Gut, dann werde ich versuchen, mehr Klarheit zu gewinnen, über das Thema „Medienphilosophie vs. Schulphilosophie“. Ich will versuchen in diesem Posting aufzuzeigen, wie ich eine erweiterte Betrachtung dieses Themas beabsichtige, wobei ich nunmehr der Medienphilosophie den Begriff „Dynamik“ und der Schulphilosophie den Begriff „Systematik“ zuordne.
Wenn ich ein Haus baue, kann ich nicht einfach spontan mit dem Bad beginnen, weil ich das dringende Bedürfnis nach einem Bad habe und dieses Bedürfnis sofort befriedigen möchte. Ich muss also zuerst ein Fundament legen, auf dem nach und nach die Mauern errichtet werden, das Dach mit Fenster und Türen. Erst danach kann ich mit dem Bad beginnen. So muss ich also aufgrund der Systematisierung warten, bis ich das erste Mal baden kann, obwohl ich dieses dringende Bedürfnis sofort verspüre.
Die Haus-Metapher stellt eine Art des Philosophierens dar, die ich mit der Systematik der Schulphilosophie assoziiere. Klassisch gedacht ist die Schulphilosophie eine Methode der Scholastik der mittelalterlichen Philosophie. Aber das Bedürfnis, die Dynamik zu systematisieren, ist ein sehr viel älteres Bedürfnis als die Scholastik des Mittelalters, denn schon in den Anfängen der Kunst wird sich das Bedürfnis nach Systematik und Ordnung zurück denken lassen, obwohl wir nicht wissen, wann zwischen Tier und Mensch das Bewusstsein zur Kunst umschlug, denn Tiere kennen so etwas scheinbar Überflüssiges wie Kunst in ihrem Leben nicht.
Für mich ist Religion, Philosophie und Wissenschaft, entgegen den harten Überlebensstrategien, wie Wirtschaft und Politik, eine Kategorie der Kunst, weil es mit den Bedürfnissen des zweckgerichteten Handelns nicht unmittelbar in Verbindung gebracht werden kann, es ist so zusagen ein Überschuss an Lebensenergie, wie sie sich bei Tieren bisher nicht zeigt. Die „große Mutter“ war eine primitive Form von Ur-Philosophie, die dem Sinn-Bedürfnis der Ur-Menschen eine Existenz- und Welterklärung geben konnte und das Bedürfnis nach Selbstwert, das politisiert sich gegenüber allen Andersgläubigen überlegen zu fühlen nützlich war. So wurde die Kunst eine Grundlage zur Gruppenidentität und auch zu einer Überlebensstrategie.
Die Systematisierung der Kunst entspringt auch dem Bedürfnis nach Macht, Einfluss und Autorität, wie es zum Beispiel in der Folge der Geschichte von der katholischen Kirche zur Geltung kam, wo die weitere Dynamik des wirklichen Lebens zum Beispiel durch alle Abweichungen vom System blockiert, verfolgt und auf dem Höhepunkt mit dem Tode bestraft wurden. Die Dynamik des wirklichen Lebens ist immer ein Vorreiter für alle Entwicklungen, die im Nachhinein dann erst von den Autoritäten systematisiert werden, zu einem System, das wie ein Hausbau auch positiv gesehen werden kann, weil ein systematisches Denken nützlicher ist als ausschließlich nur das chaotische Denken - deshalb auch die „Naturgesetze“, nach deren Systematik der Mensch sich immer mehr selbst verlor.
Ein System ist aber nicht nur positiv zu beurteilen als Ordnung der chaotischen Dynamik des Lebens zu einem geschlossenen sinnvollen Ganzen, sondern kann durch die Starrheit der dogmatischen Autoritäten, die damit nicht nur philosophische Sinn-Bedürfnisse zu befriedigen beabsichtigen, sondern nach der Etablierung ihrer Macht in erster Linie politische und wirtschaftliche Bedürfnisse, das heißt vor allen Dingen Existenzbedürfnisse.
Als der mittelalterliche italienische Philosoph Giordano Bruno das „Eselstum“ in der Dogmatik der katholischen Kirche, und die Einfältigkeit der frommen Gläubigen kritisierte, und dagegen lehrte, Gott sei nicht droben im Himmel, sondern im Wesen des Menschen selbst, wurde er bestialisch ermordet, weil nicht wahr sein kann, was nicht wahr sein darf, denn jede schulische Systematisierung fürchtet die freie Dynamik (siehe auch die überwiegende Zuordnung der Sternchen im Artikelbaum!).
Nun haben die Massen-Medien seit Erfindung des Buchdrucks der schulischen Systematisierung Angst eingejagt, wovon zum Beispiel auch der Film „Der Name der Rose“ handelt, wo ein Vertreter des „Systems“ in einem Kloster laufend Morde begeht, weil er verhindern möchte, dass sich das neue Massen-Medium des Buchdrucks weiter verbreitet, wobei im Nachhinein jede Verhinderung des freien Denkens, das durch die Medien zustande kam, gescheiter ist. Und das gilt insbesondere für das heutige Medienzeitalter.
Die Dynamik des freien Denkens wird am meisten gefördert durch das weltweit vernetzte Internet, wobei ich den oben stehenden Postings von Horst und Mike insofern zustimme, dass speziell für die Philosophie in diesem Forum die Sprache (der „linguistic turn“) Vorrang hat vor dem Medium selbst, soll heißt, vor der rein materiellen Kommunikation, wie zum Beispiel in der Dynamik der differenzierten Zeichen (siehe Bücher des französischen Philosophen Prof. Jacques Derrida).
Die Frage müsste weiter lauten, was das Philosophieren in den Medien nützt, zur Dynamik vs. Systematik? Vielleicht ist es ja das höchste Selbstmanagement des ganzen Kosmos, als eine total neue, emotionale und geistige Entwicklung, die zur Selbstveränderung jedes Einzelnen und der ganzen Menschheit nützlich ist? Vielleicht, indem man seine Meinungen offen ausdrücken darf und andere ihre Meinungen offen dagegen stellen können? Und auf diese Weise eine ganz neue Dynamik entsteht in der Evolution, zur Verbesserung der bisher überwiegend noch leidvollen Menschheitsgeschichte?
Gruß
C.