Literatur-Empfehlung Spätmittelalter

Hallo zusammen, suche Literatur über das Leben und die wichtigsten Ereignisse im Spätmittelalter und frühe Neuzeit Europas.
Ideal wäre Nachschlag-Charakter (Index, Register) im Taschenbuch-Format, möglichst noch etwas aktueller als Fischer Weltgeschichte, und im wissenschaftlichen Standard geschrieben.
kann jemand etwas empfehlen?
vielen Dank im voraus

Hallo

Wie wär’s mit Oldenbourg Grundriss der Geschichte ?

Bd. 8: Europa im Spätmittelalter 1215-1378 (neueste Auflage 2010)

Bd. 9: Das 15. Jahrhundert (neueste Auflage 2012)

Bd. 10: Reformation und Gegenreformation (neueste Auflage 2002)

-panoramix-

wie ich sehe, soll da der Geldbeutel je nach Auflage teilweise arg geschröpft werden, Da erscheint recht sinnvoll vielleicht die Frage, wie aktuell macht sinn?

Ich habe den Eindruck, je neuer die Forschungsergebnisse, desto ‚verfälschter‘ erscheinen die älteren Ausgaben?
Korrigiert mich, wenn ich falsch liege!

vielen Dank!
(1996: ~10,- iV, 2012: ~25,-)

Hi,

Verfälscht wird da nichts, nur die Forschung macht ggf Fortschritte.
Das Geld geht auch für Abbildungen drauf, und die werden mit der Zeit immer deutlicher.
Du hattest außerdem nach dem wissenschaftlichen Standard gefragt, also wird dir hier keiner was olles anbieten.
Alternativ kannst du ja in eine Bibliothek gehen, da sparst du dir das kaufen.

Die Franzi

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sorry, da hab ich wohl den falschen Begriff gewählt, statt Verfälschung vielleicht veraltet? (also in wie weit weichen Erkenntnisse von zB 1983 von denen von 2010 ab?)
wenn man bei Eurobuch sucht, dann gibts fast über 1000 Treffer, da das richtige zu finden wird nicht einfach, aber Oldenbourgs kann dann wohl auch nicht das einzige sein?
Was den Beutel betrifft: wenn es schon an die 25,- bis 50,- kosten soll, dann muss es auch 100% stimmen.
Stabi ist eher weniger mein Ding, ausser vllt. zum ‚antesten‘, wenn es dann das richtige ist, möchte ich es nat. in meiner Sammlung haben.
Nur auch die Stabi hat 1000de von Titeln, daß man sich fragt ‚welcher denn?‘

ich verfeiner nochmal mein Anliegen:
Sozialgeschichte (zB Ständewesen), Geistesgeschichte (zB Buchdruck), Kulturelle Erungenschaften (zB Buchmalerei), Kriegswesen (zB Feuerwaffen), Recht (zB Blutgerichtsbarkeit), uvm.
Vielleicht läßt sich das mit dem Wort ‚Mentalitätsgeschichte‘ auf den Nenner bringen, und für einen Zeitraum von ca 1350 - 1550…?

Servus,

bis

losgeht, muss man bei Fachliteratur schon ein Stück weit in den dreistelligen Bereich vordringen. Nicht jeder Wissenschaftler betreibt nebenher ein Nagelstudio oder ein Online-Glücksspielportal, manche leben auch von einer Tätigkeit in Forschung und Lehre.

Schöne Grüße

MM

Servus,

das klassische Werk zu diesem Themenkreis von Will Durant heißt in seinen deutschen Ausgaben schlicht „Kulturgeschichte der Menschheit“. Bildung und Wissen des Autors sind wahrhaft enzyklopädisch. Vorsicht beim Erwerb einzelner Bände! Die Zählungen sind unterschiedlich - es gibt eine Ausgabe in 18 und eine in 24 Bänden.

Schöne Grüße

MM

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Hi,

für den Laien, Anfänger, Studenten der ersten paar Semester stimmt es. Auch für den Fachmann stimmt es, aber in DEtails ändern sich für ihn Welten.
Nachdem Du Geschichtsbücher sammelst, Buchdruck in Geistesgeschichte einordnest, dich in mehrere Spezialgebiete gleichzeitig einlesen möchtest und 25 Euro für ein Fachbuch, das dich interessiert, sehr teuer findest, empfehle ich dir den Kauf eines gebrauchten Werks zum akzeptablen Preis in präsentablem Zustand.

die Franzi

Hallo

Wenn’s eher um einen kulturgeschichtlichen Überblick geht, ist immer noch höchst lesenswert (und als Taschenbuch für unter 20 € zu haben) folgender Klassiker:

Johan Huizinga: Herbst des Mittelalters. Studien über Lebens- und Geistesformen des 14. und 15. Jahrhunderts in Frankreich und in den Niederlanden.

Man sollte sich nur darüber im klaren sein, dass die erste Auflage 1924 und die „letzter Hand“ 1941 erschienen ist!

-panoramix-

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ist das falsch? Buchdruck ist zwar einerseits technische Errungenschaft, hat aber Kommunikations-‚technisch‘ weitreichende kulturelle Bedeutung, oder? (siehe die Verbreitung von ‚Ideen‘)

aber seit 1941 ist doch ziemlich viel Wasser den Bach runtergegangen, oder?

Seit der Wahl Clemens’ VII. zum Gegenpapst sogar noch ein bissele mehr, wie mir deucht.

Lass Dich nicht blenden von den modischen Schlagzeilen „Forscher haben jetzt herausgefunden, …“ - so ganz blöde waren die Historiker des 19. und 20. Jahrhunderts dann doch auch nicht, und dramatisch hat sich die Quellenlage nicht verändert.

Was sich verändert hat, ist die Rezeption: Literatur wird heute vor allem dann für „wissenschaftlich“ gehalten, wenn sie zu mindestens einem Drittel aus Fußnoten besteht, mithin so gut wie unlesbar ist - ggf. auch um die stilistischen Stümpereien des Autors zu verdecken, vor denen man bei Veröffentlichungen aus dem ersten Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts weitgehend bewahrt bleibt.

Schöne Grüße

MM

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Hi,

Buchdruck ist eine Technologie. Geisteswissenschaften sind die Wissenschaften des Geistes - Sprachen? Geschichte, Philosophie, …
Medizin gehört ja auch nicht in die Technologie, nur weil einige Krankheiten und Medikamente das führen von Maschinen beeinträchtigen.
Leg dir eins von den überblickswerken zu, ließ es, bis du es verstanden hast, und dann nutze das literaturvliteraturverzeichnis und die Quellenangabe, um gezielt weiterzulesen.
Die Tausende von Büchern, die du zum Thema Geschichte gefunden hast, überschneiden sich nämlich kaum, sondern behandeln eigene Details. Es gibt mehrere Bücher über die Pest (um in dem Zeitrahmen zu bleiben), einige generelle Werke, die beschreiben, wann die Pest wo wie stark ausbrach. Andere beschäftigen sich mit einer Region und beobachtet die Pest da im Verlaufe der zeiten. Wieder andere untersuchen den Einfluss der Pest auf die Geschichte, oder ihre Ursachen. Und es gibt sogar ganze Büchern, die sich damit beschäftigen, ob eine oder mehrere Epidemien in der Vergangenheit überhaupt die Pest waren, oder was anderes. Und da sind wir wieder bei den, was du „verfälschen“ genannt hast wer wird da wohl recht haben? Wirklich rausfinden kann man das nicht, aber da wird Wissenschaft richtig interessant. Das nennt sich wissenschaftlicher Diskurs und bereitet den Beteiligten Historikern, Medizinern, Biologen, … (alle die diskutieren die pest) großes Vergnügen. Wer kommt am nächsten an die Wahrheit?

Die Franzi

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und welchem Ausmass hat da zB die Archäologie die Quellenlage verändert?

nun… nicht blöde, aber was ist mit der berühmten Blindheit des Auges? Zum Bsp ein katholischer Forscher wird bspw die Freizügigkeit einer bestimmten Bevölkerung oder Schicht anders sehen, als ein liberaler Freigeist - das nur mal als schnelles Beispiel.

aber ACH! das artet jetzt in eine Richtung aus, die ich gar nicht wollte!

Noch mal auf dumm gefragt:
kann man zB Otto Borst’s „Alltagsleben im Mittelalter“ lesen ohne das Gefühl zu haben, das sei nicht mehr ganz richtig, korrekt, oder man habe irgendswas wichtiges anders interpretiert?
Oder läuft man da eher den Tricks der Verlage auf, die einem sowieso immer nur das neueste andrehen möchten?
Mit anderen Worten wieviel ‚Gültigkeit‘ haben Werke von Borst, Huizinga, Fischer Weltgeschichte, und Werke aus den zB 1990 Jahren, etc heute noch??

@Franzi: bitte streich das Wort ‚Verfälschung‘ aus Deiner Diskussion, war schlecht gewählt, ich gebs ja zu!

Servus,

nö. Der Sachverhalt, ob, in welchen Grenzen und unter welchen Bedingungen den Leibeigenen Freizügigkeit gewährt wurde, und auch, welche Rolle die erstarkenden Städte in dem von Dir genannten Zeitraum für die (unabhängig von geltendem Feudalrecht) faktische Freizügigkeit spielten, wird auf der Grundlage vorhandener Quellen von jedem ernsthaften Historiker genau gleich erhoben werden. Und vor der Reformation spielen die Konfessionen (derer es ohnehin nur eine gab) keine Rolle; die unterschiedlichen Grade von Zwängen aller Art, die auf die Leibeigenen ausgeübt wurden (die verwehrte Freizügigkeit war nicht besonders bedeutend, weil das Wegziehen aus dem angestammten Dorf nicht so das Allerwichtigste war, was einem Leibeigenen fehlte), in geistlichen und weltlichen Grundherrschaften mögen unterschiedlich gedeutet werden, aber da geht es dann bereits um Meinungen. Wer eine Meinung äußert, ohne den Sachverhalt darzustellen, ist im gegebenen Zusammenhang keine seriöse Quelle.

Die Meinungen, Interpretationen und Glauben, die Du suchst, stehen nicht in wissenschaftlichen Werken, die Du haben möchtest. Für einen Historiker hat ein Satz, der mit „ich finde“ anfängt, a priori keinen besonders hohen Wert. Du wirst Dich also entscheiden müssen, ob Du Dich lieber mit Sachverhalten oder lieber vor Kenntnis der Sachverhalte mit Meinungen und Ansichten auseinandersetzt.

Ohne den Borst, den Huizinga und den Durant gelesen zu haben, kannst Du kaum mit Gewinn lesen, was heute zu irgendwelchen Details eventuell noch ergänzt wird, geschweige denn kritisch beurteilen, wenn irgendjemand mit einer ‚sensationellen Entdeckung‘ ums Eck gebraust kommt.

Selbstverständlich gibt es für einzelne Ereignisse sehr unterschiedliche Deutungen; wenn Du Dir z.B. selber ein Bild machen willst, was im deutschen Bauerkrieg 1525 geschah, kommst Du an Peter Blickle, Günther Franz und Wilhelm Zimmermann nicht vorbei, die vor dem Hintergrund dreier völlig verschiedener politisch-philosophischer Ausrichtungen ziemlich unterschiedliche Interpretationen vorlegen. Was hindert Dich daran, kritisch zu lesen und Deine Meinung zu bilden?

Schöne Grüße

MM

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in so dramatischen Einzelheiten wie der, dass revidiert werden musste, welches Haus in Deutschland als das älteste anzusehen ist.

Außerdem wurden in der Zwischenzeit so weltbewegende Quellen wie das „Kettenbüchlein“ der Prämonstratenserabtei Schussenried, in dem der Erwerb von deren Grundbesitztümern Flur für Flur beschrieben ist, transskribiert und ins Deutsche übersetzt.

Es scheint, als hättest Du keine besonders genaue Vorstellung darüber, was im XIX. „Jahrhundert der Wissenschaften“ 1800 - 1899 in allen Disziplinen der Forschung geleistet worden ist. Insofern wäre es sicherlich sinnvoll, wenn Du Deine Lektüre zunächst mit älteren Quellen begönnest.

Schöne Grüße

MM

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Servus,

wenn man ein Gegengewicht zu diesem Gschmäckle haben möchte, kann man für den Zeitraum ab 1349 Egon Friedells „Kulturgeschichte der Neuzeit“ zur Hand nehmen, die zwar gänzlich ‚unwissenschaftlich‘ (sit venia verbo!) verfasst ist, aber ein wahrer Genuss beim Lesen und dadurch recht einprägsam.

Schöne Grüße

MM