Das mit dem Beratungsgespräch wäre eine Idee, aber was wäre
dann, wenn der werdende Papa dann auf einmal sagt: au ja, ich
will das Kind doch haben, trag es gefälligst aus, die Mama da
aber immer noch keine Lust hat schwanger zu sein?
Tja, wenn er auch mit Erziehungsurlaub nimmt und so…
Nicht jeder Mann sieht das so selbstverständlich wie Du.
Wir können gern drüber reden, denn so ist ja unsere Diskussion
entstanden, wenn ich mich recht erinnere, also nur keine Scheu
. Aber daß die böööse Gesellschaft die Belastung die Eltern
alleine tragen läßt, die durch die Behinderung entsteht, ist
schlicht nicht wahr. Ich habe als Zivi und danach ehrenamtlich
in diversen Einrichtungen gearbeitet, im Mobilen Sozialen
Hilfsdienst, bei Behindertenfreizeiten, im Behindertenheim der
Diakonie usw.
Dabei habe ich kein Elternteil kennengelernt, das sich allein
gelassen gefühlt hat, noch habe ich dabei Behinderte
kennengelernt, die sich nicht am Leben gefreut hätten (und es
war die ganze Palette dabei).
Schön, daß Du in so einer heilen Welt Zivi sein durftest. Im
Umgang mit z.B. „Gemeinsam leben, gemeinsam lernen“ wo sich
vor allem meine blinde Schwester engagiert, sieht das dann
(z.B. im ach so christilichen Bayern) dann schon anders aus,
wenn z.B. Kinder wegen ihrer Behinderung nicht mehr in der
gewohnten Umgebung großwerden und lernen dürfen.
Was Du genau damit sagen willst, bleibt mir zwar verschlossen,
weil ich die Organisation leider nicht kenne, aber ich war zB
mal Schulbusfahrer für Behinderte Internatskinder aus der
Provinz, die in Nürnberg zur Schule gingen. Aber da war jedem
Beteiligten klar, daß es einfach nicht möglich ist, in
Rothenburg und in Ansbach und in Lichtenau und in
Aschaffenburg eine jeweils eigene Blindenschule hinzustellen,
(analog natürlich für geistig Behinderte, Lernbehinderte oder
Hörbehinderte). Eine Behinderung macht auch heute noch auf
jeden Fall die auf dem Papier garantierte Chancengleichheit
zunichte, klar, aber sie macht Dein Leben nicht weniger
lebenswert.
Blinde ist ein gutes Beispiel: Meine blinde Schwester hat durch ihr Engagement bei „Gemeinsam leben, gemeinsam lernen“ - beachte doch bitte auch den zweiten Teil des Namens - erreicht, daß zwei blinde Mädchen in der Umgebung von München in die Regelschule gehen konnten. Die sog. lebenspraktischen Fähigkeiten (Blindenschrift etc.) haben sie, soweit ich das Modell im Kopf habe, in Nachmittagsunterricht erworben. Und das gerne, da sie sich dadurch den Umzug ins Internat erspart haben.
Es ist schlicht ein Skandal, daß in Bayern der 10. oder 12. Versuch (soviele sind es inzwischen sicher) einzeln vom Kultusministerium genehmmigt werden muß, weil die lieber nicht einsehen, daß die ach so wunderbaren Sonderschulen halt nicht der richtige Weg sind, 1. den Behinderten das Leben in der Alltagswelt beizubringen, und 2. den „Gesunden“ beizubringen, daß jeder Mensch ein Mensch ist. Und dann wird oft nichts genehmigt obwohl alle Beteiligten hohes Engagement zeigen, diesen Weg zu gehen.
Zu gemeinsamer Erziehung von Lernbehinderten mit „Gesunden“ empfehle ich Dir das Studium der Erfahrungen von Montessori-Einrichtungen, die dies schon lange pflegen. Aber ich finde es trotzdem haarsträubend, daß das immer noch als Ausnahme und nicht als Regel gehandhabt wird.
Daß es im Leben keine Schicksalsschläge gibt, kann Dir niemand
garantieren, nicht einmal die total ideale Gesellschaft.
Daß jede® sie aber unbedingt einstecken muß, wenn er/sie sie
abwenden könnte, lehne ich ab.
Fragt sich, was der Preis dafür ist, sie abzuwenden. Und wer
garantiert, daß das Kind, obwohl behindert, nicht doch ganz
gerne leben würde? Was sagen Deine Schwestern dazu?
Ich kann Dir aus eigenem Erleben berichten, daß ich von ca. meinem 13. Lebensjahr bis in das dritte Lebenjahrzehnt der Ansicht war, meine Eltern hätten besser daran getan, nicht so viele Kinder in die Welt zu setzen (ich bin die Jüngste) statt ihnen dann im Teenie-Alter die Probleme vorzuwerfen, die sie mit ihnen haben. Soviel zum Thema „Leben dürfen ist mehr wert als nicht leben zu müssen“. Das möchte ich aber in der Öffentlichkeit wirklich nicht vertiefen.
Und nur am Rande: „Geschwister“ ist ein Ausdruck, der Bruder und Schwester einschließt, sonst hätte ich selber gleich von „Schwestern“ schreiben können.
Zur Abtreibung aus Umweltschutzgründen.
So habe ich das nie geschrieben. Dieser Schluß stammt eindeutig von Dir.
P.S: Scheint ja doch noch eine Diskussion mit Inhalten
zustandezukommen, *freu*.
Aber für mich ist damit eigentlich alles gesagt.
Karin