Mit 8 Jahren sicher zu spät, aber…
Selbst Kleinstkinder mit bis dahin neutraler Erziehung
Ist dieser Schmarrn immer noch nicht aus den Köpfen raus? Unglaublich.
„Neutrale“ Erziehung gibt es nicht, ganz abgesehen davon wie du das in einer Studie nachweisen willst? Wurden die Kinder in einer abgekapselten Kammer von Robotern erzogen? Gott bewahre.
Wir werden von allem geprägt was uns umgibt, auch von unbewussten Verhaltensweisen unserer Eltern und von allem was wir sehen. Und wenn du die Welt mit den Augen eines Kindes betrachten könntest würdest du sehen, wie sehr unsere Welt immer noch in zwei ungleiche Welten geteilt ist.
Ich habe selber eine Tochter und einen Sohn, galt in der Krabbelgruppe als eine mit einer recht „emanzipierten“ Einstellung, was immer das heissen mag.
Irgendwann hörte ich "Komisch, die Tochter von der Matilda scheint die einzige zu sein, die vom Spielen her eigentlich alles mag (sprich: Nicht festgelegt ist auf typisch männliches/weibliches Spielzeug). Ein Zusammenhang mit meiner bewussten Erziehung wurde allerdings nicht hergestellt, da hätte man ja die eigene in Frage stellen müssen!
Mit 3 Jahren kam meine Tochter in eine Zweitagesgruppe mit einer Erzieherin die war echt etwas antiquiert. Geradezu bilderbuchmäßig steckte sie die Mädchen in die Puppenecke und die Jungs zu den Autos. Meine Tochter, die wie die anderen Mädchen nach dem Ankommen in die Puppenecke geführt wurde („Schau doch mal der schöne Puppenwagen“) stand da immer ein paar Minuten ratlos herum, dann kam sie wieder raus und schwang sich auf ein Dreirad. (Ich muss gestehen, dass ich selber nie mit Puppen gespielt habe, damit nichts anfangen kann und das darum auch nie mit ihr - auch nicht mit meinem Sohn - gemacht habe).
Ich hatte auch keine Lust, meinem Sohn die verschiedenen Autotypen zu erklären (die anderen in der Gruppe konnten bald locker unterscheiden) und bewundernd vor stinkenden Lastwägen herumzustehen (hab ich Sohn UND Tochter - alle Kinder scheinen Riesenmaschinen zu lieben - abgewöhnt indem ich es einfach nicht groß beachtete), sondern gab mir Mühe, ihn statt dessen für Natur zu interessieren. Er will jetzt (6 Jahre) von jeder Pflanze wissen wie sie heißt, zeigte mir heute wieder ein Blättchen in seiner Blumenpresse und liest mit Begeisterung Naturbücher.
Außerdem unterstützten wir seine ohnehin vorhandene freundliche und soziale Ader und seine Ausdrucksfähigkeit, damit er nicht auf Gewalt angewiesen ist wenn er sich mal durchsetzen muss/will.
Ach ja, er baut auch Legomaschinen und liebt seinen eigenen Werkzeugkasten.
Mir tut es sehr weh, die vielen unerzogenen Jungs zu sehen, die nicht grüßen, nicht antworten, rempeln und treten, und deren Eltern gar nichts dabei finden („Jungen sind eben so“). Die Kinder tun mir leid, und die Anderen, die mit denen zu tun haben müssen, auch.
Aber das schweift jetzt ziemlich ab.
Ich kann jedenfalls sagen, dass mein prägender Einfluss auf das Interesse und Verhalten meiner Kinder sehr groß gewesen ist, schon geradezu unheimlich, und ich bin überzeugt, dass das bei anderen Kindern nicht anders ist - mit dem kleinen aber wichtigen Unterschied, dass die Eltern gar nicht bemerken, in welche Richtung sie ihre Kinder beeinflussen (Umgebung natürlich noch dazu).
Ich empfehle dringend das Buch „Typisch Mädchen“ von der Soziologin Anne Grabrucker.
Der Beitrag ist viel länger geworden als ich vorhatte…
Viele Grüße,
Matilda