Misanthropie
Hallo Fjodor,
Ehemals, vor unerinnerbarer Zeit, hat jemand in diesem Brett
sinngemäß beiläufig erwähnt, "die Menschenrechte seien das
ethische Fundament Europas ".
war das die Zeit als man noch genuin meinte, dass dieses
www zwar schon Schwächen hat, aber substantielle Möglichkeiten,
die in einigen Jahren vielleicht zur Reife gedeihen könnten(!)
und die man heute die gute alte Zeit nennt?
Fragen:
- braucht/hat das Konzept der Menschenrechte nicht noch selbst
ein „Fundament“? Welches?
Du meinst so etwas wie „Gleichheit vor Gott“?
- sind die Menschenrechte nicht eher ein juridischer denn ein
ethischer Sachverhalt (bzw. sind bestenfalls in diesem
Zwischenraum zwischen Ethik und Juridik anzusiedeln)?
Ich grüble über deine Begrifflichkeiten.
Du meinst die deontologische Ethik, nehme ich an?
Mir weniger wichtige Frage:
- hat „Europa“ überhaupt ein ethisches Fundament?
Eine gute Frage, man sollte sie den Europäern einmal stellen!
Wenn es eines gibt und niemand weiß recht was das ist oder
wo das steht, dann wäre zumindest der Nachweis der Sinnlosigket
selbigens erbracht.
Mir wieder wichtigere Frage:
- braucht Europa überhaupt ein ethisches Fundament?
Was nützt das beste Fundament, wenn es nicht gelebt wird und
nicht die Strukturen herunterbricht.
Das wäre wie eine Netiquette in einem Internetforum,
das zwar formal besteht, das aber niemand kümmert.
(Soll es geben!)
Mir sehr wichtige Frage:
- könnte nicht der ethische Verzicht auf eine ethisches
Fundament selbst eine paradoxes Nicht(Fundament) sein?
Und ob, selbst, so paradox es klingen mag, selbst eine
erklärte Misanthropie könnte Fundament sein.
Wer das zu kryptisch findet, könnte hierbei z.B. an Richard
Rortys Ironismus denken
Ich bleibe mal bei Rorty. Sein pragmatischer Ansatz beruht
darin, deontologische Regeln durch literarische Empathie
zu „sublimieren“. Wer mitfühlt ist eher bereit sein Handeln
und Denken, entsprechend der im literarischen Kontext
platzierten „Ethik“, anzugleichen.
Und nun zu der oben erwähnten Misanthropie:
In einem Forum wollte ich einmal ein paar Fragen stellen
und wurde trotz Netiquette, also formaler ethischer
Regeln, regelmässig auseinandergenommen.
Schlussendlich versuchte ich es im banalen Plauderbrett
mit der schlichten Aussage:
„Das Wetter ist schön heute!“
Ein Philosoph konterte umgehend:
"Definiere „schön“, das ist ein subjektiver Begriff,
was bildest du dir ein, du Profilneurotiker. Ich bin eine studierter
Magister der P. du bloss ein XXX.
Beweise es verlangte der nächste, solche Schwätzer wie
du wissen noch nicht einmal was schönes Wetter ist.
Der Betreiber der Seite fügte an, man arbeite an einer
neuen Software und in diese könnte man kleine
Filmchen, z.B. den Wetterbericht eines Meterologen
zum Beweis einfügen. Bis zur Fußball - Winter WM
in Katar 2022 dürfte das online stehen.
Eine Gleichstellungsbeauftrage schrie mich gleich an,
dass ich ein aufgemotzter Chauvinist sei, weil es wieder
nur ein männlicher Metrologe sei und sie verlangte
einen zweiten Clip weiblicher Moderation.
Ein islamischer Vertreter sah darin ganz klar einen
antiislamischen, aus Islamophobie geborenen
Hintergedanken, weil ich Katar erwähnte.
Ein jüdischer Vertreter dagegen einen eklatanten
Antisemitismus aus dem selben Grund.
Ein religöser Allrounder pflichte beiden bei und nannte
mich eine blöde Schwuchtel.
Meinen Einwand, dass ich Katar gar nicht ins Spiel brachte,
sondern der Betreiber der Seite, wurde wegen off topic
gelöscht. Es geht ums schöne Wetter und nicht um den
Betreiber, ich bekam dann zeitgleich 2 Tickets wegen
Verstosses gegen die Forumsregeln in mehrern Fällen
und einer letzten Warnung!
Ein Woche später drohte mir jemand Schläge an,
weil es den ganzen Tag schon regnete, er fühlte sich
provoziert.
Ein anderen hielt mir vor, dass es vor 30 Jahren auch schon
schönes Wetter gegeben hatte und ich erst jetzt so ein
Wetterfuzzi geworden sei.
Wieder ein anderer googelte den Begriff „Wetter“
und stellte klar, dass es gute und schlechte Wetter
gibt und dies aus dem Bergbau komme, was soll
der Unsinn mit schönem Wetter.
Worauf ein BVB Fan „zieht den Bayern
die Lederhosen aus“ proklamierte, er hatte
mich der Diskreditierung des Ruhrpotts
verdächtigt und somit meine
bajuwarische Identität erkannt.
Erst weinte ich ein wenig, dann erinnerte ich
mich an meinen Nachbarn, er ist ein erklärter
Misanthrop und kann weder sich noch
irgend jemand anders leiden, aber
niemand nimmt es ihm krumm, er ist halt so.
Das versuchte ich, ich gab mich gleich von
vorne herein als Menschenfeind zu
erkennen und niemand nahm mehr
Notiz von mir. Hat mich trotzdem
jemand als blödes Arschloch tituliert,
dann konnte ich voller Berechtigung sagen:
„Ja, stimmt“, ich bin ein misanthropischer Idiot,
Rassist, etc. was du willst. Und wir brauchten
uns nicht mehr zu hassen.
Vielleicht wirken solche beschreibenden Texte wirklich mehr,
als vorgegebene Regeln?
Aber im Grunde wäre es auch egal, wenn alle Leute
Misanthropen wären, dann bräucht man keine
ethischen Reglen, an die sich ohnehin niemand
hält, mehr aushängen. Und niemand bräuchte mehr beleidigt sein,
weil wir uns ja wirklich alle hassen und verachten!!!
Und selbst wenn hin und wieder ein netter Mensch
darunter wäre, dann könnte man immer noch eine
altruistische Stellung einnehmen.
Das ganze Problem kommt doch nur daher, dass wir
alle gut sein wollen, es aber nicht sind.
(Ähnlichkeiten mit einem realen Foren wären zufällig)
Schleich dich
Junktor