Grüß Dich.
[…]man wird gleichzeitig daran gewöhnt mit Buchstaben zu arbeiten
und es ist nich nur Rechnen wie bei mir damals in der Grundschule.
Richtig.
Des weiteren führte der Unterricht von Beginn an die natürlichen Zahlen ein. Solche Fachbegriffe wurden streng gepflegt; es hieß in der 1. Klasse Addition, Subtraktion usw… Kein kindischer Wortschatz wie z.B. an der bayrischen Grundschule, sondern gleich fachrichtiges Sprechen.
Ein Nebeneffekt dessen war, daß später nichts korrigiert werden mußte - der Unterricht ging organisch ohne Sprünge weiter.
Wie ich es hautnah mitbekommen habe, ist es inzwischen normal, den Lehrstoff der Unterstufe so vereinfacht zu erklären, daß das berühmte Ja, damals in der Grundschule hat man euch das ja so erklärt, aber eigentlich ist es so: … inzwischen normal zu sein scheint. Schrecklich.
mit den A-, B-, C-Zweigen ist mir das nicht ganz klar.
Das liegt weit zurück und greift jetzt ein bißchen weit.
Die eweiterte Oberschule war in der DDR die Schule, die zur Hochschulreife führte. Zu meiner Zeit umfaßte die EOS 4 Jahre, von Klasse 9-12. Innerhalb der EOS gab es drei differenzierende Richtungen; den A-Zweig mit 3 modernen Fremdsprachen, den B-Zweig mit verstärktem Unterricht in Mathematik, Physik, Chemie, Biologie und Geographie und den C-Zweig mit klassischem Latein und Altgriechisch als 2. und 3. Fremdsprache.
Was nicht zur Debatte stand, war abwählen! Das gab es überhaupt nicht.
Auch der A- und C-Zweig mußte Mathematik, Physik, Chemie, Biologie, Geographie, Astronomie, UTP und TZ machen! Und natürlich die zentralen Prüfungen.
In sozialistischem Deutsch nannte sich das hohe, feste, anwendungsbereite und allseitige Bildung.
Ende der 60er strukturierte man die 4jährige EOS um in eine 2jährige EOS und die drei differenzierenden Zweige waren Geschichte. Jetzt mußten alle Schüler das Abitur mit dem starr festgelegten mathematisch-naturwissenschaftlichen Kern absolvieren. 5 Wochenstunden Mathe, 3 Wochenstunden Physik, 2-3 Wochenstunden Chemie und 2-3 Wochenstunden Biologie, sogar in sprachlich verstärkten Sonderklassen.
Ich halte das noch heute für groben Unfug - 8jähriges, gemeinsames Lernen ohne Differenzierung und Selektion, und dann die fähigsten Kinder von der Oberschule auf die höhere Schule, und nicht 30%, 40% oder noch mehr Prozent zum Abitur zulassen.
Amüsanterweise zeigt das gegliederte Schulsystem damit wahrhaftige sozialistische Gleichmacherei und Niveauabsenkung nach unten, wie es der DDR nie und nimmer einkommen wäre. Nichtmal im Traum.
Was mir noch einfällt: Die EOS verlangte von den Schülern sich mit jedem Jahr steigernd hochschultypische Lernformen. Es gab Konsultationen, schriftliche Ausarbeitungen über die Ferien, selbständige Wissensaneignung.
Mich erwischte das in der 12. Klasse in Mathematik.
Die tägliche mündliche Kurzkontrolle am Stundenanfang traf mich und ich mußte an der Tafel eine unendliche Reihe herleiten. Der Stoff war zu dem Zeitpunkt neu und ich hatte noch nicht mitgeschnitten, wie man Fakultäten kürzt. Es entstand natürlich als Reihe ein Bruch mit mehreren Fakultäten drin. Als ich das Monstrum nicht kürzen konnte, bekam ich die 51. Die pädagogische Bemerkung war dann, daß sich ein 17jähriger solche Dinge im Selbststudium anzueignen habe, und es könne absolut nicht sein, daß den B-Schülern alles in mundgerechten Häppchen an die Tafel geschrieben werden müsse.
Die erzieherische Standpauke mit mir als Prellbock diente vermutlich eher dazu, uns Rabauken vor der Prüfung munter zu machen. Ich nahm das eigenverantwortliche Üben und die Nachbereitung des Lehrstoffes zumindest ernster, und die anderen auch. Die Mathematiklehrerin hat uns die darauffolgende Stunde das Kürzen von Fakultäten trotzdem gezeigt.
Ich war auf einer IGS bis zur 10. klasse […] ist das irgendwie vergleichbar?
Es ist die gleiche Idee: Differenzierung. Mehr Gemeinsamkeiten gibt es nicht. In der zehnklassigen Einheitsschule der DDR gab es keine Differenzierung. Weder A noch B. Für alle Schüler zur gleichen Zeit der gleiche Stoff in der gleichen Geschwindigkeit - zumindest fast. Es gab bestimmte Mechanismen (Ausnahmen), die in der Einheitsschule sicherstellten, daß das Niveau oben blieb. Die DDR war nicht dumm: Gleichmacherei bringt überhaupt nichts.
Deswegen sorgte der Lehrer für den Ausgleich unterschiedlich guter Schüler, indem gemeinsames Lernen und rationeller Unterricht kombiniert wurden.
Die Guten halfen den Schlechten, die Guten wurden weiterführend beschäftigt, so daß sich zeitgleich Freiraum für das Betreuuen der Schlechten auftat. Außerdem erfolgte der Unterricht in der Unterstufe mit 2 Lehrern. Lehrer Nr. 2 war die zuständige Erzieherin im Schulhort - das war nämlich eine ausgebildete Lehrerin, die in Abstimmung mit den unterrichtenden Lehrern am Nachmittag (individuelle) Fördermaßnahmen durchführte. Trick 17.
Die Guten blieben gut, die Schlechten wurden erheblich besser.
Tschüß
15 = schlechteste Note; derjenige, der eine erhielt, erntete häufig ein Raunen aus der Klasse. Zensuren hatten eine hohe Bedeutung.