LRS wird von Schule nicht anerkannt - etwas länger

Hallo,

unsere Tochter Juliane (bald 11) geht in die 5. Klasse. Sie hat enorme Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben. Schon von Anfang an.

So fing alles an:
Juliane hat einen angeborenen Hüftschaden, der im Alter von 5 Jahren festgestellt wurde. Sie wurde mit der Situation konfrontiert, dass ihr bevor sie 10 Jahre alt ist eine OP bevorsteht.
Der Wechsel von der Kita in die Schule fiel ihr nicht leicht, sie hatte keine Freunde, da wir zu diesem Zeitpunkt den Wohnort wechselten.
Als Juliane in der 2. Klasse war, fiel uns auf, dass sie nicht wie andere Kinder reagiert. Wir befragten einen Kinderarzt, der uns zu einem Kinderpsychologen überwies, da die bevorstehende OP Juliane auch ganz schön zu schaffen machte.

Es wurde festgestellt, dass Juliane eine ADHS hat, bei einem IQ von 133. Weiterhin stellte eine Logopädin die LRS fest. In einem gemeinsamen Gespräch in der Schule (zusammen mit dem Psychologen) wurde ihre Situation dargestellt und ihre „Krankheit“ erläutert. Das Interesse der Lehrer war groß, hielt aber leider nicht lange an.

Die Schulpsychologin hatte nämlich bei einem Klassen LRS-Test festgestellt, dass die Werte von Juliane zwar „grenzwertig“ seien, aber keine LRS vorliege. Der Psychologe meint, dass diese „Grenzwertigkeit“ auf Grund ihrer hohen Intelligenz entsteht.

Wir konnten dieses Thema dann nicht weiterverfolgen, weil die OP, Reha usw. anstanden und wir froh waren, dass die Noten einigermaßen waren.

Nun machen die Lehrer aber „Druck“ auf Juliane. Besonders die Direktorin schreibt unter Arbeiten immer wieder, dass sie ihre Rechtschreibung verbessern muss. Wir üben sehr viel mit Juliane, aber es klappt trotzdem nicht.

Wir möchten gern, das die LRS amtlich wird, die Schule sträubt sich aber dagegen.

Nun endlich meine Fragen:

  1. Was ist zu tun um einen erneuten „amtlichen“ Test durchführen zu lassen? Geht evt. auch das Gutachten der Logopädin?
  2. Muss, wenn die LRS „amtlich“ nachgewiesen ist, eine gewisse F´örderung seitens der Schule erfolgen (es gibt dort Lehrermangel)?
  3. Gibt es die Möglichkeit Juliane anders fördern zu lassen (kostenlos)?

Viele Grüße Susanne

Hi Susanne,
die Situation mit Eurer Tochter ist ein bisschen heftig. Das stell ich mir ganz schön kompliziert und anstrengend vor.
Ich kann nur für Bayern sprechen:

Wir möchten gern, das die LRS amtlich wird, die Schule sträubt
sich aber dagegen.

Die Schule hat sich dagegen nicht zu sträuben (das ist ja das Letzte!), normalerweise schicke ich (Lehrerin) die Kinder zum Testen. Ihr könnt selbstständig zum Testen. Die Schule muss da nicht gefragt werden.

  1. Was ist zu tun um einen erneuten „amtlichen“ Test
    durchführen zu lassen? Geht evt. auch das Gutachten der
    Logopädin?

Wenn die Logopädin keine Bescheinigung ausstellt, gilt das nicht. Aber eine Schulpsychologin kann auch eine LRS feststellen. Einfach mal probieren. Eine LRS muss aber alle 2 Jahre oder so nach"kontrolliert" werden. Ein Kinderpsychiater kann eine Legasthenie feststellen. Die gilt dann „für immer“.

  1. Muss, wenn die LRS „amtlich“ nachgewiesen ist, eine gewisse
    F´örderung seitens der Schule erfolgen (es gibt dort
    Lehrermangel)?

Seitens der Schule gibt es eigentlich nie Förderkurse, die spezielle auf LRS/Legasthenie zugeschnitten sind. Ihr könnt aber mal bei der Schulberatung nachfragen. Oder dierkt bei der Logopädin.Ob das was kostet hängt von vielen Faktoren ab.

Ich hoffe ich konnte ein bisschen helfen.
Gruß
Claudia

Hallo Susanne!
Nun habt Ihr ja schon Einiges hinter Euch und ich wünsche Deiner Tochter, dass sie gut mit allem fertig wird.
Nun versuche ich ein paar Antworten:

  1. ich weiß nicht, wie es bei Euch ist, hier hat der Amtsarzt /LRA für schulische Dinge wie Atteste… das letzte Wort. Allerdings bezieht er/sie sich auf die eingereichten Befunde oder verlangt noch welche. Ich denke schon, dass der Bericht der Schulpsychologin ausschlaggebend sein wird- aber wenn ihr bei dieser Stelle noch nicht gewesen seid, versucht es!
    Die Logopädin arbeitet auf Grundlage eines Arztrezeptes. Diesem ausstellendem Arzt teilt sie ihre Diagnose/Testergebnisse im Befundbericht …mit. Es ist eine Zuarbeit, die bei der amtsärztlichen Entscheidung sicherlich mit zu Rate gezogen werden kann, aber ausschlaggebend ist das psychologische Gutachten.
    2.Sollte die LRS „amtlich bescheinigt“ sein, bekäme Deine Tochter in Rechtschreibung keine Noten mehr(so ist es an unseren Schulen hier) und müsste auch nicht mehr laut vorlesen- es sei denn, sie möchte es - (bei entsprechender Toleranz der Mitschüler).Schriftliche Arbeiten können (zum Teil?)mündlich abgenommen werden - auch Prüfungen). Für eine spezielle Förderung gibt´s bei uns ebenfalls zu wenig Lehrer und noch weniger, die spezielle Kenntnisse zur LRS haben.
  2. Bei dem Punkt hätte Dir die Logopädin weiterhelfen können. Allerdings braucht man ein Rezept vom Kinder-oder Hausarzt, (HNO auch möglich, besonders zu Therapiebeginn, wenn sichergestellt werden sollte, dass das Hörvermögen i.O. ist).So, und bei den Rezepten habert es mitunter, denn LRS an sich fällt als Therapie nicht mit in den Gesundheitskatalog…für Logopäden, aber er behandelt Sprach- und Sprechdefizite … , Wahrnehmungs- u.a. kleinere Hirnleistungsschwächen (Konzentration, Speicherung, Differenzierung…). Kinder mit LRS haben zum Einen eigentlich immer Probleme mit der Wahrnehmung und zum anderen meist auch Defizite in der Grammatik = Dysgrammatismus - der darf behandelt werden. Es ist dann Sache der Logopädin geeignete Methoden auszuwählen, um Deine Tochter entsprechend zu unterstützen. Gleichzeitig kann sie Dir wertvolle Tipps für das Üben zu Hause geben.
    Nun eine Anregung zum Schluss, die ich aus eigener Erfahrung mit meinem Jüngsten geben kann: Mein kleiner Sohn hat ebenfalls „minimale cerebrale Dysfunktionen“ wie : LRS , Aufmerksamskeitdefizite…, Rot-Grün-Schwäche…: Er laß als Sechstklässler laut so, als wäre er gerade in die zweite Klasse gekommen.In der Grundschule bekam er schlechte Noten, weil er ganz einfach seine Arbeiten nicht schaffte. Er verbrauchte viel zu viel Zeit, um sich auf den vorgedruckten und meist vollgerammelten Zetteln zurecht zu finden und die Aufgaben zu lesen ( auch Mathe…).Dabei ist er (nach Tests)ebenfalls ein überaus intelligentes Bürschchen. Ich habe kein Gutachten machen lassen, da in der Klasse schon gestöhnt wurde, wenn er nach einer mündlichen Aufgabenstellung einen Moment brauchte, um sich zu sammeln und dann zu antworten.Ich wollte nicht, dass man ihn zum Sonderling abstempelte (er war zudem teilweise sportbefreit) oder bei vorherrschenden Unverstand- hänselte… Zu Mal er es schaffte in Deutsch eine 3-4 zu bekommen. Nach der Grundschule wurde es sogar besser, da das Fach ansich vielfältiger wurde. Zwischenzeitlich habe ich immer wieder probiert, die Lehrer auf die Problematik dieser Kinder aufmerksam zu machen- vergebens.Z.B.: Ein viertelstündiger Erklärungsversuch meinerseits zu den Auswirkungen der Dysfunktionen und die Bitte, Aufgabenzettel übersichtlicher zu gestalten- (ich hätte auch zwei Blätter bezahlt),
    brachte seine Grundschullehrerin lediglich dazu zu sagen:„Aber schöner schreiben könnt´er.“
    Ich habe mit ihm geredet und wir haben zusammen entschieden, dass er keinen „Stempel“ braucht. Er würde es zwar etwas schwerer haben, weil er anders lernt, aber er sei klug genug, um es ausgleichen zu können (Stärken im Ausdruck…). Über seine Stärken wurde sein Selbstbewußtsein größer und er lernte seine Schwächen in den Griff zu bekommen- verschwunden sind sie allerdings nicht. Nunmehr besucht er das berufliche Gymnasium. Seine Ordnung spottet im wahrsten Sinne des Wortes jeder Beschreibung - aber damit beweist sich wieder Mal: „Nur das Genie beherrscht das Chaos“ Ich hoffe, ich konnte Dir ein paar Anregungen geben. In diesem Sinne Gute Nacht. Heike/Roxelane

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Hallo,

Es wurde festgestellt, dass Juliane eine ADHS hat, bei einem
IQ von 133. Weiterhin stellte eine Logopädin die LRS fest.

Wird ihr ADHS schon behandelt? Wenn sie sich mit Ritalin o.ä. wieder besser konzentrieren kann, löst sich DIESES Problem vielleicht in Wohlgefallen auf. Schonmal probiert?
Gruß
loderunner

Hallo,

Juliane bekommt medikinet (Ritalin ähnlich), allerdings nur 5mg + 5mg retard. Die Leistungen sind besser geworden, aber die Rechtschreibung nicht.

Gruß Susanne

Hallo Heike,

vielen Dank für deine Antwort, es sind viele Denkansätze für mich dabei gewesen.
Gut fand ich, dass du das Problem mit den Aufgabenzetteln ansprichst. Das ist auch das Problem von Juliane. Sie braucht extrem lange um Fragestellungen zu lesen und zu verstehen. Dann bleibt wenig Zeit zum antworten. Oft hat sie nur die Hälfte beantwortet, dann ist die Zeit um.

Liebe Grüße Susanne

Hallo Claudia,

auch dir danke für deine Antwort. Ich werde mich mit dem Thema Legasthenie wohl einmal eingehender befassen müssen, bisher gingen wir immer von einer LRS aus. Habe gerade in Wikipedia ein wenig gestöbert und erstaunliche Parallelen zu Juliane gefunden. So liest sie, wenn sie vorliest oft ein Wort falsch, wenn ich ihr sage, dass es falsch ist, liest sie es wieder, anders, aber wieder falsch. Oft wiederholt sich der Vorgang 2-3 mal. Sie benutzt lesen im Alltag auch nicht. So z.B. stehen wir vor einem Supermarkt. Daneben ist ein Zelt auf dem groß geschrieben steht - SONDERVERKAUF GETRÄNKE - Juliane fragt mich, was in dem Zelt ist. Sie kommt gar nicht auf die Idee zu lesen. Bei unbekannten Verpackungen fragt sie mich auch ständig was drin sei.

Gruß Susanne

Hi Susanne!
Ich möchte mich noch Mal kurz melden und versuchen in Kurzform etwas besser zu erklären : ich schrieb, dass bei LRS die WAHRNEHMUNG gestört ist, dazu die Verabeitung, Speicherung, das auditive Gedächtnis…
Wenn wir etwas Lesen wollen, erfassen wir die Buchstaben nicht einzeln, sondern im Textzusammenhang : ganze Worte, Zeilen, Abschnitte …- weil wir es so „gelernt“ haben- Sehen, Erkennen; vergleichen (dazu gehören Analyse und Synthese…) , Bedeutung zuordnen, Wahrnehmungen koordinieren (z.B. Hören und Sehen), Speichern, in Zusammenhänge bringen, Abrufen u.s.w. = Hirnleistungen. Nun stell Dir vor, für Dich sind diese Buchstabenaneinanderreihungen nur Krakel- Hiroglyphen. Du hast Probleme zu erkennen, was zusammengehört- ganzheitliches Erfassen/Wiedererkennen ist nicht möglich. Das bedeutet, du musst dir jeden „Krakel“ einzeln erarbeiten. Und selbst das ist nicht so einfach, weil du zum einen „ähnlliche“ Grapheme (Buchst.) nicht auseinander halten kannst - i.d.R. p, b , q , d und zum anderen musst du das Ganze verbinden, nur wie, wenn die Strukturvorstellung für Wörter, Wortguppen, Sätze, Abschnitte fehlt. Auch wenn du das Wort selbst häufig benutzt, kannst du das Gehörte nicht auf das was du siehst (Geschribenes, Gedrucktes) übertragen (auditiven Wahrn.-bereich mit visuellen und anderen, verbinden. Das ist ungeheuer anstrengend!

Mein Sohn und Deine Tochter gehören nicht zu diesen Vollbildern, sicherlich ist dabei ihre Intelligenz ein großer Pluspunkt. Das Lesen wird zwar durch gezieltes Üben, welches aber a n d e r s sein muss als bei „normalen“ Lesenlernenden, besser werden - auch das Begreifen der Inhalte/Bedeutungen, aber es wird wahrscheinlich nie ihr Hobby werden. Außerdem sind Kinder nicht dumm, sie finden Ausweichstrategien! So ist es schon vorgekommen, dass LRS - Kinder, die stark betroffen waren, es geschafft haben die Grundschule (und mehr) hinter sich zu lassen, ohne das bemerkt wurde, dass sie weder richtig Lesen noch Schreiben konnten. Inzwischen wird dies immer mehr zur Ausnahme, weil LRS u.a. Störungen besser erkannt werden (auch von guten Lehrern). So,ich hoffe, ich konnte Die diesen Riesenbereich!!! relativ kurz noch Mal etwas verdeutlichen. Alles Gute Roxelane

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  1. Gibt es die Möglichkeit Juliane anders fördern zu lassen
    (kostenlos)?

Viele Grüße Susanne

Hallo Susanne!
3. Bei dem Punkt hätte Dir die Logopädin weiterhelfen können.

Hallo!

Ein Logopäde kann unter Umständen weiterhelfen, vielleicht aber auch nur teilweise oder gar nicht.

denn LRS an

sich fällt als Therapie nicht mit in den
Gesundheitskatalog…für Logopäden,

Genau! Und das hat seinen berechtigten Grund! Denn LRS oder Legasthenie an sich kann nicht letztlich zufriedenstellend behandelt werden durch Logopädie, sondern nur Teilaspekte, wie Sie ja unten selbst schreiben. Dessen muss sich die Mutter bewusst sein. Ich hatte schon oft LRS-Kinder in Beratung, die nach jahrelanger Behandlung durch eine Logopädin trotzdem Rechtschreibprobleme (bzw. andere legasthene Symptome) hatten. Damit sage ich nicht, dass Logopädie sinnlos ist, aber eben nur zur Behebung bestimmter Defizite.

aber er behandelt Sprach-

und Sprechdefizite … , Wahrnehmungs- u.a. kleinere
Hirnleistungsschwächen (Konzentration, Speicherung,
Differenzierung…). Kinder mit LRS haben zum Einen
eigentlich immer Probleme mit der Wahrnehmung und zum anderen
meist auch Defizite in der Grammatik = Dysgrammatismus - der
darf behandelt werden.

Legastheniker (Klienten mit LRS) haben nicht alle zwangsläufig Sprach- und Sprechdefizite, im Gegenteil, sie können sogar sehr sprachbegabt sein. Das wird dann in der Regel in der Schule nicht erkannt. Z.B. Michael Köhlmeier ist Legastheniker und ist Schriftsteller geworden (er hat schon mehrere Literatur-Preise gewonnen).
„Probleme mit der Wahrnehmung“, wie Sie sagen, kann man auch anders sehen. Legastheniker haben eine andere Art der Wahrnehmung, die durchaus auch sehr wertvoll ist und im Leben allgemein viele positive Aspekte hat (z.B. räumliches Vorstellungsvermögen, Fantasie, die Fähigkeit, sich willentlich zu desorientieren…). Allerdings hat die Wahrnehmungsverzerrung natürlich für das Lesen und Schreiben negative Folgen, aber der Schüler / Klient kann lernen, diese bewusst auszuschalten. Wahrnehmungsübungen alleine sind Symptombekämpfung, denn das Grundproblem (Verwirrung durch Abstraktes mit den entsprechenden Folgen, die nicht bewusst sind), bleibt.
Defizite in der Grammatik haben auch längst nicht alle Legastheniker. Oft ist aber der Grammatik-Unterricht zu abstrakt, der Schüler weiß nicht, was der Lehrer will, merkt sich die Fremdwörter nicht, wenn die Bilder dazu fehlen. Gelingt es aber, die Grammatik wirklich bildhaft zu vermitteln, gibt es da ganz gute Noten, das habe ich oft erlebt!

Es ist dann Sache der Logopädin

geeignete Methoden auszuwählen, um Deine Tochter entsprechend
zu unterstützen.

Aus oben genannten Gründen würde ich das keinesfalls dem Logopäden alleine überlassen.

Mein kleiner Sohn hat

ebenfalls „minimale cerebrale Dysfunktionen“ wie : LRS ,
Aufmerksamskeitdefizite…, Rot-Grün-Schwäche…

LRS gehört nicht zwangsläufig zu „Minimaler cerebraler Dysfunktion“.

Ich habe

kein Gutachten machen lassen, …
brachte seine Grundschullehrerin lediglich dazu zu
sagen:„Aber schöner schreiben könnt´er.“
Ich habe mit ihm geredet und wir haben zusammen entschieden,
dass er keinen „Stempel“ braucht.

Ein Gutachten ist auch nicht unbedingt nötig, um die LRS behandeln zu lassen. Ob es als „Stempel“ wirkt, liegt sehr daran, wie der Klassenlehrer damit umgeht. Ein Kind kann auch abgewertet und ausgelacht werden, wenn es nicht getestet wird. Denn die Schwächen merken die Mitschüler sowieso. Da liegt es am Lehrer, wie er damit umgeht! Ein Gutachten kann nützlich sein, damit Lehrer merken, dass es nicht mit mehr Üben getan ist, mehr Gelegenheit zu mündlichen Beiträgen geben, mehr Zeit geben…

Gruß Ina.

Hallo,

Juliane bekommt medikinet (Ritalin ähnlich), allerdings nur
5mg + 5mg retard. Die Leistungen sind besser geworden, aber
die Rechtschreibung nicht.

Mir erscheint die Dosis sehr gering. Unser Sohn nimmt einmal täglich Medikinet 20mg retard. Aber das ist natürlich individuell verschieden. Und es sind auch nicht alle Medikamente gleich, auch wennsie den gleichen Wirkstoff enthalten - grad bei Retardprodukten. Hängt mit der Abgabenmenge über die zeit zusammen.
Wir haben die Dosis dadurch herausgefunden, dass sie in der Anfangszeit zweimal gesteigert wurde und wir jeweils die Reaktion beobachtet haben.

Achte mal darauf, wann Deine Tochter die Fehler macht. Sind sie bei einer Arbeit über zwei Seiten gleichmäßig verteilt oder nehmen sie nach einer besseren Phase zu? Macht sie die Fehler immer oder gibt es irgendwann am Tag auch mal Phasen, in denen es besser läuft (am Wochenende mal ein paar kleine Probediktate schreiben)?

Es kann immer noch sein, dass es gar keine Rechtschreibschwäche ist. Und letzten Endes ist es natürlich ein Problem, wenn sie jahrelang mangels Konzentration nicht gern gelesen hat - das muss sie erst nachholen. Ohne, dass es wirklich eine Rechtschreibschwäche ist.
Nur Mut!
Gruß
loderunner

Wenn wir etwas Lesen wollen, erfassen wir die Buchstaben nicht

einzeln, sondern im Textzusammenhang : ganze Worte, Zeilen,
Abschnitte …- weil wir es so „gelernt“ haben- Sehen,
Erkennen; vergleichen (dazu gehören Analyse und Synthese…) ,
Bedeutung zuordnen, Wahrnehmungen koordinieren (z.B. Hören und
Sehen), Speichern, in Zusammenhänge bringen, Abrufen u.s.w. =
Hirnleistungen. Nun stell Dir vor, für Dich sind diese
Buchstabenaneinanderreihungen nur Krakel- Hiroglyphen. Du hast
Probleme zu erkennen, was zusammengehört- ganzheitliches
Erfassen/Wiedererkennen ist nicht möglich. Das bedeutet, du
musst dir jeden „Krakel“ einzeln erarbeiten. Und selbst das
ist nicht so einfach, weil du zum einen „ähnlliche“ Grapheme
(Buchst.) nicht auseinander halten kannst - i.d.R. p, b
, q , d und zum anderen musst du das Ganze verbinden, nur
wie, wenn die Strukturvorstellung für Wörter, Wortguppen,
Sätze, Abschnitte fehlt. Auch wenn du das Wort selbst häufig
benutzt, kannst du das Gehörte nicht auf das was du siehst
(Geschribenes, Gedrucktes) übertragen (auditiven
Wahrn.-bereich mit visuellen und anderen, verbinden. Das ist
ungeheuer anstrengend!

Alles das kann schrittweise beherrscht werden, da gibt es beim Legastheniker keine Barriere im Gehirn. Es beginnt mit dem Üben der Orientierung (zusammen mit Entspannung). Dann werden die Unsicherheiten bei einzelnen Buchstaben ausgemerzt. Die Buchstaben werden alle dreidimensional gemacht und im wahrsten Sinne des Wortes „begriffen“ durch Kneten. Auch Kinder (oder Erwachsene) mit einer schweren Legasthenie lernen, mit Hilfe von Orientierungstraining und Symbolbeherrschung spielerisch und leicht das ABC (sie lernen entspannt und nutzen ihr Talent bildhaft zu speichern). Da sie es vor ihrem geistigen Auge sehen, können sie das Alphabet sogar rückwärts, Buchstaben werden zu „Freunden“. Bis zum Erkennen von Wort-Teilen und ganzen Wörtern sind es natürlich einige Stufen. Ganz genau beschrieben sind diese Schritte zum Beispiel im Buch von Ronald D. Davis „Legasthenie als Talentsinal“.

Lesenlernenden, besser werden - auch das Begreifen der

Inhalte/Bedeutungen, aber es wird wahrscheinlich nie ihr Hobby
werden.

Ich kenne Legastheniker, die Bücher (Lesen) lieben.

Außerdem sind Kinder nicht dumm, sie finden

Ausweichstrategien!

Genau! Dass diese Kinder nicht dumm sind, ist klar, denn gerade die Diskrepanz zwischen Lese-/Rechtschreibleistung und Intelligenz ist ja das Kriterium für „LRS“ oder „Legasthenie“.
Die Ausweichstrategien helfen zu „überleben“ in der Schule, hindern aber am wirklichen Lernen!! Und das Durchkommen in der Schule kann ja nicht das einzige Ziel sein. Denn Lesen, Schreiben und Lernen begegnen uns im ganzen Leben wieder. Dazu ein Zitat:
„Bildung ist kein Produkt: Zensur, Diplom,Arbeitsstelle, Geld - in dieser Reihenfolge,es ist ein Prozess, ein nie endender Prozess.“ (Bel Kaufman)

Gruß Ina.

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Richtig Ina und wenn wir beide unsere Artikel immer weiter ergänzen, sind die Angaben irgendwann vollständig! : Bei vielen Störungsbildern ist eine Zusammenarbeit der verschiedensten Fachgebiete… unerläßlich: Eltern, Haus-, HNO-,…arzt, Therapeut e n!, Lehrer od. Erzieher und… eben je nach Befund… Und "LRS … „Heilen“- wer sprach davon? - aber man kann unterstützen und verbessern, so dass der/die Betroffene besser damit zurecht kommt… Ich denke, dass das in der konkreten Situation von den Mitwirkenden auch gewußt und angewendet wird.
LRS ist nicht = LRS, das Stottern des einen ist nicht unbedingt dem eines anderen gleich, „Lernen“ ist nicht = „Lernen“ usw. weil wir Menschen sind, mit unterschiedlichen Voraussetzungen, Erfahrungen, Charakteren…- darauf sollte man dann im konkreten Fall schon achten .
Hier kann ich nur Hinweise und Anregungen geben und versuchen Dinge im groben Umfang mit möglichst verständlichen Worten zu erläutern.
So, Du bist wieder dran. MFG Roxelane

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Hallo,

wenn es nur um die Rechtschreibung geht, würde ich mir nicht so viele Gedanken machen, wenn die Schulnoten sonst einigermaßen stimmen… später fragt kein Mensch mehr nach Rechtschreibung (vor allem weil jetzt jede Generation ihre eigene hat…). Ich würde die Direktorin einfach ignorieren, es bringt nichts (vor allem dem Kind nicht), sich über solche Leute aufzuregen.
Wussten Sie, dass LRS-Kinder, weil sie anders denken, oft besonders kreativ sind? Na, was zählt denn mehr im Leben?

Falls das nicht das einzige Problem ist:
Ich bin Lehrerin und habe, weil ich Schwierigkeiten mit einem Hochbegabten Schüler hatte, eine Fortbildung zum Thema „Hochbegabung“ besucht.
Das klingt nach einer nicht untypischen Schulkarriere eines hochbegabten Kindes. 20% aller Hochbegabten werden im Laufe ihrer Schulzeit mit solchen Schwierigkeiten konfrontiert. Das Problem beginnt schon (oder spätenstens) in der Grundschule: Die Kinder können eine Aufgabe ohne Nachzudenken oder Lösungswege auszuprobieren sofort lösen, weil die Aufgaben für sie zu banal sind. Wenn eine differenzierende, den Leistungstand aller unterschiedlichen Kinder miteinbeziehende Aufgabenstellung fehlt, lernen diese Hochbegabten nicht, wie man Aufgaben Schritt für Schritt mit Anstrengung und anschließender Belohnung durch Freude über den Erfolg (= Endorphinausstoß) lösen kann. Irgendwann in der weiterführenden Schule lassen sich dann Aufgaben aber nicht mehr nur durch einen kurzen Blick auf das Blatt lösen: die Kinder müssten jetzt Lernstrategien anwenden, die sie nie gelernt haben. Hier können regelrechte Lernstörungen entstehen, die in manchen Ernstfällen zum Verlassen der Schule ohne Schulabschluss führt. Oftmals kommt ein „schwierieges“ Verhalten der Kinder (z.B. ADHS)dazu (die natürlich durch den Misserfolg ständig frustiert und gestresst sind), wodurch dann das Familienleben oft extrem leidet.
Das Problem ist, das die meisten Lehrer mit solchen Situationen überfordert sind, weil sie zu wenig wissen, und noch 30 Kinder in der Klasse sitzen haben, die alle versorgt werden müssen.

Die Psychologin gab uns einen wichtigen Tipp:
Falls das Verhältnis der Kinder zu den Eltern gesört ist, sollten sich die Eltern aus allen Schulproblemen möglichst heraushalten, weil Diskussionen über Schulnoten das Familienleben zerstören und die Kinder hier besonderen Halt brauchen.

Zur LRS: Die Anerkennung ist in den Ländern unterschiedlich geregelt. Bei uns in RLP wird es (leider) nicht anerkannt. Man kann aber doch als Deutschlehrer, wenn man das Diktat nun schon werten muss, kann man doch Alternativen für eine Ausgleichsnote anbieten: ein kleines Referat, ein Buch vorstellen, ein Plakat zu eine Thema erstellen oder sonst etwas. Dann kann man, ohne das Gesetz zu brechen, Rücksicht nehmen. Ich mache das bei allen Schülern so. Rechtschreibung ist nicht das Wichtigste, man kann trotzdem gut sein und für später gibt es ja die Rechtschreibprüfung am PC.

In manchen Ländern gibt es Internate oder wenigsten besondere Angebote für Hochbegabte. Ich würde mich mal erkundigen. Bildungsserver?

Viel Glück
Stef

Richtig Ina und wenn wir beide unsere Artikel immer weiter
ergänzen, sind die Angaben irgendwann vollständig! : Bei
vielen Störungsbildern ist eine Zusammenarbeit der
verschiedensten Fachgebiete… unerläßlich: Eltern, Haus-,
HNO-,…arzt, Therapeut e n!, Lehrer od. Erzieher und… eben
je nach Befund…

Hallo!

Ja, einander ergänzen ist gut, sogar notwendig, das finde ich auch.

Und "LRS … „Heilen“- wer sprach

davon?

Wir als Davis- Legasthenie-Berater sprechen nicht von „Heilen“, weil wir Legasthenie nicht als Krankheit sehen. Die Talente der Legastheniker wollen wir ja nicht beseitigen. Die lernbehindernden Folgen der Legasthenie sind allerdings weitgehend korrigierbar. (Das hängt zwar von verschiedenen Faktoren ab, da ja die Korrektur-Methode keine Tablette ist.)

„Lernen“ ist nicht =

„Lernen“ usw. weil wir Menschen sind, mit unterschiedlichen
Voraussetzungen, Erfahrungen, Charakteren…- darauf sollte
man dann im konkreten Fall schon achten .

Sehe ich auch so.

Hier kann ich nur Hinweise und Anregungen geben und versuchen
Dinge im groben Umfang mit möglichst verständlichen Worten zu
erläutern.

Genau. Wer dann mehr und genauer wissen will, kann ja weiter forschen.

Herzliche Grüße!
Ina B. Hallermann

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Es wurde festgestellt, dass Juliane eine ADHS hat, bei einem
IQ von 133. Weiterhin stellte eine Logopädin die LRS fest. In
einem gemeinsamen Gespräch in der Schule (zusammen mit dem
Psychologen) wurde ihre Situation dargestellt und ihre
„Krankheit“ erläutert. Das Interesse der Lehrer war groß,
hielt aber leider nicht lange an.

Hallo!

Es tut weh, in dem Zusammenhang (IQ von 133)das Wort „Krankheit“ zu hören. ADHS wird auch so schnell diagnostiziert. Dabei ist eine gewisse Unruhe oft die Begleiterscheinung von LRS / Legasthenie.
Wie man helfen kann, beschreibt auch folgendes Buch von Ronald D. Davis: „Die unerkannten Lerngenies“. Es hat einen extra Teil zu ADHS, ist für Eltern geschrieben.
Zum Medikament Ritalin (Medikinet) und seine umstrittenen Wirkungen bzw. Gefahren wurde im Brett „Psychologie“ in diesem Forum einiges geschrieben, z.B. beginnend mit dem Artikel „Ritalin ODER die andere Art, die Welt zu sehen?“ von Jarolep.

Nun machen die Lehrer aber „Druck“ auf Juliane. Besonders die

Direktorin schreibt unter Arbeiten immer wieder, dass sie ihre
Rechtschreibung verbessern muss. Wir üben sehr viel mit
Juliane, aber es klappt trotzdem nicht.

Genau das ist schlimm, belastet Juliane, Sie und Ihre Beziehung. Schildern Sie der Lehrerin und der Direktorin, wieviel Sie schon tun und üben, und dass es trotzdem nicht klappt. Fordern Sie die Lehrerin und Direktorin auf, Ihnen Lösungswege zu zeigen!

Viel Erfolg!
Ina Hallermann.

Hallo,

Die Psychologin gab uns einen wichtigen Tipp:
Falls das Verhältnis der Kinder zu den Eltern gesört ist,
sollten sich die Eltern aus allen Schulproblemen möglichst
heraushalten, weil Diskussionen über Schulnoten das
Familienleben zerstören und die Kinder hier besonderen Halt
brauchen.

Natürlich verstehe ich die Begründung, aber wie soll das bitte praktisch aussehen, das Heraushalten der Eltern aus allen Schulproblemen?
Gruß
Elke

Hallo,

wenn es nur um die Rechtschreibung geht, würde ich mir nicht
so viele Gedanken machen, wenn die Schulnoten sonst
einigermaßen stimmen… später fragt kein Mensch mehr nach
Rechtschreibung

Hm. Irgendwas muss mir entgangen sein. Meines Wissens wird sogar in Internetforen auch auf Rechtschreibung geachtet. Auch hier bei www.

Im übrigen ist mir völlig unbekannt, dass die Schulnoten in egal welchem Fach gut sein können, wenn die Rechtschreibung komplett daneben ist. Vielleicht ausgenommen Sport und Musik.

Und drittens lernt man gute Rechtschreibung so früh wie möglich, weil es dann viel leichter fällt als später.

Und viertens kenne ich einen ganzen Sack voll Berufe, die mit mangelhafter Rechtschreibung schlicht nicht zu machen sind.

Also: wenn man sich darüber keine Gedanken machen soll, worüber dann?

Gruß
loderunner

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Natürlich ist Rechtschreibung wichtig, aber schauen sie sich mal die Karierren LRS-Kinder an: Sie lernen es nicht, weil sie sich Stress machen und die LRS nicht anerkannt wird. Ich kann versichern, dass an unserer Schule, bei allen Arbeiten keine Rechtschreibnoten vergeben werden, es sei denn, es handelt sich um Fachbegriffe, die gelernt werden sollten. Selbst in Deutsch- Aufsätzen ist das verboten (die Fehler-Anzahl wird lediglich angegeben).
Natürlich sollte man weiter an dem Problem arbeiten, es ist jedoch für sich gesehen keines, das eine Schulkarriere gefährden könnte (jedenfalls in RLP).
Gruß
Stef

Ich kann hier nur den Tipp der Psychologin wiedergeben. In dem Fall, den ich erlebt habe, hat es ganz gut geklappt (vorher hatte ich 2x die Woche eine heulende Mutter vor mir sitzen, und das im Fach Musik). Das Verhältnis zwischen mir und dem Kind ist auch viel besser geworden, seit wir uns nicht immer nur über die Mutter unterhalten.
Wie ich das als Mutter selbst hinkriegen sollte, kann ich leider nicht sagen, so weit bin ich noch nicht.
Gruß
Stef

Hallo,

Ich kann hier nur den Tipp der Psychologin wiedergeben.

WEnn der Tipp aber nicht umzusetzen ist, dann ist er nichts wert.

In dem
Fall, den ich erlebt habe, hat es ganz gut geklappt (vorher
hatte ich 2x die Woche eine heulende Mutter vor mir sitzen,
und das im Fach Musik).

Da kann ich als Mutter von zwei Jungs, die gerade mit sich und der Welt und vor allem der Schule über Kreuz liegen nur milde lächeln. Einen Versager in Musik könnte ich locker wegstecken.
Was mach ich als Mutter aber, wenn gerade jemand dabei ist, durch Frustration, Faulheit und SichselbstimWegestehen, seine Zukunft in den Sand zu setzen?
Hausaufgabenbetreuung außer Haus zu geben, wurde auch versucht. Nur, wenn die Jugendlichen nicht wollen, dann gibt so eine bezahlte Hilfe schnell auf; als Mutter hält mich da einiges mehr am Ball.

Gruß
Elke

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