frauen
heutzutage immer weniger Kinder bekommen. Darin liegt
eine Hauptursache für den Verfall der Gesellschaft und nicht
in dem, was du schreibst.
Ich glaube eher, dass es die Angst ist, auf zwei Autos und 3
Urlaube im jahr verzichten zu müssen.
Auch, ja.
Natürlich kommt jetzt
wieder das Argument mit irgendeinem Hart4-Empfänger oder
Lagerarbeiter, aber das ändert nichts daran, dass es in
Deutschland durchaus noch möglich ist, 3-5 Jahre eine Familie
mit einem durchschnittlichen Gehalt durchzubringen, bis der zu
Hause gebliebenen Elternteil wieder halbtags arbeiten kann,
während das Kind in KiGa oder Schule ist.
Klar ist es moeglich. Wir sprechen aber davon, was wuenschenswert und
gut waere.
Hierfür ist nichtgs anderes nötig, als die Ganztagesschule
einzuführen. Das kostet, wie ich oben geschrieben habe, kaum
einen Cent mehr als jetzt. Nur das Mittagessen muss geklärt
werden. Hier können sich die Eltern finanziell beteiligen und
man kann das Essen von benachbarten Behördenkantinen oder
Firmankantinen liefern lassen.
Aber dann sind es doch wieder andere, die die Kinder betreuen. Warst
du nicht auch dafuer, dass dies die Mutter tun sollte?
Gruss, Tychi