Menschen, Eiger-Nordwand und Überleben

Hallo,

habe mir den Film `Nordwand´ mal wieder angeguckt, nachdem ich das Buch zur Besteigung, „Die weiße Spinne“ in Teilen gelesen habe.

Habe mich gefragt, warum junge Männer (ohne Nachwuchs) sich solchen Risiken wirklich aussetzen.
Es besteigen nicht alle die Eiger-Nordwand, manche prügeln sich halt mit anderen Fußballfans oder am 1. Mai mit Polizisten oder machen andere risikoreiche Sachen.
Aber Risiken eingehen ist bei männlichen Jugendllichen schon sehr populär.
Das muss evolutionär einen Sinn ergeben, sonst wäre es nicht so.

Und da ist die Nordwand des Eiger ein gutes Beispiel. Etliche haben es versucht, auf die eine und die andere Art und die Nachfolgenden konnten daraus lernen, so dass es schließlich gelang.

So gesehen sind junge Männer prädestiniert zum evolutionären Kanonenfutter. Ein paar gehen drauf, damit der Rest der Gemeinschaft einen Vorteil hat. Das ist beim Eiger natürlich nicht der Fall, ob man den Berg von Norden oder Westen besteigt ist für die Menschheit und ihr Überleben schnurz. Aber wenn es vor Urzeiten darum ging, ein fruchtbares Land zu besiedeln, dass nur per gefahrvollen Weg zu erreichen war, machte solches Verhalten womöglich viel Sinn.

Fragt sich nur noch, wie das vererbt wird, wenn die jungen Männer ohne Nachkommen sterben? Damit müsste ja das Draufgängertum an sich aussterben.
Über die Geschwister, deren Gene schließlich relativ ähnlich waren?

Ist das Quark, was ich mir da ausgedacht habe, oder sinnig?

Würde gern Eure Ansichten hören.

Gruß, Paran

Hallo paran!

… Aber wenn es vor Urzeiten darum ging, ein fruchtbares Land zu
besiedeln, dass nur per gefahrvollen Weg zu erreichen war,
machte solches Verhalten womöglich viel Sinn.

So denke ich mir das auch. Ein hohes Sozialprestige (heuzutage Erfolg, Geld, Frauen) ist ein weiterer Punkt.

Fragt sich nur noch, wie das vererbt wird, wenn die jungen
Männer ohne Nachkommen sterben? Damit müsste ja das
Draufgängertum an sich aussterben.

Erstaunliche viele überleben den Mist, den sie in ihrer Jugend verzapfen. Du brauchst also gar nicht über Umwege nachdenken. Einzig das Auto ist in ländlichen Gebieten ein ernstzunehmnder Evolutionsfaktor, am Wochenende.

Über die Geschwister, deren Gene schließlich relativ ähnlich
waren?

Das erscheint mir nicht stichhaltig.

Ist das Quark, was ich mir da ausgedacht habe, oder sinnig?

Nicht nur beim Menschen gibt es Junggesellengruppen. Bei vielen Arten bleiben Mädels bei der Gruppe und Jungs schweifen umher, bis sie eine Gruppe gründen/übernehmen. Auch rüpelhaftes Verhalten ist wohl in diesen Gruppen verbreitet.

Deine Überlegungungen sind also durchaus sinnvoll. Wissenschaftlich fundiert ist natürlich was anderes.

Gruß, Zoelomat

Sieh es mal so:
Zwei (oder auch mehr) Männchen konkurrieren um ein Weibchen (die Tierart spielt keine Rolle, könnten auch Menschen sein). Wer bekommt das Weibchen? Genau der der das andere Männchen zusammenkloppt, oder sich sonst als der Stärkste/Mutigste erweist. Warum also ist es überraschend, daß Männchen immer zeigen wollen, daß sie stärker, Mutiger etc sind? Und wenn mal ein paar Männchen dabei als Verluste verbucht werden müssen, wen juckts? Ein Männchen kann ohne Probleme eine größere Anzahl Weibchen mit Nachwuchs versorgen. Also wird so lange weitergemacht, bis nur das stärkste/Mutigste Männchen übrig ist. Und der Mechanismus ist eben beim Menschen auch noch drin…

Hallo!

Aber Risiken eingehen ist bei männlichen Jugendllichen schon
sehr populär.
Das muss evolutionär einen Sinn ergeben, sonst wäre es nicht
so.

Dazu später mehr.

So gesehen sind junge Männer prädestiniert zum evolutionären
Kanonenfutter. Ein paar gehen drauf, damit der Rest der
Gemeinschaft einen Vorteil hat.

Stopp! Das ist ein grundlegendes Missverständnis der Evolution: Wenn es für das Individuum (genauer: für die Gene des Individuums) keinen Vorteil bildet, dann setzt sich eine Verhaltensweise innerhalb einer Population auch dann nicht durch, wenn sie für die Population als Ganzes von Vorteil wäre.

Wir müssen also fragen, wie der Einzelne davon profitieren kann, Risiken einzugehen.

Aber wenn es vor Urzeiten darum ging, ein fruchtbares Land zu
besiedeln, dass nur per gefahrvollen Weg zu erreichen war,
machte solches Verhalten womöglich viel Sinn.

Und wer bestimmt dann den Genpool der Folgegenerationen? Die toten Helden oder lebenden Feiglinge? Merkst Du was?

Fragt sich nur noch, wie das vererbt wird, wenn die jungen
Männer ohne Nachkommen sterben? Damit müsste ja das
Draufgängertum an sich aussterben.

Eben!

Über die Geschwister, deren Gene schließlich relativ ähnlich
waren?

Geschwisterselektion greift nur, wenn der Nutzen für die Geschwister sehr hoch ist. Das ist bei „Draufgängertum“ eher nicht der Fall. Der Tod des Draufgängers müsste einen evolutiven Vorteil bringen, der doppelt so hoch ist wie das eigene Überleben.

Meiner Meinung nach lässt es sich am leichtesten mit sexueller Selektion erklären. Mut wird belohnt. In den Jahrhunderttausenden hatten die Draufgänger anscheinend bessere Chancen bei den Frauen als die Memmen. (Ich bin keine Frau. Deswegen will ich mich, was die heutige Situation anbetrifft, nicht allzuweit aus dem Fenster lehnen :wink:). Was haben nun die Frauen davon, wenn sie Männer wählen, die Mut bewiesen haben? Klar: Wer gezeigt hat, dass er eine gefährliche Situation übersteht, der muss fit (im Darwinschen Sinne) sein. Und (vielleicht noch wichtiger): Wer mutig ist, wird großer Wahrscheinlichkeit Söhne zeugen, die ebenfalls mutig sein werden und sich durchsetzen können.

Michael

Hallo!

Zwei (oder auch mehr) Männchen konkurrieren um ein Weibchen
(die Tierart spielt keine Rolle, könnten auch Menschen sein).
Wer bekommt das Weibchen? Genau der der das andere Männchen
zusammenkloppt, oder sich sonst als der Stärkste/Mutigste
erweist. Warum also ist es überraschend, daß Männchen immer
zeigen wollen, daß sie stärker, Mutiger etc sind?

Soweit, so gut.

Und wenn mal
ein paar Männchen dabei als Verluste verbucht werden müssen,
wen juckts? Ein Männchen kann ohne Probleme eine größere
Anzahl Weibchen mit Nachwuchs versorgen. Also wird so lange
weitergemacht, bis nur das stärkste/Mutigste Männchen übrig
ist.

Das ist nun grundlegend falsch. Du siehst das ganz einfach daran, dass es bei keiner Tierart dazu kommt, dass nur noch ein Männchen übrig bleibt, nicht einmal annähernd. Warum das so ist (warum es z. B. im Tierreich nur sehr selten Beschädigungskämpfe gibt) würde hier zu weit führen und das eine oder andere Kapitel eines Lehrbuchs füllen.

Michael

Servus,

der Fehler liegt in diesem Ansatz:

Das muss evolutionär einen Sinn ergeben, sonst wäre es nicht so.

denn:

  • Evolution hat keinen Sinn
  • Evolution ist keine Person, die sich durch einen idealistisch orientierten Menschen zu irgendwas zwingen ließe („muss“)
  • Menschen leben nachgewiesen seit mindestens 17.000 Jahren nicht ausschließlich durch Instinkte gesteuert

Ganz interessant wäre hier der Vergleich mit dem letzten ideologischen Pendelausschlag in die andere Richtung: So, wie heute die Evolution irgendwie an allem schuld sein „muss“, war das ca. 1965-1975 mit der Erziehung. Wenn man ein bissel stöbert, findet man sicherlich die schönsten Erklärungsmodelle, die die Besteigungsversuche der Eigernordwand auf die Erziehung in der bürgerlichen Familie zurückführen.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hallo.

Wenn man komplexe Verhaltensweisen verschiedener Viecher auf einen einzigen biologischen Faktor zurück führen möchte, kommt man gewöhnlich nicht weit.

Wer in der Lage ist, sich etwa ein Fußballspiel darauf hin anzusehen, weiß was ich meine.

Da sind Jagd-, Kampf-, Gruppenverhalten in reichlichem Maße vorhanden und wechseln auch ständig. Natürlich auch Prahlen und was sonst noch so dazu gehört. Alles unter der Prämisse des Spiels, also den Gegner nicht ernsthaft zu verletzen.

Dass die „Schlachtgesänge“ der Fans denen steinzeitlicher Eingeborenenstämme etwa auf Borneo so frappierend ähneln, kommt ja nicht von ungefähr.

Dass der Ball mal als Beute die es zu erringen gilt, mal als Waffe mit der man treffen muss, benutzt wird, macht Fußball so spannend.

Zurück zur Eiger-Nordwand.

Zunächst mal, es stimmt natürlich, dass Männchen rein rechnerisch für die Erhaltung der Art weniger nützlich sind als Weibchen. Ein Männchen kann 100 und mehr Weibchen befruchten.

Die Männer haben das aber bei den meisten Arten (auch beim Menschen) wett gemacht, indem sie gewisse Aufgaben bei der Brutpflege übernahmen, für die sie besser geeignet sind. Das braucht noch lange nicht so weit gehen, wie beim Seepferdchen, bei denen die Männchen sich einen Brutbeutel anschaffen, wie ein Känguru.

Auch das Beschützen und teilweise Versorgen der trächtigen oder pflegenden Weibchen ist eine hehre Aufgabe. Im Zeitalter der Emanzipation nur vielleicht nicht mehr nötig.

Was geblieben ist, ist die explorative Neugier der Männer, und das Prahlen, um den Weibchen zu zeigen, wie gut sie sind, woher sollen die das sonst wissen.

Mann setzt sich bewusst und unnötig Gefahren aus um den Weibern zu zeigen, was er im Falle einer wirklichen Gefahr kann. Manche gehen dabei drauf, macht der Evolution aber nichts aus, weil ja die besten übrig bleiben.

Das richtige Verhältnis von Mut und Angst macht das Überleben der Gene aus.

Nehmen wir als Beispiel eine Maus. Ist sie zu ängstlich, bleibt sie in ihrem Loch und verhungert, ist sie zu mutig und zu sorglos, entfernt sich, der Nahrung willen zu weit vom Bau frisst sie der Bussard. Übrig bleibt die, die die rechte Mischung aus Angst und Mut hat. Und genau die soll ja auch übrig bleiben und ihre Gene weitergeben. Natürlich spielen im Einzelnen da sehr viel Glück oder Pech hinein, aber im statistischen Durchschnitt stimmts dann wieder.

Geblieben ist aber auch, dass eine Art, die eher Männer zur Erforschung neuer Ressourcen einsetzt einen Vorteil hat. Weshalb, besonders wenn die Art an sich gestresst ist, meistens mehr Männchen als Weibchen geboren werden. Auch beim Menschen.

Dazu kommt dann die Gruppendynamik, im Sinne der Evolution auch nützlich.

Sollen wir mal die Eiger-Nordwand besteigen? (Nachbars Äpfel klauen?) Du traust dich ja nicht. Ich trau mich schon, du traust dich nicht.

Man braucht ja nun nicht unbedingt dabei drauf gehen bzw. den Gipfel erreichen, unter Frauen ist man oft schon „ein Kerl“, wenn mans ernsthaft versucht.

Mehr schreib ich jetzt nicht.

mfg

Hallo,

was Du beschreibst, wenige Männchen, viele Weibchen, gilt überwiegend für Herdentiere, zu denen wir nicht gehören. Würde bei uns der Versorgung der Kinder wegen nicht funktionieren (immerhin trugen selbst in Urgesellschaften die Männer mind. 20% zur Familienernährung bei, vor allem den Eiweißanteil - sah letztens in der Glotze einen Beitrag über noch sehr jägersammlermäßig im Urwald lebenden Menschen.
Ein Mann mit zehn Kindern war total stolz, nach mehrstündiger Jagd einen Vogel von der Größe eine fetten Stadttaube erlegt zu haben und erklärte, das wäre das Abendessen.
Von dem Viech wären nicht mal zwei Leute satt geworden, d.H. es ging um das Eiweiß, das im Urwald schwer zu bekommen ist. Den Großteil der Nahrung, die Kohlehydrate, sucht und bereitet seine Frau.

Wegen Männchenkonkurrenz um Weibchen wäre es nicht nötig auf Berge zu klettern, den Südpol zu erreichen (die waren übrigens beide schon verheiratet und Väter) oder in einem Segelboot den Atlantik zu überqueren (der war Opa, oder?).
Sich prügeln würde völlig reichen, ev. sogar eindrucksvoller da direkt für die Mädels miterlebbar sein.

Natürlich gibt es auch das, was Du beschreibst, aber ich vermute sehr, da ist noch mehr.
Die Sucht nach Ruhm und Ehre - die muss mehr evolutionäre Gründe haben, als nur bei den Weibchen zu punkten. Denn zu Ruhm und Ehre gehört auch die Anerkennung älterer und mächtigerer Menschen - mit denen man sich durchaus nicht fortpflanzen will.

Das ist ein soziales Belohnungssystem. Und dieses muss evolutionär Sinn machen, selbst wenn es Verluste in Form von Leben oder Gesundheit fordert und damit die Gemeinschaft auch belastet.

Gruß, Paran

Hallo zelomat,

klar, wissenschaftlich fundiert ist das nicht.
Das wissenschatlich zu begründen würde auch einen enormen Aufwandt erfordern, da es nur empirisch zu ermitteln / beweisen wäre und auch das nicht einfach.

Aber wenn ich an all die wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse nur der letzten hundert Jahre denke, die böse baden gingen (Wölfe und deren Rudelleben, Cholesteringefahr, Gebirgsbildungstheorie vor der Plattentektonik) sehe ich wissenschaftlich Fundiertes als das, was es oft ist: Theorie, die solange gilt, bis man es besser weiß.
Also auch nichts Perfektes.

Da ich selbst wissenschaftlich gearbeitet habe, kenne ich den Betrieb ansatzweise und da ist eben auch nicht alles Gold was glänzt.
Manchmal wird Nachdenken durch Technik ersetzt, was auf jeden Fall mehr kostet, aber nicht immer mehr bringt.

Siehe z.B. Plattentektonik - der Alfred Wegener, der darauf gekommen ist, war nicht einmal Geologe. Er hat nur genau hingeguckt und völlig unbeeinflusst nachgedacht.
Auf die Art hat er eine der größten Entdeckungen des 20ten Jahrhunderts gemacht.
Ich habe im ersten Semester Geologie noch die alte Version zur Gebirgsbildung zu hören bekommen (der Prof. war schon recht alt). Es war völlig unverständlich, hörte sich nicht wirklich glaubwürdig an.
Wegeners Theorie hingegen ist derart logisch und nachvollziehbar, dass es einem wie Schuppen usw.

Noch krasser war Freuds Theorie vom Penisneid. Von der erfuhr ich im 11 Schuljahr - habe nachgedacht und kam zu dem Schuss, dass mir in dem Alter, in dem ich einen Penisneid hätte haben sollen, die Existens von Penissen beim Menschen schlicht nicht bekannt war.

Ergo konnte ich darauf nicht neidisch gewesen sein.
Da es seinerzeit den meisten Mitschülerinnen ebenso ging, war diese Theorie für mich Unfug - das kam beim Lehrer gar nicht gut an.
Damals, 70er Jahre, war Freud noch der Gottkönig der Psychologie.
Ist heute auch nicht mehr so.

Kurz, nehmen wir die Wissenschaften dort ernst, wo sie wirklich etwas erforscht und gute Argumente haben, aber Nachdenken sollte man trotzdem, auch mal quer und das gerade in den sehr jungen Wissenschaften.
Der Einfluss der Evolution auf soziale Gefüge ist ein sehr neues, sehr kompliziertes und schwer zu fassendes Forschungsgebiet.
Da kann schlichtes Hingucken und Nachdenken schon etwas bringen.

Sorry für das lange Gelaber, Gruß Paran

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Moin,

Servus,

der Fehler liegt in diesem Ansatz:

Das muss evolutionär einen Sinn ergeben, sonst wäre es nicht so.

denn:

  • Evolution hat keinen Sinn

Keinen Sinn im Sinne von Zielgerichtet. Aber wenn etwas nicht ideal zum Überleben ist, stirbt es aus.
Ergo ist alles, was überlebt und sich sogar noch etabliert, evolutionär sinnig, hat also einen Überlebensvorteil.

  • Evolution ist keine Person, die sich durch einen
    idealistisch orientierten Menschen zu irgendwas zwingen ließe
    („muss“)

Was soll das denn - hälst Du mich für so blöd?

  • Menschen leben nachgewiesen seit mindestens 17.000 Jahren
    nicht ausschließlich durch Instinkte gesteuert

Falsch. Homo Erectus, Vorfahre des Homo Heidelbergensis, ist seit mind. 700.000 Jahren nachgewiesen, Cromagnonmenschen seit mind. 40.000 Jahren.
Ist mir ein Rätsel, woher Du die Zahl 17.000 hast?
Und woher hast Du die Erkenntniss, dass unsere Vorfahren nicht ausschließlich oder ganz überwiegend von Instinkten geleitet wurden?
Ich habe bislang nichts über derartige Forschungen geschweige denn Erkenntnissen gelesen oder ergoogeln können.

Ganz interessant wäre hier der Vergleich mit dem letzten
ideologischen Pendelausschlag in die andere Richtung: So, wie
heute die Evolution irgendwie an allem schuld sein „muss“, war
das ca. 1965-1975 mit der Erziehung. Wenn man ein bissel
stöbert, findet man sicherlich die schönsten
Erklärungsmodelle, die die Besteigungsversuche der
Eigernordwand auf die Erziehung in der bürgerlichen Familie
zurückführen.

Ach was? (in Loriot-Betohnung)

Gruß, Paran

Hallo,

gebe Dir in allem recht.
Frage wäre nur, ob es eben nicht auch Sinn macht, lebensgefährliche Risiken einzugehen, wenn andere daraus lernen können, wie es ja bei der Besteigung der Nordwand er Fall war.
Und es fragt sich, wieweit die Akteure eines solchen Abenteuers sich bewusst sind, was sie da tun und weshalb.

Die Erstbesteiger hätten es ohne die Versuche ihrer Vorgänger nicht geschafft. Es musste erst klar werden, welche Route sinnvoll ist und es musste der Hinterstoisser-Quergang ersonnen werden (wenn man das vorher weiß, nimmt man ausreichend Seil mit).
Eine Menge Glück gehörte natürlich auch dazu angesichts der Klimabedingungen an dieser Bergflanke.

Kurz: diese Erstbesteigung war das Ergebniss vieler Versuche und Fehler. Das Try and Error - Prinzip, das in diesem und vorher sicher schon vielen anderen Fällen Menschen (Atlantiküberquerung, Fliegen, Radfahren etc.) ermöglicht hat, neue Gebiete oder Ressourcen zu erschließen.
Also ein Lernen über Generationen bzw. Try-and-Error für die Gemeinschaft mit Inkaufnahme des persönlichen Untergangs.

Ist nur eine Idee.
Aber wenn Leute in eine solche Bergwand einsteigen, Bergsteiger, die die Gefahren halbwegs kennen, dann macht man sich doch Gedanken, warum?

Gruß, Paran

Habe mich gefragt, warum junge Männer (ohne Nachwuchs) sich
solchen Risiken wirklich aussetzen.

Hallo,

das muss man in mehrere Mechanismen zerlegen:

A der Körper schüttet Adrenalin aus, um Krisensituationen zu meistern. Das hat sich evolutionär entwickelt und ist auch sehr hilfreich, Details würden hier zu weit führen.

B Adrenalin ist ein suchtbildender Stoff.

C Gefahrensituationen führen zur Ausschüttung von Adrenalin.

Meine Standard-Antwort als Fallschirmspringer, warum man aus einem Flugzeug springt, obwohl es gefährlich ist: nicht obwohl sondern deswegen. Mal abgesehen davon, dass es so arg gefährlich nicht ist, aber da sich ein gesunder Instinkt auf jeden Fall gegen einen Sprung ins Bodenlose zur Wehr setzt, ist der Adrenalinausstoss erheblich. Es gibt Profis, die reale Entzugserscheinungen wie Zittern usw. haben, wenn schlechtes Wetter sie am Springen hindert (wie mein Ausbilder nach 500 Sprüngen).

Das macht den Reiz aus von Betätigungen wie Bungee-Springen (ich vermeide bewusst das Wort Sport, man lässt sich ja nur fallen) oder Base Jumping usw. Dabei wird der Punkt zur Sucht leicht überschritten.

Evolutionär gesehen bringt z.B. Fallschirmspringen keinen Vorteil für die Art und auch nicht für das Individuum, aber es bringt dem Individuum einen Vorteil (Lustgewinn), der auf eine evolutionär vorteilhafte Reaktion zurückgeht.

Nicht jeder kann das nachvollziehen, insbesondere Frauen eher selten, und auch mit dem Alter nimmt die Vernunft zu, aber vielleicht beruht das auch nur auf der Abnahme des Adrenalins oder seiner Wirksamkeit.

Gruss Reinhard

Servus,

Ist mir ein Rätsel, woher Du die Zahl 17.000 hast?

Ich beziehe mich auf Lascaux, weil mir die Datierung der Chauvet-Höhle ein bissel merkwürdig vorkommt. Wenn Du magst, setze 30.000 - geht auch in Ordnung. Einen älteren Nachweis für nicht nur instinktives menschliches Handeln gibt es wohl kaum - oder kennst Du einen?

Wenn Du gelesen hättest, was ich schrieb, geht es hier nicht um die Datierung von frühen Menschen oder von frühen menschlichen Kulturen, sondern um den Nachweis, seit wann mindestens Menschen nicht ausschließlich von Instinkten gesteuert leben.

Für blöd halte ich Dich nicht - Du stehst mit Deinem Ansatz in der Tradition vieler absolut nicht blöder Wissenschaftler, die trotz der idealistischen Auffassung, die Wirklichkeit müsse sich nach dem richten, was der sie Beobachtende über sie denkt, im Einzelnen gute und wichtige Erkenntnisse gefunden haben.

Wie auch immer - dass Du den idealistischen Ansatz Deiner Fragestellung bloß wiederholst und nicht begründest, lässt erwarten, dass Du ihn auch nicht zur Diskussion stellen möchtest. Daher ist es fruchtlos, ihn weiter zu diskutieren.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

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Hallo!

Ist mir ein Rätsel, woher Du die Zahl 17.000 hast?

Ich beziehe mich auf Lascaux, weil mir die Datierung der
Chauvet-Höhle ein bissel merkwürdig vorkommt. Wenn Du magst,
setze 30.000 - geht auch in Ordnung. Einen älteren Nachweis
für nicht nur instinktives menschliches Handeln gibt es wohl
kaum - oder kennst Du einen?

Anthropologe scheinst Du nicht zu sein?

Die ältesten Faustkeile sind laut Wikipedia 1,5 Mio. Jahre alt. Das gezielte Herstellen von Werkzeugen ist keine Instinkthandlung. Darüber hinaus geht man schon lange davon aus, dass auch mindestens die intelligenteren Tierarten (Primaten, Raubtiere, Wale, Elefanten, Rabenvögel, Papageien) nicht nur instinktgesteuert sind.

Michael

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Darüber hinaus geht man schon lange davon
aus, dass auch mindestens die intelligenteren Tierarten
(Primaten, Raubtiere, Wale, Elefanten, Rabenvögel, Papageien)
nicht nur instinktgesteuert sind.

Hallo Michael.

Hier gebe ich dir vollkommen Recht.

Wobei man sich fragen muss, was instinktgesteuert überhaupt heißt.
Folgt nun das Rotkelchen, das gelernt hat, dass es Mehlwürmer dann erwarten kann, wenn ich vor der Tür stehe, bzw. das mich, (oder den Mehlwurmtopf) schon mal im Hausflur sucht, wenn die Tür offen steht, lediglich seinem Instinkt, oder handelt es folgerichtig, nach eigener Erkenntnis.

Gruß, Nemo.

Kurz: diese Erstbesteigung war das Ergebniss vieler Versuche
und Fehler. Das Try and Error - Prinzip, das in diesem und
vorher sicher schon vielen anderen Fällen Menschen
(Atlantiküberquerung, Fliegen, Radfahren etc.) ermöglicht hat,
neue Gebiete oder Ressourcen zu erschließen.
Also ein Lernen über Generationen bzw. Try-and-Error für die
Gemeinschaft mit Inkaufnahme des persönlichen Untergangs.

Ist nur eine Idee.

Es ist so. Der Mensch, er wurde mal als neotonische Frühgeburt beschrieben, behält seine Neugier, die es bei anderen Tieren nur im Jugendstadium gibt, fast sein Leben lang. Zu mindestens im männlichen Teil, bei Frauen lässt das meist mit dem ersten Kind erheblich nach, was ja auch sinnvoll ist.

Diese Neugier, dieser Drang, Neues zu entdecken, war es, die unsere Art einst von Afrika ausziehen ließ, um die Welt zu erobern.
Und natürlich lernen wir auch daraus. Wenn einer den Kopf in den Ventilator steckt, hat er kaum noch Fortpflanzungschancen, aber seine Mitmenschen wissen nun ganz genau, dass man das nicht tun sollte.

Aber wenn Leute in eine solche Bergwand einsteigen,
Bergsteiger, die die Gefahren halbwegs kennen, dann macht man
sich doch Gedanken, warum?

Diese Neugier ist an sich nicht zielgerichtet, wie alle mögliche Forschung beweist. Es ist einfach ein Drang, irgendwas auszuprobieren.
Wobei der Drang zu prahlen und das Adrenalin sicherlich auch eine Rolle spielen.

Gruß, Nemo.

Hallo!

Wobei man sich fragen muss, was instinktgesteuert überhaupt
heißt.

Ich finde die Definition von Nicolaas Tinbergen am besten: Nach ihm ist ein Instinkt ein hierarchisch organisierter Mechanismus, der einen bestimmten äußeren Reiz („Schlüsselreiz“, angeborenen auslösender Mechanismus) mit einer koordinierten Handlung beantwortet.

Darunter fällt z. B. der „Mutterinstinkt“, der durch das Kindchenschema (Schlüsselreiz) angesprochen wird.

Es lässt sich damit aber nicht erklären, welchen Instinkt ein Wesen Faustkeile oder Fahrräder bauen lässt.

Folgt nun das Rotkelchen, das gelernt hat, dass es Mehlwürmer
dann erwarten kann, wenn ich vor der Tür stehe, bzw. das mich,
(oder den Mehlwurmtopf) schon mal im Hausflur sucht, wenn die
Tür offen steht, lediglich seinem Instinkt, oder handelt es
folgerichtig, nach eigener Erkenntnis.

Bei Tinbergen gibt es auch den „erworbenen auslösenden Mechanismus“. Wenn also ein Tier gelernt hat, dass der unbedingte Reiz (Nahrung) und ein neutraler Reiz (Deine Anwesenheit) zusammen gehören, dann verbindet es diese beide Reize miteinander (Konditionierung). Der nun bedingte Reiz (Deine Anwesenheit) ist als erworbener auslösender Mechanismus ebenso in der Lage das Instinktverhalten (Nahrungssuche) hervorzurufen.

Ich will die Theorie aber auch nicht überstrapazieren, zumal sie heute nicht mehr uneingeschränkt gilt.

In der Regel neigt der Mensch jedoch dazu, die Intelligenzleistungen von Tieren eher überzubewerten als unterzubewerten. Ein Biber weiß wahrscheinlich gar nicht, wie man einen Damm baut, sondern er stopft nur Zweige dorthin, wo Wasser durchfließt. Ein sehr simpler Instinkt führt hier zu einem komplexen Bauwerk.

Michael

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ot - English
Guten Abend,

was den einen ihr Standart ist mir

Das Try and Error - Prinzip

Es heißt „trial and error“.

MfG
GWS

Servus Michael,

nein, Anthropologe bin ich keiner.

Hier:

Das gezielte Herstellen von Werkzeugen ist keine Instinkthandlung.

geht es aber genau wie bei dem Grashalm, mit dem ein Schimpanse Termiten angelt, um eine zwar bereits abstrahierende, aber doch unmittelbar auf Nahrungsbeschaffung gerichtete Handlung, die also „nur“ der Befriedigung eines Triebes dient - freilich bereits überlegt und nicht instinktiv.

Ob die von mir angeführten Zeugnisse frühen künstlerischen Schaffens auch „nur“ dem Jagderfolg dienen sollten, lässt sich weder bestätigen noch widerlegen, ihre Deutung bleibt Spekulation. Sicher ist aber, dass diese Malereien objektiv keinerlei Nutzen haben. Deswegen habe ich sie als Beleg für menschliches Handeln angeführt, das unabhängig von instinktiv nützlichem stattfindet.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

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Hallo paran,

ich finde Fragen und Überlegungen wie Deine auch sehr interessant und möchte Dich gerne auf den Neurophysiologen Manfred Spitzer - früher (noch heute?) Uni Ulm - aufmerksam machen. Der macht sich eine Menge sehr unkonventioneller Gedanken über solche Fragen - fast immer spannend.

Zum Beispiel die Frage: warum werden Frauen älter als Männer, obwohl sie doch in wesentlich jüngeren Jahren als Männer bereits nutzlos werden für die Fortpflanzung? Was DENKT sich die Natur bloß dabei???

Eine andere interessante Frage (die aber m.W. Spitzer nicht bearbeitet hat, sondern ein britischer Psychiater): warum sterben Geisteskrankheiten nicht aus? Damit meine ich diejenigen Erkrankungen, die eindeutig/ erwiesenermaßen genetisch verankert sind, Schizophrenie, MDEs. Denn diese Erkrankungen gehen mit einer deutlich geringeren Fortpflanzungsrate einher als es die der Normalbevölkerung ist. Auch hier wieder die Frage: was DENKT sich die Natur dabei???

Bitte daß niemand mir vorwirft, daß die Natur nicht „denkt“. Darf ich sagen: ich meinte das nicht wörtlich?

S.I.