Seele und Moral
Hi Hanzo.
Nach einer gläubigen Gehirnwäschetruppe mit christlichen Wurzeln …, hat der Mensch dafür eine Seele, was den Tieren verwährt bleibt.
Auch das offizielle Christentum hat es nicht so mit der Tierseele, denn deren Existenz würde sehr komplizierte Probleme für die Theologie aufwerfen (was geschieht mit dieser Seele nach dem Tod, kann sie „erlöst“ werden usw.?). Das AT gibt allerdings Hinweise darauf, dass im Judentum von der Beseeltheit von Tieren ausgegangen wird.
Interlinearübersetzung aus: http://12koerbe.de/arche/genesis1.htm
Genesis 1, 20:
WJ’MR 'LHJM JShRZW HMJM ShRZ NPSh ChJH
waj-jo’mär 'älohîm jischerezû ham-majim schäräz näpäsch chajjâh
kai eipen ho Theos exagagetô ta hudata herpeta psuchôn zôsôn
dixit etiam Deus producantaquae reptile animae viventis
und es sprach Gott: es sollen wimmeln die Wasser Gewimmel, Seele des Lebens…
In den üblichen Bibelübersetzungen wird nur von „lebenden Tieren“ o.ä. gesprochen. Das lateinische „anima“ kann Seele oder einfach Lebenskraft bedeuten. Das griechische „psychon“ weist schon eindeutiger auf das Seelische hin. Das ursprüngliche hebräische NPSh (nephesch) steht nach meinen Informationen ganz eindeutig für „Seele“.
Warum sollten Tiere keine Seele haben?
Der Kernfrage ist, ob es überhaupt so etwas wie eine Seele gibt. Bejaht man das, ist es allerdings sehr unlogisch, eine solche nur dem Menschen und nicht den Tieren zuzusprechen. Christen und Materialisten, ansonsten eher konträr positioniert, sind sich in diesem Punkt einig, was kaum überrascht, da beide ganz allgemein mit der Logik auf Kriegsfuß stehen.
Warum sollte der Mensch nicht nach Instinkt handeln?
Instinkte sind genetisch präformiert und damit in jedem Menschen aktiv. Dazu zählen auch Verhaltensmuster, die vom Frühmenschen a posteriori erworben wurden und die allmählich in den genetischen Code übergehen, aus dem sie dann a priori als „Instinkt“ wirksam sind (z.B. das „instinktive“ Umsichschauen, wenn man in der Öffentlichkeit mit dem Essen beginnt – eine Security-Maßnahme, die vor verborgenen Angreifern schützen soll).
Was ist der Unterschied zwischen Instinkt und Seele?
„Seele“ ist definierbar als der immaterielle Leib eines Lebewesens. Nach dieser Anschauung setzt sich ein Lebewesen aus einem geistigen und einem physischen Körper zusammen, die nach dem Tod getrennt werden. Dieses Konzept ist so alt wie die Menschheit. Natürlich gab und gibt es unterschiedliche Konzepte des „geistigen Körpers“. In den asiatischen Religionen geht man zumeist von einem „feinstofflichen Leib“ aus, z.B. im Hinduismus und teilweise im Buddhismus (z.B. im Vajrayana). Diese Konzepte verneinen aber die Ichhaftigkeit des geistigen Körpers, das sollte man beachten.
Die Theorie von der Seelenlosigkeit des Menschen ist geistesgeschichtlich eine Randerscheinung, die in unserer Zeit eine Blüte erlebt, ohne dass diese quantitativ überschätzt werden sollte. In der Philosophie wird das Thema unter dem Schlagwort „Geist-Körper-Problem“ behandelt, z.B. in der darauf spezialisierten „Philosophie des Geistes“.
Moral? Doch gibt es in der nackten Natur sowas wie Moral?
Natürlich. Wenn man es Moral nennen kann, dass eine Tiermutter für ihre Kinder bis zum Tode kämpft. Natürlich handelt es sich dabei um eine genetisch präformierte Moral, die als „Instinkt“ aber auch in jeder Menschenmutter aktiv ist. Es gibt auch andere Beispiele, bei denen Mitglieder eines Rudels sich untereinander helfen. Vermutlich ist es so, dass die menschliche Moral ihre Wurzeln in einer solchen Instinktmoral hat, die aber den zunehmend komplexen Verhältnissen in den menschlichen Gesellschaften nicht mehr adäquat sein konnte, so dass ein neuer Moraltyp, der des (geschriebenen oder ungeschriebenen) Gesetzes, hinzukommen musste.
Diese neue Art von Moral ist nicht mehr angeboren, sondern muss erworben (also erlernt) werden. Per psychologischer Introjektion (Verinnerlichung) wird diese Moral ein Teil der Persönlichkeit, d.h. die Person hat vergessen, dass die Moral „von außen“ kam, und identifiziert sich mit ihren Prinzipien (das Freud´sche Über-Ich).
Wo bleibt die Moral in „Fressen oder gefressen werden“, der grundsätzlichsten Frage des Überlebens?
Gerade diese „Frage“ erforderte das Aufkommen der (neuen) Moral. Wenn eine Sippe nicht zusammenhält, wird sie von anderen Sippen plattgemacht. Also muss die Sippe zusammenhalten und moralischen Prinzipien folgen, wie z.B. Solidarität. Bedrohte ein fremder Stamm eine Mehrzahl von Sippen, dann mussten diese zusammenwachsen, also eine noch komplexere Moral entwickeln, die die Akzeptanz auch anderer Sippen einschließt. Auf diese Weise wuchsen immer größere soziale Einheiten heran (von Familie zu Sippe zu Stamm zu Volk).
Chan