Menschenrecht vs. monotheistische Ethiken

Hi zusammen.

Wie verhalten sich die Menschenrechte (MR) und die monotheistischen Religions-Ethiken (RE) zueinander? Stehen sie auf der gleichen Ebene oder gibt es eine Hierarchie? Stehen die einzelnen RE ü b e r den MR oder sind sie umgekehrt diesen u n t e rgeordnet?

In fast allen Staaten der Erde werden Menschenrechte offiziell anerkannt. Leider gilt das überhaupt nicht für deren praktische Umsetzung. Oft werden die MR von der national oder regional verbindlichen RE dominiert. Beispiel: die Körperstrafen-Justiz in Saudi-Arabien, Sudan, Mauretanien und Pakistan. Und ganz allgemein die Unterdrückung der Frau im Islam. Ich verzichte auf andere Beispiele, auch betr. anderer Religionen.

Faktisch kann also nicht davon die Rede sein, dass die Menschenrechte global über den Religionsethiken stehen. Warum auch? Die Religionen selbst kennen den Begriff des MR nicht, auch nicht sinngemäß. Da, wo sie sich mit ihnen arrangierten, geschah das nie freiwillig. Es geschah nur, weil die politischen Mächte des Westens, die (weitgehend) die MR vertreten, global dominieren und die einzelnen Länder motivieren (politisch, wirtschaftlich), die MR formal anzuerkennen. Auch das Christentum assimilierte die Menschenrechte nur, weil die politische Entwicklung es dazu zwang.

Das global dominierende Gesellschaftssystem ist die Demokratie, wenn auch natürlich nicht überall. Aber auch in nichtdemokratischen Staaten sind die demokratischen Werte (z.B. MR, Pluralismus) allgegenwärtige Kriterien im Denken der Menschen. Das haben die neueren Entwicklungen in mehreren islamischen Ländern gezeigt. Ganz offensichtlich haben die MR eben doch das Potential eines global bzw. universal gültigen Ethiksystems.

Wer den Pluralismus als absoluten Wert anerkennt, gesteht schon ein, dass die Menschenrechte den religiösen Ethiken übergeordnet sind, auch wenn ihm das nicht bewusst ist. Denn die (monotheistischen) RE selbst sind ganz und gar nicht pluralistisch, sie verabsolutieren sich selbst und gestehen anderen Religionen oder sonstigen Weltanschauungen kein Existenzrecht zu. Das gilt evident für das (klassische) Christentum und für den (klassischen) Islam. In puncto Judentum bin ich gerne etwas vorsichtiger mit diesem Vorwurf, möchte aber auf Moses, eine wichtige Symbolfigur des Judentums, verweisen.

Zitat aus der Tora:

Ex 23,23
Wenn mein Engel dir vorausgeht und dich in das Land der Amoriter, Hetiter, Perisiter, Kanaaniter, Hiwiter und Jebusiter führt und wenn ich sie verschwinden lasse,
Ex 23,24
dann sollst du dich vor ihren Göttern nicht niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Du sollst keine Kultgegenstände herstellen wie sie, sondern sie zerstören und ihre Steinmale zerschlagen.
(…)
Ex 23,27
Ich sende meinen Schrecken vor dir her, ich verwirre jedes Volk, zu dem du kommst, und alle deine Feinde lasse ich vor dir die Flucht ergreifen.

Mit Pluralismus hat das herzlich wenig zu tun. Eine solche Praxis widersprach den altorientalischen religionstoleranten Gepflogenheiten beim Erobern eines Landes völlig. Die Verse gehören zu den Gründungstexten der ersten monotheistischen Religion, aus der später das Christentum hervorging. Der Islam sieht sich dann als Vollendung der beiden Vorgänger.

Meine These ist: Wer den Pluralismus anerkennt, stellt ihn zusammen mit der Menschenrechten ü b e r die religiösen Ethiken. Nur der Pluralismus garantiert, dass Menschen ihre Religion frei wählen können bzw. auf Religion auch verzichten dürfen.

Es gibt also keinen ethischen Relativismus. Ein solcher Relativismus besagt, dass es keine universal gültige Ethik gibt. Die Menschenrechte aber sind eine solche Universalethik. Ohne sie und ihre Dominanz über die RE gäbe es nur einen ewigen Machtkampf zwischen den partikularen Ethiken der Mono-Religionen, welche, gäbe man ihnen freien Lauf, ihre Interessen natürlich imperialistisch durchsetzen würden. Die Geschichte des Christentums und des Islam beweisen das. Wie sich das Judentum verhalten hätte, wäre es zwischen dem 6. Jh. v.u.Z. und dem 1. Jh. u.Z. nicht in alle Länder verstreut worden, weiß man nicht. Immerhin stand es fast 2000 Jahre lang ohne staatlich-politische Macht da.

Kernfrage also:

Sind die Menschenrechte nur eine Ethik unter vielen oder sind sie die höchste Form der Ethik, welche Anspruch auf globale Geltung erheben darf?

Chan

Was du da durcheinanderhaust sind Menschenrechte und Gesetze.

Unterm Strich haben die Menschenrechte keinen Gesetzescharakter und können gegebenenfalls von den Gesetzen eines jeweiligen Landes ausser Kraft gesetzt werden.

Allein die Gefängnisstrafe stellt beispielsweise einen Verstoß gegen die Menschenrechte dar. In ihrer Gesamtheit gibt es kein Land auf der Erde in dem die Menschenrechte grundsätzlich geachtet werden. Man kann also mit Fug und Recht sagen, dass ‚Menschenrechte‘ nur ein schönes Etikett darstellt mit dem bestimmte Gruppierungen ihre sinistren Ziele erreichen wollen.

Pessimistischer Tunnelblick

Was du da durcheinanderhaust sind Menschenrechte und Gesetze.

Es geht in meinem Post um Ethik , falls dir das entgangen sein sollte. Ethik steht über dem Gesetz, dieses leitet sich aus jener ab. Gesetze sollten nämlich ethische Prinzipien transportieren oder ihnen zumindest nicht widersprechen.

Unterm Strich haben die Menschenrechte keinen Gesetzescharakter…

Ganz falsch. Natürlich haben sie (in manchen Ländern) „Gesetzescharakter“. Das deutsche Grundgesetz z.B. ist ein Manifest menschenrechtlichen Denkens.

Allein die Gefängnisstrafe stellt beispielsweise einen Verstoß gegen die Menschenrechte dar.

Also bitte! Ein Mörder z.B. hat elementar gegen das Menschenrecht verstoßen und damit zumindest temporär und partiell seinen Anspruch auf Menschenrecht verspielt. Das gehört doch zu den Basics des Rechtsdenkens. Du denkst irgendwie zu eindimensional.

Dann sagst du:

In ihrer Gesamtheit gibt es kein Land auf der Erde in dem die Menschenrechte grundsätzlich geachtet werden.

Was heißt hier „grundsätzlich“? Das ist eine völlig unklare Ausdrucksweise. So kommst du dann zu dem logisch abwegigen Schluss:

Man kann also mit Fug und Recht sagen, dass ‚Menschenrechte‘ nur ein schönes Etikett darstellt mit dem bestimmte Gruppierungen ihre sinistren Ziele erreichen wollen.

Es gibt keine logische Verbindung zwischen den beiden Aussagen. Ich sehe bei dir nur einen pessimistisch-schwarzfärberischen Tunnelblick auf die Realität.

Mehr kann und will ich zu deinem 3 Hundertstel Millimeter tief schürfenden Befund nicht sagen.

Chan

Ganz falsch. Natürlich haben sie (in manchen Ländern)
„Gesetzescharakter“. Das deutsche Grundgesetz z.B. ist ein
Manifest menschenrechtlichen Denkens.

Das ist aber gerade den Deutschen schwer zu vermitteln, die von Kaiser Wilhelm und Adolf Hitler geprägt wurden, und deren Erbe ist im kollektiven Unterbewusstsein der Deutschen sehr tief verwurzelt, sie können mit den Menschenrechten nicht wirklich etwas praktisch anfangen, verstehen Demokratie auch nicht wirklich seit mehr als einem halben Jahrhundert. Deshalb ist es so wichtig, diese Zusammenhänge immer und immer wieder zu erklären, denn ein grundsätzlicher Glaube haftet lange Zeit. Deshalb braucht man, um das, was du hier sagen willst, evtl. noch hundert bzw. tausend Jahre bis zum wirklichen Verstehen.

Gruß
C.

Hallo Chan,

Wie verhalten sich die Menschenrechte (MR) und die
monotheistischen Religions-Ethiken (RE) zueinander? Stehen sie

Die MR sowie auch die RE sind künstlich geschaffene oder vereinbarte Vorgaben und Regeln, die meist soweit befolgt werden als sie auch geahndet werden. Dabei wird die RE bei Weitem mit größerer Vehemenz vertreten, also steht sie über den MR, wenn du das so bezeichnen willst.

Was mich mehr interessieren würde, die Naturrechte. Ich denke diese stehen über allem. Naturrecht (NR), was ist das? Ich würde vereinfacht sagen, die angeborenen, einer Spezies eigenen, Verhaltensweisen als Überlebensstrategie. Ds gilt natürlich auch für Tiere. Der Löwe frisst seine Stiefkinder, die Spinne ihr Männchen nach der Begattung und die Praying Mantis ihre Geschwister. Das gehört offenbar zu ihren NR.

Für die Menschen gelte es mehr die NR zu erforschen als die MR oder gar die RE zu definieren. Anschließend sollten wir natürlich schon noch unseren Verstand dazu einsetzen, aus den NR passende MR zu formulieren.

Gruß Fralang

Hallo!

Das ist aber gerade den Deutschen schwer zu vermitteln, die von Kaiser Wilhelm und Adolf Hitler geprägt wurden.

Alsheimerbedingte Lernschwäche. Kommt bei über 100jährigen öfter vor.

Grüße

Andreas

Nur weil dir die Realität nicht gefällt musst du doch nicht so über mich herfallen. Ich hab ja nicht geschrieben, dass mir das gefällt.

Aber es ist ein FAKT dass man sich in jedem Land dieses Planeten über die Menschenrechte hinwegsetzt und zwar schon von der staatlichen Gesetzgebung her. Mal mehr oder mal weniger.

Es ist ja schön, dass dir dein Gerechtigkeitsdenken sagt, ein Ladendieb (auch bei uns kommen nicht nur Mörder ins Gefängnis) hätte sein Recht auf Menschenrechte verwirkt, meines sagt das vielleicht nicht. Aber das steht hier doch gar nicht zur Debatte. Und auch das deutsche Grundrecht wird von der realen Gesetzgebung nunmal beschnitten. Eindimensionalität will ich mir da nicht vorwerfen lassen.

Bei den Theisten ist das natürlich noch schlimmer. Häresie wird in einigen Ländern noch immer mit dem Tode bestraft, und die christlichen Kirchen setzen sich in Deutschland mit Begeisterung über das Grundgesetz hinweg.

Was den letzten Absatz angeht, so spielen die Menschenrechte in der Öffentlichkeit fast immer nur da eine Rolle, wo bestimmte Gruppierungen Begründungen für ihr Handeln brauchen (NATO in Libyen z.B.). Ansonsten setzt man sich mit Begeisterung über die Menschenrechte hinweg.

Alles in allem scheinen die Menschenrechte also keinen hohen Stellenwert gegenüber weltlicher oder theistischer Gesetzgebung zu haben.

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Bei den Theisten ist das natürlich noch schlimmer. Häresie
wird in einigen Ländern noch immer mit dem Tode bestraft, und
die christlichen Kirchen setzen sich in Deutschland mit
Begeisterung über das Grundgesetz hinweg.

Und die Welt schaut dieser religiösen Hybris machtlos zu? Es gibt viel zu tun, packen wir’s an, also bitte Herr Zerschmetterling, weiter am Ball bleiben!

Gruß
C.

Also bitte! Ein Mörder z.B. hat elementar gegen das
Menschenrecht verstoßen und damit zumindest temporär und
partiell seinen Anspruch auf Menschenrecht verspielt.

Niemand kann seinen Anspruch auf Menschenrechte verwirken. Das ist ja gerade das besondere an ihnen!

Hallo!

Was mich mehr interessieren würde, die Naturrechte. Ich denke
diese stehen über allem. Naturrecht (NR), was ist das? Ich
würde vereinfacht sagen, die angeborenen, einer Spezies
eigenen, Verhaltensweisen als Überlebensstrategie.

Da es keine kulturlose Gesellschaft auf der Erde gibt, kann man leider nicht erkennen, welche Verhaltensweisen in der „Natur“ des Menschen liegen. Man kann höchsten unsere nächsten Verwandten im Tierreich beobachten und deren Verhalten auf den Menschen extrapolieren.

Entgegen der landläufigen Vorstellung sind Schimpansen extrem aggressive Tiere. Schimpansengruppen führen gegeneinander Krieg, ermorden ihre Artgenossen und deren Säuglinge.

Wenn ich mir die Menschheitsgeschichte so anschaue, gibt es für mich keinen Anhaltspunkt dafür, dass Homo sapiens von Hause aus friedfertiger ist als seine nächsten Verwandten.

Willst Du dieses Verhalten zum Recht erheben?

Nein, nein. Es ist völliger Unsinn, aus der Natur Moralvorstellungen und Rechte ablesen zu wollen. Moral, Ethik und Gesetz sind stets menschen gemacht.

Michael

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Hallo auch,

Wie verhalten sich die Menschenrechte (MR) und die
monotheistischen Religions-Ethiken (RE) zueinander?

Natürlich sind die MR mehr oder weniger aus den RE und anderen Ethiken - Konfuzianismus, Buddhimus usw. - hervorgegangen. Einfach deshalb, weil die MR später definiert wurden, die RE aber schon lange existieren - auch bei Naturvölkern! Natürlich kann man auch sagen, dass die MR eine Weiterentwicklung der RE sind und daher „fortschrittlicher“. So sehen das wohl manche Atheisten, die sagen, dass die RE nicht mehr gebraucht werden.
Man kann das aber auch formal betrachten: Die RE und die MR widersprechen sich, da die Kirche die Verkündung der MR in der französischen Revolution bekämpft hat, der Vatikan die europäische Menschenrechtscharta als einziger Staat (?) in Europa nicht unterschrieben hat.

Oft werden die MR von der national oder
regional verbindlichen RE dominiert. Beispiel: die
Körperstrafen-Justiz in Saudi-Arabien, …

Natürlich hindert die Existenz der Menschenrechte keinen Despoten daran, sie zu missachten. Ein Mörder wird durch das Verbot zu morden auch nicht an seinem Tun gehindert.

Auch das Christentum assimilierte die
Menschenrechte nur, weil die politische Entwicklung es dazu
zwang.

Schöne Aussage, wohl sehr richtig!

Kernfrage also:

Sind die Menschenrechte nur eine Ethik unter vielen oder sind
sie die höchste Form der Ethik, welche Anspruch auf globale
Geltung erheben darf?

Ob sie „die höchste Form der Ethik“ sind, lassen wir mal offen. Zumindest sind sie das Beste, was wir zur Zeit haben. Und der Blick auf praktisch alle Kulturen zeigt, dass die Mehrzahl der darin lebenden Menschen die dadurch definierte Ethik als gut empfindet.

Gruss
Laika

Rache ist süüß
Hi

der Vatikan die
europäische Menschenrechtscharta als einziger Staat (?) in
Europa nicht unterschrieben hat.

Das hat wahrscheinlich uns Stalins Taktlosigkeit beschert.
Bei der Vorbereitung der Konferenz von Jalta wollte der Vatikan an den Tisch. Stalin lehnte mit der Fragte ab: wie viel Divisionen der Pabst hat?
Jetzt haben wir die Käse:smile:

Was mich mehr interessieren würde, die Naturrechte. Ich denke
diese stehen über allem.

Hallo Fralang,

auch Naturgesetze und Naturrechte ändern sich. Sie können „kippen“.
Reagiert wird auf Balance. Was in einem Fall förderlich ist, kann in einem anderen schädlich sein.

Ethikgesetze wären ebeno in Balanceform.
Sie stehen als Forderung da, aber ihre Umsetzung geht oft zu Lasten des Einen oder Anderen oder einer ganzen Gruppe. Bei den heutigen Ethikforderungen wurde die Wehrhaftigkeit rausoperiert. „Man soll…“ geht aber nicht, auch welchen Gründen auch immer…

Religionsethik unterlag einer Fälschung durch den Glauben.
Der Eindruck der Bibel durch eine Übersetzung und das Fehlen einer ordentlichen Auslegung für die Texte führte zu den schon viel kritisierten Ansichten über das AT, den Koran, den Talmud und letztendlich auch über das NT.

Wenn im AT vom Ausrotten der Kananäer die Rede ist, so meinten die das gleich lautende Ausrotten der Unterdrückung, Händler, Kananiter, wollten sie aber schon und die Bewohner, die Kananiter, lachten herzlich dabei und rotteten über solche Scherze alle schlimmen Eigenschaften aus, die Hethiter (Furcht), die Jebusiter (Blamagen) Amoriter (nur daherreden) etc.

Magda

Moin,

Das hat wahrscheinlich uns Stalins Taktlosigkeit beschert.
Bei der Vorbereitung der Konferenz von Jalta wollte der
Vatikan an den Tisch. Stalin lehnte mit der Fragte ab: wie
viel Divisionen der Pabst hat?
Jetzt haben wir die Käse:smile:

Ein wahrlich guter Grund für den Vatikan, nicht zu unterschreiben :frowning:(

Ein wahrlich guter Grund für den Vatikan, nicht zu
unterschreiben :frowning:(

Auge um Auge:smile:

Menschenrechtsreligion
Hallo Ch’an,

Auch das Christentum assimilierte die Menschenrechte nur, weil die
politische Entwicklung es dazu zwang.

Dieser Satz ist mir zu verkürzend.

Dass die „Menschenwürde“ (sic) ein Begriff von Mirandola ist, also aus der Zeit des frühen Humanismus (Renaissance), unter ausdrücklicher Berufung auf die heilige Schrift, ist nur eine Vorbemerkung.

Was sind denn die Menschenrechte genau?
Historisch unterscheidet man:

  • Postulate der Aufklärungsphilosophie
  • Erklärung der Menschenrechte in der frz. Revolution
  • Menschenrechtskataloge in den Verfassungen westlicher Staaten.

In den Massenmedien wird meistens vom Letzteren geredet, die andern schwingen dann mehr oder weniger heimlich mit.

Im Völkerrecht wird unterschieden zwischen

  • zwingendem Völkerrecht (wie z. B. dem Folterverbot)
  • nicht zwingendem Völkerrecht

Ersteres ist ziemlich klar auf christliche Rechtsbildungen zurückzuführen.

Die EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention), die zwar in der jüngeren politischen Geschichte Europas eine grosse Rolle spielt und „die Menschenrechte“ in gewissem Sinn thematisiert, ist im Kern prozessrechtlich.

Du könntest also auch fragen: Wer bestimmt, was Menschenrechte sind? Ist nicht gerade das Definitionsrecht ein individuelles?
Mit welcher Legitimation masst sich überhaupt irgend jemand an, verbindliche Definitionen zu geben?

Die Antwort ist wiederum historisch: Menschenrechte dienen (von ihrer Postulierung, mithin gewissermassen von ihrem „Ursprung“ her) als Auffangnetz für besonders gravierende Eingriffe in die menschliche Freiheit. Wenn aber heute die Berufung auf Menschenrechte in der politischen Debatte vorkommt, dient sie zu über 50% gerade nicht der Verteidigung individueller Freiheit, sondern gewissen Interessengruppen, die selten, aber immerhin manchmal, religiös sind.

Nun zum Christentum: Es ordnet sich in dieses prozessrechtliche System zwar ein, taxiert die Menschenrechte deswegen aber noch lange nicht zwingend als hoch. Es gibt hier extreme Differenzen zwischen christlichen Gruppierungen (u. a. innerhalb der Römischen Kirche).

Nur der Pluralismus garantiert, dass Menschen ihre Religion frei
wählen können bzw. auf Religion auch verzichten dürfen.

Natürlich nicht. Den Pluralismus so weit zu definieren, dass er einfach alles umfassen würde, was eine freie menschliche Entscheidung ausmacht, ist übertrieben. Was interessiert die Freiheit, zwischen Audi und Opel zu wählen, den Bauern, der gerade zwischen Kartoffeln und Rüben wählt? Nicht die Bohne. Wenn also die Autowerbung zensiert würde (radikaler Einbruch in den Meinungspluralismus), könnte der Bauer trotzdem ungeniert weiter seine Rüben anbauen. Die Probleme fangen erst an, wenn der Bauer ein Auto möchte.

Sind die Menschenrechte nur eine Ethik unter vielen oder sind sie
die höchste Form der Ethik, welche Anspruch auf globale Geltung
erheben darf

Für einige Menschen sind sie es. Meine Gegenfrage lautet: Wie will man es begründen?
Nochmals historisch: Wenn viele Menschen gefoltert worden sind, liegt es sowohl für den Christen als auch für den Humanisten auf der Hand, ein Folterverbot zu statuieren, und zwar zunächst durchaus global.

Die Frage ist: Mit welchem Argument kann es global verkauft werden? Und da wird der Adressat die Hauptrolle spielen, d. h. in Indonesien würde nicht einmal Katholi zu den Leuten sagen „setzt das Folterverbot durch, weil es so schön nächstenliebend-christlich ist“. Das Argument würde nämlich, so wahr es ist, nicht gehört.

Gruss,
Mike

Hi.

Du könntest also auch fragen: Wer bestimmt, was Menschenrechte
sind?

Das zu fragen ist Pflicht.

Ist nicht gerade das Definitionsrecht ein individuelles?

Woher den?

Mit welcher Legitimation masst sich überhaupt irgend jemand
an, verbindliche Definitionen zu geben?

Er masst sich nicht an er ist gezwungen in Abwesenheit Gottes die Sache zu regeln.

Gruß.

Balázs

Genau das nennt man Naturrecht
Hallo Balázs,

gezwungen

eben. Selbst der Mensch ohne religiöse Vorgaben fühlt sich angesichts des „Tieres im Menschen“ (bzw. Schlechten und Bösen auf der Welt) herausgefordert und hat ein Bedürfnis nach höherer Menschheit.

Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Ziff. 360, 2241, 2242.

Du wirst immer christlicher und immer offener katholisch.
[OT Freut mich, dass Du auch wieder mal den Weg ins Relibrett findest.]

Gruss,
Mike

Hi Mike

gezwungen

eben. Selbst der Mensch ohne religiöse Vorgaben fühlt sich
angesichts des „Tieres im Menschen“ (bzw. Schlechten und Bösen
auf der Welt)

Upps klingt gefährlich nach Darwin:smile:

Nun, dass angeborene moralische Strukturen existieren ist weitgehend
bekannt und experimentell schön vorzeigbar. Ihre Funktionen sind auch gut ermittelt. Das auch warum die nicht in unseren komplex gewordenen Welt ausreichen und sogar teilweise schädlich, unter Umständen gefährlich sind.
Das ist ein Gebiet was du erkunden sollst. Goldenen Satz, dann Kant Kritik und Verbesserungsvorschlag mit dem kategorischen Imperativ danach J. Neumanns Spieltheorie. Die Arbeit geht weiter und wie die Welt komplexer wird so muss unsere Moral mithalten weil an die Angeborenen ist ja nicht so einfach was zu ändern (vielleicht kommt aber noch).

Die primitive Einteilung in die Gummibegriffe Gut und Böse oder Tierisch ist ja etwas seeeehr einfach (gelinde gesagt) zeigt die bedauernswerte Kenntnislosigkeit und gänzlich unbrauchbar.

und hat ein Bedürfnis nach höherer Menschheit.

Daher ist er gut beraten der Sache selbst auf den Grund zu gehen und dringen nach geeigneten Methoden Ausschau zu halten seine berechtigte Wünsche erfühlen zu können. Altpapier wiederkäuen hilft dabei offensichtlich nicht.

Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Ziff. 360, 2241,
2242.

Wenn du mir erst die Forschungsteam der Kirche mir vorstellst samt ihren belegbaren wiederholbaren Experimente dann können wir über die Moral Tacheles mit denen reden:smile:
Bisher merken wir nur dogmatische Ahnungslosigkeit aus dieser Richtung.

Du wirst immer christlicher und immer offener katholisch.

Hurra:smile:.

Womöglich half mir dabei der einzige Satz was ich von dem Comandante für sehr brauchbar betrachte: Genossen seien wir realistisch und fordern wir das Unmögliche:smile:

[OT Freut mich, dass Du auch wieder mal den Weg ins Relibrett
findest.]

And return.

Gruß,

Balázs

Hallo Balázs,

klingt gefährlich nach Darwin

Ja! Da haben wir doch das Gegenüber „du Katholi, ich Darwin“. Langsam landen wir wirklich auf derselben Ebene. Willkommen, mein Spiegelbild.

zeigt die bedauernswerte Kenntnislosigkeit

Halt, so einfach ist’s nun aber auch wieder nicht. Ich habe ja nicht gesagt: „Ein führungsloses Raubtier ist im Menschen, also ist eine Moral völlig klar mit allem Drum und Dran allen aufzuzwingen“. Selbstverständlich kann eine Moral mit vielen Fragen und Details zu entwickeln sein, aber - und das ist eben auch wichtig - eine Moral ist schon jedem von Natur aus vorgegeben. Ergo gibt es eine gewisse Verbindlichkeit, über die wir jedem etwas sagen können und dürfen. Dass diese Verbindlichkeit nicht von Kant & Co. allein kommen kann, ist nun einmal nicht nur mein Standpunkt. D. h. Du müsstest die Herren wesentlich besser verkaufen, bevor man etwas von ihnen liest! Trotzdem kann und darf man über Moral differenziert reflektieren.

Experimente

Das geht nun aber eben für die Moral, Ethik und Willenslehre wiederum nicht. Warum nicht? Moral und Ethik sind in ihrem letzten, innersten Kern Postulate. Die Moral und die Ethik als solche sind nicht Wissenschaft! Es gibt wohl eine Morallehre und eine wissenschaftliche Ethik, diese aber untersuchen, was Moral und Ethik seien, und sind nicht selbst Moral und Ethik. Sonst könntest Du, wenn ich hier „Rübe“ schreibe, behaupten, Du kannst die Rübe essen!

Gruss,
Mike