Hi,
weiter unten hast du mich gefragt, was damals getan wurde, wie es ankam und so weiter. Ich möchte das hier oben, zusammen mit den hier gestellten Fragen, beantworten, denn hier ist es besser aufgehoben.
Allgemein möhte ich aus heutiger, erwachsener Sicht sagen, dass Kinder bis zu einem gewissen Grade so sind. Sie können nicht abstrahieren, sie können sich nicht in andere hineinversetzen, etc. All das entwickelt sich sehr spät, erst in oder nach der Pubertät. Und selbst Erwachsene sind oft nicht in der Lage, aus den Erfahrungen anderer zu lernen oder sich in andere hineinzuversetzen.
Das bedeutet m.E. in der Praxis, dass die Zielsetzung, Mobbing komplett bekämpfen zu wollen, scheitern MUSS. Sie bedeutet aber auch, dass es mir persönlich zumindest gelingt, zu verzeihen.
Das bedeutet aber trotzdem, dass man als Erwachsener die Sisyphosarbeit auf sich nehmen muss, immer wieder neu Grenzen zu setzen und den Kindern und Jugendlichen zu erklären, was erlaubt und was verboten ist, was man selbst schaffen und was man abgeben muss.
Konkrete Beispiele kann und will ich nur für das geben, was mir selbst passiert ist, denn ich habe ja gelesen, das es einigen viel schlimmer erging, und ich wußte auch vorher, dass es schlimmeres git als meinen Fall.
Bei mir war es zB einmal so, dass in der Abschlusszeitung eine abfällige Bemerkung über mich stand. Meiner Muti passte das gar nicht, sie wurde sehr wütend und hat sich an die Klassenleitung gewandt. Daraufhin wurde das im Unterricht angesprochen, ich wurde vor die Klasse gestellt und dann wurde die Problematik gemeinsam besprochen. Endergebnis: Die Bemerkung wurde entfernt.
Sehr schön problem- und gemeinschaftsorientiert, oder? Und so schön pädagogisch wertvoll!
Ich wäre am liebsten gestorben. Ich weiß nicht, wie mein Status danach in der Klasse war, ist wurscht - Schuljahr und schulzeit war eh gleich zuende. Aber wenn auch nur einer auf mich gehört hätte, dann wäre über diese Zeile in der abschklusszeitug kein Wort verloren worden. Ich hätte sie mit Fassung getragen, nach Leibeskräften versucht, darüber zu lachen, und gut wär’s gewesen.
Überhaupt war (und ist) es mir sehr wichtig, Dinge alleine zu schafen. Sich durchzuboxen. Und das auch zugetraut zu bekommen. einfach zu wissen, das Unterstützung da ist - aber meine Kämpfe nicht weggenommen zu bekommen.
Ein weieress Beispiel, viel später, aber gleiches Prinzip: Referendariat. Eine Klasse, eher ältere Schüler, die mir das Leben wirklich schwer machte. Spicken, keine Hausaufgaben, Verweise, zu spät kommen, alles , womit Schüler so einen Lehrer ärgeern können, außer direkte Streiche. Ich ewar fertig. Ich war so(!!!) froh, die Klasse los zz sein, glaubt es mir. Aber bis zum letzten Tag bin ich tapfer rein, war vorbereitet, hab mal Verweise verteilt oder Tacheles geredet - nicht immer alles pädagogisch richtig, aber ich hab mich angestrengt. Ich hab auch mal gesagt, dass es mir stinkt. Am letzten Tag geh ich rein und stehe plötzlich vor einer entspannten, fröhlichen und freundlichen Klasse, und die beiden größten Rabauken strahlen am freundlichsten, wünschen mir viel Spaß als Lehrerin, danken mir für die Zeit, und …„Sie werden ganz sicher eine gute Lehrerin!“.
Mobbing ist also ein Test, den man bestehen kann, und vielleicht auch muss, auf jeden Fall aber soll.
Natürlich gibt es Grenzen, davon haben wir unten genug gehört, und Lehrkräfte sollen dann einschreiten. Solche Prügeleien zB dürfen nicht geschehen. Aber man muss als Erwachsener den Spagat schaffen, die Täter zu strafen, ohne so zu wirken, als wäre man vom Opfer geholt worden. Und (und damit werde ich mich jetzt sicher in die Nesseln setzen, aber ich stehe dazu) man muss auch darauf achten, dass man dem Opfer nicht vermittelt, es wäre immer unschuldig und würde immer alles richtig machen. Auch wenn ich gemobbt werde, darf ich keinen anderen beleidigen oder treten oder was auch immer antun.
die Franzi