Misogynie im Buddhismus?

Hi zusammen.

Ich habe den Paradies-Thread nicht mehr weiter verfolgt und daher Ralfs Antwort nicht zur Kenntnis genommen. Da Ralf auf meine Antwort besteht und das Thema einen eigenen Thread wert ist, eröffne ich diesen hiermit.

(Ralf:smile:

:Mich würde in der Tat interessieren, ob Du das vorgebliche „Zitat“ aus dem Lotossutra selbst gefälscht oder nur ungeprüft von H. K. Okano übernommen und kolportiert hast (was ich zu Deinen Gunsten mal annehmen will).

Der Vorwurf des „Selbstfälschens“ ist nun wirklich albern. Ich habe mich auf Frau Okano verlassen, die diese Übersetzung u.a. in einem Beitrag für ein religionswissenschaftliches Buch des renommierten Kohlhammer-Verlags präsentiert. Eine japanische Professorin (diese Info hattest du) wird gewiss keine Zitate fälschen, zumal diese leicht überprüft werden können.

Hier zwei Links zum Okano-Zitat:

(S. 84)

http://books.google.de/books?id=AKKKaYazwCYC&pg=PA84…

(S. 1)

http://www.uni-salzburg.at/fileadmin/multimedia/Faku…

Ich gebe den Brett-´Buddhisten´ aber noch mehr zu beißen. Folgendes Zitat findet sich in unterschiedlichen Längen in mehreren Internetquellen. Und es spricht Bände über die Frauenverachtung im Buddhismus. Darüber hinaus bestätigt es die Übersetzungs-Variante von Frau Okano. Folgende Übersetzungen stammen laut Wiki: „Lotos-Sutra“ (Fußnoten 1 und 2) von Margareta von Borsig , die von Ralf bei seinen ´Gegenbeispielen´ als Übersetzerin ebenfalls genannt wird.

(Margareta von Borsig (Übs.): Lotos-Sutra - Das große Erleuchtungsbuch des Buddhismus. Verlag Herder, Neuausgabe 2009, Seite 239)

Sariputra: Der Körper einer Frau ist schmutzig (durch Befleckung) und kein Gefäß des Gesetzes. Wie bist du da fähig, (Drachen Mädchen) die höchste Erleuchtung zu erlangen? […] Ferner gibt es für eine Frau wegen ihres Körpers noch die fünf Hindernisse: 1) Sie erreicht es nicht, ein Brahmā-Himmels-König zu werden, 2) nicht Indra, 3) nicht König der Māras, 4) nicht raddrehender König und 5) nicht Buddha. Drachen Mädchen: ihr sollt mit eurer überirdischen Kraft nun sehen, dass ich noch schneller als(dies) Buddha werde.

(Borsig, 2003, Seite 245 f.)

Weiterhin gilt: Wenn nach dem Erlöschen […] eine Frau diesen Sūtrentext hört, sie entsprechend dieser Predigt praktiziert und so ihr Leben beendet, so wird sie […] auf dem Juwelen-Sitz in einer Lotosblüte wiedergeboren. Sie (die in einen Mann verwandelt) wird nicht mehr von Begehrlichkeit bedrängt werden, ferner auch nicht durch Zorn und Torheit.

Bemerkenswert ist nicht nur, dass der Körper der Frau als „schmutzig“ gilt, sondern dass es einer Frau nur „in einem Mann verwandelt“ möglich ist, auf dem Juwelen-Sitz wiedergeboren zu werden. Darüber hinaus finden sich im Internet, darunter auch Google-Books, mehrere Quellen mit folgendem Lotos-Sutra-Zitat:

(Lotos Sutra 252) Because the body of a woman is filthy and impure, not a vessel for the Dharma.

Abschließend eine englischsprachige Betrachtung des Sutra-Texts von mehreren Dozenten des Christopher-Newport-College.

Überblick:

Die Tochter des Drachenkönigs Sangara wird von Buddha und seiner Crew, darunter Sariputra, bezüglich der Echtheit ihrer angeblichen Erleuchtungen geprüft. Sariputra äußert dezidierte Zweifel, da er ganz buddhistisch-traditionell von der Unfähigkeit der Frau zur Erlangung des Dharma überzeugt ist. Die Sache endet damit, dass das Mädchen nur unter der Bedingung, in einen Mann verwandelt zu sein , die Buddhaschaft erlangen kann:

Once the daughter of the dragon king becomes a buddha – once she transforms into a man, of course – she is venerated by the once-doubtful Shariputra and Accumulated Wisdom Bodhisattva, and by the entire Buddhist sangha (Lotus Sutra 253).

http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source…

Although the story of the daughter of the dragon king Sangara seems to suggest that a woman can attain enlightenment in the same way as a man can attain enlightenment, when one examines the story beneath its surface, a different message emerges. The 8-year-old dragon princess of the story attains enlightenment with remarkable, almost unheard of speed; she „[had] been able to receive and embrace all the profound inner core treasures preached by the buddhas“ (Lotus Sutra 251). In fact, the daughter of the dragon king manages to achieve an impossible amount of knowledge and understanding in an impossibly short time. It is this achievement that causes some of the Buddha’s followers to question whether or not her enlightenment is genuine. They doubt her not because of her age, nor even because she is not human, but merely because she is female. Instead of receiving acclaim for her extraordinary achievement, the daughter of the dragon king must confront those who doubt her attainment. She materializes before the Buddha and his disciples following Accumulated Wisdom Bodhisattva’s assertion that „It is unbelievable that this girl, in an instant, can become truly enlightened“ (Lotus Sutra 252), in order to prove herself. Even though the dragon princess „reverently [prostates] herself at the Buddha’s feet“ and „[praises] him in verse“ (Lotus Sutra 252), she is still faced with the criticism of the arhat Shariputra, who simply cannot accept that a woman can attain ultimate enlightenment. Shariputra’s biting comments reflect the traditional Indian perspective of women. More to the point, as an arhat (and hence inferior to bodhisattvas), he is still a powerful figure within Buddhism, and his doubts seem to reflect deeply seated Buddhist views. Thus Shariputra asks the dragon-girl, „How then could you, in a woman’s body, so quickly become a Buddha?“ (Lotus Sutra 253). Shariputra is unmerciful in expressing his doubt; how could a woman ascend to Buddhahood when "the body of a woman is filthy and impure, not a vessel for the Dharma" (Lotus Sutra 252)? The disgruntled arhat further degrades women by reminding everyone present, including the Buddha and the daughter of the dragon king herself, of the five hindrances that face a woman: never becoming a king of a Brahma heaven, never becoming a wheel-turning saintly kind, and never having the body of a Buddha (Lotus Sutra 252-253). Through the brief and seemingly simple story of the daughter of the dragon king, the Lotus Sutra insinuates that a woman in her natural – that is, female – form cannot attain true enlightenment, that „it is necessary to have a male body in order to become a Buddha“ (Peach 56). Once the daughter of the dragon king becomes a buddha – once she transforms into a man, of course – she is venerated by the once-doubtful Shariputra and Accumulated Wisdom Bodhisattva, and by the entire Buddhist sangha (Lotus Sutra 253).

Ich wünsche viel Spaß beim Widerlegen. Mir wäre es natürlich auch lieber, es gäbe keine misogynen Tendenzen im Buddhismus. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert.

Chan


MOD: persönliche Daten gelöscht

Gestümper
Hallo Horst,

Hier zwei Links zum Okano-Zitat:

Beide „Zitate“ sind von derselben Autorin „angegeben“ - d.h. eigentlich nicht angegeben. Das ist in beiden Fällen nicht nur kein akzeptabler Literaturverweis, es ist nach akademischen Standards überhaupt keiner, wie Dir jeder Geisteswissenschaftler bestätigen kann. Es fehlt nicht nur die Angabe der Übersetzerin / des Übersetzers, es fehlt auch eine nachvollziehbare Angabe der Fundstelle bzw. ggf. der Edition, aus der die Verfasserin evt. selbst übersetzt haben will (in aller Regel wäre das der Taisho Tripitaka - ein Beispiel für eine exakte Quellenangabe findest du weiter unten).

Die übliche Einteilung des Lotossutra ist in Kapitel und in Bänden (Faszikel). Der gewöhnlich verwendete Text (gewissermaßen die „Vulgata“) ist Kumārajīvas Übertragung ins Chinesische ( 妙法蓮華經, T 262.9.1c1-62b) aus dem Jahr 406 in 28 Kapiteln bzw. 7 Faszikeln (nur die japanische Edition dieser Übersetzung hat 8 Faszikel). Dieser Text ist maßgeblich für alle Schulen, die sich zentral auf das das Lotossutra berufen - insbesondere die chinesische Tiantai Zong und die japanische Tendai shu 天台宗 sowie die Nichiren shu 日蓮宗 einschließlich deren ‚moderne‘ Ableger wie Soka Gakkai 創價學會 und Risshō Kōsei-kai 立正佼成會. Falls mit „Buch VIII“ in der Zitatangabe das 8. Faszikel der japanischen Edition gemeint sein sollte, so enthält dies zwar tatsächlich das 25. Kapitel (sowie die Kapitel 26 -28) - jedoch ist in diesem 25. Kapitel (auch als Guanyin-jing 觀音經 bekannt) nirgendwo von Amida / Amitābha oder von Sukhāvatī die Rede. Das angebliche Zitat findet sich dort definitiv nicht. Das Kapitel beschäftigt sich vielmehr mit Guanyin / Kannon / Avalokiteśvara, wie schon der Titel sagt. Und lehrt übrigens u.a. explizit, dass dieser Bodhisattva (im volkstümlichen Mahayana eine zentrale ‚Erlösergestalt‘) u.a. auch in weiblicher Form erscheint; entsprechend wird Avalokiteśvara in Ostasien fast immer als Frau vor- und dargestellt.

Wie ich schon angegeben hatte, findet sich die ‚Vorlage‘ für das gefälschte Zitat vielmehr in Kapitel 8 sowie in Kapitel 23. Abgesehen von der entstellenden Falschübersetzung steht Kapitel 23 zwar inhaltlich in Zusammenhang mit Kapitel 8, nach textkritischen Untersuchungen klafft zwischen der Entstehungszeit der beiden Kapitel und damit der beiden Teile des gefälschten Zitates allerdings eine Lücke von ca. 200 Jahren. Was Frau Okano da treibt ist hochgradig unseriös, um es zurückhaltend auszudrücken. Zutreffender wäre es wohl, von Scharlatanerie zu reden.

Eine japanische Professorin (diese Info hattest du) wird gewiss keine Zitate fälschen, zumal diese leicht überprüft werden können.

Deine Naivität in Ehren - aber offensichtlich tut sie das doch, wie sich in der Tat leicht überprüfen lässt, wenn man wenigstens etwas Ahnung von der Sache hat und einfach mal trotz reichlich vager und dazu auch noch falscher (womöglich bewusst irreführender) Quellenangabe nachprüft. Weisst Du - wenn christliche Theologen (oder Theologinnen) einem etwas Buddhismus erzählen wollen, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Frau Okano ist da kein Einzelfall.

Sariputra: Der Körper einer Frau ist schmutzig (durch Befleckung) und kein Gefäß des Gesetzes. Wie bist du da fähig, (Drachen Mädchen) die höchste Erleuchtung zu erlangen?

Ein weiteres Beispiel für Deine fehlende Sachkompetenz. Nicht nur, dass Du Dich auf eine katholische Theologin als selbsternannte ‚Buddhismusexpertin‘ berufst, nun versteigst Du dich auch noch zu Wikipedia als vorgeblich seriöser Quelle. Selbst Leuten, die nur oberflächlich mit dem Mahāyāna-Buddhismus vertraut sind (wovon man bei Dir offensichtlich nicht ausgehen kann) ist bekannt, dass Śāriputra in den Mahāyāna-Schriften, speziell im Lotossutra und in den Prajñāpāramitā-Sutren, stets als Vertreter des Hinayāna präsentiert wird. Also als Vertreter einer beschränkten Sichtweise, der dann entsprechend kritisiert und belehrt wird. Genauso verhält es sich auch in dieser Passage aus dem 12. Kapitel des Lotossutra - sie ist eine explizite Kritik der Auffassung, die Śāriputra hier vorträgt. Es ist zwar richtig, dass das ‚Naga-Mädchen‘ bei ihrer Transformation zu einem Buddha eine männliche Form annimmt. Diese männliche Form ist jedoch gerade nicht Bedingung der Buddhaschaft; die Transformation des Naga-Mädchens zum Buddha (in männlicher Form) ist plötzlich (spontan) und unmittelbar - die männliche Form ist also keine ‚Zwischenexistenz‘, schon gar keine notwendige.

Du magst nun gerne darüber lamentieren, dass die Mahāyāna-Buddhisten des 2. Jahrhunderts sich einen Buddha nur in männlicher Form vorstellen konnten - die Wikipedia-Weisheit jedenfalls „So ist es einer Frau über die Transformation einer Wiedergeburt als Mann möglich, die Buddhaschaft zu erlangen“ steht in offensichtlichem Widerspruch zum Text. Der Transformationsprozess findet in kürzerer Zeit statt, als es braucht, Buddha eine Perle zu überreichen - genau dies kündigt das ‚Drachenmädchen‘ an, nachdem sie eben dies getan hat (Buddha eine Perle überreicht) und demonstriert es dann. Das mit der „Wiedergeburt“ ist blanke Fantasie oder vielmehr Ausweis des Unvermögens, einen eigentlich unmissverständlichen Text sinnentnehmend zu lesen.

Wenn Du schon nicht selbst nachlesen willst, was genau im Sutra steht und in welchem Kontext, sondern Dich mit Wikipedia begnügst, dann hätte Dich wenigstens der vorangestellte Warnhinweis auf der Wikipedia-Seite zum Lotossutra etwas vorsichtiger machen sollen. Vielleicht hätte es ja etwas geholfen, sich auch mal die Diskussionsseite zu diesem wirklich grottenschlecht recherchierten Eintrag anzuschauen.

Was nun den Artikel aus VRAS 14:2 (2012) angeht, aus dem Du so breit zitierst, so wäre vor allem dazu zu sagen, dass die vier Damen, die Du uns da als „Dozenten“ verkaufen willst, genauer betrachtet dilettierende Studentinnen sind - nur eine von ihnen belegt überhaupt Religion als Studienfach, und das mit Schwerpunkt - nein, nicht etwa Buddhismus, sondern Anthropologie:

Micaela Cook is a student at Christopher Newport University. She is an English literature major, double minoring in sociology and linguistics. Victoria Kelly is an undergraduate student at Christopher Newport University pursuing a biology major and chemistry minor. She is also a member of the Honors and Pre-med Scholars Programs. Maggie Matthews, an Honors student at Christopher Newport University, is a senior majoring in English and minoring in psychology. Hannah Mauk is a student at Roanoke College majoring in History and Religion with a concentration in Anthropology.

Geballte Sachkompetenz. Ich würde mal sagen, als Wikipedia-Autoren wären die vielleicht qualifiziert … Nun ja, die VRAS ist ja auch keine religionswissenschaftliche Zeitschrift, insofern mag das angehen.

Es ist ja ganz nett, wenn man solche Artikelchen herbeigoogeln kann, aber man sollte auch beurteilen können, wer da so etwas schreibt. Du kannst das offensichtlich nicht. Du konntest es nicht bei der famosen Theologin, nicht bei den anonymen Wikipeda-Autoren und nicht bei dem Studentinnen-Quartett.

Freundliche Grüße,
Ralf

Fragwürdige Textauslegung
Hi Ralf.

Deine erwartungsgemäße Schimpfkanonade kann über wesentliche Lücken in deiner Argumentation nicht hinwegtäuschen.

Was Frau Okano da treibt ist hochgradig unseriös, um es zurückhaltend auszudrücken. Zutreffender wäre es wohl, von Scharlatanerie zu reden.

Ich versuche den Hintergrund des fraglichen Zitats mit Fr. Okano persönlich abzuklären, nämlich durch eine Email-Anfrage. Sollte sie nicht reagieren bzw. ihre Antwort keine Klärung bringen, dann geht dieser Punkt pro forma an dich („pro forma“ soll heißen, dass ich wegen unzureichender Information keine weiteren Argumente bringen kann, nicht aber, dass dein Vorwurf zutrifft).

Info zu Prof. Okano:

http://www.uni-frankfurt.de/45443112/gastprof_1994

Sariputra: Der Körper einer Frau ist schmutzig (durch Befleckung) und kein Gefäß des Gesetzes. Wie bist du da fähig, (Drachen Mädchen) die höchste Erleuchtung zu erlangen?

Nicht nur, dass Du Dich auf eine katholische Theologin als
selbsternannte ‚Buddhismusexpertin‘ berufst, nun versteigst Du
dich auch noch zu Wikipedia als vorgeblich seriöser Quelle.

Deine Wikipedia-Phobie lässt dich den einfachen Sachverhalt übersehen, dass der zitierte Text aus Wiki „Lotos Sutra“ ein direktes Zitat aus dem angegebenen Werk von Fr. Margareta von Borsig ist. Ich schrieb:

:Folgende Übersetzungen stammen laut Wiki: „Lotos-Sutra“ (Fußnoten 1 und 2) von Margareta von Borsig, die von Ralf bei seinen ´Gegenbeispielen´ als Übersetzerin ebenfalls genannt wird.

:frowning:Margareta von Borsig (Übs.): Lotos-Sutra - Das große Erleuchtungsbuch des Buddhismus. Verlag Herder, Neuausgabe 2009, Seite 239)

Wieso gehst du auf diese Übersetzungsurheberschaft nicht ein? Statt dessen lamentierst du fleißig über Wikipedia, das diese Übersetzungen doch nur zitiert:

Wie kann ich, bitte, eine so wirre Argumentationsweise ernst nehmen?

… dass Śāriputra in den Mahāyāna-Schriften, speziell im Lotossutra

und in den Prajñāpāramitā-Sutren, stets als Vertreter des
Hinayāna präsentiert wird. Also als Vertreter einer
beschränkten Sichtweise, der dann entsprechend kritisiert und
belehrt wird.

Allgemein gilt Sariputra in der buddhistischen Tradition neben Maudgalyayana als der bedeutendste Schüler von Buddha. Anguttara-Nikaya-, Majjhima Nikaya-, Samyutta Nikaya- und Anguttara-Nikaya-Texte enthalten viele in höchsten Tönen lobende Worte des Buddha über ihn. In der Theravada-Tradition hat er ein äußerst hohes Ansehen, im Mahayana ist er freilich, wie du richtig sagst, umstritten - was aber nichts an folgendem ändert:

In der Story um das Drachenmädchen ist er der Wortführer und erhält keinen Widerspruch von Buddha. Die Story endet dann auch ganz in Übereinstimmung mit Sariputras Anschauung.

Genauso verhält es sich auch in dieser Passage
aus dem 12. Kapitel des Lotossutra - sie ist eine explizite
Kritik der Auffassung, die Śāriputra hier vorträgt.

Jetzt in echt?

Es ist zwar richtig, dass das ‚Naga-Mädchen‘ bei ihrer Transformation zu einem Buddha eine männliche Form annimmt.

So ein Zufall…

Diese männliche Form ist jedoch gerade nicht Bedingung der Buddhaschaft; die Transformation des Naga-Mädchens zum Buddha (in männlicher Form) ist plötzlich (spontan) und unmittelbar - die männliche Form ist also keine ‚Zwischenexistenz‘, schon gar keine notwendige.

Das ist eine falsche Darstellung in Anbetracht des Sutratextes. Hier ist die entscheidene Stelle:

(mehrere Internetquellen, hier zit. n.)

http://books.google.de/books?id=7v88UPdQC90C&pg=PT43…

(Seitenzahl nicht lesbar)

Ich gliedere den Verlauf zur besseren Übersicht:

_+ Das Mädchen sagte: „Ihr sollt mit eurer überirdischen Kraft nun sehen, dass ich noch schneller als dies Buddha werde“.

  • In dem Augenblick sah die ganze Versammlung, wie das Drachen-Mädchen sich plötzlich verwandelte

  • und ein Mann wurde.

  • Sie vollendete den Wandel des Bodhisattva

  • und ging dann in die im Süden gelegene Welt Vimala (Fleckenlos)._

+ Sie saß auf einer Lotosblume und hatte die unterschiedslose klare Erleuchtung erlangt.

Hier ist klipp und klar ersichtlich, dass der Zustand des Mann-Seins dem Wandel zum Bodhisattva vorausgeht. Im nächsten Schritt geht sie in die Welt Vimala ein.

Du behauptest nun, das Mädchen habe sich „spontan“ in einen Mann verwandelt, was - das scheinst du implizit vorauszusetzen - für die Verwandlung in einen Bodhisattva im Kontext dieses Sutra nicht zwingend notwendig ist. „Spontan“ bedeutet aber (laut Duden) „aus einem plötzlichen Impuls heraus“.

Genau davon kann in dieser Situation überhaupt keine Rede sein. Das Mädchen wurde zuvor von Sariputra mit Behauptungen, dass die männliche Gestalt eine Voraussetzung sei, geradezu gelöchert. Da wäre es ganz abwegig, anzunehmen, ihre Entscheidung für eine männliche Form sei „spontan“ gewesen. Vielmehr ist dieser Modus eine Bestätigung der Anschauung Sariputras. Hätte das Mädchen in weiblicher Form die Verwandlung zum Bodhisattva erlangt - das wäre „spontan“ gewesen.

Mit einer objektiven Textauslegung hat dein Vorgehen nichts zu tun. Du versuchst durch deine entstellende Interpretation nur, die misogyne Tendenz an dieser Stelle bis zur Unkenntlichkeit herunterzuspielen.

Du magst nun gerne darüber lamentieren, dass die
Mahāyāna-Buddhisten des 2. Jahrhunderts sich einen Buddha nur
in männlicher Form vorstellen konnten.

Ich habe nur auf die misogyne Tendenz des Lotos-Sutra hingewiesen, aber nicht behauptet, das ganze Mahayana sei misogyn.

Zudem unterläuft dir hier ein dicker Irrtum:

Es gibt Mahayana-Texte, die die Erlangung der Buddhaschaft in einem weiblichen Körper für möglich halten. Dazu zählen meines Wissens das Sutra über den Aksobhaya Buddha (2. Jh., siehe Zitat unten) und Vimalakirti Nidesa Sutra (um 100, siehe Zitat unten). Das erwähnst du überhaupt nicht, obwohl es die Mahayana-Schule vom Verdacht der Misogynie teilweise entlasten würde.

http://www.buddhanet.net/e-learning/history/wbq26.htm

We found that the part of the Tripitaka where were the passage referring to women’s inability to become buddhas happened at least 500 years after the Buddha’s passing away when Mahayana already had come into existence.
(…)
Some of the Mahayana Sutras e.g. Sukhavati Vyuha Sutra mentions Amitabha Buddha who presides over the Western Paradise. Within this realm (Buddhaksetra), women who have strong faith in him will be born as men. Such belief is based, not on the dislike of women, or that women cannot practise dharma, but out of compassion that women have to go through the physical suffering of child birth, etc.
(…)
Another sutra not much known among the Thais is that of Aksobhaya Buddha who presides over in the Eastern Paradise. This realm is different from that of Amitabha Buddha, a woman born in this realm retains her womanhood , and should she desire to have a child, a child is born without conception, without having to go through the suffering of child birth, etc, and eliminates completely the involvement of the male counterpart.
(…)
The goddess again reversed her miraculous power and returned Sariputra to his former self, and she to her former self. Then she explained that in the practice of highest dharma there is no essence of being male or female. Thus how can one hold on to being male or female? In the practice of dharma one should not hold on to any particular form, neither male nor female. An enlightened mind is beyond clinging e.g. clinging to male or female, good or bad. Lokuttara dharma is non-duality; enlightenment is a state of mind which is free from the realm of the conventional.

Chan


MOD: private Daten entfernt (Datenschutz!)

1 Like

Prof. Heng-Ching Shih über das Drachenmädchen
Hier sind Zitate aus einem Text des taiwanesischen Philosophieprofessors Heng-Ching Shih. Für Heng-Ching steht es fest, dass der Gender-Wandel des Drachenmädchens eine Voraussetzung für die Erlangung der Buddhaschaft ist. Deine persönliche Interpretation dieser Szene ist nur ein Produkt des Wunschdenkens und offensichtlich falsch.

Heng-Ching kommentiert die Verwandlung des Drachenmädchens so:

http://ccbs.ntu.edu.tw/FULLTEXT/JR-NX020/15_09.htm

_If a woman’s virtue, merit and wisdom are extraordinary, she may, through a sex change, become a Bodhisattva or a Buddha in her present or future life. Transformation of gender symbolizes a transition from the imperfect condition of a human being represented by the female body to the mental perfection of a Bodhisattva and Buddha represented by the male body. _

Der ganze Absatz:

  1. The Sutras that Accept Women as Lower State Bodhisattvas.

_Most of the Mahayana sutras fall into this category. This includes such texts as the Saddharmapundarika , the Sumatidarikapariprccha , the Astasaharikaprajna-paramita , etc. **In these sutras women are acknowledged as „good-knowing advisors“ or spiritual „good friends“ ( kalyanamitra ), but they are relegated to the lower Bodhisattva stages.**To be consistent with the Mahayanist egalitarian view toward all sentient beings, the motif of sex transformation was introduced into these sutras. If a woman’s virtue, merit and wisdom are extraordinary, she may, through a sex change, become a Bodhisattva or a Buddha in her present or future life.

Transformation of gender symbolizes a transition from the imperfect condition of a human being represented by the female body to the mental perfection of a Bodhisattva and Buddha represented by the male body.

Thus, in response to the challenge from Sariputra , who represented the traditionally negative attitude toward women, the Dragon Girl in the Lotus sutra , who is depicted as very intelligent and having penetrated into the most profound Dharma, changes herself into a male Bodhisattva and then immediately becomes a Buddha.7

Here the transformation of gender from female to male is a prerequisite for the Dragon Girl’s realization of Buddhahood. Though the case of the Dragon Girl demonstrates the possibility of women’s realization of Buddhahood, the notion of the dichotomy, namely, the notion of maleness and femaleness still exists._

Ich hebe diesen Satz hervor:

Here the transformation of gender from female to male is a prerequisite for the Dragon Girl’s realization of Buddhahood.

Es ist eindeutig davon die Rede, dass der Gender-Wandel eine Voraussetzung (= prerequisite) für die Erlangung der Buddhaschaft ist.

Folgender Absatz betrifft die Mahayana-Sutras, die noch offener als besagte Drachenmädchen-Stelle die Verwandlung in einen Mann als eine Voraussetzung für Buddhaschaft ansehen.

_2. The Sutras which Deny a Women’s Presence in the Buddhaland.

The Pure Land scriptures are the most notable in this class. For example, the thirty-fourth vow of the Larger Sukhavativyuha-sutra states,

O Bhagavat, if, after I have obtained Bodhi, women in immeasurable, innumerable, inconceivable, immense Buddha countries on all sides after having heard my name, should allow carelessness to arise, should not turn their thoughts toward Bodhi, should, when they are free from birth, not despise their female nature, and if they being born again, should assume a second female nature, then may I not obtain the highest perfect knowledge."6

The Smaller Sukhavativyuha also explicitly declares that there are no women in the Pure Land. Although the possibility of being born in the Pure Land is not denied to women, the implication here is that a male-nature is necessary for progress on the Bodhisattva path in the Pure Land._

1 Like

Zusammenfassung für die Leser
Ich will für die Leser eine Zusammenfassung des bisherigen Standes dieser etwas unübersichtlichen Diskussion geben.

Es geht im Kern um die Frage, ob das Drachenmädchen in der besprochenen Szene des Lotossutras sich in einen Mann verwandeln muss, damit es ihr möglich ist, die Buddhaschaft zu erlangen. Ich behaupte es, weil der Text das eindeutig nahelegt und weil mehrere von mir bemühte Internetquellen unterschiedlichen Kalibers (Prof. Fr. Okano, Prof. Heng-Ching Shih, einige College-Studenten sowie Wikipedia) die Interpretation „Verwandlung in einen Mann ist notwendig“ entschieden vertreten.

Ralf dagegen spielt ´Ich gegen den Rest der Welt´ und argumentiert, dass die Geschlechtsverwandlung des Mädchens nicht erforderlich ist, damit sie die Buddhaschaft erlangt.

Hier ist die entscheidende Stelle seiner Argumentation:

Es ist zwar richtig, dass das ‚Naga-Mädchen‘ bei ihrer Transformation zu einem Buddha eine männliche Form annimmt. Diese männliche Form ist jedoch gerade nicht Bedingung der Buddhaschaft; die Transformation des Naga-Mädchens zum Buddha (in männlicher Form) ist plötzlich (spontan) und unmittelbar - die männliche Form ist also keine ‚Zwischenexistenz‘, schon gar keine notwendige.

Diese Auffassung ist aus folgendem Grund fragwürdig:

Laut den von mir genannten Autoren, darunter zwei Professoren, ist die männliche Form für die Erlangung der Buddhaschaft absolut notwendig. Ein klares Indiz liefern Sariputras (in der Szene der Gegenspieler des Drachenmädchens) Belehrungen, dass der Körper der Frau „schmutzig“ sei und deswegen keine Erlangung der Buddhaschaft zulasse. So sagt er z.B.:

Der Körper einer Frau ist schmutzig (durch Befleckung) und kein Gefäß des Gesetzes. Wie bist du da fähig, (Drachen Mädchen) die höchste Erleuchtung zu erlangen?

Schließlich verwandelt sich das Mädchen vor den Augen von Buddha und Sariputra in folgenden Schritten in einen Bodhisattva:

_+ Das Mädchen sagte: „Ihr sollt mit eurer überirdischen Kraft nun sehen, dass ich noch schneller als dies Buddha werde“.

  • In dem Augenblick sah die ganze Versammlung, wie das Drachen-Mädchen sich plötzlich verwandelte

  • und ein Mann wurde.

  • Sie vollendete den Wandel des Bodhisattva

  • und ging dann in die im Süden gelegene Welt Vimala (Fleckenlos).

  • Sie saß auf einer Lotosblume und hatte die unterschiedslose klare Erleuchtung erlangt._

Ralf behauptet nun, das Mädchen habe sich „spontan“ in einen Mann verwandelt. „Spontan“ bedeutet (laut Duden) „aus einem plötzlichen Impuls heraus“.

Damit will er begründen, dass die Verwandlung in einen Mannn gar nicht notwendig ist, um Bodhisattva zu werden. Dieses Argument ist unbefriedigend, denn von „Spontaneität“ kann in dieser Situation keine Rede sein (das Mädchen war zuvor von Sariputra wiederholt auf die Notwendigkeit des Mann-Seins hingewiesen worden, seine Entscheidung für den Gender-Wandel beruhte also klar auf diesen Belehrungen ).

Zudem gehört das Lotos-Sutra - folgt man Prof. Heng-Ching Shih - in jene Kategorie von Sutras, die der Frau zwar die Möglichkeit zubilligen, Buddhaschaft zu erlangen, aber nur unter der Bedingung, dass sie sich in einen Mann verwandelt :

(Prof. Heng-Ching / Zitatquelle im unteren Artikel)

Transformation of gender symbolizes a transition from the imperfect condition of a human being represented by the female body to the mental perfection of a Bodhisattva and Buddha represented by the male body.

Here the transformation of gender from female to male is a prerequisite (=Voraussetzung) for the Dragon Girl’s realization of Buddhahood.

Es gibt, folgt man Prof. Heng-Ching Shih, drei Kategorien von Sutras in Bezug auf die Frage des Buddha-Potentials von Frauen:

  1. Jene, die die Möglichkeit vollständig leugnen (z.B. das Große und das Kleine Sukhavativyuha-Sutra)

  2. Jene, die die Möglichkeit nur unter der Bedingung, dass sich die Frau in einen Mann verwandelt , zugestehen (z.B. Lotos-Sutra sowie das Saddharmapundarika- , das Sumatidarikapariprccha- und das Astasaharikaprajna-paramita-Sutra)

  3. Jene, die Frauen und Männern Möglichkeit der Buddhaschaft gleichberechtigt zugestehen (z.B. Vimalakirti-Sutra und das Srimala-Sutra)

Chan

Nachhilfestunde?

Ich will für die Leser eine Zusammenfassung des bisherigen Standes dieser etwas unübersichtlichen Diskussion geben.

Auch, wenn du es schon oft genug demonstriert hast: Es gehört schon einiges an Überheblichkeit dazu, zu präsupponieren, die Mitleser hätten eine - und dann obenddrein auch noch ausgerechnet deine - Verständnisnachhilfestunde nötig. Die - wie seit Jahren immer schon willkommenen sehr lehrreichen, von fundiertem Sachwissen getragenen und klar formulierten Ausführungen von Ralf sind jedenfalls ohne Schwierigkeit nachvollziehbar.

Deine dagegen wie fast immer mit einer deinem Hintergrundwissen unangemessenen Selbstüberschätzung formulierten und von einem suspekten Ehrgeiz getriebenen schiefen Schlußfolgerungen aus zusammengeoogeltem Halbwissen mögen dir selbst ja vielleicht unübersichtlich sein. Abhilfe schaffen könnte - wie immer, wenn ein wissensinteressierter Laie auf Experten trifft (wozu dieses Forum ja erfunden wurde) - Rückfragen zu stellen, statt mit irgendwoher „abgekupferten“ Thesen glänzen zu wollen. Dadurch werden nämlich manchmal tatsächliche Zweifelsfragen aufgehellt und es besteht weniger die Gefahr, plötzlich als Malvolio mit gelben Strümpfen auf der Bühne zu stehen.

Eigentlich ist es bedauerlich, daß du dir bei deinem durchaus vorhandenen Wissenehrgeiz die hier vorhandenen Chancen vertust.

Auch dies empfiehlt sich zu bedenken.

Gruß
Metapher

15 Like

Ralfs falsche Textauslegung
Eigentlich hätte ich eine Antwort von Ralf erwartet, der aber wohl eingesehen hat, dass seine Interpretation auf einem gravierenden Missverständnis des Sutra-Textes beruht.

Deine Vorhaltungen sind so substanzlos, dass ich im Einzelnen darauf nicht einzugehen brauche. Sie sind der hilflose und gänzlich sinnlose Versuch, Ralf aus einer Patsche zu helfen, in die er sich selbst hineinmanövriert hat.

Dass du meine Statements und Argumente nicht im sachbezogenen Detail zu widerlegen versuchst, sagt schon einiges.

Ralf unterliefen folgende Fehler:

  1. Er glaubt fälschlich, dass das Drachenmädchen sich „unmittelbar“ in einen Bodhisattva verwandelt, ohne zuvor einen männlichen Körper zu haben. Aus diesem Missverständnis heraus behauptet er, dass die Verwandlung in einen Mann „keine Bedingung“ für die Buddhaschaft ist.

(Ralf:smile:

Es ist zwar richtig, dass das ‚Naga-Mädchen‘ bei ihrer Transformation zu einem Buddha eine männliche Form annimmt. Diese männliche Form ist jedoch gerade nicht Bedingung der Buddhaschaft; die Transformation des Naga-Mädchens zum Buddha (in männlicher Form) ist plötzlich (spontan) und unmittelbar - die männliche Form ist also keine ‚Zwischenexistenz‘, schon gar keine notwendige.

Damit will er dem Sutra-Text eine kritische Haltung zu Sariputra andichten. Dieser behauptet bekanntlich, dass Buddhaschaft nur für einen Mann erreichbar ist. Ralf glaubt nun, dass Mädchen habe das widerlegt, indem sie sich „unmittelbar“, d.h. aus ihrem weiblichen Körper heraus, in einen Bodhisattva verwandelt, nämlich, wie er schreibt, „ohne eine Zwischenexistenz“ (als Mann).

Diese Lesart ist in Anbetracht des Sutra-Textes unhaltbar, wo es heißt:

_+ In dem Augenblick sah die ganze Versammlung, wie das Drachen-Mädchen sich plötzlich verwandelte

  • und ein Mann wurde.

  • Sie vollendete den Wandel des Bodhisattva

  • und ging dann in die im Süden gelegene Welt Vimala (Fleckenlos)._

Sie „wurde“ also zunächst „ein Mann“. Erst dann „vollendete“ sie „den Wandel des Bodhisattva“.

Ralfs Deutung wäre nur zulässig, wenn dort stände:

_+ In dem Augenblick sah die ganze Versammlung, wie das Drachen-Mädchen sich plötzlich verwandelte

  • und ein Bodhisattva wurde._

Das steht aber nicht dort. Ralf phantasiert die „Unmittelbarkeit“ in den Text einfach hinein. Das wird auch durch folgende englische Übersetzung der Stelle belegt:

http://www.trinity.edu/rnadeau/asian%20religions/Lec…

In that instant, the dragon girl turned into a man, perfected bodhisattva-conduct, straightway went southward to the world-sphere Spotless, sat on a jeweled lotus blossom, and achieved undifferentiated, right, enlightened understanding, with the 32 major marks and 80 minor marks, setting forth the Fine Dharma for all living beings.

Es heißt dort also, dass das Mädchen

  1. „turned into a man“

und dann erst

  1. " perfected bodhisattva-conduct" (in etwa: ´vervollkommnete das Verhalten oder Gebaren eines Bodhisattva´).

Das entspricht der deutschen Übersetzung und zeigt, dass das Mädchen sich erst nach der Verwandlung in einen Mann in einen Bodhisattva verwandelt. Denn das „perfected“ bedeutet, dass sie durch ihre Mann-Verwandlung noch kein vollkommener Bodhisattva ist (was Ralf aber behauptet). „Perfected“ ist eine zeitliche Handlung, egal wie kurz sie in dieser Story auch sein mag. Zwischen dem Mann-Zustand und dem Bodhisattva-Zustand liegt also eine gewisse Zeitspanne.

Damit ist bewiesen, dass die Mann-Verwandlung eine zeitlich vorausgehende Bedingung für die Bodhisattva-Verwandlung darstellt, was Ralfs Behauptung der „Unmittelbarkeit“ klipp und klar widerlegt.

Dass du Ralf zu verteidigen versuchst, ist ein schöner Beleg für deine Loyalität zu Ralf. Mit Sachkenntnis hat das aber nichts zu tun.

  1. Zudem scheint Ralf das Wort „spontan“ falsch zu verwenden, d.h. dessen tatsächliche Bedeutung nicht zu kennen. Nur so erklärt sich die falsche Logik, mit der er es verwendet.

Ich bitte dich abschließend, falls du darauf eingehst, auf deine langweiligen ad-hominem-Attacken zu verzichten. Damit degradierst du dich nur selbst.

Chan

2 Like

Vorschlag
Ich bin sofort bereit, meinen Falschinterpretationsvorwurf zurückzuziehen, wenn nachgewiesen wird, dass die von mir bemühten deutschen und englischen Übersetzungen den originalen Sanskrit-Text an der entscheidenden Stelle verfälschend rüberbringen.

Es geht um die Stelle:

+ sie vollendete den Wandel des Bodhisattva

bzw.

+ perfected bodhisattva-conduct.

Die verwendeten Verben legen nahe, dass zwischen Verwandlung zum Mann und dem Erreichen der (vollkommenen) Bodhisattvaschaft eine zeitliche Entwicklung liegt.

Sollte der Sanskrit-Originaltext an der Stelle aber besagen, dass die Vollkommenheit sofort mit der Verwandlung in einen Mann gegeben war , ist Ralf selbstverständlich Recht zu geben, egal wie er zu seiner Auffassung gekommen ist.

Chan

Englische Quelle des Okano-Zitats
Hi Ralf.

Was das in Frage stehende Okano-Zitat betrifft, gibt es - laut unten verlinkter Seite - eine Übersetzung des Lotos-Sutra von Leon Hurvitz (Professor in the Department of Asian Studies, University of British Columbia), die dem deutschen Text des Zitats sehr weitgehend entspricht. Damit dürfte klar sein, dass dein Statement

Was Frau Okano da treibt ist hochgradig unseriös, um es zurückhaltend auszudrücken. Zutreffender wäre es wohl, von Scharlatanerie zu reden.

ein nicht gerade charmanter Schnellschuss war (die Dame ist schon 73) und mein Glaube an Fr. Okanos Rechtschaffenheit nicht so „naiv“ wie von dir behauptet. Die verwirrende Quellenangabe könnte auf einen Flüchtigkeitsfehler von Fr. Okano oder auf einen Schreibfehler einer Hilfskraft zurückgehen. Leider macht auch der unten zitierte englische Einführungstext eine Quellenangabe (Lotus Sutra, Chapter 25), die ich bei meinen Net-Recherchen nicht bestätigt finde.

Ich maile morgen an Fr. Okano zwecks Aufklärung der genauen Sutra-Stelle. Angesichts ihres Alters besteht natürlich die Möglichkeit, dass sie gesundheitlich unpässlich ist und nicht sofort antwortet.

https://groups.google.com/forum/#!topic/talk.religio…

Leon Hurvitz’s translation of the Lotus Sutra (SCRIPTURE OF THE
LOTUS BLOSSOM OF THE FINE DHARMA, Columbia U Press, NY : 1976)
is extraordinary in that his end-notes offer the alternative
Sanskrit readings of the Sutra in those places where they
differ substantively from the Chinese of Kumarajiva. I recently
began studying the Pure Land sutras, and found an interesting
passage in the Sanskrit Lotus Sutra, Chapter 25, which refers to
Buddha Amita (aka Amitabha)
. The passage is in the gatha section
at the close of the chapter, where the Buddha is responding to a
query by Bodhisattva Inexaustible Mind.

+++

_There is no birth of women there,
no any dharma of copulation whatsoever,
but the sons of the Victorious Ones are self-produced,
seated spotless in the wombs of lotuses.

That Leader Amitabha, too,
in the immaculate, appealing womb of a lotus,
seated on a lion throne,
glows like a king at court._

+++

Deutsche Fassung im Text von Frau Okano:

Im Buddha-Land von Amitabha wird keine Frau wiedergeboren, so dass es dort keinen
Geschlechtsverkehr gibt. Die Boddhisattva gehen aus der Natur hervor und gehen
strahlend in die Lotosblüte hinein. Amitabha sitzt im reinen, schmutzlosen Uterus der
Lotosblüte.

Chan

Zur Sache
Statt Nebelkerzen mit herbeigegoogelten mehr oder weniger (meist weniger) seriösen Dokumenten zu werfen, halte ich es für sinnvoller, sich direkt mit dem in Frage stehenden Text - also dem Lotossutra selbst - zu befassen. Und zwar auf seriöse Weise. Das heisst vor allem, Zitate daraus nicht aus dem Kontext zu reissen, sondern eben diesen Kontext auch darzustellen.

Zur Ausgangslage: wir sind im 12. Kapitel des Lotossutra (sog. Devadatta-Kapitel). Zentrales Thema dieses Kapitels ist die Frage, ob alle Wesen fähig sind, Erwachen / Erleuchtung zu erfahren oder nur ‚Auserwählte‘. Im Mittelpunkt stehen dabei karmische Hindernisse und die Frage, ob bestimmte Umstände (insbesondere die als pancanantarya bekannten Vergehen, also Mord an den Eltern, Verwundung eines Buddhas und dergleichen Nettigkeiten) als karmische Konsequenz Erleuchtung dauerhaft ausschließen. Wie der Name des Kapitels schon andeutet, wird dies vor allem an der Person Devadattas erörtert, eines Vetters des Buddha, der wegen des Versuchs, den Sangha (die buddhistische Gemeinschaft) zu spalten und Buddha zu ermorden, in solchen Fragen regelmäßig den Schurken par excellence abgibt. Devadatta ist also gewissermaßen der Extremfall - wenn Devadatta trotz seiner karmisch unheilsamen Taten Nirvana erlangen kann, dann kann das jeder … Das Lotossutra jedenfalls versichert, dass selbst Devadatta das Erwachen nicht nur erlangen kann, sondern unweigerlich erlangen wird. Das Kapitel ist für den Mahayana-Buddhismus insofern von paradigmatischer Bedeutung, als hier eines der Fundamente der Doktrin von der universellen Buddhanatur (die in historisch späteren Schriften formuliert und ausgebaut wird) gelegt wird. Das Thema, ob Frauen erleuchtungsfähig sind, spielt angesichts dieser grundsätzlichen Fragestellung nur eine Nebenrolle (als ‚Spezialfall‘); es wird daher gegen Ende des Kapitels als eine Art Annex behandelt.

Diese Episode beginnt damit, dass der Bodhisattva Manjushri von seinem Aufenthalt im Palast des ‚Drachenkönigs‘ Sagara berichtet und dessen achtjährige Tochter als besonders befähigt rühmt, in kürzester Zeit Erleuchtung zu erlangen. Mit ‚Drachen‘ wird hier (d.h. in der Übersetzung M. von Borsigs) ‚Nagas‘ übersetzt, eine mythische Spezies von Meeresbewohnern, die als eine Art Zwitterwesen mit teils menschlichen, teils schlangenartigen Charakteristika vorgestellt wurden. Bodhisattva Prajnakuta zieht dies in Zweifel („dass dieses Mädchen in einem Augenblick die wahre Erleuchtung vollendet“), worauf das Naga-Mädchen zum Beweis des Gegenteils selbst in der Versammlung vor Buddha erscheint und zunächst zu dessen Ehren einen Vers rezitiert. Daraus vier für das Verständnis des Folgenden wichtige Zeilen:

„Dein feiner, wunderbarer Gesetzes-Körper
Hat vollkommen die Merkmale, zweiunddreißig,
und zusammen mit achtzig Nebenmerkmalen
Schmücken sie den Gesetzes-Leib majestätisch.“

Hier ist zunächst anzumerken, dass der „Gesetzes-Körper / Gesetzes-Leib“ (Dharmakaya) eigentlich kein physischer Körper, sondern ein ‚transzendenter‘ Körper ist. Die Lehre von den ‚transzendenten‘ Buddhakörpern wurde später zur sog. Trikaya-Lehre (Dreikörper-Lehre) weiterentwickelt. Im Lotossutra (der ältesten Quelle zur Trikaya-Lehre) liegt noch eine sehr frühe Stufe dieser Doktrin vor, in der der Dharmakörper als mit denselben visuell wahrnehmbaren Merkmalen ausgestattet vorgestellt wird wie der physische ‚Erscheinungskörper‘ (Nirmanakaya). Zu beachten ist dabei, dass nicht Jeder diese Merkmale (selbst am physischen Nirmanakaya) wahrnehmen kann, sondern nur entsprechend Befähigte. Das deutet darauf hin (wie auch, dass sie ebenfalls dem Dharmakaya zugeordnet werden), dass diese Merkmale nicht rein physisch zu verstehen sind. Auf die „32 Merkmale“ werde ich weiter unten zurückkommen, doch zunächst weiter im Text. Es folgt nun das schon bekannte, in Wikipedia und von Chan hier zurechtgekürzte und aus dem Zusammenhang gerissene Zitat:

„Da sprach Sariputra zu dem Drachen-Mädchen: »Du meinst, in nicht langer Zeit den höchsten Weg erlangt zu haben. Dies ist schwer zu glauben. Warum ist es so? Der Körper einer Frau ist schmutzig (durch Befleckung) und kein Gefäß des Gesetzes. Wie bist du da fähig, die höchste Erleuchtung zu erlangen? Der Buddha-Weg ist sehr weit. Nur wenn man unermeßliche Kalpas lang mit Eifer Leid ertrug und so im Wandel vorwärts gelangte und einzig alle Befreiungen geübt hat, kann man schließlich die Erleuchtung vollenden. Ferner gibt es für eine Frau wegen ihres Körpers noch die fünf Hindernisse: 1) Sie erreicht es nicht, ein Brahma-Himmels-König zu werden, 2) nicht Indra, 3) nicht König der Maras, 4) nicht raddrehender heiliger König und 5) nicht Buddha. Wie kann man es da also mit dem Körper einer Frau erreichen, rasch Buddha zu werden?«“

Wie schon gesagt, figuriert Sariputra in den Mahayana-Sutren als Vertreter hinayanischer, also flacher und beschränkter Auffassungen und damit als Anlass und Objekt von Belehrungen. Der Grund dafür ist, dass Sariputra als Autor eines bedeutenden Werks des Abhidharma (= ‚buddhistische Religionsphilosophie‘) der (hinayanischen) Sarvastivada-Schule gilt (Dharmaskandhashastra, T.26.1537). Konsequenterweise wird Sariputra (der im Hinayana als einer der Hauptschüler Buddhas galt) im ostasiatischen Buddhismus auch nicht zu den 16 bzw. (nach späterer Zählung) 18 Arhats (chin Luohan, jap. Arakan - unmittelbare Schüler Buddhas, die unter seiner Anleitung volle Erleuchtung erlangt haben) gezählt.

D.h. dass Sariputra hier eine typische Hinayana-These vorstellt, die im Folgenden durch das Naga-Mädchen praktisch (d.h. nicht nur argumentativ) widerlegt wird. Das oben angeführte Zitat ohne Kontext, insbesondere ohne die unmittelbar darauf folgende Szene anzuführen, kann man eigentlich nur als einen Versuch böswilliger Manipulation interpretieren. Es soll damit der Anschein erweckt werden, es handle sich um eine Lehraussage des Lotossutra, während das genaue Gegenteil der Fall ist. Wobei ich Chan mal zugute halten will, dass er das Lotossutra wahrscheinlich nur in Form von Wikipedia-Zitaten kennt. Was hieße, dass er lediglich in der Sache inkompetent ist und nicht bewusst mit billigen Tricks Sachverhalte verfälscht präsentiert.

Kommen wir zur Fortsetzung des Textes:

„Nun hatte dieses Drachen-Mädchen eine kostbare Perle. Sie war soviel wert wie die Dreitausend-Große-Tausenderwelt. Sie nahm sie und überreichte sie dem Buddha. Der Buddha nahm sie sofort an.“

Zur Erläuterung dieser für einen Laien nicht auf Anhieb verständlichen Szene ist anzumerken, dass man glaubte, weibliche Nagas trügen solch eine (ggf. kostbare) Perle auf ihrem Kopf, männliche Nagas hingegen nicht. Die Überreichung der Perle (als ‚Abzeichen‘ der Weiblichkeit) symbolisiert hier das ‚Aufgeben‘ des weiblichen Geschlechts (bzw. der Anhaftung daran). Vgl. dazu z.B. Diana Y. Paul, Women in Buddhism. Images of the Feminine in the Mahayana Tradition, 2nd Ed., University of California Press 1979, S. 185 ff (Introduction to the Naga Princess from the Lotos Sutra). Doch zurück zum Text:

„Das Drachen-Mädchen sprach den Bodhisattva Prajnakuta und den ehrwürdigen Sariputra an und sagte: »Ich habe die kostbare Perle überreicht, der in aller Welt Verehrte nahm sie an. Ging dies nun schnell vor sich oder nicht?« Sie antworteten und sagten: »Sehr schnell.« Das Mädchen sagte: »Ihr sollt mit eurer überirdischen Kraft nun sehen, daß ich noch schneller als dies Buddha werde.«“

D.h. die Transformation des Mädchens zum Buddha (sic! - nicht ‚nur‘ zum Bodhisattva) wird weniger Zeit beanspruchen als die Überreichung der Perle und deren sofortige Annahme. Wie man da (wie der anonyme Wikipedia-Autor) auf die Idee kommen kann, das Mädchen müsse erst einmal als Mann wiedergeboren werden, ist völlig unverständlich bzw. nur durch die Absicht einer willentlichen Falschdarstellung erklärbar.

„In dem Augenblick sah die ganze Versammlung, wie das Drachen-Mädchen sich plötzlich verwandelte und ein Mann wurde. Sie vollendete den Wandel des Bodhisattva und ging dann in die im Süden gelegene Welt Vimalâ (Fleckenlos). Sie saß auf einer Juwelen-Lotosblume und hatte die unterschiedslose wahre Erleuchtung erlangt, hatte die zweiunddreißig Merkmale und die achtzig Nebenmerkmale und legte dar und predigte für alle Lebewesen der zehn Richtungen überall das wunderbare Gesetz.“

Es handelt sich also - wie aus dem Vorangegangenen eindeutig hervorgeht - um einen sehr schnell ablaufenden Transformationsprozess von einem Wesen weiblichen Geschlechts zu einem Buddha. Dazu gehört das Annehmen des Körpers und damit der Merkmale eines Buddha (s.o.). Der Körper Buddhas wird, wie oben erwähnt, mit 32 Hauptmerkmalen (und 80 Nebenmerkmalen) ausgestattet vorgestellt - ein Mythem, die sich bereits in den ältesten buddhistischen Texten findet; im Palikanon u.a. im Lakkhana Sutta DN30 und im Brahmayu Sutta MN91, aber auch in den chinesischen Übersetzungen der Agamas. Geschlechtsspezifisch sind dabei übrigens nur 2 dieser 32 Hauptmerkmale - eine tiefe Stimme sowie ein Penis, der zurückgezogen in einer Bauchfalte verborgen ist (nach anderer Interpretation völlig von der Vorhaut bedeckt ist). Diese 32 sog. ‚Mahapurusha Lakshana‘ (‚Kennzeichen eines großen Mannes‘) gehen wahrscheinlich bis in vorbuddhistische Zeit zurück. Sie sind nicht nur Attribute eines Buddha, sondern auch eines Chakravartin (weltlicher Universalherrscher, in dem Zitat oben von Borsig mit „raddrehender heiliger König“ übersetzt).

Ein solcher rapider Transformationsprozess wird übrigens nicht nur im Lotossutra dargestellt, er ist in Mahayana-Sutren ein gar nicht so seltener Topos. Zu diesem Topos hat die kanadische Religionswissenschaftlerin Nancy Schuster (die ebenso wie die oben genannte Diana Paul eine Pionierrolle bei der Erforschung des Frauenbilds im Mahayana-Buddhismus gespielt hat) eine beachtenswerte Studie veröffentlicht (Nancy Schuster, Changing the Female Body: Wise Women and the Bodhisattva Career in some Maharatnakutasutras, Journal of the International Association of Buddhist Studies, Vol.4 Nr.1, pp. 24-69). Neben den Maharatnakutrasutren kommt in dieser Arbeit natürlich auch das Lotossutra zur Sprache sowie das Vimalakirtisutra, aus dem ich die entsprechende Passage mit einer Transformation (wenn auch nicht zu einem Buddha) kürzlich im ‚Paradies-Thread‘ zitiert habe.

Wie ich bereits gestern an Chan schrieb:

Du magst nun gerne darüber lamentieren, dass die Mahayana-Buddhisten des 2. Jahrhunderts sich einen Buddha nur in männlicher Form vorstellen konnten …

  • das ist mir ziemlich egal. Mir geht es nicht um Widerlegungen, schon gar nicht wenn ‚Argumente‘ auf unredliche Art und Weise (d.h. entstellt und aus dem Kontext gerissen) sowie auf Grundlage äußerst dürftiger Sachkenntnis vorgebracht werden - was eine Diskussion zur Zumutung machen würde. Es geht vielmehr um Darstellung des Sachverhaltes. Werten mag den Sachverhalt jeder für sich, wobei man sich im religionswissenschaftlichen Diskurs jedoch grundsätzlich Werturteilen über religiöse Phänomene enthalten sollte. In der Religionswissenschaft gilt der Grundsatz der Epoché. Sicherlich ist das für ein Forum, in dem sich fast nur noch Laien tummeln, eine illusorische Forderung, weswegen sich die Brettbeschreibung auch wohl darauf beschränkt, allenfalls religiöse Hetze zu untersagen (wäre schön, wenn das auch konsequent durchgesetzt würde). Grundsätzlich sei aber der Hinweis erlaubt, dass die wissenschaftliche Qualität eines Beitrags hier in diesem Brett auch für einen Laien ein gutes Stück weit schon am Verzicht auf wertende Urteile über religiöse Phänomene erkennbar ist.

Einen schönen Abend noch,
Ralf

8 Like

Patriarchalische Ideologie?
1)

Deine Sutra-Betrachtung

Der von dir gegebene Überblick ist gut und inhaltsreich geschrieben, ein Sternchen dafür.

Ich nehme dennoch zur Kenntnis, dass du meine Einwände nicht verstanden hast, da deine Argumente (rasch, sehr schnell usw.) diese Einwände überhaupt nicht widerlegen. Dein Artikel fügt meinem Wissen über die wesentlichen Abläufe und Dialoge auch nichts hinzu. Das war mir alles schon klar. Auch die von dir vorgebrachten Argumente kannte ich schon.

Für andere Leser ist dein Beitrag aber gewiss hilfreich gewesen.

Ich will aus dem Thema ´Drachenmädchen´ keine Daueraffäre machen. Wie ich schon schrieb, bin ich gerne bereit, meine Zweifel zurückzunehmen, wenn sich herausstellt, dass im Sanskrit-Originaltext mit dem Mann-Sein auch unmittelbar die Vollendung gegeben war, was in den von mir genannten Übersetzungen nicht zwingend so rüberkommt.

Ich gehe also – schon um des Friedens willen - hypothetisch davon aus, dass du Recht hast, bin aber noch nicht ganz davon überzeugt.

Deine unbuddhistische Emotionalität

Wobei ich Chan mal zugute halten will, dass er das Lotossutra wahrscheinlich nur in Form von Wikipedia-Zitaten kennt. Was hieße, dass er lediglich in der Sache inkompetent ist und nicht bewusst mit billigen Tricks Sachverhalte verfälscht präsentiert.

Dein Beitrag ist zwar zum allergrößten Teil lobenswert sachlich gehalten, aber auf die üblichen unsachlichen ad-hominems, die eines wahren Buddhisten nicht würdig sind, willst du trotzdem nicht verzichten. Es gibt viele Seiten im Internet, die längere Passagen des Sutras zitieren, sowie die Seite mit der vollständigen englischen Übersetzung von H. Kern:

http://www.sacred-texts.com/bud/lotus/index.htm

Ich kenne das Sutra also nicht nur „in Form von Wikipedia-Zitaten“, und das sollte aus meinen Artikeln, die mehrere andere Sutra-Stellen zitieren, auch klar geworden sein.

Deine gewohnheitsmäßige Art, ´Gegner´ mit unsachlichen Verdächtigungen zu belegen, hat sich besonders deutlich bei Fr. Prof. Okano gezeigt, die du aus einer offensichtlichen Emotion heraus der „Scharlatanerie“ bezichtigt hast, ja sogar der Fälschung von Zitaten (was durch meinen neuen Verweis auf die englischsprachige Quelle widerlegt ist).

Eine japanische Professorin (diese Info hattest du) wird gewiss keine Zitate fälschen, zumal diese leicht überprüft werden können.

Deine Naivität in Ehren - aber offensichtlich tut sie das doch.

Bemerkenswert finde ich auch dieses Statement von dir:

Das oben angeführte Zitat ohne Kontext, insbesondere ohne die unmittelbar darauf folgende Szene anzuführen, kann man eigentlich nur als einen Versuch böswilliger Manipulation interpretieren.

„Böswillig“ - ich will dir keine Paranoia unterstellen, aber solche Formulierungen sind nicht gerade ein Beweis für das Gegenteil.

Ich finde, das und viele Stellen in deinen diversen Beiträgen der letzten Jahre, welche den Angesprochenen mit Schimpfwörtern konfrontieren (absurd, Blödsinn, Unsinn, Blech usw., das Repertoire ist reichhaltig) hat mit einer buddhistischen Geisteshaltung, die um Selbstkontrolle bemüht sein sollte, nichts zu tun. Es erinnert eher an die unbeherrschte Rhetorik der alten Kirchenväter wie Athanasius und Epiphanius.

Daran könntest du also noch arbeiten. Das ist wichtiger als die Frage, ob Dragon Girl zuerst ein Mann und dann ein Bodhisattva wurde oder beides in einem Aufwasch.

Deine rationalisierende Epoché-Forderung

Werten mag den Sachverhalt jeder für sich, wobei man sich im religionswissenschaftlichen Diskurs jedoch grundsätzlich Werturteilen über religiöse Phänomene enthalten sollte.

Das ist nun wiederum so falsch, wie etwas nur falsch sein kann. Das gilt vor allem für „religiöse Phänomene“ in unserer Gegenwart. Du willst doch nicht im Ernst behaupten, man habe - auch im religionswissenschaftlichen Diskurs - aus menschenrechtlicher Sicht kein Recht, z.B. gewisse Praktiken und Lehren des Islam bewertend zu kritisieren, die eindeutig das Menschenrecht verletzen.

In der Religionswissenschaft gilt der Grundsatz der Epoché.

In Anbetracht des Umstands, dass du Fr. Okano gerade deswegen, weil sie Katholikin ist, ein Motiv für eine angebliche (und mittlerweile widerlegte) Zitatfälschung unterstellt hast, klingt das nun eher witzig.

Außerdem ist die Forderung des Epoché nicht nur eine unrealistische Träumerei, sondern gänzlich überflüssig für das Erfassen und Verstehen einer Religion. Man kann sich sehr wohl intensiv mit einer Religion befassen, ohne auf eine kritische Perspektive zu verzichten. Gerade der kritische Blick rückt wesentliche Zusammenhänge deutlicher in den Blick. Das Christentum z.B. wäre ohne kritische Betrachtung, d.h. die Aufdeckung von Zusammenhängen sozialer und psychologischer Natur, ein unverstehbares Phänomen. Auch seine abstoßende Praxis der Quellenfälschung kann nicht einfach per Epoché verdrängt werden. Entsprechende Wertungen können durchaus in den „religionswissenschaftlichen Diskurs“ einfließen, ohne dass dieser an Qualität verliert. Wichtig ist nur, die Wertung auch zu begründen.

Mir scheint bei krampfhaft um Wertungsfreiheit bemühten Darstellungen die Gefahr der Unwissenschaftlichkeit - in diesem Fall eine tendenziös affirmative Haltung zum Gegenstand - viel größer zu sein als umgekehrt.

Eine kritische Haltung, auch im Diskurs, ist besonders wichtig, wenn religionswissenschaftliche Themen aus feministischer Perspektive untersucht werden. Mit dieser Literatur bin ich vertraut und habe mir einiges davon zu eigen gemacht. Nur die feministische Kritik kann den verfälschenden Schleier lüften, den die patriarchalische Wissenschaft über die Religionsgeschichte gelegt hat. Dir ist das natürlich nicht klar, weil du die patriarchalische Ideologie verinnerlicht hast, was dir aber nicht bewusst ist.

Dass du´s mit Feminismus nicht so hast und er dir eher verdächtig ist, zeigt auch deine Bemerkung, mit der du Fr. Okano, weil sie „Katholikin und Feministin“ ist, ein Motiv zur Manipulation unterstellt hast.

Deine rationalisierende, weil emotionale Motive überdeckende Epoché-Forderung werte ich als weiteren Beleg für den Schutzwall, den du um das Religiöse errichten möchtest, um es vor Kritik zu bewahren. Das hat nichts mit wissenschaftlicher Objektivität zu tun, sondern mit der Subjektivität eines Religionsangehörigen, wie du es bist.

Chan

1 Like

Gratulation
Hallo Chan,

Du scheinst da tatsächlich die Inspiration für Frau Okanos eigenartiges Zitat ausgemacht zu haben. Stetes Googeln nützt also gelegentlich doch etwas …

Um den Hintergrund mal etwas zu erläutern: wie schon geschrieben, ist in Ostasien (speziell China, Japan und Korea) Kumārajīvas Übersetzung aus dem Jahr 406 der maßgebliche Text - der, der in Gebrauch ist und auch der, auf dem die gesamte reichhaltige ostasiatische Kommentartradition beruht, die in ihrem Umfang lediglich von der Kommentarliteratur zum Herzsutra übertroffen wird. In Kumārajīvas Übersetzung fehlt allerdings die Gatha sowie der kurze darauf folgende Prosaabschnitt (die ‚Coda‘) am Schluss des 25. Kapitels; sie war in Kumārajīvas Sanskritvorlage offensichtlich nicht enthalten. Das 25. Kapitel der Kumārajīva-Übersetzung wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt mit der Gatha ergänzt, die man aus Jñānagupta und Dharmaguptas 601 veröffentlichter Übersetzung des Lotossutra entnahm. Der von Jñānagupta/Dharmagupta verwendete Sanskrittext unterschied sich nicht nur in dieser Hinsicht offensichtlich in etlichen Punkten von Kumārajīvas Vorlage. Übrigens fehlte in Kumarajivas Übersetzung ursprünglich auch das 12. (Devadatta-)Kapitel. Es wurde erst im 6. Jahrhundert eingefügt, auf Grundlage einer Übersetzung die von Faxian (nicht der bekannte Reisende 337-422, sondern ein Mönch gleichen Namens 479-502) und Fayi (Dharmamati) im Jahr 490 angefertigt wurde. Neben der ursprünglichen Version der Kumārajīva-Übersetzung in 7 Faszikeln entstand um die Mitte des 7. Jahrhunderts mit den genannten (und einigen kleineren) interpolierten Abschnitten eine Version in 8 Faszikeln, die die heute gebräuchliche ist. Es ist die einzige Version, bei der die Quellenangabe „Buch VIII, Kap. 25“ einen Sinn ergibt.

Nun gibt es neben den oben erwähnten Sanskritversionen, die ins Chinesische übersetzt wurden, noch weitere. Eine davon nach kaschmirischen Quellen (8 verschiedene Manuskripte) wurde ab 1908 ediert (Saddharmapuṇḍarīka, Ed. Hendrik Kern / Bunyio Nanjiu, St.-Pétersbourg, Imprimerie de l’Académie Impériale des Sciences [1908-]1912, Bibliotheka Buddhica X), die andere nach einer in Tibet aufgefundenen Version 1960 (Saddharmapuṇḍarīkasūtram, Ed. P.L. Vaidya, Darbhanga, Mithila Institute of Post-Graduate Studies and Research in Sanskrit Learning 1960).

Die Übersetzung von Hurvitz liegt mir nicht vor. Mir ist jedoch bekannt, dass es sich um eine Übersetzung der achtbändigen Kumārajīva-Version (also aus dem Chinesischen) handelt, wobei Hurvitz in Fußnoten Varianten einer Sanskritversion angibt. Welche Version genau ist mir nicht bekannt, aber zumindest hier auch unerheblich, da der von Kern/Nanjio herausgegebene Kaschmir-Text und Vaidyas ‚tibetischer‘ Text an dieser Stelle übereinstimmen.

Zusammenfassend: wenn Deine (durchaus plausible) Vermutung stimmt, dann zitiert Frau Okano hier nicht „Buch VIII, Kap. 25“ des Lotossutra, sondern aus einer Fußnote in Hurvitz’ Übersetzung von „Buch VIII, Kap. 25“. Eine Sanskritedition zitiert sie unzweifelhaft nicht, denn erstens gibt es dort keine Einteilung in Bücher/Faszikel und zweitens ist die Kapiteleinteilung eine andere als bei Kumārajīva. Sowohl in der Petersburger Edition wie auch in der Vaidya-Edition findet sich die (vermutlich) zitierte Stelle vielmehr in Kapitel 24.

Was Frau Okano bewogen hat, als Beleg für ihre These buddhistischer Sexualfeindlichkeit im Lotossutra ausgerechnet eine obskure Textvariante herauszugreifen, die in den Ländern, in denen das Lotossutra ein autoritativer Text ist (also insbesondere Japan, China und Korea) nur einem winzigen Kreis von akademischen Spezialisten bekannt ist - und auch dies erst seit der Veröffentlichung der St. Petersburger Edition, also seit 1912 bzw. Bunyiu Nanjio/Hokei Izumis ‚A New Comparative Translation of the Lotus Sutra from Sanskrit an Chinese‘ 1913 - wäre eine interessante Frage. Gerade die Gatha des 25. Kapitels mit der japanischen Bezeichnung ‚Fumonbon Ge‘ ist einer der in Japan am meisten rezitierten liturgischen Texte (in der Kumārajīva/Jñānagupta-Fassung ohne Okanos ‚Zitat‘, versteht sich) und japanischen Buddhisten in etwa so vertraut wie Christen das Vaterunser. In den Zen-Klöstern z.B. wird mit der Rezitation des ‚Fumonbon Ge‘ jeden Tag die Morgenzeremonie (chōka fugin) eröffnet

Was Okanos vermutete Übertragung des Zitats ins Deutsche angeht, so kann sich jeder auch nur halbwegs des Englischen Kundige anhand Deiner Angabe des Fußnotentextes bei Hurvitz selbst ein Urteil bilden. Nochmals zum Vergleich:

_There is no birth of women there,
no any dharma of copulation whatsoever,
but the sons of the Victorious Ones are self-produced,
seated spotless in the wombs of lotuses.

That Leader Amitabha, too,
in the immaculate, appealing womb of a lotus,
seated on a lion throne,
glows like a king at court._

_Im Buddha-Land von Amitabha wird keine Frau wiedergeboren,
so dass es dort keinen Geschlechtsverkehr gibt.
Die Boddhisattva gehen aus der Natur hervor
und gehen strahlend in die Lotosblüte hinein.

Amitabha
sitzt im reinen, schmutzlosen Uterus der Lotosblüte._

Eine „Übersetzung“ von Hurvitz’ Fußnotentext würde ich das nicht gerade nennen. Dass zwischen „Es werden dort keine Frauen geboren“ und „[dort] wird keine Frau wieder geboren“ ein nicht unerheblicher Unterschied in der Aussage besteht, habe ich ja schon geschrieben. Für die, die etwas damit anzufangen wissen, hier auch noch der Sanskrittext:

_na ca istriṇa tatra saṃbhavo
nāpi ca maithunadharma sarvaśaḥ|
upapāduka te jinorasāḥ
padmagarbheṣu niṣaṇṇa nirmalāḥ||

so caiva amitābhanāyakaḥ
padmagarbhe viraje manorame|
siṃhāsani saṃniṣaṇṇako
śālarajo va yathā virājate_
Freundliche Grüße,
Ralf

4 Like

chavassakhelapakassa
Ich nehme nur zu einem Punkt Stellung, weil die da geäußerte Ansicht, buddhistische ‚rechte Rede‘ sei so etwas wie Duckmäusertum und Leisetreterei ziemlich verbreitet ist. Ich erlaube mir, hier einfach den von mir hochgeschätzen Bhante Shravasti Dhammika zu zitieren:

"It is interesting to notice the difference between the Buddha as he is usually thought of being in popular New Age-like imagination and how he is portrayed in the earliest records. In the former he is a benignly smiling sage who graciously approves of all beliefs no matter how silly or unsubstantiated and even if he does disapprove of any he would never be so impolite as to say so. In the latter he has a clear and precise vision of Truth and of right and wrong and is not afraid of pointing out the contrary of this, although he nearly always does this at an appropriate time and in a gentle, polite manner. But not always! When the Buddha heard that the monk Arittha was going around saying that indulging in sense pleasures (i.e. sex) is not really a hindrance to liberation he repeatedly called him ‘Stupid man!’ (moha purisa, M.I,132). This is more a rebuke than an insult but it sometimes got a bit stronger than this. He said a lay disciples who believed in and practiced various superstitions would be the outcaste (candala), the filth (mala), the scum (patikittha) of the lay community (A.III,206). After Devadatta’s plots and schemes the Buddha called him a chavassakhelapakassa to his face (Vin.II,188). Now there is some uncertainty as to exactly what this term means but there is no doubt that it would qualify as strong language. Miss Horner translates it as “wretched one to be vomited out like spittle!” According to the PTS Dictionary chava = corpse or wretched, and khelapaka = something like ‘phlegm-eater. How about ‘Deadbeat lickspittle!’? "

„Erbärmlicher Schleimfresser“ ist aber auch nicht schlecht … Gemessen daran bist Du doch ziemlich glimpflich davongekommen, oder?

3 Like

Waffenpause
Dem Thema ´Epoché´ bzw. ´wertungsfreie Wissenschaft (?)´ werde ich demnächst einen separaten Thread widmen, das ist ökonomisch sinnvoller. Bis dahin alles Gute.

PS. Habe die Antwort von Fr. Okano oben gepostet. Dein Verdacht ist jetzt endgültig entkräftet.

Email-Antwort von Prof. Okano
Heute morgen erreichte mich eine Antwort-Email der Professorin aus Hiroshima. Ich zitiere unten den für die Zitatquellen-Klärung relevanten Teil der Nachricht. Die Professorin schreibt sehr gut Deutsch. Ich werde mit ihr weiterhin in Kontakt bleiben.

In Bezug auf das Lotussutra gibt es mehrere Versionen. Die von Ihnen angegebene Stelle im Lotussutra stützt sich auf den von Kumarajiva ins Chinesische übersetzten Text, der wiederum basiert auf dem Sanskrit-Text „Saddharmapundarika“ ed. by H. Kern und N. Nanjio (St. Petersburg, 1912, Biblioteka Buddhica X). Dieser Text in Sanskrit gilt im allgemeinen als vollständig.

Damit hat sich der seltsame Fälschungsvorwurf erledigt.

Chan

Deine japanischen Zitate…
…sind zwar nicht grob falsch aber allesamt ein bissi angeditscht.

japanische Zitate?
Wo in meinem Text hast Du denn „japanische Zitate“ gefunden?

Hallo Horst, Hier zwei Links zum Okano-Zitat:
Beide „Zitate“ sind von derselben Autorin „angegeben“ - d.h. eigentlich nicht angegeben. Das ist in beiden Fällen nicht nur kein akzeptabler Literaturverweis, es ist nach akademischen Standards überhaupt keiner, wie Dir jeder Geisteswissenschaftler bestätigen kann. Es fehlt nicht nur die Angabe der Übersetzerin / des Übersetzers, es fehlt auch eine nachvollziehbare Angabe der Fundstelle bzw. ggf. der Edition, aus der die Verfasserin evt. selbst übersetzt haben will (in aller Regel wäre das der Taisho Tripitaka - ein Beispiel für eine exakte Quellenangabe findest du weiter unten).

Die übliche Einteilung des Lotossutra ist in Kapitel und in Bänden (Faszikel). Der gewöhnlich verwendete Text (gewissermaßen die „Vulgata“) ist Kumārajīvas Übertragung ins Chinesische ( 妙法蓮華經, T 262.9.1c1-62b) aus dem Jahr 406 in 28 Kapiteln bzw. 7 Faszikeln (nur die japanische Edition dieser Übersetzung hat 8 Faszikel). Dieser Text ist maßgeblich für alle Schulen, die sich zentral auf das das Lotossutra berufen - insbesondere die chinesische Tiantai Zong und die japanische

Tendai shu 天台宗

sowie die

Nichiren shu 日蓮宗

einschließlich deren ‚moderne‘ Ableger wie

Soka Gakkai 創價學會

und

Risshō Kōsei-kai 立正佼成會

. Falls mit „Buch VIII“ in der Zitatangabe das 8. Faszikel der japanischen Edition gemeint sein sollte, so enthält dies zwar tatsächlich das 25. Kapitel (sowie die Kapitel 26 -28) - jedoch ist in diesem 25. Kapitel (auch als Guanyin-jing 觀音經 bekannt) nirgendwo von Amida / Amitābha oder von Sukhāvatī die Rede. Das angebliche Zitat findet sich dort

In Bezug auf das Lotussutra gibt es mehrere Versionen. Die von
Ihnen angegebene Stelle im Lotussutra stützt sich auf den von
Kumarajiva ins Chinesische übersetzten Text, der wiederum
basiert auf dem Sanskrit-Text „Saddharmapundarika“ ed. by H.
Kern und N. Nanjio (St. Petersburg, 1912, Biblioteka Buddhica
X). Dieser Text in Sanskrit gilt im allgemeinen als
vollständig.

Damit hat sich der seltsame Fälschungsvorwurf erledigt.

Damit hat sich vielmehr obendrein der Verdacht fachlicher Inkompetenz bestätigt. Die Behauptung, Kumārajīvas Übersetzung stütze sich auf die von Kern/Nanjio edierte Sanskritversion des Saddharmapundarika ist definitiv falsch , sogar absurd, wie schon ein Textvergleich beider Versionen auf Anhieb zeigt.

Wie schon an anderer Stelle ausgeführt, enthielt Kumārajīvas Sanskritvorlage die Gatha, aus der das von Okano angeführte Zitat stammt, offensichtlich noch nicht, da sie sich nicht in seiner Übersetzung findet. Dasselbe gilt auch für eine ältere im Chinesischen Tripitaka erhaltene Komplettübersetzung des Lotossutra, nämlich die von Dharmarakṣa aus dem Jahr 286. Zusammen mit der Tatsache, dass auch die ‚Ergänzungsübersetzung‘ von Faxian / Fayi (490) diese Lücke (im Gegensatz zu anderen) nicht gefüllt hat, sind das drei starke Indizien dafür, dass die Gatha vor dem 6. Jahrhundert noch überhaupt nicht Teil des Sanskrit-Lotossutra war, sondern erst in diesem Jahrhundert dem Sutra hinzugefügt wurde. D.h. dass der von Kern / Nanjio edierte Sanskrittext eine zeitlich spätere Entwicklungsstufe des Lotossutra darstellt als die Vorlage von Kumārajīvas Übersetzung.

Erst die Übersetzung von Jñānagupta und Dharmagupta 601 enthält eine Gatha - allerdings ohne die von Frau Okano zitierten Verse und auch sonst mit vielen Unterschieden zum Sanskrittext der St. Petersburger Edition, was darauf hindeutet, dass die Entwicklung des Sanskrittextes zu diesem Zeitpunkt (601) insbesondere hinsichtlich der Gatha noch nicht abgeschlossen war.

Wie schon geschrieben, wurde die Kumārajīva-Übersetzung durch die aus Jñānagupta und Dharmaguptas Übersetzung entnommene Gatha ergänzt. Die von Frau Okano angeführten Verse jedoch wurden bis ins 20. Jahrhundert hinein nie ins Chinesische (oder Japanische, Koreanische …) übersetzt, schon gar nicht fanden sie Eingang in Kumārajīvas Text (bzw. die durch Ergänzungen von Faxian/Fayi und Jñānagupta/Dharmagupta erweiterte sog. ‚populäre Fassung‘), den Frau Okano als Quelle angibt.

Zusammenfassend: Frau Okanos Zitat findet sich nicht dort, wo es ihre Quellenangabe verortet (Buch VIII Kap.25) bzw. sonst irgendwo in einer chinesischen oder japanischen Version des Lotossutra, sondern vielmehr in Kapitel 24 einer historisch späten Sanskritversion, die für das ostasiatische Mahayana völlig irrelevant ist.

Freundliche Grüße,
Ralf

7 Like

Nachgefragt
Was genau stört dich? Die (zugegeben nachlässige bzw. inkorrekte) Transliteration?

Tendai shu 天台宗

Tendai shū

Nichiren shu 日蓮宗

Nichiren shū

Soka Gakkai 創價學會

Sōka Gakkai

Risshō Kōsei-kai 立正佼成會

???